Datum: Sonntag, 7. Februar 2016
Location: Grelle Forelle (Wien)
Tour: ?
Headliner: Mgła
Support: The Committee – Stormnatt
Ticketpreis: 20 Euro (VVK)
Männer ohne Gesicht.
MGŁA. Ein Bandname, den man – selbst als Fan obskurer Black Metal-Bands – kaum vernünftig aussprechen kann. Polnisch ist dann doch eine recht exotische Sprache für den Mitteleuropäer. Was man allerdings, Google sei Dank, weiß: Übersetzt heißt MGŁA „Nebel“. Immerhin. Wäre interessant für eine gemeinsame Tour mit TAAKE. Jedenfalls machten die Polen auf ihrer aktuellen Tour erstmals in ihrer Karriere Station in Österreich. Ausgerechnet im Club „Grelle Forelle“, der dem Vernehmen nach eher genau das ist: Ein Club. Mit Club-Musik. Metal ist dort anscheinend nicht das Standard-Programm. Macht aber nichts, die Location war prinzipiell sehr gut, super erreichbar und auch mit brauchbarem Sound ausgestattet. Nur die zwei massiven Säulen mitten im Raum stören die Sicht auf die gerade richtig große Bühne. Das Club-Dasein der „Forelle“ merkte man übrigens auch anderweitig: Statt der bei Konzerten üblichen Bierausgabe in Plastikbechern gab es Flaschen. Aus Glas. Kennt man von solchen Ereignissen kaum noch, ist aber kein Fehler. Oder, wäre kein Fehler, denn dass es nur 0,33-Liter-Flaschen gab (noch dazu nicht gerade günstig), ist schon stark diskussionswürdig. Aber was soll’s, war ja Sonntag, am nächsten Tag wartet das Büro, von daher kann man gerade noch ein Auge zudrücken.
Im Saal angekommen standen gerade STORMNATT auf der Bühne. Optisch, akustisch und vom Bandnamen her eindeutig dem hohen Norden zuzuordnen. Ein Trugschluss, wie ein Blick ins Internet zeigt (mir war die Truppe vollkommen unbekannt): STORMNATT sind tatsächlich aus Österreich, sogar aus Wien, hatten also den Heimvorteil auf ihrer Seite. Kaum zu glauben – denn die Musik war Black Metal, so norwegisch klingend, dass es nur so eine Art hatte. Optisch erinnerten die fünf Herren auch an die Heimat und den Ursprung des Black Metal. Schwarzes Leder und räudiges Corpsepaint inklusive. Frontmann Mord erinnerte in Optik und Habitus an eine Mischung aus Alan Averill (PRIMORDIAL) und A.L. (VALKYRJA) – nicht die schlechtesten Referenzen. Musikalisch war alles bestens, auch wenn es gegen Ende des Sets ein wenig zu eintönig wurde. Das Finale, als ein Bandmitglied nach dem anderen die Bühne verließ, während die verbleibenden weiterspielten, bis zuletzt auch der Gitarrist verschwand, war übrigens ganz große Klasse.
Nach diesem Aufwärmprogramm ging es mit den geheimnisumwobenen THE COMMITTEE weiter. Eine weitere Band, die mir abgesehen vom entfernt bekannt vorkommenden Namen, überhaupt nichts sagte. Der „Waschzettel“ sprach von einem „internationalen Zusammenschluss von Bandmitgliedern unbekannter Identität, der sich auch optisch deutlich von anderen Bands abhebt.“ Klingt erstmal gut, wenn auch ein wenig großspurig. Aber solche Übertreibungen gehören auch dazu. Was mit „optisch“ gemeint war, erfuhr man dann auch recht schnell – die Band betrat schwarz uniformiert die Bühne, die Köpfe und Gesichter mit schwarzem Tuch verhüllt. Naja, wie sich das von den Headlinern des Abends abheben soll, muss man mir erst einmal erklären. Die Show war jedenfalls gut, so richtig einordenbar war die Musik für mich allerdings nicht. Was auch an den eher verhaltenen Publikumsreaktionen zu erkennen war – im Großen und Ganzen schienen die Leute sich zunächst einhören zu müssen. Entfernt erinnerte das Ganze schon ein wenig an Black Metal, von der Raserei mit der STORMNATT zuvor zu Werke gingen, war hier allerdings nicht so viel zu hören. Es regierten eher Groove und Atmosphäre, was zwischen den schnellen Attacken von STORMNATT und MGŁA – im Nachhinein betrachtet – für wohltuende Abwechslung sorgte. Tatsächlich eine Gruppe, die man sich einmal in einer ruhigen Stunde genauer anhören muss. Darauf hat die Wien-Premiere der Band durchaus Lust gemacht.
