BuchWelt: Buddenbrooks

Thomas Mann


Viele Leser dürften sich von den „Buddenbrooks“ einen schweren, umständlichen Wälzer erwarten, der von einem Normalsterblichen kaum gelesen werden kann. Dieser Ansicht muss ich energisch widersprechen. Ich fand weder die berüchtigten Mann’schen Schachtelsätze extrem verwirrend, noch hatte ich das Gefühl, dass das Lesen eine außerordentliche Anstrengung wäre. Im Gegenteil, der Großteil des Buches ist sehr flüssig und angenehm lesbar gehalten, trotz des relativ großen Umfangs kommt man sehr gut voran.

Gesamteindruck: 6/7


Kein so harter Brocken wie manche glauben.

Hat man die ersten Seiten überwunden, die der Gewöhnung an den besonderen Stil von Thomas Mann dienen, ist es sehr schwer, das Buch wieder aus der Hand zu legen und man kann es kaum erwarten, weiterzulesen. Die Beschreibung der Orte und Personen ist sehr detailliert, aber keineswegs so überladen, wie man von machen Rezensenten gelegentlich zu lesen bekommt. Überhaupt scheint der Autor mehr Augenmerk auf die Atmosphäre als auf die Handlung selbst gelegt zu haben, was ihm ausgezeichnet gelungen ist. Man fühlt sich direkt in das 19. Jahrhundert, in die Zeit der großen Handelshäuser hineinversetzt. Auch die Einflechtung der ungewohnten Dialekte stört überhaupt nicht – ich empfand sie im Gegenteil als große Bereicherung. Mit ein wenig gutem Willen waren sowohl das Plattdeutsche als auch das Bayrische (wobei man damit als Österreicher sowieso keine Probleme haben dürfte) recht gut zu verstehen.

Völlig kritiklos sollte man dem Werk aber dennoch nicht gegenüber stehen. Die Seitenanzahl ist doch recht groß und an manchen Stellen im Buch, vor allem wenn man die erste Hälfte hinter sich hat, merkt man das recht deutlich. Als Beispiel sei hier das Weihnachtsfest der Familie genannt, dessen Beschreibung sich endlos hinzuziehen scheint. Wenn man eine solche Passage erreicht, hat man das Gefühl, dass Thomas Mann sein Buch künstlich ein wenig verlängern wollte. Ein zweiter Kritikpunkt ist dem Klischee, das manchen Figuren anhaftet, geschuldet. Vor allem der Bayer Permaneder trieft nur so davon, was im ersten Moment zwar humoristisch wirkt, auf Dauer aber ordentlich an den Nerven zerrt. Auch gibt es einige Wort- und Satzwiederholungen, die nicht unbedingt hätten sein müssen.

Alles in allem ist „Buddenbrooks“ ein sehr schön geschriebener Roman, der mit wunderbarem Stil und unnachahmlicher Atmosphäre des 19. Jahrhunderts glänzt. Einen Punkt Abzug gibt es allerdings für die zwar interessante, aber stellenweise ein wenig einschlafende und künstlich in die Länge gezogene Handlung. Auch das entspricht übrigens einer modernen Soap Opera. Ob das Werk als solches den Literaturnobelpreis zu Recht bekommen hat, wage ich nicht zu beurteilen. Schlecht ist an diesem Buch jedoch nichts, es ist allerdings auch nicht so perfekt, wie uns einige selbsternannte Literaturpäpste glauben machen wollen.

Es kommt jedenfalls selten vor und ist ein Kunststück, dass man einen Roman vorfindet, in dem im Prinzip nicht allzu viel passiert und der dennoch so voller Spannung und guten Ideen steckt. Und um die (rhetorische?) Frage aufzugreifen, die mir einmal gestellt wurde: Was genau mir an Thomas Mann gefällt kann ich kaum beschreiben (die übliche Floskel „der Stil“ erspare ich mir), ich kann nur sagen, dass ich den Lebensweg der „Buddenbrooks“ mit Vergnügen und Spannung verfolgt habe.

(c) fischerverlage.de

Gesamteindruck: 6/7


Autor: Thomas Mann
Originaltitel: Buddenbrooks: Verfall einer Familie.
Erstveröffentlichung: 1901
Umfang: ca. 650 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: Taschenbuch


 

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KonzertWelt: Amon Amarth (Wien, 22.11.2016)

Datum: Dienstag, 22. November 2016
Location: Gasometer Wien (Wien)
Tour: Jomsviking European Tour 2016
Headliner: Amon Amarth
Support: Testament – Grand Magus
Ticketpreis: 36 Euro (VVK)


Der Weg der Wikinger.

1998 erschien „Once Sent From The Golden Hall“, das Debütalbum der Schweden AMON AMARTH. Wer hätte je gedacht, dass diese Band 18 Jahre später hinter den Veteranen á lá METALLICA, IRON MAIDEN und Konsorten an der Spitze stehen würde? Viele werden es nicht gewesen sein, die daran geglaubt haben – zu weit schien der melodische Death Metal von Massentauglichkeit entfernt zu sein, zu schnell würde das Wikinger-Thema langweilen.

Und wie sieht es heute, anno 2016, aus? AMON AMARTH sind auf Headliner-Tour (nicht ihre erste!), spielen in großen Locations, headlinen Festivals und haben 1980er-Jahre-Veteranen wie TESTAMENT als Support dabei. Eigentlich eine unglaubliche Geschichte, die ich da als Fan der ersten Stunde (fast, mein AMON AMARTH-„Debüt“ war „The Crusher“, 2001) miterlebt habe.

Und so ergab es sich an einem der Trinkfrequenz wenig zuträglichen Dienstag im November 2016, dass man sich wieder aufmachte, um die Wikinger live zu sehen. Dank einer U-Bahn-Störung kann ich zum Gig der von mir eigentlich recht geschätzten GRAND MAGUS nichts sagen. Leider. Wir betraten die Halle pünktlich zum Intro von TESTAMENT. Und was soll man sagen? Wie so viele Bands aus den glorreichen Jahren erleben auch die legendären Thrasher aus der Bay Area aktuell den zweiten (oder dritten?) Frühling. Zwar nicht ganz so massiv und beeindruckend wie beispielsweise die Ruhrpott-Urgesteine von KREATOR – aber unglaublich gut in Form ist die Band um Sänger Chuck Billy dennoch. Der bullige Frontmann war erwartungsgemäß auch sehr präsent auf der Bühne. Merkwürdig war sein halber Mikroständer (Ist das Ding aus Glas oder Plastik?), der ihm während der gesamten Show als eine Art Luftgitarre diente. Sah reichlich komisch aus für meinen Geschmack. Musikalisch war jedoch alles Top – zumindest nach den im Gasometer leider üblichen Soundproblemen, die anfangs abgesehen vom Schlagzeug überhaupt nichts zum Publikum durchdringen ließen. Mit „Brotherhood Of The Snake“ haben TESTAMENT ja gerade ein Album am Start, von dem auch einige Nummern zum Einsatz kamen. Der „Stronghold“ und das von einem Video bekannte „The Pale King“ sind mir sehr positiv in Erinnerung geblieben, der eröffnende Titeltrack ging leider in den Soundproblemen unter. Ansonsten fällt mir zum Gig gar nicht so viel ein, ich bin mit der Band wohl weniger vertraut, als ich sein sollte. Sehr gut waren jedenfalls meine Jugenderinnerungen „Over The Wall“ und „Into The Pit“ von „First Strike Still Deadly“ (2001).

Schon während des Gigs von TESTAMENT zeigte sich, dass die Halle für einen Dienstag geradezu unglaublich voll war – um es deutlich zu sagen: So dicht gepackt habe ich die Leute unter der Woche selten in dieser Location gesehen. War aber auch ein sagenhaft günstiger Preis – 36 Euro für AMON AMARTH UND TESTAMENT? Unglaublich eigentlich.

