Erich Maria Remarque
Erich Maria Remarque, selbst Veteran des ersten Weltkrieges, schafft mit diesem Büchlein etwas, das in der (Roman-) Literatur, die mit Krieg zu tun hat, nicht oft gelingt. Er beschreibt die Erlebnisse eines einzelnen Frontsoldaten ohne Schönfärberei, ohne Verherrlichung, aber auch ohne Weinerlichkeit und ohne erhobenen Zeigefinger. Das Werk ist also, wie es auch der Autor selbst im Vorwort erwähnt, wirklich weder Anklage noch Bekenntnis. Es ist nicht mehr und nicht weniger als DAS literarische Werk zum Thema Krieg aus Sicht des „unbekannten Soldaten“.
Gesamteindruck: 7/7
Nimmt dem Krieg jegliche Glorie.
„Im Westen nichts Neues“ beschreibt schlicht und nüchtern den Alltag eines Soldaten an der Front, im Lazarett und im Heimaturlaub. Die Sprache Remarques ist dabei – der Intention und dem Thema durchaus angemessen – sachlich, einfach und kurz. Der Autor verzichtet auch nahezu völlig auf taktische Bezeichnungen und Ortsangaben. Gerade dadurch ist es bemerkenswert, wie sehr das Buch fesselt. Dass die Beschreibung des Geschehens aus deutscher Sicht abgegeben wird ist klar – Remarque war ja Deutscher. Für den Inhalt und die Wichtigkeit des Buches über die Grenzen Deutschlands hinaus spielt das jedoch keine Rolle. Ob Paul Bäumer nun für Deutschland, Österreich-Ungarn, Frankreich, England oder sonst ein Land kämpft, ist vollkommen unerheblich. Das merkt man im Übrigen auch, wenn man das ähnlich gelagerte, aus französischer Sicht geschriebene „Das Feuer“ von Henri Barbusse liest. Zwei Bücher, zwei Autoren, eine Erfahrung, zumindest scheint es beim Lesen so zu sein.
Erstaunlich ist, dass gerade die einfache Schreibweise von Remarque derartige Emotionen beim Leser hervorruft. Man leidet mit der Hauptfigur, man ärgert sich über die Vorgesetzten und Lehrer, man ist erschüttert ob der grausamen Realität des Krieges, die so distanziert und nüchtern beschrieben wird. Man hat ständig das Gefühl, direkt neben dem Ich-Erzähler zu stehen und empfindet beinahe Hilflosigkeit, weil es nicht gelingt, ihn aus seinem stumpfen Dasein zu befreien. Auch ist das Buch eine relativ tiefgehende Charakter- und Milieustudie der damaligen Zeit, vor allem was die „intellektuelle“ Schicht betrifft, die sich (zum Teil wider besseres Wissen) freiwillig zum Kriegsdienst meldete. Die Beschreibung der immer tiefer werdenden Kluft, die sich zwischen Front und Heimat auftut und die seltsame Verbundenheit mit den feindlichen Soldaten ist sehr gelungen und bewegt zutiefst. Diese Gefühle, die beim Leser erzeugt werden, sind in Wahrheit Remarques größter Verdienst und wohl auch ein Mitgrund, warum das Buch der Bücherverbrennung durch die Nazis zum Opfer fiel.
Autor: Erich Maria Remarque
Originaltitel: Im Westen nichts Neues.
Erstveröffentlichung: 1929
Umfang: 224 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: Taschenbuch
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