Diese Neuinterpretation des mittlerweile alt-ehrwürdigen „Star Trek“-Stoffes dürfte die meisterwartete und -diskutierte Veröffentlichung 2009 gewesen sein. Für einen bekennenden Trekkie ist es entsprechend schwer, eine einigermaßen objektive Kritik zu verfassen. Einen Versuch ist es aber allemal wert.
Gesamteindruck: 4/7
Ähnlich und doch ganz anders.
Positiv fällt sofort auf, dass es gelungen ist, den Charme des Originals zumindest einigermaßen zu konservieren. Übrigens bleibt das gesamte Original-Star Trek-Universum unangetastet, was einem Kniff zu verdanken ist, der mit Zeitreisen und alternativen Realitäten zu tun hat. Keine schlechte Idee und eine tiefe Verbeugung vor der Legende, auch wenn die Umsetzung ein wenig holprig geworden ist. Dass heutzutage nicht mehr im Papp-Raumschiff durch den Weltraum geflogen sondern auf zeitgemäße Effekte gesetzt wird, dürfte ebenfalls nur wenige Zuseher stören. Alle anderen erleben ein Actionspektakel, wie man es von früheren Star Trek-Produktionen überhaupt nicht kannte. An einigen Stellen schießen die Filmemacher leider auch über das Ziel hinaus und machen das Ganze ziemlich unglaubwürdig; unterhaltsam ist es aber allemal. Das liegt vor allem an den gelungenen Effekten und dem bombastischen Sound, beides kann durchaus als „superb“ bezeichnet werden. Gewöhnungsbedürftig ist hingegen das Schiffsdesign: Von außen ziemlich genau der alten Serie entsprechend, hat sich im Innenleben der „USS Enterprise“ einiges getan. Vor allem die Brücke wirkt wesentlich moderner, aber auch chaotischer als früher. Mit wenig Ruhm bekleckert hat man sich übrigens beim feindlichen Raumschiff: Warum eine Bergbaumaschine eine solche Form und Größe haben soll (erinnert ein wenig an die „Schatten“ aus „Babylon 5“), erschließt sich mir überhaupt nicht. Ansonsten gehen Design und Action leicht in Richtung Star Wars, was völlig neuartig und eigentlich auch überflüssig ist. Vor allem die Weigerung, technische Aspekte in der Handlung zu berücksichtigen finde ich nicht sonderlich gut – Techno-Babble war immer ein wichtiger Teil dieses Universums. Andererseits ist es natürlich gut, dass ein Technik-Overkill wie in „Star Trek: Voyager“ vermieden wurde, aber ganz hätte man meiner Meinung nach nicht darauf verzichten sollen.
Die schauspielerische Leistung und die Besetzung der Hauptrollen sind im Großen und Ganzen im grünen Bereich. An dieser Stelle muss man allerdings ein Stück weit von den über Jahr(zehnt)e gewachsenen Erfahrungen über die Verhaltensmuster der Akteure abrücken. Vor allem der neue Kirk ist um einiges ungestümer als das beileibe nicht ruhige Original. Was allerdings schwerer wiegt, ist die zum Teil völlige Neuausrichtung der Beziehung der Charaktere untereinander. Hier gibt es einige Szenen, die für reichlich Gesprächsstoff dothrn – mir persönlich gefällt es recht gut, bis auf die Beziehung zwischen Spock und Uhura, bei der man offensichtlich auf eine Erklärung, wieso alles so gekommen ist, wie es nun ist, „vergessen“ hat. Ansonsten macht die junge Riege ihren Job ganz gut, und der Auftritt von Altmeister Leonard Nimoy († 2015) als (altes) alter ego von Spock sorgt für einen schönen emotionalen Schub.
Worüber all der optische und akustische Firlefanz jedoch nicht hinwegtäuschen kann: Der Tiefgang ist – wie schon davor (freilich unter völlig anderen Voraussetzungen) in „Der Aufstand“ und „Nemesis“ weit von dem entfernt, was man sich gewünscht hätte. Die Story selbst ist eine belanglose Geschichte über Rache, die man aus verschiedenen Serien-Folgen und aus „Der Zorn des Khan“ sowie „Nemesis“ bereits zur Genüge kennt. Fast scheint es, als hätte man sich mehr auf das Drumherum, auf die möglichst behutsame Adaption einer Legende, konzentriert, als auf den eigentlichen Inhalt. Es gibt einige „Löcher“ in der Dramaturgie, Sprünge und kleinere Logikfehler – schade, hier wäre mehr Feinschliff notwendig gewesen. Woran es ebenfalls hapert: Es gibt in diesem Film keinen starken Bösewicht, sondern nur einen gesichts- und konturlosen Romulaner, dessen Wunsch nach Rache völlig aufgesetzt wirkt. Auch hier: Verschenktes Potential!
Meine Hoffnung war 2009 noch, dass „Star Trek“ lediglich zur Einführung der neuen (alten) Enterprise-Crew diente und alle Ressourcen auf diese (durch das übermächtige Vorbild so schwere) Aufgabe konzentriert wurden. Wenn es einigermaßen gelungen ist, diese zu etablieren, könnten auch weitere Beiträge zum Thema den dringend notwendigen Tiefgang erreichen und zu etwas ganz Großem führen. Dass es bis dato (also nach zwei Filmen, mit dem dritten in den Startlöchern) nicht wirklich so gekommen ist, ist leider auch nicht wegzudiskutieren.
Was dem Film nichtsdestotrotz von der ersten Minute an zugute gehalten werden kann: Er sorgt für einen Neustart des inzwischen festgefahrenen, von Gene Roddenberry geschaffenen Universums. Dass man sich als alter Fan gerade daran stört, ist irgendwo schon sehr tragisch; aus meiner Sicht war diese Frischzellenkur dennoch fällig und könnte immer noch zu einem interessanten Projekt werden – je nachdem, ob man es endlich schafft, sich von der Non-Stop-Action zu lösen. Die Zeit muss ohnehin zeigen, ob die Fans bereit sind, die moderne Gestaltung anzunehmen – ich fürchte aber, dass die älteren Zuschauer nicht mehr damit warm werden können. Vermutlich auch nicht müssen – es gibt sicher genug Menschen, die Star Trek genau so sehen wollen.
Meine sehr durchschnittliche Wertung von vier Punkten liegt darin begründet, dass zu sehr auf Action und zu wenig auf Tiefgang gesetzt wurde. Der Film ist locker und leicht konsumierbar, macht Spaß, regt die Fantasie aber keineswegs so sehr an, wie es seine erfolgreichen Vorgänger schafften. Damit bleibt für weitere Fortsetzungen genügend Luft nach oben.
Originaltitel: Star Trek
Regie: J. J. Abrams
Jahr: 2009
Land: USA
Laufzeit: 127 Minuten
Besetzung (Auswahl): Chris Pine, Zachary Quinto, Leonard Nimoy, Eric Bana, Bruce Greenwood, Karl Urban
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