BuchWelt: Das Feuer

Henri Barbusse


Henri Barbusse hat mit „Das Feuer“ einen – vor allem aufgrund seiner zeitlichen Nähe zu den Ereignissen – sehr intensiven Beitrag zum Thema Krieg und dessen Sinnlosigkeit geschaffen. Als Roman kann man das Buch eigentlich nicht bezeichnen, es ist, wie im Untertitel „Tagebuch einer Korporalschaft“ treffend dargestellt, eher ein Tagebuch. Wie ein solches liest sich das Werk auch, wenngleich literarisch nachbearbeitet. Prinzipiell gibt es für mich nur einen Grund für einen Punkteabzug: Das als „sozialistisches Manifest“ durchgehende Finale ist mir viel zu langwierig ausgefallen und wirkt auch ein wenig auf den Rest des Materials aufgesetzt. Dass die dort vorgelegten Ideen ziemlich blauäugig sind und mittlerweile längst an der Wirklichkeit gescheitert sind, kann man dem Autor hingegen nicht zur Last legen.

Gesamteindruck: 6/7


Wichtige Alternative zu Remarque.

Das Referenzwerk, wenn es um eine realistische Schilderung des Ersten Weltkrieges in Romanform geht, ist sicherlich „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque. Im Schatten dieses großartigen Buches gibt es jedoch eine Reihe Literatur, die ebenfalls sehr wichtig und zu Unrecht weit weniger bekannt ist. Hierzu gehört auch „Das Feuer“ von Henri Barbusse.

Die Bedeutung dieses Werkes kann gleich an mehreren Faktoren festgemacht werden. Zum einen war das Erscheinungsjahr bereits 1916, also mitten im Ersten Weltkrieg und damit zeitlich wesentlich näher an den Ereignissen als beispielsweise das in der Zwischenkriegszeit erschienene „Im Westen nichts Neues“. Daraus ergibt sich gleich ein zweiter Punkt: In einer Zeit der Propaganda und der gezielten Manipulation der Bevölkerung muss die Veröffentlichung von „Das Feuer“ wie ein Skandal angemutet haben. Den aus heutiger Sicht unverantwortlichen, kriegsverherrlichenden Geschichten in Zeitungen und Literatur wurde ein Werk gegenübergestellt, das einfach nur die Wahrheit anzubieten hatte. Es gibt hier weder Glanz noch Glorie sondern ein ungeschminktes Bild der Realität, wie sie sich dem einfachen Soldaten darstellte. Drittens versucht das Buch – zumindest auf den letzten Seiten – aus der großen Katastrophe, die über seine Protagonisten hereinbricht, eine mögliche Verbesserung der Welt durch sozialistische Ideen aufzuzeigen. Dieser Punkt kann im Angesicht der späteren Karriere des Autors zwar durchaus ambivalent gesehen werden, aber das wäre nur die heutige Sichtweise. Aus dem Kontext der Zeit heraus haben seine Ansichten jedenfalls etwas von Revolution.

Was den Inhalt des Buches betrifft ist Barbusse eine beeindruckend intensive Schilderung der Stupidität des Krieges und der Trostlosigkeit des Soldatendaseins gelungen. Die teils stumpfsinnigen, teils lebensgefährlichen Tätigkeiten der „Poilus“ werden noch detaillierter und näher beschrieben als jene der „Frontschweine“ von Remarque. Der Franzose schafft es sehr gut, die lähmende Langeweile, die den Großteil des Alltages an der Front ausmacht zu schildern, ohne den Leser selbst zu langweilen. Auch die Unfähigkeit der Vorgesetzten, die ständigen Entbehrungen und Erniedrigungen und die Abstumpfung durch das elende Dasein im Schützengraben werden sehr gut eingefangen. Einzige Lichtblicke sind die hin und wieder aufflackernden Anzeichen von echter Kameradschaft und gegenseitiger Wertschätzung unter den einfachen Soldaten. Auf die generell bekannteste Dimension des Krieges, die Kampfhandlungen, geht maximal ein Drittel des Buches ein. Vor allem der Schlussabschnitt widmet sich sehr anschaulich dem Chaos einer damaligen Schlacht. Am Ende bleibt nichts zurück als ein völlig verwüsteter Landstrich mit geistig wie körperlich ebenso verwüsteten, einzelnen Überlebenden und tausenden Leichen.

„Das Feuer“ kann man übrigens gratis lesen: Es gibt eine kostenlose Kindle-Version bei Amazon, außerdem ist es im Projekt Gutenberg enthalten und kann beispielsweise hier gelesen werden.

Gesamteindruck: 6/7


Autor: Henri Barbusse
Originaltitel: Le Feu. journal d’une escouade.
Erstveröffentlichung: 1916
Umfang: 296 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: Taschenbuch


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BuchWelt: Der Tag des Opritschniks

Vladimir Sorokin


Ein unterhaltsames, schnell zu lesendes Buch, das neben einer bedrohlichen Zukunftsvision auch einige Einblicke in die gegenwärtige Realität in Russland zu bieten hat. Allzu viel Tiefgang bietet das Werk dennoch nicht, alle Personen bleiben völlig eindimensional, die Handlung selbst wirkt mehr oder weniger wie eine Aneinanderreihung von Einzelepisoden. Hier wäre ein wenig mehr Ausarbeitung und Feinschliff wünschenswert gewesen, daher reicht es nur für eine durchschnittliche Wertung. Gelesen haben sollte man das Buch zumindest, wenn man sich für Dystopien und/oder russische Gegenwartsliteratur interessiert.

Gesamteindruck: 4/7


Unterhaltsam aber nicht tiefgehend.

In „Der Tag des Opritschniks“ erschafft Vladimir Sorokin eine bedrückende Vision Russlands. Angesiedelt in einer nicht allzu fernen Zukunft lässt der Autor die leidvolle russische Vergangenheit in modernem Gewand wieder aufleben. Genau diese Kombination aus Tradition und Science Fiction macht den größten Reiz des Buches aus.

Zartbesaitete Leser sollten sich jedoch in Acht nehmen: Sorokin schreckt vor expliziten Gewaltausbrüchen, ungeschönter Darstellung von perversen Sexualpraktiken und durchgehender Verherrlichung von Drogenkonsum nicht zurück. Die Ereignisse, die er seinen Protagonisten innerhalb eines Tages durchleben lässt, sind stellenweise geradezu absurd brutal. Allein der Schreibstil, der – zumindest in der Übersetzung – merkwürdig altertümlich wirkt und damit sehr gut in den Kontext passt, verhindert ein Abrutschen des Romans unter ein gewisses Niveau.

