In „Ein Käfer im Ameisenhaufen“ verlangen Arkadi und Boris Strugatzki dem Leser einmal mehr sehr viel Eigenleistung ab. Auch wenn hier mehr erklärt wird, als in anderen Romanen der Brüder, entziehen sich viele Passagen nach wie vor dem einfachen Verständnis. Hier ist Mitdenken angesagt. Wer damit nichts anfangen kann, wird mit diesem Buch ebenso wenig Freude haben, wie mit dem Großteil der anderen Strugatzki-Veröffentlichungen.
Gesamteindruck: 6/7
Mak Sim als Detektiv.
„Ein Käfer im Ameisenhaufen“ von den russischen Strugatzki-Brüdern ist der zweite Teil der Trilogie um Maxim „Mak Sim“ Kammerer. Zentriert sich der zehn Jahre vor diesem Buch erschienene Vorgängerroman, „Die bewohnte Insel“, noch sehr stark auf den Hauptprotagonisten, ist in vorliegendem Werk eine grundsätzlich andere Herangehensweise zu beobachten. Es gibt eine Reihe von Nebenpersonen, deren Erfahrungen und Vergangenheit wesentlich ausführlicher beleuchtet werden – der Leser erhält dadurch mehr Input, als man es aus anderen Strugatzki-Erzählungen kennt.
Der Inhalt des Buches ist eine Art Detektivgeschichte; allgemein gesprochen ist der Held auf der Suche nach einer bestimmten Person. In diesem Fall ist die Herausforderung – sowohl für die Hauptfigur als auch für den Leser – aus ihm nur zögerlich zugänglich gemachten Informationen seine Handlungsmöglichkeiten abzuleiten. Das Gefühl, für einen riesigen Apparat zu arbeiten, der keine Notwendigkeit darin sieht, seine Anweisungen zu erläutern, ist allgegenwärtig. Dementsprechend schwer fällt die Lektüre zeitenweise – vor allem auch, weil bis zum Schluss nicht klar wird, was das Ganze eigentlich soll.
Dass die Schriftsteller von ihrem Publikum so viel Mitarbeit verlangen, schlägt sich auch in diesem Werk im Stil nieder. Er entspricht genau dem, was man von den Klassikern der russischen Science Fiction erwartet, ist entsprechend distanziert und spröde. Auch damit muss man als Leser zurechtkommen – mir persönlich gefällt diese Abweichung zum westlichen Standard (der natürlich auch einiges für sich hat!) ausgesprochen gut.
Für die volle Punktezahl reicht es zwar nicht, ausgesprochen interessant ist der philosophische Ansatz über das Wesen der Menschheit aber allemal.
Gesamteindruck: 6/7
Autor:Arkadi & Boris Strugatzki Originaltitel:Жук в муравейнике. Erstveröffentlichung: 1979 Umfang: 196 Seiten Gelesene Sprache: Deutsch Gelesene Version:eBook, in „Strugatzki Gesammelte Werke 1.“
Grausam. Ein Attribut, das nicht nur auf die Folterszenen zutrifft, die den Protagonisten in diesem Machwerk widerfahren. Nein, auch der Film selbst ist grausam – zu denen, die ihn sich ansehen. In passender Runde mit ein paar Bierchen intus mag das alles vielleicht seine Faszination haben. Aber in der objektiven Betrachtung kann man an „Hell – Gefangene des Jenseits“ eigentlich nichts finden, das eine bessere Bewertung rechtfertigen oder gar für einen Kauf oder auch nur eine Ansehen des Films sprechen würde.
Gesamteindruck: 1/7
Nicht von der Verpackung täuschen lassen.
Zuerst das Positive: „Hell – Gefangene des Jenseits“ (Thailand, 2005; nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Film von Tim Fehlbaum aus 2011) ist in unseren Breiten offenbar nur mehr schwer käuflich zu erwerben. Dabei gab es den Film damals auf DVD bei uns im normalen Handel – und das sogar sehr schön. in einem edel wirkenden, stimmungsvollen Steelbook (das mich zum Kauf verleitet hat). Mehr Pluspunkte gibt es eigentlich nicht, es sei denn man ist gerade in der Pubertät und zählt den Schockeffekt, den manche Eltern beim Auffinden des Filmes im DVD-Regal ihrer Sprösslinge vielleicht haben, ebenfalls zur Kategorie „sehenswert“. Da es den meisten Eltern heute aber egal zu sein scheint, was sich ihre Kinder so reinziehen, fällt wohl auch dieser Moment weg.
Zu den Schattenseiten dieses Werkes zählt als zuallererst die wirre Story. Grundsätzlich ist die Idee, aufzuzeigen, was mit den Sündern nach ihrem Tod passiert, recht innovativ und alles andere als schlecht. Es hapert jedoch gewaltig an der Umsetzung. Zum einen sind die Protagonisten nämlich gar nicht richtig tot, sondern eher in einer Art Zwischenwelt. Damit könnte man noch leben, wenn die Geschichte nicht so manchen verwirrenden Gedankensprung zwischen immer gleichförmigen Fluchtszenen nehmen würde. Auch ist es schwer zu glauben, dass mystische Wesen wie Teufel und Dämonen in ihrem eigenen Reich nicht in der Lage sein sollen, ein paar flüchtende Seelen aufzuspüren. Das wirkt lächerlich und bestenfalls unfreiwillig komisch. Auch das Ende des Filmes ist vorhersehbar und wenig durchdacht. Spannung kommt also kaum einmal auf.
Ein weiteres Manko ist die Aufmachung des Filmes selbst. Die Szenerie wirkt wie ein trostloser, öder Steinbruch. Die merkwürdige Farbgebung finde ich hingegen sogar relativ gelungen und der kargen Landschaft angemessen. Weniger gut ist hingegen, dass die Kostüme der Dämonen unfreiwillig komisch und absolut nicht furchteinflößend wirken. Auch die Folterszenen, die zwar filmisch gut umgesetzt wurden, wirken im Endeffekt nicht beängstigend, da kurz darauf anscheinend alles wieder heil ist. Die biedere schauspielerische Leistung (durch die schlechte Synchronisation noch verstärkt) tut ihr übriges zum katastrophalen Gesamteindruck.
So kann man dem Ganzen im Endeffekt eigentlich auch bei allem guten Willen nicht mehr als einen Punkt geben. Etwas Positives gibt es aber dennoch zu berichten: Wer sich diesen Film gekauft hat, wird sich wohl so schnell nicht mehr von einer schicken Verpackung und einem interessanten Klappentext täuschen lassen!
