KonzertWelt: Amon Amarth (Wien, 22.11.2016)

Datum: Dienstag, 22. November 2016
Location: Gasometer Wien (Wien)
Tour: Jomsviking European Tour 2016
Headliner: Amon Amarth
Support: Testament – Grand Magus
Ticketpreis: 36 Euro (VVK)


Der Weg der Wikinger.

1998 erschien „Once Sent From The Golden Hall“, das Debütalbum der Schweden AMON AMARTH. Wer hätte je gedacht, dass diese Band 18 Jahre später hinter den Veteranen á lá METALLICA, IRON MAIDEN und Konsorten an der Spitze stehen würde? Viele werden es nicht gewesen sein, die daran geglaubt haben – zu weit schien der melodische Death Metal von Massentauglichkeit entfernt zu sein, zu schnell würde das Wikinger-Thema langweilen.

Und wie sieht es heute, anno 2016, aus? AMON AMARTH sind auf Headliner-Tour (nicht ihre erste!), spielen in großen Locations, headlinen Festivals und haben 1980er-Jahre-Veteranen wie TESTAMENT als Support dabei. Eigentlich eine unglaubliche Geschichte, die ich da als Fan der ersten Stunde (fast, mein AMON AMARTH-„Debüt“ war „The Crusher“, 2001) miterlebt habe.

Und so ergab es sich an einem der Trinkfrequenz wenig zuträglichen Dienstag im November 2016, dass man sich wieder aufmachte, um die Wikinger live zu sehen. Dank einer U-Bahn-Störung kann ich zum Gig der von mir eigentlich recht geschätzten GRAND MAGUS nichts sagen. Leider. Wir betraten die Halle pünktlich zum Intro von TESTAMENT. Und was soll man sagen? Wie so viele Bands aus den glorreichen Jahren erleben auch die legendären Thrasher aus der Bay Area aktuell den zweiten (oder dritten?) Frühling. Zwar nicht ganz so massiv und beeindruckend wie beispielsweise die Ruhrpott-Urgesteine von KREATOR – aber unglaublich gut in Form ist die Band um Sänger Chuck Billy dennoch. Der bullige Frontmann war erwartungsgemäß auch sehr präsent auf der Bühne. Merkwürdig war sein halber Mikroständer (Ist das Ding aus Glas oder Plastik?), der ihm während der gesamten Show als eine Art Luftgitarre diente. Sah reichlich komisch aus für meinen Geschmack. Musikalisch war jedoch alles Top – zumindest nach den im Gasometer leider üblichen Soundproblemen, die anfangs abgesehen vom Schlagzeug überhaupt nichts zum Publikum durchdringen ließen. Mit „Brotherhood Of The Snake“ haben TESTAMENT ja gerade ein Album am Start, von dem auch einige Nummern zum Einsatz kamen. Der „Stronghold“ und das von einem Video bekannte „The Pale King“ sind mir sehr positiv in Erinnerung geblieben, der eröffnende Titeltrack ging leider in den Soundproblemen unter. Ansonsten fällt mir zum Gig gar nicht so viel ein, ich bin mit der Band wohl weniger vertraut, als ich sein sollte. Sehr gut waren jedenfalls meine Jugenderinnerungen „Over The Wall“ und „Into The Pit“ von „First Strike Still Deadly“ (2001).

Schon während des Gigs von TESTAMENT zeigte sich, dass die Halle für einen Dienstag geradezu unglaublich voll war – um es deutlich zu sagen: So dicht gepackt habe ich die Leute unter der Woche selten in dieser Location gesehen. War aber auch ein sagenhaft günstiger Preis – 36 Euro für AMON AMARTH UND TESTAMENT? Unglaublich eigentlich.

AMON AMARTH starteten nach einem gefühlte Ewigkeiten dauernden Intro interessanterweise gleich mit ihrem größten Gassenhauer ins Set. „The Pursuit Of Vikings“ dürften einige Leute vom Klo, vom Bierstand oder von sonst wo gehört haben. Mich hat es nicht gestört, dass der Song so früh kam – war mal was Anderes und hat das Publikum ziemlich angespitzt. Keine schlechte Taktik. Darauf folgte – vielleicht als Übergang zwischen alt und neu – „As Loke Falls“, bevor dann mit „First Kill“ ein Block an Songs vom aktuellen Album „Jomsviking“ begann (es folgten „The Way Of Vikings“ und „At Dawn’s First Light“). Diese Phase des Konzertes zerstreute meine Befürchtungen, die ich bei den Songs des neuen Albums hatte. Auf Platte schienen mir die Nummern (vielleicht abgesehen von „First Kill“) nicht hart genug, ein bisschen zu viel Heavy, ein bisschen zu wenig Death – so war mein Eindruck. Tatsächlich war die Live-Darbietung eine ganze Ecke härter und fügte sich perfekt in den Rest des Sets ein.

Die Setlist zeigte ganz generell, aus welchem Fundus AMON AMARTH mittlerweile schöpfen können. Und so ging es Schlag auf Schlag: „Cry Of The Black Birds“, „Runes To My Memory“, „Death In Fire“, „Deceiver Of The Gods“ – alles kam zum Einsatz, dazwischen immer mal wieder eine neue Nummer wie das grandiose und live noch epischere „One Thousand Burning Arrows“. Insgesamt auf jeden Fall ein guter Mix, auch wenn ich mir eventuell die eine oder andere ältere Nummer auch noch gewünscht hätte. Am Ende kam natürlich zwangsläufig die Frage auf, was man als Zugabe geboten bekommen würde – eine Pflichtnummer aus diesem Block war ja bereits al Opener zum Einsatz gekommen. Aber auch da ließen AMON AMARTH keine Zweifel aufkommen. Auf das etwas verhaltene „Raise Your Horns“ (das ist tatsächlich eine völlig untypische Nummer für diese Band) folgten „Guardians Of Asgaard“ (schade, dass man dafür nicht Chuck Billy als Co-Sänger gewinnen konnte) und „Twilight Of The Thunder God“ als Schlusspunkt unter einen mehr als gelungenen Abend.

Fazit: AMON AMARTH haben den Bogen ja schon lange raus, das ist bekannt. Aber dass das Konzert an diesem Abend dermaßen gut werden würde, hätte ich ehrlich gesagt nicht geglaubt. Irgendwie hatte ich kein so gutes Gefühl beim aktuellen Album und auch die Band kam mir in letzter Zeit ein bisschen satt vor. Tatsächlich haben die Schweden mich eines Besseren belehrt. So energiegeladen und eigentlich auch topfit habe ich die Wikinger schon ewig nicht mehr erlebt. Allein, dass sich Gitarrist Olavi Mikonen so dermaßen die Birne runterschraubt – und das bei jedem einzelnen Song – habe ich noch nie gesehen. Eine grandiose Show einer grandiosen Band, mehr kann man dazu nicht sagen. Vielleicht noch das Eine: Dieses Konzert hat mir tatsächlich wieder Lust auf „Jomsviking“ gemacht, mit diesem Album werde ich mich die nächsten Tage erneut beschäftigen (müssen).

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