Inhaltlich stellt sich dem Außenstehenden die Frage, wie viel von Sorokins faschistoidem Russland in Wirklichkeit existiert. Zahlreiche Anspielungen deuten jedenfalls darauf hin, dass der Roman nicht so weit von der Realität entfernt ist, wie man glauben könnte.

Gesamteindruck: 4/7


Autor: Vladimir Sorokin
Originaltitel: Den‘ oprichnika
Erstveröffentlichung: 2006
Umfang: 221 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: Taschenbuch


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Live (Kreator)

KonzertWelt: Satyricon (Wien, 19.04.2015)

Datum: Sonntag, 19. April 2015
Location: ((szene)) (Wien)
Tour: “The Dawn Of A New Age 2015″
Headliner: Satyricon
Support: Vredehammer – Oslo Faenskap
Ticketpreis: 27,60 Euro (VVK)


Sonntag: SATYRICON. Montag: „Bloodshot Eyes“.

Gefühlsmäßig war mein letztes SATYRICON-Konzert gar nicht so lange her. Tatsächlich fand die letzte Einzelshow, die ich besucht habe, bereits im Dezember 2013 statt, dann gab es noch einen Auftritt bei den Metaldays 2014. Naja, da kann man tatsächlich nicht sagen, dass es eine Band ist, die man selten sieht. Dennoch: SATYRICON waren am 19. April 2014 in Wien, da konnte man einfach nicht zu Hause bleiben. Auch wenn der Termin mit einem Sonntag denkbar ungünstig angesetzt war. Immerhin fand das Konzert in der kleinen ((szene)) statt, also mit garantiert gutem Blick auf die Bühne.

Um die Kräfte, die an diesem Wochenende eh schon arg strapaziert waren, ein wenig zu schonen (vor allem in Hinblick auf den montäglichen Arbeitstag), wurde beschlossen, erst relativ spät zur ((szene)) zu fahren. Dadurch habe ich von OSLO FAENSKAP nichts gesehen. Von den darauf folgenden VREDEHAMMER zumindest ein paar Songs. War gar nicht schlecht, was da geboten wurde, aber für ein seriöses Urteil habe ich zu wenig mitbekommen. Die Stimmung schien aber sehr gut zu sein.

Danach ging es dann aber ans Eingemachte. Wobei, „danach“ ist immer so ein dehnbarer Begriff… Die Wartezeit zwischen Vorgruppen und Headliner zog sich einmal mehr wie Kaugummi. Dementsprechend groß war die Erlösung, als endlich das immer noch aktuelle SATYRICON-Intro „Voice Of Shadows“ erklang. Der Anfang der Show war mit „The Rite Of The Cross“ meiner Ansicht nach ein wenig verhalten, spätestens mit dem darauf folgenden „Our World, It Rumble Tonight“ tauten Fans und Band dann aber endgültig auf. Auf der Bühne präsentierte man sich gut eingespielt und routiniert – fast schon ein bisschen zu routiniert für meinen Geschmack. Aber auch so: Die Posen haben gesessen und können eigentlich nie verkehrt sein – da sind wahre Berserker am Werk, die Nackenmuskeln aus Stahl haben müssen. So richtig geil wurde es dann mit dem Doppelpack „Now, Diabolical“ und „Black Crow On A Tombstone“ – wer da nicht den Kopf kreisen ließ, dem war nicht mehr zu helfen. Auch die älteren Songs wurden gebührend gefeiert („Filthgrinder“, „The Dawn Of A New Age“ und das selten gehörte „Walk The Path Of Sorrow“), wobei die Stimmung für mein Dafürhalten bei den neueren Sachen ein wenig besser war. Tatsächlich war im Mittelteil der Show eher aufmerksames Zuhören als wildes Headbangen angesagt. Noch dazu, weil Satyr zwischendurch ankündigte, dass man den Spirit des Proberaumes auf die Bühne bringen und daher eine Runde jammen wollte. Nunja, ich halte nicht so viel von solchen Ideen, das mag ganz nett für Musiker sein, aber ich finde es genauso überflüssig, wie Gitarren- und Drumsolos. Dem Großteil des Publikums ging es wohl ähnlich, in den 10 Minuten (oder wie lange das war), in denen man auf der Bühne „improvisierte“ (was mir übrigens nicht sehr authentisch vorkam), war es im Zuschauerraum sehr ruhig.

Aber auch eine solche Phase geht vorbei und SATYRICON kehrten mit „With Ravenous Hunger“ und „The Wolfpack“ wieder zum regulären Set zurück. Durchaus triumphal. Danach gab es natürlich noch „Mother North“, angesagt als Möglichkeit zu den Moment zu feiern, indem man gemeinsam singt. Zum einen weil Österreich und Norwegen so viel gemeinsam haben, zum anderen weil wir alle am Sonntagabend hier versammelt waren und „die anderen Idioten“ eben nicht. War eine ganz gelungene, nette Ansage von Satyr und der Fan-Gesang bei „Mother North“ ist sowieso immer großartig. Ganz schön flott wird das Stück live immer dargeboten, ist mir bei den letzten Konzerten auch schon aufgefallen. Dann war erst einmal Schluss – zumindest verbeugte man sich gemeinsam vor dem Publikum. Frost kam für seine Verhältnisse regelrecht aus sich heraus und animierte die Meute mit Gestampfe auf den Bühnenboden zu noch mehr Applaus. A pro pos: Sollten IRON MAIDEN mal beschließen, einen Film über ihr Maskottchen Eddie zu machen, könnte ich mir Frost (oder Iggy Pop) in dieser Rolle gut vorstellen. Viele derart sehnige Typen gibt es nicht. Wahnsinn, wie Frost aussieht – der muss außerdem ein wirklich merkwürdiger Typ sein. Aber sein Schlagzeugspiel ist über jeden Zweifel erhaben – und auch wie er sich dabei bewegt, wie er zu jedem Schlag ausholt… Das hat schon was, auch wenn er sich hinter der Vielzahl seiner Kessel zu verstecken scheint.