Datum: 20. bis 22, August 2015 Location: Spital am Semmering, Steiermark, Österreich Festival:Kaltenbach Open Air 2015 Bands: 35, national & international Publikum: 1.500 (geschätzt) Ticketpreis: 47 Euro (3-Tage-Festivalpass)
Am kalten Berg.
Vorgeschichte
Das Kaltenbach Open Air (KOA) ist ein kleines Festival. Meiner Schätzung nach waren rund 1.500 Leute vor Ort, können aber auch weniger gewesen sein, ich kann das schwer abschätzen. Ausverkauft war wohl nicht, ist aber bei einem Festival dieser Ausrichtung kaum zu erwarten. Denn: Das KOA ist extrem. Die Veranstalter versuchen mit dem Booking alle möglichen Extreme Metal-Genres abzudecken, dementsprechend schränkt sich der Publikumskreis ein, auch wenn in Österreich die ganz harten Spielarten schon immer einen Stein im Brett haben. Eine Band mit „normalem“ Gesang? Schöne Stimme und alles? War – zumindest heuer – keine einzige dabei. Death, Black, Grind, ein bisschen Doom und Thrash dominieren in Kaltenbach das Geschehen. Der Mix macht es hier zwar auch aus – aber eben eher in anderen Nuancen.
Heuer stand jedenfalls das 10jährige KOA-Jubiläum an. Ich selbst war noch nie dort – habe aber nur Gutes gehört, daher war ich diesmal dabei. Und ich habe es nicht bereut.
Donnerstag, 20. August 2015
Natur: Das Festivalgelände
Grundsätzlich ist das Festival gut erreichbar, zumindest wenn man ein Auto hat. Vom kleinen Örtchen Spital am Semmering geht es in Richtung Berg – und dann sieht man auch schon, was die Stunde geschlagen hat: Von der Mittelstation einer Sesselliftbahn sieht man mitten auf einem Hang, der im Winter als Skipiste dient, die ersten Zelte stehen. In gefährlicher Schräglage *schluck*. Zu besoffen sollte man also nicht sein. Die zweite Möglichkeit zu Campen, die von uns auch genutzt wurde, ist direkt neben der Straße, die in Serpentinen den Berg hoch führt. Auch nicht ohne, aber zumindest nicht ganz so steil – und, was mir sehr wichtig ist: Mit der Möglichkeit neben dem Auto zu campen.
Weite Teile der Anreise erfolgten im Regen, das Zelt konnte dann aber doch bei trockenem Wetter aufgebaut werden. Trocken blieb es dann auch an den restlichen Tagen, nur die Temperaturen waren recht frostig – nicht nur der namensgebende Bach, sondern auch der Berg zeigten sich von der kalten Seite. Aber sei’s drum, dafür gibt’s ja Alkohol, den ich mir in Form von diversen Bieren gleich nach dem Zeltaufbau gönnte. Immerhin waren wir ja schon kurz nach 12 (nach einem Mittagessen im Dorfgasthaus) vor Ort, die erste Band sollte um 17 Uhr spielen. Gut getankt ist halb gewonnen – und so ging es erstmals nach unten zum Konzertgelände. Dabei war schon zu merken, dass der Rückweg wohl anstrengend würde – recht steil, so eine Bergstraße. Zum Glück war unser Zeltplatz recht mittig, sodass wir nicht ganz rauf mussten.
Hart: Darkfall
Das Konzertgelände erwies sich als eine Fläche, die im Winter wohl als Parkplatz für die Skifahrer dienen dürfte. Links und rechts von Bäumen gesäumt, gerade richtig in der Größe, mit ausreichend Sitz-, Steh- und Merchandise-Gelegenheiten ist das schon eine coole Location. Wir vertrieben uns die Wartezeit mit weiteren Getränken und einigen Snacks (Schnitzelsemmel: Legendär!) und holten uns schnell unser Festivalshirt um sagenhafte 10 Euro! Bis es dann endlich mit der ersten Band, PROGERIA BUFFET, losging, war ich schon recht beduselt. Kann mich jetzt nicht mehr erinnern, wie die Truppe war… Erste Band, die ich noch im Kopf habe, waren EREBOS, die, ähnlich wie die darauf folgenden MORTAL STRIKE, gut Gas gaben. Man merkt schon, die Bands sind eher als Regionalgrößen zu bezeichnen, was aber niemanden störte. Bei DARKFALL ging es dann kurz nach 22 Uhr erstmals direkt vor die Bühne – war eine gute Show, mit allerhand Feuer und Brimborium. Musikalisch auch nicht schlecht – beinharter, ziemlich deathiger Thrash. Oder thrashiger Death? Egal. Danach folgte der Headliner des ersten Abends: AGALLOCH aus den USA zelebrierten ihre schweren Klänge. Das war mir um diese Zeit und in meinem Zustand ehrlich gesagt etwas zu viel Kunst. Ja, ich mag die Band auf Platte ganz gern – aber wie eine typische Live-Band auf einem Festival wirkte das nicht auf mich. Interessant war es, aber eben auch schwer verdaulich. Irgendwann gingen wir dann – die restliche Show der Amis hörten wir uns vom Zelt aus an, was beim KOA problemlos möglich ist. Man fühlt sich dort, als ob man neben der Bühne zelten würde. Zumindest was die Lautstärke betrifft, denn leider sieht man nicht hin. Zu viele Bäume im Wald.
Freitag, 21. August 2015
Aufgewacht gegen 8 Uhr, was für ein Festival durchaus akzeptabel ist. Länger pennen war ohnehin nicht drin – zum Einen, weil es in der Nacht wirklich unangenehm abgekühlt hatte und man entsprechend durchgefroren war, andererseits wegen einem Phänomen, das uns das ganze Festival begleiten sollte: Einer der Merchandise-Stände an der Straße hatte richtig tolle Boxen. Riesendinger, die gelegentlich sogar Teile der Bühnen-PA überlagern konnten (was zum Glück kaum vorkam). Und was spielt dieser Wahnsinnige mindestens einmal pro Stunde? „Metalkutte“. Ja, genau. *Unglaublich.auf.Dauer.Rotation* Das muss man erstmal aushalten, daher griff ich recht bald wieder zum Bier, nachdem wir uns am Festivalgelände kurz mit Kaffee und Muffins gelabt hatten. Bis Mittag (um 12 Uhr begann die erste Band) saß man herum, laberte Unsinn und begaffte die Leute, die den Berg hoch keuchten, um zu ihren Zelten zu kommen. Oder die, die bergab stolperten. Ganz lustig – auch wenn ich ehrlich sagen muss, dass mir da ein paar Glatzen zu viel vor Ort waren. Also keine „normalen“, sondern die, deren Gesinnung man auch an der Kleidung (bzw. Patches) und teilweise sogar eindeutigen Gesten erkennen konnte. Nicht gut, da sollte die Security dann schon ein bisschen einschreiten – mir war das sehr suspekt, ich hoffe mal, dass das KOA nicht immer solches Publikum anzieht.
