MusikWelt: At The Heart Of Winter

Immortal


„At The Heart Of Winter“ ist keine so eingängige und schnell zündende Platte wie „Sons Of Northern Darkness“, auch die Geradlinigkeit eines „Damned In Black“ fehlt weitgehend. Aber genau hier liegt die Stärke des Albums: Die Songs sind vielschichtig, atmosphärisch und lassen immer wieder was Neues entdecken. Gründe für Abzüge: Nicht vorhanden, ein Meisterwerk.

Gesamteindruck: 7/7


Majestätisch, erhaben und wie aus einem Guss.

Mit „At The Heart Of Winter“ (1999) haben die Norweger Immortal – wie auch später mit „Sons Of Northern Darkness“ (2002) – ein Album abgeliefert, das man eigentlich nur als Meisterwerk bezeichnen kann. Dieser Begriff wird zwar oft überstrapaziert, aber hier trifft er meiner Meinung nach voll und ganz zu. Das finstere Trio Abbath, Horgh und Demonaz schafft es hier, sieben Volltreffer aufzufahren, die praktisch keinen Anlass zur Kritik bieten. „At The Heart Of Winter“ ist auch der erste Longplayer der Bergener, auf dem Demonaz nach seiner Erkrankung nicht als Gitarrist zu hören ist; alle Saiteninstrumente wurden von Abbath eingespielt, Demonaz tritt aber, wie auf allen nachfolgenden Werken, als Texter in Erscheinung. Und, eine weitere Neuerung: „At The Heart Of Winter“ setzt im Gegensatz zu allen Vorgänger-Alben von Immortal erstmals nicht mehr überwiegend auf Raserei und Blastbeats. Vor allem im Vergleich zum 1997 erschienen „Blizzard Beasts“ ist der Unterschied enorm.

Eröffnet wird die LP von „Withstand The Fall Of Time“, einem überlangen, epischen und abwechslungsreichen Track – was für ein Start für ein Album. Kalte Gitarren treffen auf noch kältere, grimmige Vocals und ein Drumming, das in meinen Ohren nicht von dieser Welt zu sein scheint. Bezeichnend, dass trotz der Länge des Liedes zu keiner Sekunde Langeweile aufkommt. Ähnlich majestätisch ist das finale „Years Of Silent Sorrow“, das nach sehr schnellem Beginn und einigen harten Breaks im Mittelteil vor allem aufgrund des unheilvollen Gekrächzes von Abbath punkten kann. Dessen Stimmlage passt bei diesem Lied so perfekt, dass er sogar die ebenfalls sehr starke Gitarrenarbeit an die Wand „singt“. Die Gitarre übernimmt jedoch zum Ende hin mit einer feinen Melodie wieder eine herausragende Rolle – insgesamt ein äußerst stimmiger Rausschmeißer.

Zwischen diesen beiden extrem starken Nummern befindet sich qualitativ ebenfalls durchwegs hochwertiges Material. Das schnelle „Solarfall“ kann mit einem genialen Haupt-Riff aufwarten, das die Raumtemperatur nochmals absinken lässt. Aufgelockert wird das Ganze durch einen semi-akustischen Zwischenteil. Einen solchen gibt es auch beim verhältnismäßig eingängigen „Tragedies Blows At Horizon“ [sic!]. Hier ist die namensgebende Textzeile sehr gut mitbrüllbar, aber vor allem der Übergang nach dem Zwischenteil ist hörenswert. Am Ende regiert ein gnadenloser Mosh-Part. Noch eine Spur leichter ins Ohr geht „Where Dark And Light Don’t Differ“, obwohl das Stück eher den ursprünglichen Black-Metal-Charakter atmet. Abbath krächzt hier noch eine Spur finsterer, was eine ordentliche Schippe Düsterkeit zur Härte addiert.

Den Vogel schießen Immortal aber mit dem Titeltrack ab: „At The Heart Of Winter“ beginnt wunderschön und sanft, vor dem geistigen Auge entsteht allmählich eine bitterkalte Landschaft. Darauf folgt der unvermeidliche, brutale Übergang mit eiskalt klirrenden Gitarren und einem Abbath in stimmlicher Hochform. Dieses Stück macht tatsächlich Gänsehaut und überstrahlt den Rest der nahezu perfekten CD nochmals um eine Stufe – begeisternd! Eine Platte für Schöngeister ist „At The Heart Of Winter“ dennoch nicht – immer noch spielen Immmortal Black Metal, wobei eine deutliche Annäherung an den “normalen” Heavy Metal zu hören ist – speziell im Vergleich zu den wahrlich nicht schlechten Vorgängerscheiben. Vor allem aber zeigt sich hier das – für mich – größte Plus der Band: sie beherrscht das hymnische und majestätische Songwriting wie kaum eine andere. Pures Geknüppel gibt es zwar ebenfalls, aber eben nicht durchgehend, was diese ganz eigene, frostige Stimmung erzeugt. Wahrlich ein Album wie aus einem Guss, Gründe für Abzüge sind auch bei wiederholtem Hören nicht festzustellen.


Track – Titel – Länge – Wertung

  1. Withstand The Fall Of Time – 8:31 – 7/7
  2. Solarfall – 6:04 – 6/7
  3. Tragedies Blows At The Horizon – 8:57 – 6/7
  4. Where Dark And Light Don’t Differ – 6:47 – 6/7
  5. At The Heart Of Winter – 8:02 – 7/7
  6. Years Of Silent Sorrow – 7:53 – 7/7

Gesamteindruck: 7/7 


Immortal auf “At The Heart Of Winter” (1999):

  • Abbath Doom Occulta − Vocals, Guitars, Bass, Synthesizer
  • Horgh − Drums
  • Demonaz Doom Occulta − Lyrics

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6 Gedanken zu “MusikWelt: At The Heart Of Winter

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  2. Eine mir bis jetzt völlig unbekannten Band, die Songs können gefallen, leider komme ich mit der Art von Gesang nicht zurecht. Aber super Rezension, guter Stil!

    • Danke für die Blumen. Ja, das mit dem Gesang ist so eine Sache. Da muss man schon eine gewisse Affinität zu Black Metal haben. Bei neueren Alben von Immortal fällt das umso mehr auf, weil die musikalisch fast schon „normaler“ Heavy Metal sind während sich die Vocals über die Jahre praktisch nicht geändert haben. Ich persönlich finde sie vor allem lyrisch-thematisch sehr passend. Mir gefallen sie aber auch in jeder anderen Hinsicht, was natürlich Geschmackssache ist.

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