Schluss war zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht, eine Zugabe folgte noch. Zunächst griff Meister Satyr bei „Fuel For Hatred“ selbst zur Gitarre, forderte einen Moshpit und bekam ihn auch. War tatsächlich noch etwas Energie im Publikum vorhanden, was der alte Fuchs natürlich erkannt hat. Danach gab es noch das unvermeidliche – und großartige – „K.I.N.G.“ bevor endgültig Schluss war. Eine letzte Verbeugung der gesamten Band, einmal Plektren und Sticks für die Zuschauer – und schon war der Spuk vorbei und die Headbanger wurden zu den Klängen von „Natt“ in die …ähem… Nacht entlassen.

Fazit: SATYRICON sind eine Macht. Live bläst die Band alles weg – und das in grandioser, erhabener Manier. Dennoch muss ich sagen, dass mir die beiden vergangenen Shows, auf denen ich war, etwas besser gefallen haben. Diesmal war der Mittelteil und vor allem diese Gejamme nicht so ganz mein Ding. Cool war im Gegenzug, dass man bei „Die By My Hand“ eine neu arrangierte Version zu hören bekam. Die steht auf dem aktuellen „Live At The Opera“ und funktioniert tatsächlich sehr gut. Grundsätzlich bleibt es jedenfalls dabei: Daumen hoch für SATYRICON, ich freue mich schon auf unsere nächste Begegnung.


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BuchWelt: Eaters of the Dead

Michael Crichton


Generell wirkt das Buch auf mich im Vergleich zu späteren Crichton-Werken noch nicht ganz ausgereift. Vor allem die Charaktere hätten meiner Ansicht nach schon etwas ausgearbeitet sein können. Die Idee, den „Bericht“ des Ibn Fadlan mit fiktiven Quellenangaben zu hinterlegen ist hingegen gut, meiner Ansicht nach hätte das Abenteuer aber ruhig ein paar Seiten mehr haben können. Ansonsten gibt es wenige Haare in der Suppe zu finden, wenn man von mancher allzu ausufernden Landschaftsbeschreibung absieht.

Gesamteindruck: 6/7


Der Araber und die Nordmänner.

Der im November 2008 verstorbene Autor Michael Crichton schafft es in seinen Fiktionen wie kaum ein anderer, den Anschein eines real-wissenschaftlichen Hintergrundes zu erwecken. Auch im 1976 erschienen Buch „Eaters of the Dead“ (auch bekannt als „The 13th Warrior“ bzw. auf Deutsch als „Die ihre Toten essen“ und „Schwarze Nebel“ bzw. als Film unter „Der 13te Krieger“) gelingt dem Schriftsteller dieses Kunststück. Nachdem die Handlung des Buches im Jahr 922 n. Chr. angesiedelt ist, spielen hier allerdings nicht Naturwissenschaften, Medizin oder Genetik die Hauptrolle, sondern die Geschichtswissenschaft.

Crichton übernimmt für seinen Roman Teile eines tatsächlich existierenden Berichts des Arabers Ahmad Ibn Fadlan, der zu jener Zeit im Auftrag des Kalifen von Bagdad zu den Wolgabulgaren reiste und seine Erlebnisse schriftlich festhielt. Dabei wurde er unter anderem Augenzeuge einer Bestattungszeremonie einer Gruppe von Wikingern, denen seine Karawane begegnete. Diesen Bericht (den man hier einsehen kann) – oder zumindest Teile davon – hat Michael Crichton als Inspiration und Grundlage für „Eaters Of The Dead“ genommen. Angereichert wird die reale Geschichte von Ibn Fadlan durch eine weitere Quelle: Das Beowulf-Epos, geschrieben um 700 n. Chr., steht in sehr freier Interpretation Pate für den in Skandinavien spielenden, von Crichton ebenfalls im Stil Ibn Fadlans geschriebenen Teil der Handlung (übrigens ist der echte Ibn Fadlan nie nach Skandinavien gekommen, zumindest ist nichts davon bekannt).

All das liest sich erstaunlich flüssig und schnell. Allerdings sollte man nicht den Fehler machen, das Buch mit der (sehr gelungenen!) Verfilmung von John McTiernan (1999) zu vergleichen. Michael Crichton legt im Roman großen Wert darauf, Sprache und Stil des arabischen Reisenden möglichst authentisch zu übernehmen. Das bedeutet, dass der US-amerikanische Schriftsteller beispielsweise auf genaue Personenbeschreibungen verzichtet. Das betrifft nicht nur Äußerlichkeiten (viel mehr, als das die Nordmänner „riesig“ und „hellhäutig“ sind, erfährt man nicht), sondern auch Charaktereigenschaften. Bis auf den Übersetzer „Herger“, wird praktisch auf keine Figur näher eingegangen. Sogar die Namen der 13 Krieger werden – mit wenigen Ausnahmen – nur ein einziges Mal genannt. Der Leser findet sich also völlig in der Position von Ibn Fadlan wieder, der in eine ihm gänzlich unbekannte Kultur gestoßen wird. Dementsprechend dürftig sind die Informationen, die der Araber – und damit auch der Leser – hat.

Glücklicherweise lässt Crichton seinen Helden sehr neugierig auftreten – und so erfährt man nach und nach vieles über das Wesen und die Gebräuche der alten Wikinger. Die Atmosphäre ist, ähnlich wie im Film, sehr düster und man spürt direkt, wie der wilde Norden Europas auf einen gebildeten Mann aus Bagdad gewirkt haben muss. Interessant ist auch, wie sich der unfreiwillige Krieger aus dem Orient schließlich mehr und mehr mit seinen Kampfgefährten und deren Gewohnheiten identifiziert und wie er langsam aber sicher von den Nordmännern akzeptiert wird. Der Kampf gegen den „wendol“, zentrales Thema des Films, ist natürlich auch im Buch wichtig – kommt im Vergleich zu den ausführlichen Reisebeschreibungen beinahe etwas zu kurz.

Gesamteindruck: 6/7


Autor: Michael Crichton
Originaltitel: Eaters of the Dead
Erstveröffentlichung: 1976
Umfang: 304 Seiten
Gelesene Sprache: Englisch
Gelesene Version: Taschenbuch


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FilmWelt: Apocalypto

Insgesamt konnte mich der Film als reiner Action-Streifen durchaus überzeugen, ich habe wahrlich schlechteres auf diesem Gebiet gesehen. Das Finale ist tatsächlich ein wenig klischeehaft, kann den guten Gesamteindruck, den „Apocalypto“ bei mir hinterlassen hat aber nicht entscheidend schmälern. Gute 5 Punkte für einen Actionfilm, der eine merkwürdige Mischung aus Innovation und Althergebrachtem bietet und mich sehr gut unterhalten hat. Abzüge gibt es für den Schluss und vor allem für einige Szenen, die doch recht weit hergeholt wirken.