Infernalisch: Valkyrija
Um die Mittagszeit bequemten wir uns dann auch zur Bühne, genossen Kartoffelpuffer und Käsekrainer zu den Klängen von ENCLAVE und UZZIEL. Letztere fand ich nicht übel, auch wenn das nichts ist, wovon ich mir eine Platte kaufen würde. Gestärkt gingen wir wieder zurück zum Zelt, um dort ein wenig auszuruhen und zu trinken. So verging die Zeit wie im Flug, von den Bands, die ich vom Zelt aus gehört habe, sind mir nur DOOMAS ausgesprochen positiv im Gedächtnis geblieben. Da habe ich zum einzigen Mal bereut, nicht vor der Bühne gewesen zu sein. Um 19:30 folgte mit BENIGHTED die erste große Band des Tages. War sehr gut, was die Franzosen da in die Menge feuerten. Beinharter Deathgrind, auf den ich dankenswerter Weise erst hier im Forum aufmerksam gemacht wurde. Hat mir sehr gut gefallen – und ich hätte es nicht gedacht, das war sogar eine ausgesprochen sympathische Truppe, die da auf der Bühne gewütet hat. Gleich darauf folgten VALKYRIJA, eine Band, die ich im Dezember 2014 beim Eindhoven Metal Meeting erstmals gesehen hatte. Was für ein Kontrast zu BENIGHTED – nach den musikalisch grindigen Franzosen standen nun optisch grindige Schweden auf der Bühne. Die (vor allem der Sänger) waren in Lumpen gehüllt und mit Corpsepaint versehen und spielten entsprechend räudigen Black Metal. Ja, trotz des Bandnamens gab es hier überhaupt keine heidnische Fröhlichkeit sondern die volle Ladung Misanthropie und Nihilismus. Mir hat’s sehr gut gefallen – und Sänger A.L. war auf eine verrückt-manische Art ziemlich charismatisch – auch wenn ich das verottete Kapuzenteil, das er sich dauernd über Kopf und Mund zog, lieber nicht riechen möchte. Jedenfalls: Gute Show, ich hab mir gleich auf dem Rückweg zum Auto die Vinyl-Version vom 2010er-Album „Contamination“ gekauft.
Routiniert: Marduk
Auf dem Rückweg? Ja, es war inzwischen so kalt, das wir beschlossen, uns kurz im Auto aufzuwärmen. Auf der Bühne standen zu der Zeit KRISIUN. Hätte ich ganz gerne gesehen, aber mein erbärmlicher, alkohol- und kältebedingter Zustand ließ es nicht zu. Gut angehört hat sich das Brett aber. Immerhin ein kleiner Trost: Nächstes Jahr spielen sie in Tolmin bei den MetalDays, da werde ich wieder eine Möglichkeit haben. Nach KRISIUN kam die zweite, abgefuckte Schwedenband (nach VALKYRIJA) auf die Bühne: MARDUK, also die Truppe, wegen der wir hauptsächlich da waren. Gut, ganz so abgefuckt wie ihre Landsleute sehen MARDUK natürlich nicht aus, aber immerhin: Das Corpsepaint saß, die Nieten ebenfalls. Furios legte man mit „Frontschwein“ vom aktuellen Album gleichen Namens los – ein perfekter Einstieg. Soweit man das bei einer solchen Band sagen kann, wirkten die finsteren Typen ganz zufrieden mit den Reaktionen des Publikums – viele Ansagen, Dankesworte u. ä. kann man eh nicht erwarten. Den Rest der Setlist fand ich persönlich jetzt nicht so berauschend. Gut, mit „The Blond Beast“ war noch ein aktueller Kracher am Start, der sehr gut ankam. Aber sonst fehlten mir ein paar markige Nummern der Kategorie „Wolves“, „Nightwing“ oder „World Funeral“. Stattdessen gab es das uralte „The Black…“ (sehr cool!), „Into Utter Madness“, das großartige „Burn My Coffin“, „Warschau“ und das ebenfalls sehr stark dargebotene „Slay The Nazarene“. Daneben noch ein bisschen was vom „Frontschwein“-Album, namentlich „Wartheland“. Und natürlich das unvermeidliche „Panzer Divison Marduk“ ganz am Schluss. Es war insgesamt eine gute, aber auch ein wenig routiniert wirkende Darbietung. Die Diskussionen, die ich unter den Fans später mit einem Ohr so hören konnte, drehten sich vor allem um die ihres Erachtens enttäuschende Setlist. So falsch lag ich mit meiner Einschätzung also nicht, auch wenn ich nicht sagen kann, dass ich wirklich enttäuscht war. Nach MARDUK standen zwar noch SCARECROW N.W.A. als Rausschmeißer auf der Bühne, die habe ich mir aber nicht mehr gegeben. Obwohl sie vom Zelt aus nicht übel klangen.
Samstag, 22. August 2015
Stilvoll: Selbstentleibung
Auch diesmal ging es nach einigen kleineren Getränken darum, was man zu Mittag machen sollte. Die erste Band (SILIUS) war wiederum für 12 Uhr angekündigt, eindeutig zu früh. Da wir vom Festival-Fressen langsam genug hatten, beschlossen wir, den Fußmarsch in den Ort (ca 20 Minuten) auf uns zu nehmen. Keine schlechte Entscheidung, im Gasthaus speiste es sich im Kreise anderer Metalheads sehr angenehm. Nur, dass man dort keine Musik einschaltete, war eine herbe Enttäuschung. Andererseits wären wir in dem Fall sicher länger geblieben und dort wohl auch erst ordentlich berauscht wieder weg gegangen, was böse hätte enden könne. Als wir auf dem Rückweg zum Zelt wieder an der Bühne vorbeikamen, spielten gerade THE MORPHEAN, keine Ahnung, wie das klang, kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass es ein Highlight gewesen wäre. Eine Verschnaufpause beim Zelt verbrachte ich im Dämmerschlaf, um dann zu den Klängen von „Metalkutte“bzw. dann MATER MONSTIFERA langsam wieder zu mir zu kommen. Die klangen jedenfalls mehr als passabel, wir gingen dann auch langsam wieder los – um nämlich rechtzeitig für SELBSTENTLEIBUNG wieder vor der Bühne zu stehen. Bei so einem Bandnamen kann man denken, was einen erwartet – und so war es auch. Ekelhaft abgerissene Gestalten in Schwarz bzw. mit versifften weißen Bandshirts mit dem eigenen Bandlogo, dazu verhältnismäßig sauberes Corpsepaint standen auf der Bühne. Das Konzerterlebnis war sehr intensiv, die Band ist rockiger, als man annehmen könnte. Sänger „Tötung“ war der helle Wahnsinn – ein Typ mit der Optik eines (dünnen) Captain Spaulding (aus „The Devil’s Rejects“), dem Gehabe von Alan Averill (PRIMORDIAL) und dem Organ von Gaahl (ex-GORGOROTH). Der brüllte sich wahrlich die Seele aus dem Leib. Eine sehr gute Show, wie ich finde – und als ich dann den Sänger im Publikum sah und kurz zum Gig kontrollierte, konnte ich den Mann mit dem breiten Wiener Akzent kaum noch dem Irrwisch auf der Bühne zuordnen. Ich glaube das war auch der gleiche Kerl, den ich ein paar Stunden vorher im Wirtshaus die Katze habe streicheln sehen… Corpsepaint ist der Wahnsinn.
