Manowar
Manowar sind tolle Musiker, nicht umsonst sind sie seit den frühen 1980er Jahren konstant vorne dabei. Aber in jüngerer Zeit gerät die True Metal-Institution doch ein wenig ins Wanken. „The Lord Of Steel“ ist der vorläufige Tiefpunkt dieser Entwicklung. Die Songs sind gut gespielt, keine Frage. Aber etwas, wofür Manowar immer standen, was diese Truppe auch zu ihren umstrittensten Zeiten auszeichnete, geht dem 2012er Album ab: Die hörbare, geradezu greifbare Leidenschaft für diese Art Musik. Epische Hymnen, ausgestattet mit Manowar-typischem Pathos, garniert mit einer so unglaublich passenden Stimme – all das fehlt. Zwar nicht völlig, aber doch deutlich merkbar. Und für die hohe Qualität, die Manowar bisher (fast) immer abgeliefert haben, ist das einfach zu wenig, selbst die wenigen „richtigen“ Songs auf „Gods Of War“ (2007) waren wesentlich besser als das Gros des vorliegenden Materials. Schade.
Gesamteindruck: 3/7
Leider keineswegs die erhoffte Offenbarung nach langer Wartezeit.
Manowar sind eigentlich ein liebenswerter Anachronismus. Alle anderen Bands, die schon so lange dabei sind, sind in der einen oder anderen Form „erwachsen“ geworden. Nur die „Kings of Metal“ bringen es nach Jahrzehnten immer noch fertig, „Glory“, „Blood“ und „Steel“ so richtig hochleben („Hail!“) zu lassen. Das ist – je nach Standpunkt – hochgradig peinlich oder eben genau das, wofür man diese Band liebt. Und daran ändert auch das 2012er Werk „The Lord Of Steel“ nichts. Fünf Jahre hat Manowar-Boss Joey DeMaio zwischen „The Lord Of Steel“ und dem letzten (regulären) Studioalbum „Gods Of War“ die Fans immer wieder vertröstet. In Interviews hat der Bassist unermüdlich von der Zeit, die Qualitätsarbeit eben braucht, gesprochen – und muss sich natürlich auch an seinen Aussagen messen lassen.
Textlich bekommt man – wie bereits am Albumtitel ersichtlich – den gewohnt tiefen Griff in die Klischeekiste, der entweder gefällt oder eben nicht. Mir persönlich sagt das typische Manowar-Textmuster nicht mehr wirklich zu. Man hat für meinen Geschmack häufig das Gefühl, bereits 100 mal gehörte Floskeln würden auseinandergenommen, zerhackt und wieder aufgewärmt, nur um dann erst recht wieder wie vor 20 Jahren zu klingen. Ja, früher hat es so funktioniert, aber nach so vielen Jahren fühle ich mich doch einigermaßen übersättigt. Mit Innovationen war an dieser Front sowieso nicht zu rechnen und das ist im Endeffekt auch gut so – ich hätte mir aber schon gewünscht, dass man sich etwas mehr Mühe mit den Lyrics gibt, die auf mich einfach uninspiriert wirken.
Ob man mit den Texten leben kann, hängt aber gerade im Falle von Manowar auch von der Musik ab, zumindest geht es mir so. Und speziell in diesem Bereich muss man bei „The Lord Of Steel“ leider viel zu viele Abstriche machen. Bereits beim ersten Durchgang fällt das Album nicht durch herausragende Songs auf, sondern irritiert durch den verzerrten Bass-Sound, der sehr stark in den Vordergrund gemischt wurde. Klingt ein wenig nach dem, was diverse Stoner Rock-Bands benutzen – gefällt mir bei Manowar überhaupt nicht, noch dazu wird dadurch viel von der (guten) Gitarrenarbeit von Karl Logan in den Hintergrund gedrängt (gut nachzuhören unter anderem beim Solopart des Titelsongs). Ansonsten ist die Produktion in Ordnung, lediglich die Stimme hätte man etwas lauter drehen können, aber das sind nur Nuancen. A pro pos Stimme: Mit Eric Adams hat man nach wie vor einen der besten Sänger am Start – nur leider geht auch an ihm das Alter nicht völlig spurlos vorüber. Er singt super, keine Frage, aber die letzte Aggressivität und Leidenschaft fehlt auf „The Lord Of Steel“. Doppelt schade, war es doch seit einiger Zeit hauptsächlich Adams‘ Stimme, die einige Kompositionen vor dem Totalabsturz rettete.
Richtig kritisch wird es für „The Lord Of Steel“, wenn man sich dem Wichtigsten widmet: Den Songs. Und an dieser Front gibt es für Manowar-Verhältnisse leider wenig Gutes zu vermelden: Mit dem düster gehaltenen, hymnischen „Born In A Grave“ und der tollen Power-Ballade „Righteous Glory“, die wie eine verbesserte Version von „Swords In The Wind“ klingt, haben sich im Mittelteil zwei wirklich starke Songs versteckt. Noch etwas besser ist „El Gringo“, das tatsächlich auch auf älteren Alben eine gute Figur gemacht hätte und einfach irrsinnig viel Spaß macht. Immerhin akzeptabel sind das eingängige „Touch The Sky“, das sich aber recht schnell abnutzt und der eröffnende Titelsong, bei dem der Fuzz-Bass allerdings ganz besonders nervt.
Und der Rest? „Black List“, Expandables“ und „Annihilation“ wirken unfertig, uninspiriert oder langweilig. Oder alles zusammen – solche Songs sind für Manowar-Verhältnisse einfach unterster Durchschnitt und hätten es früher wohl nie auf eine Platte der Band geschafft. Das typische Manowar-Feeling fehlt diesen Nummern komplett. Dieses Feeling wollte man vermutlich auch mit „Manowarriors“ (wieso gibt es diesen eigentlich Songtitel erst jetzt?) und „Hail, Kill And Die“ (was sonst…) wecken. Das geht leider gründlich daneben – beide Songs eigenen sich hauptsächlich zum Fremdschämen. Bei „Hail, Kill And Die“ kommt noch dazu, dass man hier textmäßig in „Blood Of The Kings“-Gefilden wildert, also Song- und Albumtitel aus der Vergangenheit aneinander reiht. Nur leider nicht so gehaltvoll wie beim „Original“, der Song ist einfach todlangweilig.
Track – Titel – Länge – Wertung
- The Lord Of Steel – 4:07 – 4/7
- Manowarriors – 4:46 – 2/7
- Born In A Grave – 5:47 – 6/7
- Righteous Glory – 6:10 – 6/7
- Touch The Sky – 3:49 – 5/7
- Black List – 6:58 – 2/7
- Expendable – 3:10 – 2/7
- El Gringo – 4:57 – 7/7
- Annihilation – 4:00 – 1/7
- Hail, Kill And Die – 3:56 – 2/7
Gesamteindruck: 3/7
Manowar auf “The Lord Of Steel” (2012):
- Eric Adams − Vocals
- Karl Logan − Guitar, Keyboards
- Joey DeMaio − Bass, Keyboards
- Donnie Hamzik − Drums, Percussion
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