AMON AMARTH starteten nach einem gefühlte Ewigkeiten dauernden Intro interessanterweise gleich mit ihrem größten Gassenhauer ins Set. „The Pursuit Of Vikings“ dürften einige Leute vom Klo, vom Bierstand oder von sonst wo gehört haben. Mich hat es nicht gestört, dass der Song so früh kam – war mal was Anderes und hat das Publikum ziemlich angespitzt. Keine schlechte Taktik. Darauf folgte – vielleicht als Übergang zwischen alt und neu – „As Loke Falls“, bevor dann mit „First Kill“ ein Block an Songs vom aktuellen Album „Jomsviking“ begann (es folgten „The Way Of Vikings“ und „At Dawn’s First Light“). Diese Phase des Konzertes zerstreute meine Befürchtungen, die ich bei den Songs des neuen Albums hatte. Auf Platte schienen mir die Nummern (vielleicht abgesehen von „First Kill“) nicht hart genug, ein bisschen zu viel Heavy, ein bisschen zu wenig Death – so war mein Eindruck. Tatsächlich war die Live-Darbietung eine ganze Ecke härter und fügte sich perfekt in den Rest des Sets ein.

Die Setlist zeigte ganz generell, aus welchem Fundus AMON AMARTH mittlerweile schöpfen können. Und so ging es Schlag auf Schlag: „Cry Of The Black Birds“, „Runes To My Memory“, „Death In Fire“, „Deceiver Of The Gods“ – alles kam zum Einsatz, dazwischen immer mal wieder eine neue Nummer wie das grandiose und live noch epischere „One Thousand Burning Arrows“. Insgesamt auf jeden Fall ein guter Mix, auch wenn ich mir eventuell die eine oder andere ältere Nummer auch noch gewünscht hätte. Am Ende kam natürlich zwangsläufig die Frage auf, was man als Zugabe geboten bekommen würde – eine Pflichtnummer aus diesem Block war ja bereits al Opener zum Einsatz gekommen. Aber auch da ließen AMON AMARTH keine Zweifel aufkommen. Auf das etwas verhaltene „Raise Your Horns“ (das ist tatsächlich eine völlig untypische Nummer für diese Band) folgten „Guardians Of Asgaard“ (schade, dass man dafür nicht Chuck Billy als Co-Sänger gewinnen konnte) und „Twilight Of The Thunder God“ als Schlusspunkt unter einen mehr als gelungenen Abend.

Fazit: AMON AMARTH haben den Bogen ja schon lange raus, das ist bekannt. Aber dass das Konzert an diesem Abend dermaßen gut werden würde, hätte ich ehrlich gesagt nicht geglaubt. Irgendwie hatte ich kein so gutes Gefühl beim aktuellen Album und auch die Band kam mir in letzter Zeit ein bisschen satt vor. Tatsächlich haben die Schweden mich eines Besseren belehrt. So energiegeladen und eigentlich auch topfit habe ich die Wikinger schon ewig nicht mehr erlebt. Allein, dass sich Gitarrist Olavi Mikonen so dermaßen die Birne runterschraubt – und das bei jedem einzelnen Song – habe ich noch nie gesehen. Eine grandiose Show einer grandiosen Band, mehr kann man dazu nicht sagen. Vielleicht noch das Eine: Dieses Konzert hat mir tatsächlich wieder Lust auf „Jomsviking“ gemacht, mit diesem Album werde ich mich die nächsten Tage erneut beschäftigen (müssen).

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KonzertWelt: Týr (Wien, 17.11.2016)

Datum: Donnerstag, 17. November 2016
Location: Viper Room (Wien)
Tour: 
Headliner: Sirenia
Support: Týr – Unleash The Archers – Xaon – Relicseed
Ticketpreis: 25 Euro (VVK)


Walk(r)ampf.

TÝR haben derzeit zwar kein neues Album am Start (die letzte LP, „Valkyrja“ datiert von 2013), das hindert sie aber nicht daran, im Vorprogramm von SIRENIA (die ihrerseits gerade das aktuelle „Dim Days Of Dolor“ promoten) auf Europatournee zu gehen. Dabei war es keineswegs sicher, dass die Show im Wiener Viper Room überhaupt wie geplant stattfinden würde. Der Hintergrund: Eine kleine, aber sehr laute Gruppe von Umweltaktivisten („Sea Shepherd“) hatte herausgefunden, dass TÝR-Bandleader Heri Joensen (g, v) am so genannten Grindaráp, also dem Fang von Grindwalen, der auf den Färöer Inseln nicht nur zur Geschichte, sondern auch zum regulären Nahrungserwerb gehört, teilnimmt. Publik wurde das Ganze, weil Joensen selbst, offenbar völlig verkennend, welche Folgen das haben würde, ein Foto von sich beim Grindaráp auf Facebook postete. Das vorläufige Ende vom Lied: Sea Shepherd erklärte Joensen zum Gesicht des Grindaráp und setzte alle Hebel in Bewegung, Locations zum Absagen der Auftritte der Färinger Folk Metaller zu bewegen. Teilweise mit Erfolg – vor allem in Deutschland wurden zahlreiche Shows gecancelt, auch zum Schaden von SIRENIA und deren Fans. Geschafft wurde das durch einen regelrechten Shitstorm auf Facebook, inklusive massenhafter Negativ-Bewertungen der Clubs, in denen die Band auftreten sollte, über Anfeindungen bis hin zu Todesdrohungen. Ich möchte mich nun gar nicht näher darüber auslassen, warum ich das alles für den falschen Zugang zu einer grundsätzlich richtigen Sache halte – es versteht sich eigentlich von selbst, dass es so nicht gehen kann. Noch dazu weil der ach so böse Walschlächter Heri Joensen die ganze Debatte hindurch wesentlich vernünftiger, zugänglicher und argumentativ besser aufgestellt wirkte als seine Gegner (zu sehen z. B. in diesem Video).

Wie auch immer, die Verantwortlichen des Viper Room hatten sich die Sache gut überlegt und das Konzert fand trotz einiger Bedenken statt. Von schlechten Bewertungen durch Menschen, die den Club ohnehin nie von innen gesehen hatten/sehen würden ließ man sich nicht erpressen. Die Facebook-Diskussion verlief auf der Viper Room-Seite sogar einigermaßen gesittet, änderte letztlich aber nichts daran, dass die Show wie geplant stattfand und hat vielleicht sogar zu einem noch größeren Besucher-Ansturm geführt. Zumindest ist dieser Schluss naheliegend (wenn auch nicht beweisbar), weil die Location voller war, als man sich das zunächst für einen Donnerstag vorgestellt hatte.

Vor diesem einigermaßen bristanten Hintergrund legten TÝR mit einiger Verspätung und nach einem gefühlt ewig dauernden Intro kurz vor 22 Uhr mit „Sinklars Visa“ los und hatten das Publikum sofort auf ihrer Seite. Der Sound war – soweit man das aus der 2. Reihe, wo man quasi „hinter“ den großen Boxen steht, sagen kann – in Ordnung. Keine Selbstverständlichkeit im schlauchförmigen Viper Room. Der mehrstimmige Gesang kam jedenfalls sehr gut zur Geltung und auch der Mix schien mir sehr gut zu sein. Kurze Zeit später folgte mit „Grindavísan“ auch der Song, der in den Augen von Sea Shepherd aufgrund seines Textes ein besonderes rotes Tuch darstellte. Wer allerdings auf einen Wutausbruch von Heri Joensen gegenüber seinen Kontrahenten wartete, wurde enttäuscht: Ein simples „some people want to boycot us just because some of us care for our own meat“ reichte ihm, um dem Publikum seine Meinung dazu mitzuteilen. Gut so, schließlich ging es an diesem Abend einzig und allein um die Musik.

