„Northmen – A Viking Saga“ ist kein langweiliger Film. Er bietet genug Wikinger-Kampf-Action, um einigermaßen zu unterhalten. Das ist mir persönlich aber zu wenig. Auch ohne große Erwartungen an eine tiefgründige Story und meisterhaft ausgearbeitete Charaktere bleibt ein schaler Nachgeschmack. So schlicht hätte es nämlich auch nicht sein müssen – vor allem, was eben die Charaktere betrifft. Wenn man zu den flachen und austauschbaren Figuren noch die unfreiwillige Komik und das gewollte aber nicht gekonnte Drehbuch nimmt, reicht es nicht für eine Empfehlung. Es gibt gute Ansätze, der Rest ist – leider – für die Tonne.
Gesamteindruck: 3/7
Eindimensionale Story, flache Charaktere – keine Kaufempfehlung.
Die Vermutung liegt nahe, dass sich vor allem zwei Personenkreise für den Film „Northmen – A Viking Saga“ interessieren werden. Zunächst wären das diejenigen, die generell Interesse an der Wikinger-Thematik haben, die vielleicht Filme wie „Der 13te Krieger„, „Erik der Wikinger„ oder die Serie „Vikings„ mögen. Auch wenn diese Werke durchaus ihre Erfolge hatten, ist das Zielpublikum insgesamt vermutlich überschaubar. Das gilt auch für die zweite Gruppe, die bei diesem Film zugreifen wird: Metal-Fans, speziell alle, die etwas mit den schwedischen Death Metallern von Amon Amarth anfangen können. Spielt doch deren Frontmann Johan Hegg im Film mit, der deshalb auf großen Festivals wie dem Wacken:Open:Air 2014 ordentlich promoted wurde. Aber auch diese Fanbase dürfte überschaubar sein und sich teilweise ohnehin mit der ersten Gruppe überschneiden.
Nachdem die Zielgruppen-Thematik abgesteckt ist, stellt sich die Frage, ob der Film auch für andere interessant sein könnte. Die Antwort: Eher nein. Und noch schlimmer: Wenn man es genau nimmt, werden wohl nicht mal Vertreter der genannten Gruppen vollauf zufrieden sein – dafür leistet sich der Streifen einfach zu viele Schwächen.
Johan Hegg: Die Rolle seines Lebens?
Beginnen wir mit dem Metal-Part. Wer musikalische Untermalung von den Wikingern des Death Metal, Amon Amarth, erwartet, könnte falscher nicht liegen. Grundsätzlich dominiert die typisch-epische Filmmusik, wie man sie aus Breitwand-Streifen wie „Der Herr der Ringe“ kennt – nur halt bei weitem nicht so gut gemacht. Einzig im Abspann gibt es ein wenig schwedischen Todesstahl zu hören, wobei das, was dort eingespielt wird, auch eher weichgespült klingt und nicht vermuten lässt, welch ein Inferno eine Band wie Amon Amarth live entfachen kann. Die Musik ist aus Metal-Sicht also ein Flop – aber wie sieht es mit den Schauspielkünsten von Johan Hegg aus? Nun, der Schwede macht sich nicht schlecht, hat aber erwartungsgemäß keine große Sprechrolle. In der deutschen Synchronisation kommt es nicht so gut rüber, aber ich vermute, dass er zumindest in der Originalfassung ein wenig sein beeindruckendes Organ zum Kampfschrei nutzen kann. Immerhin. Abgesehen davon lohnt es sich aber kaum, den Film wegen des sympathischen Sängers zu kaufen – viel ist von ihm ohnehin nicht zu sehen. Wesentlich mehr als eine Minute Air-Time dürfte ihm – ohne es gestoppt zu haben – nicht vergönnt sein. Also: Weder musikalisch, noch Hegg-technisch ist „Northmen“ eine Offenbarung für den gemeinen Metalhead.
Und was hat die „Viking Saga“ denen zu bieten, die noch nie etwas von Amon Amarth gehört haben und ihn ohne die Erwartung anschauen, eine meisterhafte Leistung ihres Idols zu sehen? Auch aus dieser Sicht muss man konstatieren: Was Regisseur Claudio Fäh hier „zaubert“ ist bestenfalls Durchschnitt. Und auch das nur mit viel gutem Willen. Doch beginnen wir mit dem Positiven: Der Film geht gut los, das Drachenboot im Sturm ist optisch ausgezeichnet gemacht, die Gewalt der Wellen ist direkt greifbar und man fühlt sich tatsächlich mittendrin statt nur dabei. Überhaupt kann die Optik von „Northmen“ durchaus überzeugen – landschaftlich sowieso, auch wenn der Schauplatz der Handlung, Schottland, überwiegend in Südafrika (!) gefilmt wurde. Fällt allerdings nicht auf, man fühlt sich tatsächlich in die Highlands versetzt. Ebenfalls gut gemacht: Die Ausstattung der Nordmänner. Zumindest für mich als Geschichts-Unkundigen sehen Waffen und Ausrüstung sehr authentisch aus. Den wenigen Innenaufnahmen merkt man das vermutlich recht knappe Budget hingegen an, weswegen sich der Schweizer Regisseur wohl umso mehr auf die beeindruckenden Landschaften verlässt. Was gibt es noch zu sehen? Natürlich Kämpfe und Gemetzel, wie es der (klischeehafte) Wikinger-Alltag halt so will. Auch daran gibt es nichts auszusetzen – jedes Aufeinandertreffen der gegnerischen Parteien, bewaffnet mit Schwert, Axt, Bogen und Armbrust wurde perfekt choreografiert, nichts stammt aus dem Computer. Auch mit blutigen Effekten spart der Filmemacher nicht, wobei er damit nie über das Ziel hinaus schießt, maximal beim Soundeffekt, der das Eindringen von Schwertern in Körper darstellt und sehr in den akustischen Mittelpunkt gerückt wurde.