Nach dieser massiven Walze war es endlich so weit. MGŁA aus Krakau betraten (mit rund einer halben Stunde Verspätung) die Bühne. Und es war genau so, wie ich es nach meinem ersten MGŁA-Erlebnis (beim Inferno 2014 in Oslo) erwartet hatte. Keine Gesichter (die Nazgûl lassen grüßen), keinerlei Ansagen, absolut keine Kommunikation und Interaktion mit dem Publikum, nur Musik. Und an der war absolut nichts auszusetzen. Einziger Wermutstropfen: Die Lautstärke war infernalisch – und das in einem Bereich, der zu Lasten der Qualität ging, weil die Drums einfach viel zu sehr im Vordergrund standen. Schade, gerade bei MGŁA gibt es ja außergewöhnlich gute Gitarrenarbeit zu hören. Unabhängig davon: Der Gig war großartig. Kaum eine Band aus diesem extremen Bereich schafft es, die absolut unkommerzielle Ausrichtung ihrer Musik so zugänglich zu machen. Wobei „zugänglich“ natürlich ein dehnbarer Begriff ist – easy listening geht definitiv anders. Aber die Polen schaffen es, ihrem infernalischem Geballer gerade so viel Struktur zu geben, dass man nicht anders kann und einfach mitgehen muss. Es ist nicht leicht zu beschreiben, man muss es selbst gehört haben. Ich bin mir im Nachhinein auch nicht sicher, welche Songs gespielt wurden – lediglich „I“ und „VII“ von „With Hearts Towards None“ sowie „I“ und „II“ des aktuellen Drehers „Exercises in Futility“ habe ich sicher erkannt. Das grandiose „Mdłości I“ war, als Opener, ebenfalls am Start. Alles in allem kam mir die Show übrigens wahnsinnig kurz vor – das ist mir auch beim letzten Mal schon aufgefallen – leider weiß ich nicht, ob es wirklich so war oder ob es einfach so gut war, dass die Zeit so schnell verging. Wie auch immer: MGŁA können gern jederzeit wieder kommen – ich werde dabei sein.
Fazit: MGŁA scheinen nun, nach mehr als 15 Jahren unermüdlicher Arbeit, endlich da angekommen zu sein, wo sie hingehören. Und das ohne auch nur das kleinste Zugeständnis an irgendwelche kommerziellen Erwägungen. Die Band wirkt immer noch absolut unnahbar, man weiß nicht, wie die Typen aussehen, die Songs haben nach wie vor keine Namen – es ist unglaublich, wie sehr eine solche Truppe fesseln kann. Das gelingt nur ganz wenigen und ich hoffe wirklich, dass MGŁA, die meiner Ansicht nach aktuell beste Black Metal-Band überhaupt, eine noch größere Zukunft bevorsteht.
- STORMNATT – Live @Grelle Forelle
- THE COMMITEEE – Live @Grelle Forelle
- THE COMMITEEE – Live @Grelle Forelle
- MGŁA – Live @Grelle Forelle
- MGŁA – Live @Grelle Forelle
- MGŁA – Live @Grelle Forelle
Ein Gedanke zu “KonzertWelt: Mgła (Wien, 07.02.2016)”