Diesbezüglich haben TÝR mich noch nie enttäuscht und taten es auch diesmal nicht. „By The Sword In My Hand“, „Hold The Heathen Hammer High“, „Lady Of The Slain“ und „Blood Of Heroes“ ließen keine Wünsche offen. Einen Wermutstropfen gab es aber doch: Das Konzert war mit nur 45 Minuten sehr kurz bemessen, was auch der Blick auf die Setlist auf den Monitorboxen deutlich machte. Dort war unter anderem das grandiose „Ramund Hin Unge“ dem Rotstift zum Opfer gefallen. Warum das so war? Keine Ahnung, aber auch dass das Konzert durch „Mare Of My Night“ beendet wurde, wo ich doch so viel lieber die Bandhymne „Hail To The Hammer“ gehört hätte, war irgendwie enttäuschend. Überhaupt hätten TÝR von mir aus mindestens 15 Minuten länger spielen müssen, so gut war die Stimmung und so viele starke Nummern haben gefehlt.

Aber man soll nicht unzufrieden sein – immerhin durften wir, im Gegensatz zu vielen anderen TÝR-Fans vor allem in Deutschland, überhaupt ein Konzert sehen. Und was gab es sonst noch an diesem Abend? Gute Frage, mich interessierten eigentlich nur die Männer von den Färöer Inseln, mehr habe ich mir auch nicht angesehen. Von UNLEASH THE ARCHERS habe ich allerdings noch die letzten paar Songs mitbekommen und muss sagen, dass die mir gar nicht so schlecht gefielen. Tatsächlich werde ich da bei Gelegenheit mal näher reinhören. SIRENIA habe ich mir überhaupt nicht mehr gegeben, obwohl ich damit immer mehr anfangen konnte, als mit ihren Brüdern/Vorgängern/was-auch-immer von TRISTANIA. An diesem Abend war ich aber so gar nicht in Stimmung für solche Musik und da ich am nächsten Tag früh raus musste, ließ ich es dabei auch bewenden.

Abschließend noch meine persönliche Meinung zur ganzen Walfang-Chose: Ich bin kein Vegetarier. Ich finde nichts Verwerfliches daran, Fleisch zu essen. Natürlich ist es für uns, die wir hauptsächlich von Kühen, Schweinen und Hühnern leben, deren Schlachtung wir nicht einmal am Rand mitbekommen, befremdlich, was auf den Färöer Inseln beim Grindaráp passiert. Ich frage mich aber schon, ob das oder die bei uns teilweise herrschende Massentierhaltung die größere Grausamkeit ist. Natürlich kann und will ich das nicht gegeneinander aufrechnen – aber genau diese Bigotterie ist etwas, das viele der Sea Shepherd-Unterstützer so unsympathisch macht. Wenn einer schreibt, wie schlimm die bösen Walschlächter doch sind und gleichzeitig auf seinem Profil die neue METALLICA-Scheibe abfeiert (James Hetfield ist ja bekanntermaßen Großwildjäger, was nichts mit dem Beschaffen von Nahrung zu tun hat), finde ich das geradezu grotesk. Weiters darf man sich fragen, welche Band man dann überhaupt noch sehen darf – Fleisch essen ja die meisten, viele tragen Lederklamotten, Jäger werden auch einige dabei sein. Der entscheidende Punkt ist meines Erachtens aber, dass der Grindaráp vollkommen legal ist und unter strengen Auflagen und im Beisein von Tierärzten stattfindet.

Letztlich muss es eh jeder für sich entscheiden, immerhin besteht das Publikum gefühlt zu mindestens 95 Prozent aus erwachsenen Menschen. Und die lassen sich – besonders, wenn es Metalheads sind – sich nicht gern Vorschriften machen. Ich persönlich kann nur sagen, dass das Konzert gut war und das meine Lust auf Walfleisch sich durch den Auftritt von TÝR nicht geändert hat. Die war vorher bei Null und ist es weiterhin (von einer diffusen Neugier abgesehen, die aber nichts mit TÝR zu tun hat, sondern immer schon da war). Im Endeffekt hat all das, was hier passiert ist, die Sympathiewerte für Sea Shepherd in den Minusbereich verschoben und einer eigentlich verständlichen und unterstützenswerten Sache mehr Schaden zugefügt, als es Heri Joensen jemals gekonnt hätte. So kann das halt auch enden, wenn man die Sache so völlig falsch angeht.

Fazit: TÝR waren trotz aller Kontroversen einmal mehr großartig. Daran gibt es nichts zu rütteln. UNLEASH THE ARCHERS scheinen auch sehr gut Stimmung zu machen, muss man sich mal genauer anhören. Ansonsten bleibt nur zu sagen: Gratulation an den Viper Room, der sich nicht von einer Minderheit hat erpressen lassen und stattdessen lieber seinen Stammkunden und dem Metal-Publikum treu geblieben ist.

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BuchWelt: Rückkehr nach Gateway (Gateway – Teil 3)

Frederik Pohl


Leider hat sich Frederik Pohl bereits im 2. Teil der „Gateway-Trilogie“ entschlossen, die Hitschi sozusagen vor den Vorhang zu zerren. In Teil 3, „Rückkehr nach Gateway“, setzt der Autor diesen Kurs fort. Das kann man natürlich so machen und das kann auch gut sein – ist es in diesem Fall aber leider nicht, weil das, was über die außerirdische Rasse bekannt wird, rundum enttäuscht. Wenn Pohl den Mythos seiner Hitschi schon auflösen musste, hätte ich mir etwas mehr Tiefe erwartet. Und weil diese meiner Ansicht nach vollkommen fehlt, unterbietet Teil 3 seinen ebenfalls sehr durchwachsenen Vorgänger im Gesamteindruck noch einmal.

Gesamteindruck: 2/7


Enttäuschendes Finale der Trilogie.

Erwähnt sei zunächst, dass der englische Titel dieses Buches, „Heechee Rendezvous“, wesentlich besser zum Inhalt passt. Denn auf der Raumstation, die man in Band 1 kennen und lieben lernt, spielt nur ein Bruchteil vorliegender Geschichte. Stilistisch gesehen unterscheidet sich dieser dritte Teil wiederum von seinem Vorgänger und – stärker noch – von Band 1. Und auch inhaltlich ist die „Rückkehr nach Gateway“ völlig anders gelagert. Ging es im genialen Auftakt noch um die Auseinandersetzung mit etwas völlig Unbekanntem (und letztlich mit sich selbst), war Band 2 eine Art Robinsonade. Teil 3 hat hingegen mehr mit der Frage nach der Beschaffenheit künstlicher Intelligenz zu tun und hat auch gesellschaftskritische Ansätze (die aber nicht mehr als das, nämlich „Ansätze“ sind) hinsichtlich der Ausbeutung ärmerer Menschen zu bieten. Hauptsächlich wird in „Rückkehr nach Gateway“ aber weiter Licht in die Motive der Hitschi gebracht.

Letzteres war schon in „Jenseits des Blauen Horizonts“ mein größter Kritikpunkt. Leider ist die Ent-Mythologisierung der Hitschi in „Rückkehr nach Gateway“ sogar noch gründlicher ausgefallen. Das größte Problem daran ist, dass dadurch etwas, was in „Gateway“ allein durch seine schiere Fremdartigkeit und auch durch seine technologischen Aspekte für Ehrfurcht sorgte und die Fantasie des Lesers beflügelte, plötzlich auf menschlich greifbare Maße zurechtgerückt wird. Die Hitschi (und vor allem ihre Motive) sind den Menschen letztlich nicht so unähnlich, wie man anfangs noch vermuten konnte – und genau das ist die große Enttäuschung an diesem Buch.