Gesamteindruck: 5/7


Nicht mehr und nicht weniger als ein ungewöhnlicher Action-Film.

Man kennt natürlich die – gelinde gesagt – exzentrischen Anwandlungen von Mel Gibson, die zum Teil durchaus verachtenswert sind. Aus diesem Grund fällt es manchmal auch schwer, Filme dieses Mannes für gut zu befinden. Andererseits ist es auch möglich, den Film von der Person, die dahinter steht zu trennen, wobei diese Möglichkeit aber Ansichtssache ist und letztlich jedem selbst überlassen bleibt. Wenn jemand nicht oder nicht vollständig dazu in der Lage ist oder das einfach nicht machen will, habe ich vollstes Verständnis dafür.

Was „Apocalypto“ betrifft, haben wir es mit einem Action-Spektakel der etwas anderen Art zu tun. Ob alles, was im Film passiert historisch korrekt ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen, aber meiner Meinung nach dient das „südamerikanische Ureinwohner-Setting“ ohnehin nur als Hintergrund. Der Streifen ist nichts Anderes (und will vermutlich auch nichts Anderes sein) als ein Action-Film, der zufällig nicht in irgendeiner amerikanischen Großstadt spielt, sondern im Dschungel der Maya. Ansonsten ist alles genauso klischeehaft, wie es der Fan derartiger Unterhaltung kennt und schätzt: die Bösen sind richtig böse, die Guten sind eigentlich unterlegen, machen es aber durch List und Schlauheit wieder wett. Die (zum Glück kurz gehaltene) Liebesgeschichte darf ebenso wenig fehlen wie der unerschrockene Einzelkämpfer, der sich seiner Gegner in Scharen entledigt.

Das Besondere am Film liegt also nicht in der innovativen Handlung, sondern im exotischen Rahmen. So ist es geradezu erfrischend zu sehen, wie die bösen Jungs einmal nicht mit Messern und Pistolen sondern mit Speeren und Äxten (?) Jagd auf ihre arglosen Opfer machen. Ebenfalls angenehm ist das Verzichten auf Synchronisation. Die Untertitel sind gut lesbar – allerdings kann man der Geschichte auch ohne mitzulesen problemlos folgen, die Dialoge sind sowieso eher oberflächlich. Ein großes Kompliment muss man der Optik des Films aussprechen. Die Kameraführung ist, wie in Hollywood-Action-Movies üblich, rasant und schnell geschnitten, aber es bleibt dennoch immer wieder Zeit für grandiose Naturbilder und spektakuläre Kulissen. Auch gelungene Tieraufnahmen sind reichlich vorhanden. Ebenfalls im grünen Bereich sind die Effekte – wobei gesagt sei, dass der Film wohl aufgrund des Settings um einiges blutiger daherkommt als manch althergebrachter Streifen ähnlichen Kalibers. Freunde gepflegter Action wird es freuen, für Feingeister, die hinter dem Film eine tiefere Botschaft vermuten und ständig nach historischen Fehlern suchen, wird das auch keine Rolle mehr spielen.

Gesamteindruck: 5/7


Originaltitel: Apocalypto
Regie: Mel Gibson
Jahr: 2006
Land: USA
Laufzeit: 139 Minuten
Besetzung (Auswahl): Rudy Youngblood, Dalia Hérnandez, Jonathan Brewer, Raoul Trujillo


Filmvorschau


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MusikWelt: Endless Forms Most Beautiful

Nightwish


Zum zweiten Mal ist es bei Nightwish zu einem spektakulären Wechsel am Mikro gekommen – entsprechend groß waren die Fragezeichen vor dem Erscheinen von „Endless Forms Most Beautiful“. Leider hat es die nunmehr niederländisch-finnische Kooperation nicht geschafft, die hohen Erwartungen zu erfüllen. Live mag Floor Jansen eine Bereicherung für die Band sein – auf dem Album hat man ihr schlicht nicht die entsprechenden Songs geschrieben und ihr offenbar nicht erlaubt, ihre Stimme facettenreich einzusetzen. Ein paar gute Songs gibt es natürlich auch hier zu hören – der Rest ist mittelprächtig bis unterdurchschnittlich. Und das nicht nur im Vergleich zu den alten Werken, sondern auch zum grundsätzlich recht ähnlich gelagerten, aber wesentlich stärkeren Vorgänger.

Gesamteindruck: 3/7


Enttäuschendes Comeback mit neuer Sängerin.

Dem 2015er-Werk von Nightwish, „Endless Forms Most Beautiful“, gingen eine knapp vierjährige Albumpause sowie einige Runden im Personalkarussell voraus. In Bezug auf Letzteres weniger bedeutend – zumindest nach außen hin – erschien die Aufnahme von Troy Donockley als fixes Bandmitglied, war der Engländer ja schon auf „Dark Passion Play“ (2007) und „Imaginaerum“ (2011) als Gast zu hören und auch auf Tour ständiger Begleiter der Finnen. Dass Drummer Jukka Nevalainen aus gesundheitlichen Gründen für die Aufnahmen durch Kai Hahto (u. a. Wintersun, Swallow The Sun) ersetzt werden musste, ist für den Zuhörer auch nicht dramatisch, noch dazu, wo das Engagement von Hahto mit der Genesung von Nevalainen enden sollte, wie die Band stets betont hat. Der merkbarste und natürlich auch am meisten beachtete Wechsel fand hingegen am Mikro statt. Nach dem unguten Hin und Her im Zuge des Ausstiegs von Ur-Sängerin Tarja Turunen schien das Line-Up mit der bei Fans gleichermaßen gehassten und geliebten Schwedin Anette Olzon einigermaßen stabil zu sein, auch weil die Sängerin auf „Imaginaerum“ endlich ins Bandgefüge zu passen schien. Leider waren die älteren, für Tarja Turunen geschriebenen Stücke live immer ein Problem für Olzon (wobei ich persönlich sie gar nicht so schlecht fand, wie sie oft gemacht wird). Das Ende vom Lied: Auch die Schwedin musste ihren Hut nehmen und Nightwish „in gutem Einvernehmen“ verlassen. Mitten in einer Tour. Naja, wie gut in so einem Fall „das Einvernehmen“ ist, kann man sich vorstellen. Ersetzt wurde Anette Olzon jedenfalls durch eine Holländerin: Die von ReVamp und After Forever bekannte Floor Jansen ist nun live und auf Platte als Frontfrau von Nightwish am Werk. Ein Tausch, der die skeptischen Teile der Fanschaft erstmal versöhnlich stimmte – Jansen ist als gelernte Metallerin ja für wesentlich mehr Power in der Stimme bekannt als ihre aus dem AOR-Bereich kommende Vorgängerin.