Geschmackvoll: Gutalax
Nach diesem „Gefecht“ lauerte gleich der nächste Irrsinn. Eine Band mit dem wohlklingenden Namen GUTALAX. Davon habe ich meinen Lebtag noch nichts gehört – aber ein Standler vom Merchandise sagte mir im Vertrauen, dass das wohl die beste Band auf dem ganzen Festival wäre. Hatte nicht ganz Unrecht, auch wenn ich wegen GUTALAX wohl keine Reise machen werde. Ich weiß nicht, ob jemand diese Truppe kennt, aber mir fehlen die Worte, um zu beschreiben, was da abging. Gekleidet waren die Tschechen in Ganzkörperoveralls (diese weißen, die aus einer Art Papier oder so bestehen), manche hatten auch Gasmasken auf. Der „Anzug“ des Sängers war braun beschmiert, wohl um ihrem Beinahmen „The Lords of the Brown Ring“ alle Ehre zu machen. Zu Beginn der Show folgen Klopapier-Rollen ins Publikum, dann ging es auch schon los. Mit einer Art Grindcore würde ich sagen. Textlich drehte sich wohl alles um das Thema Verdauung und deren Endprodukte, wobei ich das nur aus den Songtiteln entnehmen konnte. Zu verstehen war nämlich nix – der Sänger hörte sich wahlweise wie ein normal grunzendes, dann wieder wie ein Schwein an, das gerade abgestochen wird. Meist hörte man aber nur etwas, das sich wie „Rah rah rah-rah-rah“ oder so anhörte. Lyrics sind auch im Netz keine zu finden – also wird das wohl alles sein. Im Publikum wurden auch immer wieder Schilder mit der Aufschrift „Ralph“ hochgehalten – vielleicht war auch das der Text. Insgesamt war die Musik aber überraschend eingängig und kompakt gespielt. Was im Publikum abging, spottet auch jeder Beschreibung – Mosh und Circle-Pits, wie sie keine andere Truppe auf diesem Festival zu sehen bekam. Die Leute (die die Band offenbar besser als ich kannten) flippten komplett aus – viele waren auch ähnlich wie die Truppe auf der Bühne gekleidet, manche hatten Hüte/Masken auf, die wie Hunde- (oder Menschen-)Kot aussahen. Einfach nicht zu fassen – hier ein Video von einem andern Auftritt für alle, die sich darunter nichts vorstellen können. Empfehlenswert auch der Backpatch für die nächste Metalkutte: Zwei gekreuzte Klobürsten unter dem Bandlogo. ‚Nuff said.
Nach dieser Performance mussten die beiden folgenden Bands fast …ähem… abstinken. Was sie trotz grundsätzlich guter Musik auch taten. Zunächst GOD DETHRONED, von denen ich gar nicht wusste, dass sie noch aktiv sind. Naja, das letzte, was ich von denen gut fand war „Into The Lungs Of Hell“, was leider nicht gespielt wurde. In Erinnerung geblieben sind mir nur „Nihilism“ und „Soul Sweeper“, die ich passabel fand, außerdem der Rausschmeißer „Villa Vampiria“. Ich glaube, diese Band hat fertig, noch dazu fand ich sie nicht sonderlich sympathisch. ROTTING CHRIST finde ich hingegen eine sehr sympathische Truppe – eine von denen, die schon ewig dabei ist und wohl nie was Großes reißen wird und trotzdem weitermacht. Einfach cool, wie sie sich bemühen und fast die Köpfe beim Bangen abschrauben – und die Songs sind großteils ja auch gut. Aber gerade in diesem Bereich gibt es mit BEHEMOTH einen uneinholbaren Spitzenreiter. Naja, die Show war jedenfalls ganz gut, auch wenn mir ein paar Hits á lá „King Of A Stellar War“ gefehlt haben. Leider dürfte das Publikum immer noch von GUTALAX ermüdet gewesen sein.
Das bekamen auch die Briten von ANAAL NATHRAKH zu spüren – wobei es hier durchaus auch an der chaotischen Musik gelegen haben könnte. Auch hier: Sympathische Band, aber so richtig groß werden die wohl nie. Das scheinen sie auch zu wissen, denn Sänger Dave „V.I.T.R.I.O.L.“ Hunt sprach z.B davon, dass ihr Backdrop aussehen würde, als hätten sie ein T-Shirt hinter dem Drumkit aufgehängt und sie nichts hätten, was mit anderen Bands hier vergleichbar wäre (was angesichts der Festival-Größe und der Bandauswahl eine gewagte Aussage war). Naja, jedenfalls freute sich die Truppe über die teilweise doch sehr guten Publikumsreaktionen enorm. Lediglich der schüchternen Bitte des Gitarristen („May we have some crowd-surfers please?“) wurde nicht nachgekommen. Ich persönlich kann diese Band jetzt unter „endlich einmal gesehen“ abheften, meine Lieblingstruppe wird sie aber nicht werden.