Simple Story…
Eigentlich eine schöne Liste an positiven Eigenschaften, die „Northmen – A Viking Saga“ auszeichnen. Woran scheitert der Film also? Man kann es sich denken: Story und Charaktere sind – mit Verlaub – „durchwachsen“. Erstere ist denkbar simpel: ein Haufen Wikinger erleidet Schiffbruch im Sturm, strandet im feindlich gesinnten Schottland und versucht, sich zur nächsten hiesigen Wikinger-Siedlung durchzuschlagen. Damit das gelingt und man dort auch mit offenen Armen empfangen wird, nimmt man noch schnell eine Geisel, die sich zufällig als Tochter des Königs entpuppt, die gerade auf dem Weg zu ihrer Zwangsverheiratung ist. Der gekrönte Papa ist natürlich „not amused“ und schickt seine bösen Söldner aus Rumänien (!) hinter den Nordmännern und ihrer Gefangenen her. Mehr ist es im Prinzip nicht – und selbst dieses bisschen ist von unfreiwilligen Lachern und abstrusen Zufällen durchzogen. Beispiele könnte man diverse aufführen – allein, dass es die bösen Söldner zu Pferd nicht schaffen, die zu Fuß flüchtenden Wikinger einzuholen (obwohl sich diese praktisch durchgehend in Sichtweite befinden), spricht Bände. Und werden die Verfolger ihrer Pferde beraubt, macht es auch nichts – sie finden im Handumdrehen neue, zufällig auch noch in der richtigen Anzahl. Oder: Es gilt, eine breite, tiefe Schlucht zu überqueren, über die es natürlich nur eine wacklige Brücke gibt. Nach hartem Kampf ist die Brücke zerstört, die Kampfhähne befinden sich jeweils auf der anderen Seite der Schlucht – Pech, dass der Pfad ins Tal erst nach dem verlustreichen Gefecht entdeckt wird. Man könnte noch mehr solcher Widrigkeiten aufzählen – es reicht aber zu sagen, dass Drehbuch und Regie hier keine Glanzleistung vollbracht haben. Übrigens: Auch das Ende ist vollkommen vorhersehbar, allerdings auch relativ offen, was ein Sequel erhoffen/befürchten lässt.
… simplere Charaktere.
Zunächst braucht es für einen solchen Film ein starkes Antagonist/Protagonist-Gespann. Beides ist in „Northmen“ leider nicht gegeben. Beginnen wir mit dem Bösewicht und seinem Gefolge. Die zwei rumänischen Brüder, die die Söldner anführen, sind austauschbar. Nicht miteinander (dafür sorgt ein makanter Schnurrbart beim „Netteren“ der beiden), sondern überhaupt. Das vor allem, weil man nichts über sie erfährt – ein finsterer Blick und der Hinweis auf die Herkunft aus Rumänien reichen aber nicht aus, um Charakter zu erzeugen. Der Rest der königlichen Truppe besteht aus gesichtslosem (im wahrsten Sinne des Wortes, weil sie ihre Vollvisier-Helme nie abnehmen) Kanonenfutter, das nur den Zweck hat, von den Wikingern dezimiert zu werden.
All das wäre vielleicht sogar verschmerzbar, wenn wenigstens die Helden der Geschichte gut gezeichnet wären. Dem ist aber nicht so. Hauptdarsteller Tom Hopper sieht für einen rauen Nordmann ein wenig zu gut aus (seine Kameraden entsprechen optisch schon eher den Vorstellungen). Mehr als das fesche Aussehen, das stark an die „Thor“-Filme mit Chris Hemsworth erinnert, bleibt von Hopper nicht in Erinnerung. Ein charakterstarker Wikinger-Anführer ist er jedenfalls nicht, eher ein Jungchen, das einen Fehler nach dem anderen macht und – vollkommen unbegreiflich – trotzdem nicht die Loyalität der ihm treu ergebenen Veteranen verliert. Von denen sticht auch nur Leo Gregory als „Jorund“ hervor, was vermutlich weniger an ihm selbst, als an seiner etwas farbigeren Rolle als Zweifler an den Fähigkeiten des Anführers liegt. Übrigens kann auch Ryan Kwanten als kampfbegabter christlicher Mönch keinerlei Akzente setzen, wenn man von seinem außergewöhnlichen Kampfstil absieht, der zumindest ein Hingucker ist. Bleibt noch die weibliche Hauptrolle (mithin auch die einzige Frau im ganzen Film, wenn mich nicht alles täuscht). Charlie Murphy spielt die Tochter des Königs – gar nicht so übel, auch wenn sie hauptsächlich schmückendes Beiwerk ist. Ihr fällt auch der mythische Part, der in einem solchen Film nicht fehlen darf, zu. Darauf hätte man aber auch gut verzichten können, ihre hellseherischen Anwandlungen sind ausgesprochen aufgesetzt. Immerhin spielt sie besser als ihr männliches Gegenüber.
Gesamteindruck: 3/7
Originaltitel: Northmen – A Viking Saga
Regie: Claudio Fäh
Jahr: 2014
Land: Schweiz, Deutschland, Südafrika
Laufzeit: 97 Minuten
Besetzung (Auswahl): James Norton, Tom Hopper, Ryan Kwanten, Charlie Murphy, Leo Gregory
Filmvorschau (englisch)
Filmvorschau (deutsch)
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