Diese lange Vorrede soll verdeutlichen, wie gespannt man war, wie Nightwish mit ihrer neuen Sängerin nun klingen. Um es vorweg zu nehmen: Floor Jansen passt bestens zur Band, wirkt auf „Endless Forms Most Beautiful“ allerdings so, als hätte man sie nicht ganz von der Leine gelassen. Denn: Das Songwriting hat sich durch den Wechsel am Mikro nicht wirklich verändert und entspricht im Wesentlichen dem, was bereits auf „Imaginaerum“ geboten wurde. Bereits durch diese Aussage muss klar sein, wer hier gar nicht weiterzulesen braucht. „Endless Forms Most Beautiful“ ist kein Album, das in irgendeiner Weise an das erinnert, was Nightwish bis inklusive „Once“ (2004) gemacht haben. Bezüglich der Qualität übertrifft es meines Erachtens auch seinen direkten Vorgänger „Imaginaerum“ nicht, wohl aber knapp dessen Vorgänger, das „Übergangsalbum“ und mithin die bisher schwächste Nightwish-Platte „Dark Passion Play“.

Woran krankt es nun auf „Endless Forms Most Beautiful“? In meinen Ohren sind es gleich mehrere Dinge, die die Scheibe blass und farblos erscheinen lassen. Erstens hätte man Floor Jansen wie beschrieben mehr Raum zur Entfaltung lassen sollen. Das bedeutet im Klartext: Es fehlt beim Gesang an Kraft, an Aggressivität. Wer es ganz schonungslos haben will: Nach Genuss des Albums ist mir nicht klar, wozu überhaupt die Sängerin gewechselt wurde. Musikalische Gründe kann es – zumindest im Rahmen dieser Platte – eigentlich nicht gegeben haben. Das liegt aber auch – zweitens – am Songwriting. Es muss ja nicht jeder Song ein Brecher sein – aber auf diesem Album haben es Nightwish mit der Härte eindeutig untertrieben. Tatsächlich würde ich sagen, dass speziell das vorab bekannte „Élan“, das in der Albummitte platzierte „My Walden“ mit seiner „I Want My Tears Back“-Gedächtnis-Melodie und das harmlos plätschernde „Edema Ruh“ ausgeprägten Pop-Charakter besitzen; und das in einer Weise, die man von Nightwish so noch nicht gehört hat – und als gestandener Metaller auch nicht unbedingt hören möchte. Für den Eurovision Song Contest wäre speziell „My Walden“ allerdings schon eine Bereicherung. Immerhin. Eingängigkeit ist in Ordnung und war für diese Band seit jeher auch ganz normal – aber das hier geht mir dann doch zu weit, weil es sich einfach sehr seicht anhört. Und das könnte man auch schon unter „drittens“ verbuchen: Die ganze Platte bietet zwar gefällige Musik – Ecken und Kanten, etwas, was sich nachhaltig im Hirn verhakt, fehlen aber großteils. Eine merkwürdige Mischung aus locker-flockig und gleichzeitig zerfahren ist „Endless Forms Most Beautiful“ geworden. Speziell beim finalen 24-Minüter (!) „The Greatest Show On Earth“ fällt das auf: So ein langer Titel muss einfach durchgängig spannend sein oder zumindest einzelne Teile enthalten, die etwaige Längen wieder „rausreißen“. Bei diesem Stück ist das meines Erachtens nicht so. Komplex ist das Ganze, jedoch auf die schon erwähnte, zerfahrene Art. Wie aus einem Guss geht jedenfalls anders.

Ansonsten habe ich noch Probleme mit dem zu langen Instrumental „The Eyes Of Sharbat Gula“ (wichtiges Thema, leider nicht sonderlich spannend umgesetzt, vielleicht wäre es mit Gesang besser geworden) und „Our Decades In The Sun“ (inhaltlich zwar eine nette Idee, musikalisch leider vollkommen belanglos). Und auch der Titeltrack ist nichts, was durch oftmaliges Hören wächst und immer besser wird. Eher Nightwish-Standardkost im Midtempo-Bereich.

Nach so viel Gemecker möchte ich aber auch Positives über „Endless Forms Most Beautiful“ berichten: Der Einstieg in das Album ist mit „Shudder Before The Beautiful“ gut gelungen, auch wenn man sich speziell bei diesem Stück (das noch dazu stark an „Storytime“ von „Imaginaerum“ erinnert) fragt, wozu die Band überhaupt eine neue Sängerin gebraucht hat. Am besten auf diesem Album: „Weak Fantasy“ und „Yours Is An Empty Hope“, die einzigen Stücke auf dem Album, denen man den Zusatz „Heavy“ geben kann sowie das trotz Pop-Appeal sehr gut gemachte „Alpenglow“.

Viel mehr ist es nicht, was ich an „Endless Forms Most Beautiful“ positiv hervorheben kann und will. Wirklich enttäuschend ist aus meiner Sicht, dass die Chance mit neuer Sängerin durchzustarten, nicht genutzt wurde. Floor Jansen kann ihre Stimme nicht so einsetzen, wie man es gehofft hätte – und das ist neben dem schwachen Songwriting das größte Problem, das ich mit diesem Album habe. Das erinnert ein wenig an das noch schwächere „Dark Passion Play“, das ebenfalls so klingt, als wäre es eigentlich für eine andere Sängerin als Anette Olzon geschrieben worden. Übrigens müssen auch Fans des Gesanges von Marco Hietala starke Abstriche machen. Zuletzt hatte man ja den Eindruck, der Bassist hätte verstärkt die Position des Frontmannes eingenommen um die unsicher wirkende Anette Olzon ein wenig zu entlasten. Auf „Endless Forms Most Beautiful“ scheint man hingegen den umgekehrten Weg zu gehen und die Neue am Mikro als alleinige Frontfrau positionieren zu wollen. Dementsprechend ist Hietala nicht mehr sehr prominent vertreten – auch sehr schade, wie ich finde. Meiner Meinung nach hätte man ruhig das eine oder andere Duett einbauen können, das hätte das Album sicher spannender gemacht.