(Zu) laut: Dark Funeral
Das Finale des heurigen KOA bestritt eine weitere Truppe aus Schweden. DARK FUNERAL gaben sich die Ehre, was an sich schon Seltenheitswert hat. An dieser Stelle kann man sich natürlich fragen, warum mit MARDUK, VALKYRIJA und DARK FUNERAL drei sehr ähnliche schwedische Black Metal-Kommandos gebucht wurden und nicht zum Ausgleich z. B. eine norwegische Truppe am Start war. Mich hat es jetzt nicht gestört – aber ein bisschen gewundert habe ich mich. Unabhängig davon hat der Auftritt von DARK FUNERAL gezeigt, dass sie es zwar durchaus drauf haben, andererseits aber nicht umsonst nicht ganz oben in ihrem Genre stehen. Klanglich sind sie z. B. durchaus auf einer Ebene mit MARDUK – die haben aber ein paar Variationen mehr in ihrem Tempo, während DARK FUNERAL fast nur Vollgas geben. Auch optisch ist bei DARK FUNERAL alles ein wenig hausbacken. So richtig charismatisch wirkt keiner aus der Truppe, hier tut der Abgang von Sänger Emperor Magnus Caligula wohl am meisten weh. Dessen Nachfolger, der auf den Namen Heljarmadr hört, war zwar stimmlich in Ordnung, wirkte in seiner Lederrüstung mit schwarzem Longsleeve (!!) darunter jedoch nicht so souverän. Aber zumindest Bassist Natt und einer der Gitarristen (keine Ahnung welcher das war, jedenfalls der, der vom Publikum aus gesehen links stand), waren einigermaßen beeindruckend anzusehen. Ansonsten dominierten „schönes“ Corpsepaint (also eher IMMORTAL-Style), Lederrüstungen und saubere Lederklamotten mit Nieten usw. Old-School also, aber irgendwie schon ein bisschen zum Schmunzeln. Musikalisch war aber alles gut, da waren mit „The Arrival Of Satan’s Empire“, „Nail Them To The Cross“, „Hail Murder“ und – vor allem – den großartigen Songs „666 Voices Inside“ und „My Funeral“ einige starke Nummern dabei. Lediglich die Lautstärke war nicht mehr schön – ja, Metal muss laut sein, aber was der Tonmann da bei DARK FUNERAL angestellt hat, weiß ich nicht. Da war teilweise außer einem undifferenzierten, extrem lauten Soundbrei wirklich nichts mehr zu hören. Davon abgesehen: An der Black Metal-Front des KOA steht es damit für mich unentschieden zwischen MARDUK und DARK FUNERAL, die jeweils um eine Nuance vor VALKYRIJA liegen. Den fauligen Atem der mehr als 10 Jahre jüngeren Truppe werden die beiden Veteranen jedenfalls schon stark im Nacken spüren. Schön, dass sich da was tut!
Aufwärmen vor und auf der Bühne
Nach DARK FUNERAL, bei denen man sich wie schon am Vorabend bei MARDUK sehr gut an den Feuersäulen, die laufend vor der Bühne gezündet wurden, aufwärmen konnte, ging es zurück zum Zelt, um am nächsten Tag ausgeruht die Heimreise antreten zu können. Viel geschlafen habe ich nicht – irgendein Idiot hat es sich nicht nehmen lassen, auf unser Zelt zu springen. Während wir drin waren. Viel ist nicht passiert (ein oder zwei verbogene Stangen), danach hörte man aber natürlich das Gras wachsen. So ein dummer Pisser kann einem schon das Festival versauen, wenn das in einer der Nächte vorher passiert. Erwischt habe ich ihn auch nicht, nur einen Ellbogenstoß durch die Zeltwand konnte ich anbringen. Bis ich aus dem Schlafsack und dem Zelt war, war der Mistkerl leider über alle Berge.
Fazit: Musikalisch und Location-technisch war das Kaltenbach Open Air 2015 Top. Der Sound war super, das Essen war gut, die Preise waren mehr als fair, die Organisation hat reibungslos geklappt – was will man sonst noch? Vielleicht ein ausgesuchteres Publikum (Leute, die Zelte zerstören, Dixies umschmeißen, Autos zerkratzen und anfahren, um den Fahrerflucht zu begehen sowie Nazi-Idioten gehen gar nicht – und fallen auf so einem kleinen Festival natürlich extrem auf). Aber das war zum Glück nicht die Regel – die meisten Besucher waren sehr nett. Gleiches gilt auch für die Security; wobei die Crew, die vor der Bühne steht und damit direkt für die Sicherheit von Bands und Publikum verantwortlich ist, nicht unbedingt vor den Leuten Bier und Härteres trinken sollte). Ansonsten: Ein paar Toiletten mehr, vor allem im Bühnenbereich, hätten nicht geschadet – aber das ist ja eh immer so.
Ob ich die Reise nach Kaltenbach noch einmal antreten werde, weiß ich noch nicht. Kommt wohl stark auf die Bands an – und wie man mit „problematisch gesinnten Fans“ umgeht. Beispielsweise hat auf der Facebook-Seite des Festivals gerade unlängst jemand verlangt, dass man doch einmal Satanic Warmaster verpflichten könnte. Da kam zum Glück die deutliche und sofortige Absage durch den Veranstalter. Respekt und Hörner hoch dafür!
PS: Wer möchte, kann sich die „Metalkutte“ hier geben. Auf eigene Gefahr.
Beim Surfen auf diversen Blogs findet man immer wieder interessante Dinge. Mich interessiert es beispielsweise, Fragen zu beantworten – und auch die Antworten Anderer zu lesen. Ein Blog, auf dem eine „Montagsfrage“ gestellt wird, habe ich unlängst entdeckt: „Buchfresserchen“ nennt sich das Ding, dessen Startseite hier zu finden ist. Ich werde versuchen, die Montagsfrage regelmäßig zu beantworten.
In letzter Zeit ist das eigentlich nicht vorgekommen. Ich war zwar ein wenig enttäuscht von „Midnight Tides“ aus der Serie „Malazan Book of the Fallen“ von Steven Erikson, das hat aber wenig mit der Inhaltsangabe zu tun, die ich nicht einmal kenne. Kann von daher nicht die Antwort auf die Frage sein. Um eine wirkliche Enttäuschung aufgrund der Inhaltsangabe/des Klappentextes zu finden, muss ich etwas weiter zurückgehen – denn auch wenn die Veröffentlichung der Rezension hier noch nicht so lange her ist, ist es doch schon vor ein paar Jahren gewesen, als ich von diesem Buch enttäuscht wurde:
John Scalzi – Redshirts (alles weitere dazu in meiner Rezension auf WeltenDing)
Zunächst hatte ich für „Die bewohnte Insel“ schon die Fünf-Punkte-Wertung reserviert – zu oft wurde die spannende Grundhandlung von philosophischen Exkursen unterbrochen, die man nur schwer versteht. Allerdings hat sich das nach einem zweiten Durchgang geändert und ich habe Details entdeckt, die ich vorher in der stark verdichteten Geschichte überlesen habe. Der Schluss ist sowieso über jeden Zweifel erhaben, sodass der Roman im Endeffekt nur knapp an der Höchstwertung scheitert.