Am Ende des Tages sorgt die Demontage – wobei es eigentlich keine solche ist sondern eher die Lieblosigkeit, mit der der Autor seiner Schöpfung gegenüber zu treten scheint – der Hitschi dafür, dass man fast geneigt wäre, über die anderen Probleme des Buches hinwegzusehen. Dabei sind diese durchaus gravierend: Von der Leichtigkeit, mit der man durch die Seiten von „Gateway“ fliegen konnte, ist nichts mehr zu bemerken. Das Lesen ist über weite Strecken eher ein Kraftakt, weil „Rückkehr nach Gateway“ auch abseits der Hitschi nicht richtig zu fesseln vermag.

Die Story, in der es auch recht viel um Liebe und Beziehungen geht, ist – so deutlich muss man es leider sagen – kaum der Rede wert. Die Dialoge sind reichlich belanglos. Nicht einmal die Charaktere, die man schon aus den Vorgänger-Büchern kennt, können ansatzweise überzeugen. Vor einer noch schlechteren Wertung rettet das Buch in meinen Augen nur, dass auch hier wieder einige interessante, astrophysikalische Thesen und Theorien angesprochen werden. Das ist letztlich aber auch schon alles, was ich an „Rückkehr nach Gateway“ gut finde. Daher auch hier die Empfehlung: Wer bisher nur „Gateway“ kennt, tut sich einen Gefallen, wenn er es dabei belässt.

Gesamteindruck: 2/7gateway-trilogie


Autor: Frederik Pohl
Originaltitel: Heechee Rendezvous.
Erstveröffentlichung: 1985
Umfang: ca. 320 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: E-Book, in: Die Gateway-Trilogie.


 

BuchWelt: Jenseits des blauen Horizonts (Gateway – Teil 2)

Frederik Pohl


Ein Stärke von „Gateway“ (und ähnlich gelagerten Romanen á lá „Solaris“ oder „Picknick am Wegesrand“) ist die greifbare Hilflosigkeit der Menschheit angesichts einer Technologie, die sie nicht verstehen kann, aber trotzdem ungeschickt zu nutzen versucht. Mit anderen Worten: Gerade das, was man NICHT erfährt, macht einen großen Teil des Reizes solcher Geschichten aus. Leider hat Autor Frederik Pohl dieses Prinzip im zweiten Teil der „Gateway-Trilogie“ (die eigentlich keine ist, aber das ist ein anderes Thema) teilweise über Bord geworfen.

Gesamteindruck: 4/7


Bleibt weit hinter der Klasse von „Gateway“ zurück.

„Gateway“ (1976) war meiner Ansicht nach ein Meisterwerk. Natürlich ist man bei solchen Büchern (oder auch Filmen, die ähnlich gelagert sind) immer ein wenig hin- und hergerissen: Gebe ich mich mit dem Gelesenen zufrieden und überlasse den Rest meiner Fantasie? Oder hätte ich gerne ein oder mehrere Folgewerke, die wenigstens ein paar der rätselhaften Ereignisse erklären? Man ist versucht zu sagen, dass es nur natürlich ist, mehr zu wollen, auch wenn man noch zu einer Generation gehört, in der das eigene Vorstellungsvermögen wohl etwas besser trainiert war, als das heute der Fall ist. Nur ist es meist leider so, dass dieses Mehr, das man gelegentlich bekommt, einigermaßen enttäuschend ist. So auch im Falle von „Jenseits des blauen Horizonts“ (1980), dem 2. Teil der „Gateway-Trilogie“.

Eine direkte Fortsetzung von „Gateway“ ist dieses Buch eigentlich nicht, hat es doch – zumindest zum Teil – andere Protagonisten, als sein Vorgänger. Im Prinzip ist „Jenseits des blauen Horizonts“ dreigeteilt. Zunächst beobachtet der Leser aus der Außenperspektive (also nicht in der Ich-Form) die Erlebnisse einer Familie, die auf die lange Reise in die Oortsche Wolke geschickt wurde, wo sie ein großes Hitschi-Artefakt untersuchen und zur Erde bringen soll. Dass das nicht ohne Probleme abläuft, ist klar. Dieser Part des Romans entspricht grob gesagt einer klassischen Abenteuergeschichte, einer Art Robinsonade, in der sich wagemutige Menschen auf die Reise zu unbekannten Ufern machen. Mit dem, was Frederik Pohl dem Leser in „Gateway“ vorgelegt hat, hat das weder stilistisch noch inhaltlich oder von der Intensität her viel zu tun – was aber nicht heißt, dass die Story schlecht ist. Mir hat sie sogar sehr gut gefallen, auch wenn die Handlung alles in allem ein wenig dünn ist.

Der zweite Teil des Buches war für mich persönlich wesentlich interessanter. Hier beschäftigt sich Pohl erneut in der Ich-Form mit Robinette Broadhead, dem Helden von „Gateway“, der dank der in Band 1 geschilderten Geschehnisse zu großem Reichtum gekommen ist. Auch in „Jenseits des blauen Horizonts“ ist Broadhead Dreh- und Angelpunkt von wissenschaftlichen und philosophischen Betrachtungsweisen, wobei in diesem Buch eindeutig erstere dominieren. Wenn sich der Protagonist mit seinem Computerprogramm „Albert Einstein“ über die Natur des Universums unterhält und über die Hitschi spekuliert, erinnert das sehr stark an „Gateway“, was ich als ausgesprochen positiv empfinde. Leider wird Broadhead als Figur nicht wirklich weiterentwickelt, was sehr schade ist.

Am problematischsten ist für mich aber der dritte Teil von „Jenseits des blauen Horizonts“ (wobei gesagt werden muss, dass eine so scharfe Abgrenzung wie ich sie in dieser Rezension treffe, im Buch nicht stattfindet – dort fließen die Teile eher kapitelweise ineinander, wenn man so will). Hier versucht Pohl, die Hitschi ein wenig zu erklären. Das wäre kein Problem, wenn er Menschen über die Außerirdischen spekulieren ließe. Er macht es aber, und das ist nach „Gateway“ ungewohnt, aus der Perspektive des „allwissenden Erzählers“. Heißt: Der Leser kann die Hitschi direkt beobachten, erhält Einblick in ihre Pläne und kann sich erstmals vorstellen, wie sie aussehen. Das entzaubert meines Erachtens den ganzen Mythos und schadet mehr, als es durch Befriedigung der Neugier nutzt.

Nimmt man all das zusammen, bleibt am Ende festzuhalten, dass „Jenseits des blauen Horizonts“ grundsätzlich recht spannend und flüssig zu lesen ist. Von der knappen Eleganz und der dystopischen Stimmung von „Gateway“ ist das Buch allerdings weit entfernt. Allein das rechtfertigt bereits eine nicht ganz so tolle Wertung. Aber die Entzauberung des Mythos, der die Hitschi in „Gateway“ noch umgibt, ist der eigentliche Grund für meine Kritik. Das wäre meines Erachtens nicht notwendig gewesen – und jeder, der bisher nur „Gateway“ gelesen hat (gibt es so jemanden überhaupt?) sollte sich ernsthaft überlegen, es dabei zu belassen.