Track – Titel – Länge – Wertung

  1. Shudder Before The Beautiful – 6:29 – 5/7
  2. Weak Fantasy – 5:23 – 5/7
  3. Élan – 4:45 – 4/7
  4. Yours Is An Empty Hope – 5:34 – 6/7
  5. Our Decades In The Sun – 6:37 – 3/7
  6. My Walden – 4:38 – 2/7
  7. Endless Forms Most Beautiful – 5:07 – 4/7
  8. Edema Ruh – 5:15 – 3/7
  9. Alpenglow – 4:45 – 6/7
  10. The Eyes Of Sharbat Gula – 6:03 – 2/7
  11. The Greatest Show On Earth – 24:00 – 2/7
    1. Four Point Six – 5:47
    2. Life – 5:05
    3. The Toolmaker – 6:22
    4. The Understanding – 3:00
    5. Sea-Worn Driftwood – 3:48

Gesamteindruck: 3/7 


Nightwish auf “Endless Forms Most Beautiful” (2015):

  • Floor Jansen  – Vocals
  • Emppu Vuorinen –Guitars
  • Marco Hietala – Bass, Vocals, Acoustic Guitars, Backing Vocals
  • Tuomas Holopainen – Keyboards, Piano
  • Troy Donockley – Uilleann Pipes, Tin Whistle, Backing Vocals
  • Kai Hahto [Guest] – Drums

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BuchWelt: Der letzte Tag der Schöpfung

Wolfgang Jeschke


Alles in allem würde ich „Der letzte Tag der Schöpfung“ gerne mit der Höchstwertung adeln, leider hindert mich das unbefriedigende Ende daran. So müssen 6 Punkte für ein Buch reichen, das grundsätzlich locker das Zeug zum absoluten Klassiker hätte. Vielleicht gibt es ja irgendwann eine Fortsetzung, zu hoffen wäre es.

Gesamteindruck: 6/7


(Beinahe) ein Meisterwerk.

Wolfgang Jeschke ist eigentlich eher als Herausgeber von Science-Fiction-Werken bekannt. Mit „Der letzte Tag der Schöpfung“ ist ihm aber auch als Autor ein Buch gelungen, das beinahe auf ganzer Linie zu überzeugen weiß. Großteils muss man also dem Lob von Frank Schätzing (von dem das Vorwort der von mir gelesenen Ausgabe stammt) Recht geben, auch wenn es naturgemäß ein wenig dick aufgetragen scheint.

Die zugrunde liegende Geschichte entspricht weitgehend den im Klappentext geschürten Erwartungen, was heutzutage leider nicht mehr selbstverständlich ist. Auch den Einstieg und die Vorstellung der wichtigsten Charaktere empfinde ich als sehr gelungen. Vor allem der Hauptprotagonist wird gut beschrieben und lässt eine schnelle Identifikation zu. Die Thematik ist zwar nicht ganz neu (Veränderung der Gegenwart durch entsprechende Maßnahmen in der Vergangenheit), wird aber sehr gut, zum Teil wirklich skurril und ein wenig übertrieben verpackt. Hier spart Jeschke nicht mit Gesellschafts- und Systemkritik, namentlich Peak Oil-Thematik und Kalter Krieg, was natürlich auch sehr aktuellen Bezug hat. Die technischen Gegebenheiten, die in der Science Fiction oft an der Grenze zur Lächerlichkeit vorbeischrammen, werden so beschrieben, dass man das wichtige Gefühl der Plausibilität bekommt. Großteils wird auf detaillierte physikalische Vorgänge aber verzichtet, was sicher kein Fehler ist. Ebenfalls sehr spannend sind die Beschreibungen der urzeitlichen Welt und der Versuche, sich dort zu etablieren. Dabei bekommt man auch ein ganz gutes Gefühl für die gigantischen Zeiträume, die in der geologischen Entwicklung doch nur ein Wimpernschlag sind. Vor diesem Hintergrund ist es dem Autor übrigens exzellent gelungen, die zunehmenden Zustände von Vereinsamung, Entwurzelung und Verzweiflung der Zeitreisenden darzustellen.

Bis hierhin ist alles im grünen Bereich und vorbehaltlos empfehlenswert. Ein echter Page-Turner, woran sich auch bis zum Schluss nichts ändert. Doch gerade in diesem Schluss liegt die ganze Problematik des Romans. Leider schafft es Jeschke nicht, sein bis dahin makelloses Werk wirklich vernünftig zu Ende zu führen. Vor allem rächt es sich, dass der Autor selbst einige Andeutungen macht, die leider nicht weitergeführt werden (zum Beispiel die Spuren einer viel früheren Zeitreise weit im Norden). Hier wurde unglaublich viel Potential verschenkt. Das fällt natürlich vor allem deshalb so stark auf, weil die Einleitung für einen Gesamtumfang von über 300 Seiten sehr detailliert und lang ausgefallen ist. Vor diesem Hintergrund mutet das Finale eher sparsam und unfertig an. Schade, die verschiedenen offenen Handlungsfäden hätten Stoff für viele weitere Seiten geboten. Was mir übrigens – als Randnotiz – auch nicht gefällt: das von Jeschke selbst geschriebene Nachwort klingt für mich nach Selbstbeweihräucherung und auch ein wenig arrogant – das hätte er sich besser verkneifen sollen, spielt aber für den Roman selbst ohnehin keine Rolle.

Weniger kritisch sehe ich hingegen Problem der in sich fehlenden Logik. Hier erliegt der Autor dem gleichen Paradoxon wie praktisch alle anderen Schriftsteller, die sich dem Thema der Zeitreise widmen: Kann die Mission überhaupt durchgeführt werden, wenn sie erfolgreich war und die Gegenwart dadurch geändert wurde? Diese Frage stellt sich natürlich zwangsläufig, kann aber nicht richtig beantwortet werden. Zumindest regt der gesamte Komplex sehr stark zum Nachdenken an und ist damit durchaus als positiv zu bewerten.