Gesamteindruck: 6/7
Robinson Crusoe im Kriegsgebiet.
„Die bewohnte Insel“ ist der erste Teil der „Maxim Kammerer-Trilogie“ der russischen Schriftstellerbrüder Arkadi und Boris Strugatzki. Der Titel weist bereits darauf hin: Ähnlich wie Robinson Crusoe verschlägt es den Helden Maxim Kammerer auf eine ihm unbekannte Welt, auf der er sich erst zurecht finden muss. Doch anders als die Insel im Klassiker von Daniel Defoe ist der Planet, auf dem die Hauptperson landet, alles andere als unbewohnt.
Die Autoren stellen in „Die bewohnte Insel“ die Anpassungsprobleme, die der Protagonist in einem für ihn völlig fremden System hat, sehr anschaulich dar. Die fremde Sprache zu lernen ist dabei noch das geringste Problem. Viel schwerer fällt es dem Helden, mit seinen irdischen (in diesem Fall: utopisch-sozialistischen) Wertvorstellungen, die Bewohner der „Insel“ auf gesellschaftlicher und philosophischer Ebene zu verstehen. Um aber seinem Schicksal zu entkommen, muss er sich anpassen, was eine starke Veränderung seiner Persönlichkeit und seiner Moral zur Folge hat. Letztlich scheint „Die bewohnte Insel“ damit ein Plädoyer dafür zu sein, dass selbst ein Einzelner mit genügend Willenskraft ein System verändern kann. Dass es dabei zwangsläufig zu Verlusten kommt, die das Umfeld, die eigene Persönlichkeit und auch die eigene Moral betreffen, ist die Folge. Ob sich ein solcher Eingriff in das System lohnt, lassen die Autoren ein wenig offen – der überraschende Schluss legt allerdings nahe, dass es ohne genaue und umfassende Kenntnis der Fakten leicht zu einer Katastrophe kommen kann, egal, wie gut die verfolgten Absichten gewesen sein mögen.
Andererseits zeigt „Die bewohnte Insel“ auch sehr deutlich, wie sich ein repressives Regime durch Propaganda und Manipulation absichert. Die Art und Weise wie die Bewohner der „Insel“ unterdrückt werden, wie man Andersdenkende verfolgt und ausrottet, hat etwas bedrückend Realistisches. Übrigens wird in diesem Roman auch die Bedrohung durch atomare Aufrüstungs- und Abschreckungspolitik sehr deutlich dargestellt, ebenso die Folgen eines modernen, hochtechnisierten Krieges.
Gesamteindruck: 6/7
Autor:Arkadi & Boris Strugatzki Originaltitel:Обитаемый остров. Erstveröffentlichung: 1969 Umfang: 224 Seiten Gelesene Sprache: Deutsch Gelesene Version:eBook, in „Strugatzki Gesammelte Werke 1.“
Beim Surfen auf diversen Blogs findet man immer wieder interessante Dinge. Mich interessiert es beispielsweise, Fragen zu beantworten – und auch die Antworten Anderer zu lesen. Ein Blog, auf dem eine „Montagsfrage“ gestellt wird, habe ich unlängst entdeckt: „Buchfresserchen“ nennt sich das Ding, dessen Startseite hier zu finden ist. Ich werde versuchen, die Montagsfrage regelmäßig zu beantworten.
Ich bin momentan mitten in einer Reihe: „The Malazan Book of the Fallen“ von Steven Erikson. Auf Deutsch auch als „Das Spiel der Götter“ bekannt. Da ist allerdings noch lang kein Ende in Sicht. Vorher habe ich – wenn mich nicht alles täuscht – relativ lang keine Reihe mehr gelesen. Eine der letzten war „A Song of Ice and Fire“ von George R. R. Martin. Zählt aber auch nicht so richtig – ich habe zwar die Bücher, die es in dieser Reihe bisher gibt, beendet – aber die Serie ist ja noch nicht abgeschlossen. Ich glaube, das ist meine Antwort (auch wenn ich nicht zu 100% sagen kann, dass es wirklich die zuletzt gelesene Reihe ist):
Sechs Punkte für ein Werk, das längst vergangene Zeiten wiederaufleben lässt. Am Ende wird man tatsächlich ein wenig schwermütig, weil man diese Epoche einer reichen geistigen Kultur nicht miterleben konnte; aber es überwiegt doch die Freude, dass es der Autor so gut geschafft hat, den Leser auch nach so vielen Jahren noch daran teilhaben zu lassen.
Gesamteindruck: 7/7
Wertvolles Zeugnis einer vergangenen Epoche.
Der von Friedrich Torberg skizzierte „Untergang des Abendlandes“ vollzieht sich völlig anders als bei Oswald Spengler, der diesen Begriff ja bereits 1918 bzw. 1922 prägte. Torberg bezieht sich nämlich überhaupt nicht auf „globale“ Phänomene sondern auf den Mikrokosmos der „Kaffeehauskultur“ (wenn man diesen etwas unpräzisen Überbegriff verwenden will), deren letzte Ausläufer in der Zwischenkriegszeit noch vorhanden waren. „Die Tante Jolesch“ ist dabei ein eher irreführender Titel, das Buch könnte genauso gut den Namen eines anderen Protagonisten dieser durch den Nationalsozialismus zerstörten Szene tragen.
Wir haben es hier mit einer Sammlung von kurzen und manchmal auch etwas längeren Anekdoten zu tun. Die angesprochene Tante Jolesch nimmt zwar einen vorderen Platz im Buch ein, ist aber keineswegs wichtiger oder weniger wichtig als eines der anderen Originale, die der Autor zu Wort kommen lässt. Ich persönlich finde sogar, dass beim ersten Lesen die Tante Jolesch ein wenig untergeht, da ihr Platz auf den Seiten des Buches ist, auf denen man sich noch an das Lesen von Anekdoten gewöhnen muss. Das fällt anfangs erstaunlich schwer – den „normalen“ Lesegewohnheiten ist es einfach zu fremd, ein Buch ohne eigentliche Handlung, ohne roten Faden zu lesen. Dazu kommen noch die vom Autor immer wieder selbst angesprochenen strukturellen Mängel, die dem Ganzen einen besonderen Charme verleihen. Nach einigen Seiten sind diese Hürden geschafft und der uneingeschränkten Freude am hervorragenden Stil Torbergs steht nichts mehr im Wege. Der Autor beschreibt die Szenen, die er teils selbst erlebt hat, die ihm teils auch von berühmten und „namenlosen“ Freunden zugetragen wurden mit großer Liebe zum Detail. So erhält man trotz der Kürze der Geschichtchen eine lebendige Vorstellung vom Lebensgefühl jener Zeit und schafft es kaum noch, das Buch aus der Hand zu legen. An manchen Tagen ist mir bei der Lektüre der „Tante Jolesch“ sogar aufgefallen, dass die Lesegeschwindigkeit unmerklich abnahm, nur um länger etwas von diesem außergewöhnlichen Werk zu haben. Vor allem wenn man in Wien lebt, sollte man sich dieses Werk unbedingt zu Gemüte führen – man wird Fragmente von Schauplätzen und Spuren des Lebensgefühls auch in der heutigen Stadt und ihren Bewohnern entdecken können.