Eine Anmerkung noch, weil ich das Gefühl habe, dass einige Bewertungen im Internet einen Punkt berühren, ohne ihn richtig herauszuarbeiten: Dass man an „Jenseits des blauen Horizontes“ überhaupt Freude haben kann (vor allem was das letzte Drittel des Buches betrifft) bedingt ein Mindestmaß an Interesse für Astrophysik – mehr noch, als bereits in „Gateway“ notwendig ist. Wer sich noch nie mit Begriffen wie „Schwarzes Loch“, „Zeitdilation“, „Relativität“ usw. beschäftigt hat, wird spätestens zu diesem Zeitpunkt nur noch Bahnhof verstehen und das Buch entnervt in die Ecke werfen. Ich selbst interessiere mich als Laie sehr für diese Themen, entsprechend gut hat mir die literarische Auseinandersetzung damit gefallen – jeder, der kein Interesse für Kosmologie hat, wird mit dem Buch absolut keine Freude haben.

Gesamteindruck: 4/7gateway-trilogie


Autor: Frederik Pohl
Originaltitel: Beyond the Blue Event Horizon.
Erstveröffentlichung: 1980
Umfang: ca. 320 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: E-Book, in: Die Gateway-Trilogie.


 

 

BuchWelt: Gateway

Frederik Pohl


In „Gateway“ (1976) hat die Menschheit den Sprung in den Weltraum geschafft, wenngleich nicht ganz so, wie sich der geneigte Sci-Fi-Fan das vorstellen mag. Denn was nützt es, wenn man überlichtschnelle Raumschiffe zur Verfügung hat, diese aber nicht steuern kann und somit auf Gedeih und Verderb der Programmierung durch seit Jahrhunderten verschollene Fremde ausgesetzt ist? Nicht einmal ob man tot oder lebendig von der Reise zurückkehrt ist bekannt. Und doch ist das genau der Stoff, aus dem gute Geschichten geboren werden, wie Frederik Pohl mit diesem Buch beweist. 

Gesamteindruck: 7/7


Eine Reise ins Unbekannte.

„Gateway“ erinnert vom Prinzip her ein wenig an den einige Jahre zuvor erschienenen Strugatzki-Klassiker „Picknick am Wegesrand“. Hier die „Prospektoren“, dort die „Stalker“, beides wagemutige und oft genug verzweifelte Menschen, die auf der Suche nach Reichtum ihr Leben riskieren. Da wie dort gibt es wenige Informationen über die von Außerirdischen (in „Gateway“ haben sie zumindest einen Namen: „Hitschi“) hinterlassenen Artefakte. Und auch abseits dieser Gemeinsamkeiten sind die Romane nicht so verschieden, wie man denken könnte, wenn man an die Herkunft der zwei Werke bzw. ihrer Autoren denkt. Gemein ist ihnen nämlich auch, dass es vornehmlich um die psychologische Situation des Protagonisten geht – und auch um gesellschaftskritische Ansätze. Und wenn wir schon von Vergleichen und Gemeinsamkeiten spricht, sei auch noch angemerkt, dass beide Bücher ähnlich hervorragend sind.

Doch nun zu „Gateway“ selbst, einem Roman, der mit knapp über 220 Seiten nicht allzu umfangreich ausgefallen ist. „Leider“, ist man versucht zu sagen. Denn Autor Frederik Pohl schafft es geradezu meisterhaft, mit den Erwartungen des Lesers zu spielen. Beispielsweise wartet natürlich jeder, der das Buch zur Hand nimmt und den Klappentext gelesen hat, darauf, dass der Protagonist Robinette Broadhead endlich in ein Hitschi-Raumschiff steigt und sich ins Abenteuer stürzt. Allerdings tut Pohl seinen Lesern diesen Gefallen relativ spät im Buch.

Dass „Gateway“ dennoch zu keinem Zeitpunkt langweilig wird, ist eine Meisterleistung des Autors. Die Handlung spielt sich auf zwei Ebenen ab: Erstens die Gegenwart, in der sich Broadhead in psychologischer/psychiatrischer Behandlung befindet, damit gleichsam die Reise in sein eigenes Ich antritt. Zweitens wird in Rückblenden von den vergangenen Erlebnissen und Taten des (Anti-)Helden berichtet. All das in der Ich-Form, was eine schnelle Identifikation zulässt. Für mein Dafürhalten ist das derartig spannend und interessant umgesetzt, dass man zwischendurch kaum daran denkt, dass der erste Flug, also das Ereignis schlechthin, nicht und nicht stattfindet. Frederik Pohl sorgt aber auch dafür, dass keine Längen entstehen und man sich trotz dieser Materie, die sich auf den ersten Blick vielleicht schwierig und trocken anhört, bestens unterhalten ist. Einerseits schafft er das durch die Sprache, die immer gut verständlich und leicht zu lesen ist, andererseits verdient die Idee, manche Seiten als „Kleinanzeigen“, die direkt von den Computerbildschirmen auf Gateway stammen, zu gestalten. Das macht das ganze Setting unglaublich lebendig und greifbar.

Auszusetzen habe ich an „Gateway“ nichts. Letztlich ist es natürlich unbefriedigend, dass man keine näheren Informationen über die Hitschi und ihre Hinterlassenschaften erhält. Das ist allerdings auch der Reiz dieser Geschichte, auf den man sich schon einlassen muss: Die Menschheit der Zukunft, die Figuren in diesem Roman, wissen auch nicht mehr als der Leser. Das bleibt auch so – und gibt der Fantasie herrlich viel Spielraum. Wer sich mit solchen Nicht-Erklärungen schwer tut, wird mit „Gateway“ keine Freude haben. Mit „Picknick am Wegesrand“ übrigens auch nicht, womit sich der Kreis zu den Strugatzkis wieder schließt.

Gesamteindruck: 7/7gateway


Autor: Frederik Pohl
Originaltitel: Gateway.
Erstveröffentlichung: 1976
Umfang: 224 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: Taschenbuch


 

 

MusikWelt: Damned In Black

Immortal


In Sachen komplexer Kompositionen aus dem Hause Immortal war das extrem epische Album „At The Heart Of Winter“ (1999) ein Highlight. Wer allerdings erwartet hat, dass dessen Nachfolger „Damned In Black“ (2000) in die selbe Kerbe haut, dürfte sich bereits beim ersten Hördurchgang wundern. Dieses Album ist zwar ebenfalls stark im traditionellen Heavy Metal verwurzelt aber auch wesentlich geradliniger und schwärzer angehaucht.

Gesamteindruck: 6/7


Heavy Metal in Schwarz.

Immortal mögen auf ihren ersten, noch sehr rohen Alben mit Black Metal der ganz alten Schule begonnen haben. Relativ bald zeigte sich aber, dass Abbath, Demonaz und ihre häufiger wechselnden Mitstreiter technisch weit ausgefeilter zu agieren vermochten, als ihre Konkurrenz (Oder wollten es die Kollegen einfach nicht besser machen? Man weiß es nicht…). Jedenfalls ist „Damned In Black“ das erste Immortal-Album, auf dem die Norweger praktisch als Quartett auftreten, auch wenn man auf dem Cover nur drei Mann sieht. Neben den Gründungsmitgliedern Abbath (Gesang/Gitarre) und Demonaz (nach seiner unheilbaren Erkrankung seit „Blizzard Beasts“, 1997, nur mehr Texter bzw. Strippenzieher im Hintergrund) wurde Ausnahmedrummer Horgh fester Bestandteil der Band. Dazu gessellte sich Bassist Iscariah, dessen Engagement nach „Sons Of Northern Darkness“ (2002) schon wieder zu Ende war – was aber nicht allzu schlimm für den Hörer ist, weil die Kreativposten bei Immortal sowieso schon immer vergeben waren.

Bei den ersten Takten des heftigen Openers „Triumph“ staunt der erfahrene Immortal-Fan nicht schlecht: Statt räudigem Black Metal und/oder majestätischer Erhabenheit schallt einem guter alter Thrash der Marke Testament entgegen. Erst die unverkennbare Krächz-Stimme von Abbath setzt die gefühlte Raumtemperatur wieder um ein paar Grad herab – das, und ein paar dunkelschwarze Parts im Mittelteil rücken die Welt wieder gerade.