Gesamteindruck: 6/7


Autor: Wolfgang Jeschke
Originaltitel: Der letzte Tag der Schöpfung
Erstveröffentlichung: 1981
Umfang: 320 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: Taschenbuch


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FilmWelt: Blair Witch 2

„Blair Witch 2“ ist einer der besseren Vertreter seiner Zunft – sowohl für einen Horrorfilm mit geringem Budget als auch für ein Sequel zu einem sehr erfolgreichen Vorgänger kann sich der Streifen durchaus sehen lassen. Enttäuscht werden allerdings alle sein, die eine ähnliche Machart wie in Teil 1 erwarten. Das bietet „Blair Witch 2“ nicht. Wohl aber gutklassige Unterhaltung und gepflegten Grusel für alle, die mit dem Hexen-Thema etwas anfangen können.

Gesamteindruck: 5/7


Gute Weiterführung des Blair Witch-Themas.

Wenn man sich „Blair Witch 2“ ansehen und genießen möchte, muss eines gleich von vornherein klar sein: Er ist nicht mit Teil 1 zu vergleichen, allein der Stil ist vollkommen anders. Wir haben es hier mit einem „normalen“ Horrorfilm zu tun. Die Ebene ist also eine völlig andere – anstatt direkt im Geschehen zu sein, beobachtet man nun „von außen“, was den Protagonisten passiert. Auch die Handlung an sich wurde ein wenig verändert, die Hauptverbindung zu Blair Witch Project besteht lediglich in kurzen Anspielungen bzw. den Ort, an dem sich ein Teil der Handlung abspielt. Zwar befinden sich auch hier wieder junge Leute im Wald und drehen eine Dokumentation, aber die eigentliche Geschichte beginnt erst danach.

Klar ist auch, dass der Film nur durch den kommerziellen Erfolg seines Vorgängers überhaupt zustande kam – und auch in diesem Sinne gedreht wurde, nämlich um ein wenig auf dieser Erfolgswelle mitzuschwimmen. Nun scheint das für viele Grund genug zu sein, den Film zu verdammen, ein Vorurteil, das nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, wenn man sich die vielen miserablen Fortsetzungen ansieht, die auf dem Markt sind. Dennoch ist der Film meiner Meinung nach keineswegs schlecht – ich finde ihn sogar sehr gelungen. Der schnelle Schnitt, die Schockmomente, das rätselhafte Ende – all das macht den Streifen zu einem der besseren Horrorfilme. Auch die Schauspielerriege finde ich akzeptabel, hier gibt es sogar eine kleine Verbesserung zum Vorgänger: niemand kreischt in so hohen und nervtötenden Lagen herum wie die Hauptfigur aus „Blair Witch Project„.

Was der Film noch bietet, ist eine gute Mischung aus dem unsichtbaren Schrecken des 1. Teils und – mehr oder weniger – sichtbaren Horror. Er ist damit etwas leichter zu konsumieren als der Vorgänger, aber deshalb nicht weniger unheimlich. Man braucht seine eigene Fantasie allerdings nicht mehr so sehr anzustrengen. Auch Leute, die ihre Filme gerne „philosophisch“ interpretieren werden auf ihre Kosten kommen – immerhin wird die Frage gestellt, wie „real“ etwas, das auf Film gebannt ist, was Interessierte durchaus zum Nachdenken animieren dürfte.

5 Punkte für ein Sequel, das dem Vorgänger ausnahmsweise einmal nicht hoffnungslos hinterher hinkt, wobei ein Vergleich in diesem Fall aufgrund der stilistischen Änderung nur sehr schwer möglich ist.

Gesamteindruck: 5/7


Originaltitel: Book of Shadows: Blair Witch 2
Regie: Joe Berlinger
Jahr: 2000
Land: USA
Laufzeit: 86 Minuten
Besetzung (Auswahl): Kim Director, Jeffrey Donovan, Erica Leerhsen, Tristen Skyler, Stephen Barker Turner


Filmvorschau (deutsch)


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MusikWelt: Razor

Onheil


Onheil liefern mit „Razor“ eine tadellose Debüt-Scheibe ab, die mit einer Leichtigkeit daherkommt, die man so schon länger nicht mehr gehört hat. Tolerante Black Metaller dürften damit ebenso zu überzeugen sein, wie Fans des klassischen Heavy Metal, die auch vor gesteigerter Aggression nicht zurückschrecken. Aus meiner Sicht steht damit einer guten Wertung nichts im Wege.

Gesamteindruck: 6/7


Tadelloses Debüt.

Die Niederländer Onheil bieten auf ihrem ersten Longplayer einen interessanten und abwechslungsreichen Bastard aus Black- und Heavy Metal. Ein bisschen wie Children Of Bodom, deren Musik aber eher auf der Mischung aus Death- und Heavy Metal basiert. Neben den Finnen könnte man Onheil musikalisch auch ein wenig mit Naglfar vergleichen, vor allem, was das Songwriting angeht. All diese Vergleiche sind übrigens durchaus als Ritterschlag zu werten. Die Band selbst bezeichnet ihre Musik übrigens als „Blackened Heavy Metal“, was im Endeffekt sehr treffend ist.

Sofort nach dem üblichen Intro wird man von „Nemesis Light Fading“, den größten Hit auf der Platte, regelrecht überfallen. Dieses Lied ist tatsächlich so eingängig, dass man schon beim ersten Hören am liebsten mitsingen möchte. Dabei sind die Zutaten denkbar einfach: ein erhabenes Riff wird mit feiner Melodie, rasender Double-Bass und gefauchtem Gesang der zwei (!) Vokalisten kombiniert. Diesem Hit gegenüber erschließt sich der Rest des Albums naturgemäß ein wenig schwerer. Ausnahmen: „The Fallen Kingdom“, dessen Riffing stark an den klassischen Heavy Metal angelehnt ist und das dank der schnellen Drums und aggressiven Vocals sehr hymnenhaft (unterstützt auch durch Chorgesang) aus den Boxen kommt. Ebenso der Rausschmeißer „From Above“, bei dem vor allem die Gesangslinie und die Breaks voll überzeugen können. Gelungen sind auch der heftige Titelsong, der fiesen Gesang und einige Death Metal-Parts beinhaltet und „Final Redemption“ mit coolen Gitarrenharmonien, die, stärker noch als in den anderen Stücken, an Iron Maiden angelehnt sind. Die beiden letztgenannten Tracks sind auch sehr abwechslungsreich: bei „Razor“ gibt es einen interessanten Mittelteil mit Akustik-Gezupfe, bei „Final Redemption“ paart sich schleppendes Midtempo mit Black Metal-Raserei. Interessant auch das in der Muttersprache der Truppe gehaltene „Pad Der Verdoemenis“, das in seiner Schroffheit beinahe schon norwegische Verhältnisse erreicht.