Neben dem Hauptteil des Buches, der aus den witzigen und schwermütigen (gerne auch beides zusammen, wie es wohl der Wiener Seele entspricht) Anekdoten besteht, gibt es am Schluss noch einige früher veröffentlichte Texte Torbergs. Diese sind ebenso gut gelungen und dürften aufgrund ihrer vergleichsweise großen Länge auch „Normalverbraucher“ begeistern.
Gesamteindruck: 7/7
Autor:Friedrich Torberg Originaltitel:Die Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlands in Anekdoten Erstveröffentlichung: 1975 Umfang: 304 Seiten Gelesene Sprache: Deutsch Gelesene Version:Taschenbuch
„Atmen: Jemand muss atmen!“ ist lesenswert, hat allerdings nicht die Substanz eines Werkes von Dirk Bernemann. Muss natürlich nicht sein, aber mir ist das Ganze dann doch etwas zu dünn. Im wahrsten Sinne des Wortes – allerdings wird das Buch derzeit auch entsprechend günstig verkauft. Wer damit leben kann, erhält ein Werk von stellenweise beängstigend realistisch wirkender Intensität. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Gesamteindruck: 4/7
Kurz, brutal und nicht sonderlich gehaltvoll.
Stefan Kalbers versucht sich in „Atmen: Jemand muss atmen!“ an einer Art Kriminalroman. Seinen namenlosen Ich-Erzähler setzt er in eine triste und brutale Welt, die man so ähnlich auch in den Werken von Dirk Bernemann vorfindet. Trostlosigkeit, Kälte und Isolation sind die zumeist vorherrschenden Zustände in der ebenfalls namenlosen Stadt. Die Erlebnisse, die in diesem sehr kurzen Buch geschildert werden lassen keinen Zweifel über die völlig kaputte Existenz des „Helden“ aufkommen. Auch das erinnert – genau wie der Schreibstil – mehr als einmal an Bernemann.
Davon abgesehen ist „Atmen“ vor allem eines: verwirrend. Der Protagonist beobachtet an sich selbst den immer schnelleren geistigen und körperlichen Verfall, meist eingehüllt in einen Drogen- und Alkoholrausch, in dem gerne auch mal Tagräume und/oder Halluzinationen passieren. Kalbers gelingt es dabei sehr gut, diesen Nebel, durch den die Hauptfigur alles zu sehen scheint, zu transportieren. Durch seinen Stil schafft er es, dass der Leser den erbärmlichen und immer verwirrteren Zustand des tragischen Helden regelrecht mitfühlt. Dabei schießt er allerdings ein wenig über das Ziel hinaus – am Ende ist man nicht nur genauso planlos wie der Protagonist, sondern fragt sich unweigerlich, was das Ganze eigentlich soll; die Handlung ist an sich nämlich eher dünn.
Hoffnung gibt es in „Atmen“ nur in homöopathischen Dosen. Gelegentlich blitzt ein kleiner Schimmer davon auf – nur um kurz darauf wieder zu verschwinden. Dass ein solches Buch kein Happy End haben kann, ist nicht schwer zu erraten.
Eigentlich traurig, wenn sich das Klischee bestätigt, dass eine Fortsetzung selten (manche sagen gar „nie“, dem schließe ich mich aber keinesfalls an) besser als das Original ist. Bei „Vergessene Welt“ trifft dieses Vorurteil leider voll und ganz zu.
Gesamteindruck: 2/7
Unnötige Fortsetzung.
Mit „DinoPark“ (1990) erschuf der von mir sehr geschätzte Michael Crichton († 2008) eine eigene Welt, die den Leser sofort gefangen nahm und bis zum Schluss nicht mehr losließ. Am Ende war die Geschichte abgeschlossen, man hatte nicht das Gefühl, dass das Werk als Fortsetzungsroman gedacht war. Es gab zwar hier und da Hinweise, die ein Sequel hätte aufnehmen können, aber im Großen und Ganzen schien die Geschichte doch beendet zu sein. Dass in „Vergessene Welt“ keiner der wenigen ungeklärten Handlungsfäden aus Teil 1 aufgenommen wurde, ist gleich der Anfang vom Ende der Fortsetzung. Eher geschieht hier das Gegenteil – plötzlich ist Dr. Malcolm wieder da, was wohl eindeutig der filmischen Fortsetzung geschuldet sein dürfte. Für das Buch wäre das in keiner Weise notwenig gewesen, da hätte der Autor wohl eher Dr. Grant nehmen sollen, damit wäre der Einstieg schon mal deutlich glaubwürdiger gewesen.
Dieser – gelinde gesagt – gewöhnungsbedürftige Anfang ließe sich ja noch verschmerzen, wenn die restliche Story nicht derart verkrampft und uninspiriert wirken würde. Logisch, dass zwei Wunderkinder (viel penetranter und nerviger als im ersten Teil) dabei sein müssen, natürlich gibt es wieder Bösewichte, die aus den Dinos Kapital schlagen wollen und wenig überraschend wohnt dem System wieder inhärentes Chaos inne (frei nach Dr. Malcolm). In Teil 1 haben all diese Komponenten sehr gut miteinander harmoniert und hatten perfekte Hochspannung zum Ergebnis. In der „Vergessenen Welt“ wirkt durchgehend alles aufgesetzt – selbst das, was Michael Crichton normalerweise so gut beherrscht, das Einweben von wissenschaftlichen Thesen in die Romanhandlung, will einfach nicht fesseln. Dazu kommt, dass die Charaktere nicht nur jeden Tiefgang vermissen lassen, sie verhalten sich auch noch durchwegs unglaubwürdig, ihre Umsetzung wirkt überhastet und unfertig. Ähnliches gilt für den gesamten Rahmen, der einfach nicht das berühmte „Bild im Kopf“ entstehen lässt. Dabei ist die grundsätzliche Idee mit der „Anlage B“ alles andere als schlecht – sie ist nur schlecht umgesetzt und lieblos gestaltet worden. Dass der zugehörige Kinofilm eine komplett andere Geschichte erzählt, scheint somit nicht von ungefähr zu kommen – da er jedoch ebenfalls nicht überzeugen kann, spielt das keine große Rolle.