So ähnlich ist es bei nahezu allen Songs auf „Damned In Black“. Mal überwiegt der schwarze Anteil, mal wird stärkeres Augenmerk auf die schwermetallischen Parts gelegt, insgesamt jedoch – und das hört man immer heraus – haben wir es eindeutig und jederzeit mit Immortal zu tun. Am besten gefallen mir dabei die eher epischer angelegten Stücke: „Against The Tide“ wird im stampfenden Midtempo, immer wieder unterbrochen von rüden Blast-Attacken dargeboten, ist atmosphärisch extrem dicht und zeigt völlig entfesseltes Gekrächze von Abbath; „The Darkness That Embrace Me“ [sic!] erinnert als einziges Stück an die hymnische Erhabenheit des Vorgängeralbums – auch hier wurden die grimmigen Vocals besonders gut in Szene gesetzt, aber auch Gitarren- und Drumarbeit wissen zu überzeugen. Am Schluss gibt es als Garnierung ein perfekt passendes Solo. Der dritte Song dieser Kategorie ist eine der Band-Hymnen schlechhin: Der Titeltrack „Damned In Black“ ist teilweise sehr schleppend, unterlegt mit eiskaltem, genialen Gitarrenriffing. Im letzten Drittel gibt es einen Immortal-typischen, akustischen Zwischenteil vor dem heftigen Finale.

Aber auch die restlichen, wesentlich härteren und geradlinigeren Stücke haben es in sich. Vor allem das extrem prägnante Riffing bei „Wrath From Above“ und „My Dimension“ weiß zu überzeugen – wer hier nicht zumindest mitnickt hört eindeutig die falsche Musikrichtung. Einziger etwas schwächerer Titel ist in meinen Ohren „In Our Visions Blest“, das aber zumindest ein überzeugendes Galopp-Finale aufweist.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass „Damned In Black“ das geradlinigste Album von Immortal ist. Ausufernde Kompositionen wie auf At The Heart Of Winter sind zwar eher selten, dennoch gibt es sehr viele Details zu entdecken. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass man bei jedem Stück deutlich die Spielfreude (komisches Wort im Zusammenhang mit einer solchen Band…) heraushören kann. Ob diese Platte mit dem Vorgänger bzw. dem Nachfolger mithalten kann, ist eine Frage, die sich für mich kaum stellt – „Damned In Black“ ist eindeutig Immortal, aber dennoch nicht mit den anderen Platten zu vergleichen. 6 Punkte für ein Album, das auch nach unzähligen Durchläufen noch frisch klingt und immer Lust auf mehr macht.


Track – Titel – Länge – Wertung

  1. Triumph – 5:41 – 6/7
  2. Wrath From Above – 5:46 – 6/7
  3. Against The Tide (In The Arctic World) – 6:03 – 7/7
  4. My Dimension – 4:32 – 6/7
  5. The Darkness That Embrace Me – 4:38 – 7/7
  6. In Our Mystic Visions Blest – 3:11 – 4/7
  7. Damned In Black – 6:52 – 7/7

Gesamteindruck: 6/7 


Immortal auf “Damned In Black” (2000):

  • Abbath − Vocals, Guitar
  • Demonaz − Lyrics
  • Iscariah − Bass
  • Horgh – Drums

Anspieltipp: Damned In Black

SpielWelt: Fallout Shelter

„Fallout“ ist in der Welt der Computerspiele ein Name mit langer Tradition. Es ist also kein Wunder, dass es diese Spieleserie auch auf das Smartphone geschafft hat. Viel hat „Fallout Shelter“ zwar nicht mit seinen großen Brüdern auf PC und Konsole gemein, ein netter Zeitvertreib ist der Bunkerbau aber allemal. Leider wird das Vergnügen durch irrsinnigen Akkuverbrauch und lange Ladezeiten deutlich geschmälert. Erhältlich ist das Spiel für Android, iOS und Windows.

Gesamteindruck: 5/7


Die Vault in der Hosentasche.

In „Fallout Shelter“ übernimmt der Spieler eine Rolle, die er in diversen Serienteilen eigentlich zu hassen gelernt hat: Als Aufseher leitet man eine Vault, eine große, unterirdische Bunkeranlage, die die ausgewählte Menschen vor dem nuklearen Fallout schützen soll. Das Spiel beginnt mit dem Aufbau des heimischen Bunkers, der verschiedene Räume (z. B. Wasseraufbereitung, Kraftwerk usw.) benötigt und mit Fortdauer des Spiels immer mehr Stockwerke in die Tiefe reicht. Ein kleiner Grundstock an Bewohnern, die notwendige Arbeiten verrichten, ist anfangs vorhanden. Um zusätzliche Räume freizuschalten und zu bemannen, braucht es allerdings weitere Vault-Dweller, die man auf verschiedene Weise rekrutieren kann (darunter natürliche Vermehrung im dafür vorgesehenen Raum oder das Anlocken über ein Radiosignal).

Während man am Anfang genug damit zu tun hat, seine Heimat auszubauen und die Ressourcen zu verwalten (was komplexer klingt, als es in Wahrheit ist), verkommen die Standard-Aufgaben nach einiger Spielzeit und mit einer gewissen Vault-Größe zur Routine. Langweilig wird es dennoch nicht so schnell. Zunächst gibt es immer wieder Zufallsereignisse, die die Aufmerksamkeit des Spielers fordern – so kann in einem Raum plötzlich ein Feuer ausbrechen, der Befall durch Ungeziefer drohen oder eine Bande von Raidern versuchen, alle Bewohner zu massakrieren. Wer dann nicht schnell Bewohner schickt, um die Gefahr zu beseitigen, wird mit Verlusten (an Ressourcen aber auch an Menschenleben) bestraft. Übrigens können Bewohner gegen die Spielwährung Kronkorken wiederbelebt werden (allerdings nicht auf der höchsten Schwierigkeitsstufe).

Aber auch außerhalb des Bunkers gibt es einiges zu erleben. In der Ursprungsversion des Spiels war das noch nicht so, weshalb auch relativ bald Eintönigkeit aufkam. Mittlerweile kann man die Bewohner nicht mehr nur auf automatisierte Ödland-Expeditionen schicken, von denen sie hoffentlich mit reicher Beute zurückkehren, sondern auch Teams auf Quests schicken. Natürlich ist auch das eher rudimentär gehalten (im großen und ganzen sind einfach alle Gegner am Zielort umzubringen, gelegentliche Variationen mit mehr oder weniger unblutigen Lösungen gibt es aber auch), es sorgt jedoch tatsächlich für einen Motivationsschub und macht „Fallout Shelter“ spürbar langzeittauglicher.

A pro pos Langzeittauglichkeit: Ein großer, wenn nicht der größte Vorteil des Spieles ist, dass Bethesda dafür gesorgt hat, dass man eigentlich kein Realgeld braucht. Man könnte zwar theoretisch in „Lunchpakete“ (beinhalten oft Haustiere, seltene Gegenstände oder mächtige Bewohner) oder „Nuka Cola Quantum“ (beschleunigt verschiedene Aufgaben) investieren – das ist meines Erachtens aber überhaupt nicht notwendig. Noch dazu, weil man auch ohne zu zahlen immer mal wieder etwas davon findet.