Aber auch der Rest der Platte ist mehr als nur brauchbar und fällt gegenüber den genannten Stücken kaum ab. Lediglich das orientalisch (?) angehauchte, mit Manowar-Gedächtnis-Riff beginnende „Day Of Departure“ will bei mir einfach nicht zünden, vermutlich, da dessen Ausrichtung einfach nicht zu den übrigen Liedern passt.


Track – Titel – Länge – Wertung

  1. Out Of The Darkness It Comes – 1:13 – 4/7
  2. Nemesis Light Fading – 4:08 – 7/7
  3. As Hope Dies – 4:48 – 5/7
  4. Final Redemption – 4:39 – 6/7
  5. Day Of Departure – 3:58 – 3/7
  6. Razor – 6:56 – 5/7
  7. The Fallen Kingdom – 3:19 – 6/7
  8. Pad Der Verdoemnis – 3:28 – 6/7
  9. Penetration Of Innocence – 5:02 – 4/7
  10. Rain Of Fire – 4:42 – 4/7
  11. From Above – 4:42 – 7/7

Gesamteindruck: 6/7 


Onheil auf “Razor” (2009):

  • Amok – Vocals, Guitars
  • Haat – Vocals, Guitars
  • Sadist – Guitars
  • Nomlis – Bass
  • Terger – Drums

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BuchWelt: Die Anstalt

John Katzenbach


Es kostet meist einiges an Überwindung, ein Buch, in das man einen nicht unbeträchtlichen Anteil an Lebens- und Freizeit gesteckt hat, negativ zu bewerten. „Die Anstalt“ von John Katzenbach macht es einem aber relativ leicht. Eventuell liegt das daran, dass die Zutaten, die der Autor in sein Werk einfließen lässt, hohe Erwartungen wecken, die bei weitem nicht erfüllt werden.

Gesamteindruck: 1/7


Unglaubliche Langeweile auf 750 Seiten.

Eine Mordserie, die in eine Nervenheilanstalt führt und die dort durchgeführten Ermittlungen, umgeben von Geisteskrankheit, verborgenen Geheimnissen und unkooperativen Ärzten. Klingt auf den ersten Blick sehr spannend – und die Bezeichnung des ganzen als „Psychothriller“ sowie die euphorischen Empfehlungen auf dem Buchrücken tun ihr Übriges dazu, die Vorfreude zu steigern. Was nach erfolgter Lektüre bleibt, ist Enttäuschung. Und Gedanken, die mit Stichworten wie „Zeitverschwendung“ zu tun haben.

Die Anlässe zur Kritik sind vielfältig. Zunächst ist der Stil, den Katzenbach in diesem Werk verwendet, alles andere als flüssig. Könnte natürlich an der Übersetzung liegen, aber eigentlich glaube ich eher, dass das Buch auch im Original genauso geschrieben ist. Auf knapp 750 Seiten kommt so gut wie kein Lesefluss auf. Die Dialoge sind langatmig, ebenso die Beschreibungen der Umgebung. Dabei gelingt dem Autor das besondere Kunststück ausufernd zu referieren und trotzdem so gut wie keine Details zu verraten. A pro pos Details: Auch die Charaktere bleiben völlig blass. Das betrifft alle Personen, die in „Die Anstalt“ vorkommen, sogar den Haupt- und Erzählercharakter. Keine der Figuren bietet sich wirklich zur Identifikation an, egal, was ihnen widerfährt, man fühlt zu kaum einem Zeitpunkt mit. Die Versuche, beispielsweise dem Chefarzt so etwas wie „Leben“ einzuhauchen, wirken bestenfalls jämmerlich. Über den Killer selbst erfährt man übrigens auch nichts. Einzig die beiden Pfleger, die Brüder Moses („Big Black“ und „Little Black“) und die Insassin „Cleo“ sind zumindest ansatzweise so etwas wie Sympathieträger. All das mag ein Stilmittel von John Katzenbach sein, Gefallen kann ich daran aber keinen finden.

Zu all dem kommt noch, dass sich die thematisch spannend klingende Geschichte relativ bald als stinklangweilig entpuppt. Während der Lektüre wartet man die ganze Zeit auf einen Twist, auf ein wenig Spannung – jedoch kommt nichts davon. Zunächst denkt der Leser noch an einen langsamen Aufbau, es stellt sich jedoch immer mehr heraus: Es gibt tatsächlich keine Überraschungen in „Die Anstalt“. Auch die Enthüllung des Mörders bringt keinerlei Aha-Erlebnis – kein Wunder, man erfährt ja auch nichts über ihn, weder darüber, wie er seine Morde überhaupt in dieser Umgebung zustande bringt, noch über seine Motive, die maximal weit hergeholt wirken.

Meiner Ansicht nach ist das gleichzeitig auch der größte Minuspunkt des Ganzen: Die fehlende Glaubwürdigkeit – oder habe ich nur irgendetwas nicht verstanden? Dass sich eine Staatsanwältin von zwei Insassen der Nervenheilanstalt (einem Schizophrenen und einem Brandstifter) bei den komplexen Ermittlungen helfen lässt, sie quasi zu ihren Gehilfen rekrutiert, ist völlig an den Haaren herbei gezogen. Auch dass die Ärzte in der Anstalt nicht eingebunden werden, obwohl es für die Ermittlerin keinen Grund gibt, an ihnen zu zweifeln, scheint mir eine ziemlich abstruse Idee zu sein. Dazu passt dann auch die Auflösung der Geschichte, die nicht mehr als ein ominöses „Und das war’s jetzt?“-Gefühl hervorruft.

Nimmt man all das zusammen, gibt es nur eine Möglichkeit: Ein Punkt für ein Buch, das viel verspricht und – so hart muss man es leider sagen – nichts davon hält.

Gesamteindruck: 1/7


Autor: John Katzenbach
Originaltitel: The Madman’s Tale
Erstveröffentlichung: 2004
Umfang: 752 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: Taschenbuch


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