Der Vorgänger-Roman war ein zu Recht hochgelobter, extrem spannender Techno-Thriller, der vor allem durch die Verfilmung unter dem Titel „Jurassic Park“ zu hoher Bekanntheit gelangte. Nun ist es durchaus legitim, aus einem solchen Erfolg Kapital schlagen zu wollen, jedoch gelingt es weder dem nachfolgenden Buch noch dem Film auch nur annähernd, die Klasse der jeweiligen Vorgänger zu erreichen. Dem Kapital des mittlerweile verstorbenen Autors bzw. Regisseurs dürfte das – der Werbekampagne sei dank – nicht geschadet haben, eher im Gegenteil. Gemessen am Vorgänger (und daran muss ein solches Sequel hauptsächlich gemessen werden) reicht es damit leider nur zu knappen zwei Punkten, was für Crichton-Verhältnisse natürlich mehr als katastrophal ist.
Gesamteindruck: 2/7
Autor:Michael Crichton Originaltitel:The Lost World Erstveröffentlichung: 1995 Umfang: 479 Seiten Gelesene Sprache: Deutsch Gelesene Version:Taschenbuch
Alles in allem halte ich „Risen“ für ein gutes Spiel und auch für einen durchaus legitimen Gothic-Nachfolger. Für die Höchstpunktezahl reicht das aber bei weitem nicht, dafür sind die Macken doch ein wenig zu groß. Damit bleibt eine Gesamtwertung von guten 5 Sternen stehen.
Gesamteindruck: 5/7
„Gothic“ reloaded.
Eine Rezension zu „Risen“ zu schreiben ohne das Wort „Gothic“ zu erwähnen scheint mir unmöglich zu sein. Ich versuche es also gar nicht. Fakt ist, dass „Risen“ nicht nur wie „Gothic“ aussieht und klingt, es spielt sich auch genauso. Die Gründe dafür sind offensichtlich. Zum ersten ist die Grafik (wobei ich hier nicht von deren pixel-mäßiger Qualität, sondern eher vom generellen „Look“ spreche) einfach typisch ausgefallen: die NPCs tragen ebenso wie die Spielfigur die Waffen sichtbar bei sich, die verfallenen Hütten und Höhlen sehen dreckig aus, die Vegetation ist stellenweise viel zu dicht usw. usf. Auch einige mehr oder weniger lieb gewonnene Fehler wurden übernommen. So versinkt ein Teil der Figur öfters im Boden, manchmal sieht man ein Grasbüschel in der Luft stehen, es regnet ab und zu trotz strahlendem Sonnenschein und die Bewegungen der Figuren wirken stellenweise sehr staksig, während auch bei hoher Sichtweite Bäume manchmal erst spät geladen werden und scheinbar aus dem Nichts auftauchen. Diese Fehler sind aber verschmerzbar, vor allem weil die generelle Grafik sehr gut gefällt – was natürlich Geschmacksache ist. Mir ist dieser Retro-Look jedenfalls kein Dorn im Auge. Ähnlich sieht es auch mit dem Sound aus, der unaufdringlich und angenehm ist. Die Synchronisation erfolgt teilweise durch bereits aus „Gothic“ bekannte, teilweise durch neue, ebenfalls sehr gute Sprecher. Lediglich die Stimme (und eigentlich auch das Aussehen) des Helden hätte für meinen Geschmack wesentlich markanter sein können.
Viel wichtiger ist aber das Spielgefühl als solches. In diesem Bereich haben Piranha Bytes meiner Meinung nach vieles (wenn auch nicht alles) richtig gemacht und setzen gekonnt auf das Altbewährte. Auch wenn die „Scavenger“ jetzt „Seegeier“ und die „Fleischwanzen“ mittlerweile „Nautilus“ heißen – die jeweiligen Vorbilder sind mehr als offensichtlich. Ähnlich sieht es beim fröhlichen Gemisch aus englischen, deutschen, spanischen und sonstigen Namen aus – wie man es aus „Gothic“ kennt und liebt. Die Art und Weise wie sich die recht interessante Story nach und nach in mehreren Episoden entfaltet, weiß ebenfalls zu gefallen; auch den Anschluss an eine von mehreren Fraktionen und die Möglichkeit, Lernpunkte bei Lehrern in Fähigkeiten umzuwandeln, kennt und schätzt der „Gothic“-Fan. All diese Punkte sind deutlich im grünen Bereich und machen das Spiel für Anhänger der „Vorgänger“ praktisch unverzichtbar.
Dennoch ist nicht alles Gold was glänzt. Vor allem der Einstieg in die grundsätzlich gute Geschichte ist wenig überzeugend ausgefallen. Hier wird der Spieler viel zu wenig in die Welt eingebunden, d. h. es gibt eigentlich keinen Grund, sich für eine Gruppe zu entscheiden, da das Wissen über alle dermaßen begrenzt ist, dass es absolut keine Rolle zu spielen scheint, wem man sich anschließt. Ein Problem, da man dadurch keine richtige Identifikation mit der eigenen Fraktion entwickeln kann, was enorm viel an Potential ungenutzt lässt. Dieser Schatten zieht sich letztlich – vor allem beim ersten Versuch – durch das gesamte Spiel und hinterlässt leider einen faden Beigeschmack. Ein anderer Wermutstropfen ist – paradoxerweise – die frei begehbare Welt. Diese Eigenschaft führt letztlich dazu, dass man teilweise ohne sein Wissen Quests erledigt und sich damit für ein eventuelles Wiederspielen ungewollt selbst spoilert. Hier wäre eindeutig mehr Feintuning angebracht gewesen. So ähnlich ist es auch mit dem Finale von „Risen“, das sich durch die Verlegung des Schauplatzes in düstere Höhlen teilweise stark in die Länge zieht.
Positiv sei aber noch angemerkt, dass es kaum Abstürze und sonstige Programmfehler gibt. Diese Tatsache werden vor allem die gebrannten „Gothic 3“-Spieler zu schätzen wissen.
Gesamteindruck: 5/7
Genre: Rollenspiel Entwickler:Piranha Bytes Jahr: 2009 Gespielt auf: PC