So weit ist also alles gut und man könnte das Spiel uneingeschränkt empfehlen. Allerdings muss man auch mit zwei gravierenden Spielspaß-Bremsen leben: Erstens sind die Ladezeiten nicht von schlechten Eltern – es kann gut und gern zwei oder drei Minuten dauern, bis man ein Gebäude, in dem eine Aufgabe wartet, betreten kann. Und auch der Spielstart selbst gestaltet sich mitunter langwierig, besonders wenn der eigene Bunker schon sehr groß ist. Letzteres ist vermutlich auch für das zweite große Ärgernis verantwortlich: Tritt in einer großen Vault mit vielen Bewohnern ein Zufallsereignis auf, ist es aufgrund von Rucklern und Aussetzern schwierig bis unmöglich, rechtzeitig Bewohner an den Ort des Geschehens zu ziehen. Da kann es dann schonmal vorkommen, dass sich eine eigentlich schnell und einfach lösbare Maulwurfsratten-Plage über die ganze Vault verbreitet, bevor man ihr Einhalt gebieten kann. All das geht im Übrigen mit einem sagenhaften Akku-Verbrauch einher, was man auch nicht unterschätzen sollte, wenn man „Fallout Shelter“ unterwegs spielen möchte – kann gut sein, dass dann kein Saft zum Telefonieren mehr vorhanden ist.

Fazit: „Fallout Shelter“ hat mit seinen großen PC- und Konsolen-Brüdern das Spielprinzip zwar nicht gemein. Aber es wurden diverse Bezeichnungen, Gegenstände und einige Grafiken (z. B. das App-Icon) übernommen. Es ist also nicht von der Hand zu weisen, dass sich auch auf dem Smartphone ein gewisses „Fallout“-Feeling einstellt. Allein, dass die optimale Zuordnung der Bewohner zu ihren Arbeitsräumen über deren „S.P.E.C.I.A.L.“-Attribute erfolgt, die auch gesteigert werden können, sorgt für angenehme Assoziationen. Und so fügt sich „Fallout Shelter“ erstaunlich gut in die Historie der Serie ein, auch wenn man zu keinem Zeitpunkt so etwas wie richtige Spieltiefe erwarten darf.

Gesamteindruck: 5/7screenshot_2016-11-08-17-02-04


Genre: Aufbauspiel/Simulation
Entwickler: Bethesda Game Studios
Jahr: 2015
Gespielt auf: Samsung Galaxy S4 Mini // Android


 

SpielWelt: Das Schwarze Auge: Drakensang

Heute sieht es mit den klassischen, party-orientierten Rollenspielen nicht so schlecht aus – auch und gerade im Independent-Bereich gibt es eine Anzahl an guten bis sehr guten Titeln. Vor einigen Jahren sehnten Fans jedoch eine Rückkehr dieses Genres, in dem das alt-ehrwürdige „Baldur’s Gate II“ aus dem Jahre 2000 unumstritten auf dem Thron saß, herbei. Versuche der Verdrängung (z. B. „Neverwinter Nights II“, „Knights of the Old Republic II“) waren zwar da, für einen Sturz des Bioware-Klassikers reichte es jedoch nicht. 2008 schickte sich mit „Drakensang“ schließlich ein Titel an, die Spitze zu erobern, der immerhin in der Tradition von „Das Schwarze Auge“ stehen sollte und damit auf einen reichhaltigen, traditionellen Rollenspiel-Fundus zurückgreifen konnte.

Gesamteindruck: 4/7


Nutzt das vorhandene Potential nicht richtig aus.

Leider hatte „Drakensang“ mit einige deutlichen Schwächen zu kämpfen, die das Spielvergnügen teils empfindlich störten. So kann es sich z. B. in Hinblick auf die Bedienung fatal auswirken, dass Formationen, Gruppenbefehle und vorgegebene Verhaltensweisen für einzelne Charaktere (letzteres zumindest rudimentär vorhanden) fehlen. Damit ist es praktisch unmöglich, z. B. das schwächste Gruppenmitglied in die Mitte zu nehmen oder sonst wie zu beschützen. Problematisch, weil sich die Feinde oft genau auf diesen Charakter konzentrieren. Eine anderer Dorn im Auge sind einige unglaublich lange Laufwege, die verstärkt durch die geringe Bewegungsgeschwindigkeit der Figuren überhaupt kein Ende zu nehmen scheinen. Als Mangel könnte man auch die lange Dauer einiger Kämpfe anführen. Vor allem gegen Ende des Spiels fällt das auf – dort passiert außer kämpfen und laufen nicht mehr viel, was den Eindruck einer künstlichen Streckung des Ganzen erweckt.

Schade ist, dass man sich auf der Weltkarte nicht frei bewegen kann. Einmal besuchte Orte sind nach Verlassen nicht mehr betretbar (Ausnahme: die Hauptstadt Ferdok). Dadurch bleiben leider einige Quests auf der Strecke, die man auf später verschieben wollte (steigert zwar den Wiederspielwert aber auch den Frust). Teilweise durchwachsen ist das Balancing: So dürfte das Spiel für fortgeschrittene Spieler schlichtweg zu leicht (und auch zu kurz) sein. Allerdings ist der moderate Schwierigkeitsgrad nicht gleichmäßig verteilt: Einige Boss-Gegner (wer zu früh im Spiel auf „Mutter Ratzinsky“ trifft, weiß, was ich meine) scheinen nahezu unbesiegbar, oft wird auch die schiere Masse der Feinde erdrückend.

Aber auch wenn die genannten Kritikpunkte nach viel aussehen, empfinde ich aber nicht als dermaßen wichtig, dass man deswegen eine extreme Abwertung vornehmen müsste. Im Gegensatz zu einem anderen Versäumnis, das sich die Programmierer meiner Ansicht nach geleistet haben: Die „Interaktivität“ der Rollenspielwelt fehlt nahezu völlig. Das heißt, dass es prinzipiell egal ist, welchen Charakter man spielt – die Reaktionen der NPCs darauf sind gleich Null. Trifft man auf einen Zwerg, spielt es keine Rolle, ob man selbst Zwerg, Elf oder Amazone ist, die Antwort in einem Gespräch fällt immer gleich aus. Auch ob man einen Zwerg in der Party hat, den man nicht selbst spielt, fällt nicht ins Gewicht. Richtig skurril wird das Ganze, wenn eine Amazone der anderen erst erklärt, was diese Kriegerinnen überhaupt sind. Die Dialoge bergen im Übrigen noch mehr Grund zur Kritik: Es gibt nicht nur sehr wenige Multiple-Choice Antworten, sondern es ist fast immer unerheblich, welche Möglichkeit man auswählt – das Ergebnis unterscheidet sich, wenn überhaupt, nur marginal. Auch die Reaktionen der Partymitglieder untereinander bleiben in „Drakensang“ nahezu völlig aus. Ab und an wird eine Situation (sehr gut, oft auch humorvoll) kommentiert, aber das passiert mir viel zu selten. Sticheleien innerhalb der Gruppe sind leider Mangelware – hier bleibt „Baldur’s Gate“ die Referenz.

Vermisst werden auch ein paar Möglichkeiten, seinem Charakter wenigstens ein wenig Individualität zu verleihen. Die vorgefertigten Modelle sind sicherlich nicht jedermanns Sache, noch dazu verfügen sie über keine eigene Hintergrundgeschichte und sind völlig stumm. Lediglich Name und ein Teil der Fertigkeiten können selbst bestimmt werden. Für ein Rollenspiel, wie ich es verstehe, sind diese Dinge Grund genug für eine schlechtere Wertung. Man kann sich einfach nicht so gut in die Rolle, die man spielen soll hineinversetzen, wenn es darauf einfach keine vernünftigen Reaktionen gibt.

