FilmWelt: Rogue One: A Star Wars Story

Star Wars. Eine Institution, die seit ihrer filmischen Wiedererweckung mit der sehr umstrittenen „Episode 1 – Die dunkle Bedrohung“ (1999) mehr von ihrem einstigen Nimbus verloren hat, als man es für möglich gehalten hätte. 2016 kam mit „Rogue One: A Star Wars Story“ erstmals eine Art Spin-off auf die Leinwand, das zwar einen Handlungsfaden aus den Hauptfilmen aufgreift, grundsätzlich jedoch vollkommen für sich allein stehen kann.

Gesamteindruck: 6/7


Noch besser als erhofft.

Zum Inhalt von „Rogue One“ möchte ich in der Rezension nicht allzu viel verraten, aber ich denke, jeder Fan kennt den Vorspann zum allerersten Film aus dem Jahr 1977 (mittlerweile „Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung“, damals noch „Krieg der Sterne“). Daraus zitiert (muss man sich natürlich im typischen Star Wars-Crawl vorstellen):

Während der Schlacht
ist es Spionen der Rebellen
gelungen, Geheimpläne
über die absolute Waffe
des Imperiums in ihren
Besitz zu bringen, den
TODESSTERN, eine
bewaffnete Raumstation,
deren Feuerkraft ausreicht,
um einen ganzen Planeten
zu vernichten.

In „Rogue One“ wird also thematisiert (übrigens ohne „Crawl“), wie die Rebellen an die Pläne des Todessterns kommen, die ihnen letztlich die Zerstörung dieser Massenvernichtungswaffe ermöglichen. Chronologisch ist der Film also kurz vor den Geschehnissen von „Eine neue Hoffnung“ einzuordnen. Die Geschichte der Rebelleneinheit, die für den Diebstahl verantwortlich zeichnet, wird meines Erachtens großteils sehr schlüssig erzählt, auch wenn diverse Unwahrscheinlichkeiten und logische Probleme auftauchen. Grundsätzlich ist die Handlung jedoch sehr solide und fügt sich inhaltlich ziemlich nahtlos in den Gesamtkomplex „Star Wars“ ein. Im Endeffekt wird dadurch sogar ein großes Mysterium, nämlich die eklatante Schwäche des Todessterns, geklärt.

Sehr interessant an „Rogue One“ – und nach der Übernahme der Star Wars-Rechte durch Disney im ersten Moment durchaus unerwartet – ist der insgesamt recht dunkle Grundtenor des Films. Irgendwo war zu lesen, dass der Film das Wort „Wars“ wesentlich mehr in den Vordergrund stellt, als alle seine Vorgänger. Die konnte man problemlos als altmodische Märchen mit Western- und Science Fiction-Feeling durchgehen lassen. „Rogue One“ hat hingegen auch Szenen zu bieten, die man so bisher eher aus Kriegsfilmen kennt. Es wird also gekämpft und gestorben, erstmals sind es allerdings nicht nur die imperialen Sturmtruppen, die empfindliche Verluste hinnehmen müssen. Letztlich geht der Film sogar so weit, dem Zuseher einerseits keine klischeehaft guten Rebellen zu präsentieren, andererseits auch ein wirkliches Happy End zu verwehren. Im Gegenteil, was zum Schluss hin passiert ist in höchstem Maße tragisch. Und damit meine ich nicht die allerletzte Szene mit ihrem Nostalgie-Faktor, sondern das Finale als Ganzes. Das hätte ich von einem Film aus dem Star Wars-Universum so  nicht erwartet. Und genau das ist es auch, was „Rogue One“ wesentlich besser macht als erwartet.

Was gibt es sonst noch zu berichten? Dass der Film optisch und akustisch ein Genuss ist, braucht wohl nicht extra erwähnt zu werden. Zu beachten ist vielleicht, dass in diesem Fall die Balance zwischen Action (die üblichen Gefechte mit Laserwaffen, Lichtschwerter kommen hingegen so gut wie nicht vor) und ruhigen Szenen gelungen ist, wobei die Kämpfe mit ihren schnellen Schnitten natürlich dem aktuellen Stand der Technik entsprechen, was auch nicht jedermanns Sache ist.

Anknüpfungspunkte für die alten Star Wars-Anhänger gibt es diverse, manche klein und versteckt, manche umso auffälliger. Alles in allem gut gelöst, würde ich sagen. Was die Schauspieler betrifft, bin ich ein wenig zwiegespalten. Oder sind es vielleicht nicht die Schauspieler und es liegt am Drehbuch? Jedenfalls: Die Riege war mir großteils unbekannt (Roger Whitaker, der nicht sehr viele Szenen hat, war für mich der prominenteste Name), was ja nicht schlecht sein muss. Allerdings fiel es mir einigermaßen schwer, Sympathien für die beiden Rebellen-Hauptdarsteller Felicity „Jyn Erso“ Jones und Diego „Cassian Andor“ Luna zu entwickeln. Es mag an ihren Rollen liegen, die wesentlich zerrissener angelegt scheinen, als in allen anderen Star Wars-Filmen, aber so richtig konnte man sich nicht damit identifizieren. Ähnliches gilt für ihren Gegenspieler „Orson Krennic“ (gespielt von Ben Mendelssohn), der meiner Ansicht nach nicht so richtig in Fahrt kommt. Regelrecht ironisch: Mir gefällt in „Rogue One“ ausgerechnet die Rolle am besten, deren ursprünglicher Darsteller bereits seit 1994 tot ist: „Wilhuff Tarkin“, ursprünglich gespielt von Peter Cushing. 2016 wird der neben dem Imperator und Darth Vader wohl bösartigste Charakter von von Guy Henry dargestellt, dem man mittels Maske und CGI das Gesicht von Cushing „aufsetzte“. Schade, dass es nicht mehr Szenen mit ihm gibt – diese Rolle wurde meines Ermessens wirklich hervorragend angelegt.

Alles in allem ist „Rogue One“ für jeden, der ein bisschen Sympathie für das Star Wars-Universum aufbringen kann, ein sehenswerter Film. Und das nicht nur, weil man ihn der Vollständigkeit halber sehen „muss“, sondern weil er tatsächlich gut gemacht ist. Die Walt Disney Motion Pictures Group hat es damit tatsächlich geschafft, einen Großteil der Befürchtungen, die man nach der Übernahme von Lucasfilm hatte, zu zerstreuen. Das ist schon 2015 mit Episode VII („Das Erwachen der Macht“) einigermaßen gelungen, „Rogue One“ setzt aber meiner Ansicht nach noch einiges an Qualität drauf – einfach weil der Film mutig neue Wege beschreitet und nicht so sehr auf Nummer sicher und Altbewährtes getrimmt ist.

Anno 2016 lautet eine spannende Frage also: Wie geht es weiter mit Star Wars? Wird die Hauptreihe, deren Fortsetzung 2017 folgt, vom „Anthology“-Dreiteiler (dessen Auftakt „Rogue One“ ist und der 2018 fortgesetzt wird) sogar noch übertroffen? Wird interessant, das zu beobachten. Bis dahin kann sich jeder, der es nicht ohnehin schon getan hat, ohne Bedenken „Rogue One: A Star Wars Story“ ansehen.

Gesamteindruck: 6/7

(c) starwars.com

(c) starwars.com


Originaltitel: Rogue One: A Star Wars Story
Regie: Gareth Edwards
Jahr: 2016
Land: USA
Laufzeit: 134 Minuten
Besetzung (Auswahl): Felicity Jones, Diego Luna, Ben Mendelsohn, Donnie Yen, Mads Mikkelsen, Forest Whitaker



 

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