Prinzipiell handelt es sich bei „Drakensang“ aber trotz dieser – aus meiner Sicht – schweren Mängel um kein schlechtes Spiel. Sehr überzeugend sind Grafik und Musik ausgefallen. Vor allem die Bilder sind liebevoll gestaltet. Hier gibt es immer wieder neue Details zu entdecken, die den Spieler ungläubig staunen lassen. Die musikalische Begleitung ist typisch für ein Fantasy-Rollenspiel, für die Geräuschkulisse gilt ähnliches wie für die Grafik. Ebenfalls gut gelungen sind Haupt- und Nebenhandlung. Die Hintergrundgeschichte beinhaltet zwar einige Längen (die durch die Dialoge zustande kommen, die manchmal ob ihres Umfanges eine weitere Bearbeitung benötigt hätten), ist insgesamt aber ausreichend spannend. Die Nebenquests, auf die man immer wieder trifft, sind oft humorvoll und interessant, einige Male Standardware. Alles im grünen Bereich ist auch bei Wegfindung und Menüführung, einziger Wermutstropfen ist, dass man auf der grundsätzlich sehr guten Karte keine eigenen Markierungen setzen kann.

Die generelle Atmosphäre stimmt jedenfalls in Aventurien – doppelt schade, dass es die Programmierer stellenweise wohl ein wenig zu eilig gehabt haben dürften. Hier wäre aus meiner Sicht wesentlich (!) mehr drin gewesen, als die oben bzw. unten stehende Wertung.

Gesamteindruck: 4/7


Genre: Rollenspiel
Entwickler: Radon Labs
Jahr: 2008
Gespielt auf: PC


 

MusikWelt: In The Night

Dream Evil


Dass die Schweden Dream Evil ihre Instrumente ausgezeichnet beherrschen steht außer Frage. Auch Sänger Niklas „Nick Night“ Isfeldt ist ein guter Vertreter seiner Zunft. Leider schwankt aber die Qualität des Songwritings meiner Ansicht nach stark, sodass der ganz große Erfolg wohl nie erreicht werden wird. Gut nachzuhören ist all das auch auf ihrem bis dato letzten Album „In The Night“ (2010).

Gesamteindruck: 3/7


Technisch sauber, ansonsten mittelmäßig.

„In The Night“ bietet den gewohnt melodischen, sauber gespielten Power Metal, den man von der Band kennt. Der generelle Härtegrad wurde im Vergleich zu den Vorgänger-Alben leicht erhöht, die Judas Priest-Anteile, die immer schon da waren, weiter verstärkt. Mit „Immortal“ gelingt ein Einstieg nach Maß: Uptempo trifft auf einen griffigen Chorus und starke Gitarren-Riffs. Hier hat man alles richtig gemacht, die Nummer steht in der Tradition von Klasse-Tracks wie „The Book Of Heavy Metal“, „Chosen Twice“ oder „H.M.J.“. Auch das darauf folgende Titelstück geht in Ordnung, wenngleich man hier beim genaueren Hinhören bereits ein ungutes Gefühl bekommt, was die Texte betrifft. Übrigens fallen in diesem Song besonders stark die Judas Priest-Reminiszenzen auf, wobei ich persönlich sogar noch stärker an Primal Fear denken muss. Ebenfalls brauchbar: der lockere, Scorpions-kompatible Rocker „See The Light“ (sehr gute Gitarrenarbeit, markantes Riffing!) und das schnelle „Frostbite“ (Hommage an den gleichnamigen, schwedischen Vampir-Film?).

Der Rest des Albums klingt für mich altbacken und ist eigentlich kaum der Rede wert. Es bleibt so gut wie nichts Positives hängen. Im Gegenteil: Bereits an dritter Stelle wird mit dem Midtempo-Stampfer „Bang Your Head“ in textlicher Hinsicht die True-Metal-Keule ausgepackt, was dem musikalisch ganz guten Song extrem klischeehaft daherkommen lässt. Ähnlich geht es dem an vorletzter Stelle „versteckten“, ebenso platten „Kill, Burn, Be Evil“. Eigentlich würde auch „Mean Machine“ in diese Kategorie fallen, ist aber musikalisch deutlich schwächer als die genannten Lieder.

Der Tiefpunkt des Albums ist allerdings „The Ballad“. An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass ich als Fan von Judas Priest und Manowar (ja, die gibt es noch immer!) grundsätzlich absolut nichts gegen gewisse Klischees in Texten und heroische Balladen habe. Auch HammerFall, Rhapsody Of Fire und die Regionalgrößen Majesty sagen mir durchaus zu, ebenso diverse Black Metal-Bands, die sich lyrisch ja auch gerne mal vergreifen… Aber einen dermaßen grottigen Text wie ihn Dream Evil in „The Ballad“ abliefern habe ich tatsächlich noch nie gehört – Zeilen wie „We are made of Metal, oh-oh… / Our hearts are made of steel / Even if we’re stained with blood / We got that sex appeal…“ und Ähnliches zu singen, würde sogar Eric Adams die Schamesröte ins Gesicht treiben. Auch wenn die Vermutung nahe liegt (und auch stellenweise im Internet zu lesen ist), dass das Ganze eine Parodie sein soll – ob sich Dream Evil damit einen Gefallen tun und Freunde machen werden, bleibt abzuwarten. Wobei man sich auch im Angesicht einiger anderer Texte auf diesem Album und der lustigen Pseudonyme fragen kann, wie ernst es Dream Evil insgesamt meinen… Übrigens ist „The Ballad“ auch wenn man den lyrischen Aspekt außen vor lässt, ein echter Rohrkrepierer. Auch sehr zwiespältig: „The Unchosen One“. Bereits der Titel zeigt unmissverständlich, dass sich die Nummer an den besten Song von Dream Evil (ganz nebenbei auch einer meiner Alltime-Favorites überhaupt), „The Chosen Ones“ anlehnt. Selbstredend wird dessen Qualität bei weitem nicht erreicht, das Stück ist zwar keine Katastrophe, aber durch den Namen werden Erwartungen geschürt, die einfach nicht erfüllt werden können. Dadurch bleibt ein mehr als schaler Nachgeschmack.

Musikalisch gesehen stehen also drei mehr oder minder totalen Ausfällen („The Ballad“, „Mean Machine“, „The Unchosen One“) mit „Immortal“, „In The Night“, „See The Light“ und „Frostbite“ vier sehr gute Stücke gegenüber. Einigermaßen brauchbar sind „Bang Your Head“ und „Kill, Burn, Be Evil“. Der Rest ist in meinen Ohren Mittelmaß; nicht übel, aber auch nicht zwingend. Eigentlich würde ich damit knappe 4 Punkte vergeben. Aber entweder verstehe ich die Ironie des Ganzen nicht, oder die Jungs meinen das tatsächlich alles ernst – wie auch immer, wie eine ernstzunehmende Band kommen mir Dream Evil damit nicht vor.


Track – Titel – Länge – Wertung

  1. Immortal – 4:38 – 6/7
  2. In The Night – 3:15 – 5/7
  3. Bang Your Head – 3:51 – 4/7
  4. See The Light – 3:39 – 5/7
  5. Electric – 3:50 – 3/7
  6. Frostbite – 3:30 – 6/7
  7. On The Wind – 3:45 – 3/7
  8. The Ballad – 4:51 – 1/7
  9. In The Fires Of The Sun – 4:41 – 3/7
  10. Mean Machine – 4:05 – 2/7
  11. Kill, Burn, Be Evil – 2:51 – 4/7
  12. The Unchosen Ones – 3:35 – 2/7

Gesamteindruck: 3/7 


Dream Evil auf “In The Night” (2010):

  • Nick Night − Vocals
  • Dannee Demon − Lead Guitars
  • Ritchie Rainbow − Rhythm Guitars
  • Pete Pain – Bass
  • Pat Power – Drums

Anspieltipp: Immortal