BuchWelt: Auf zwei Planeten

Kurd Laßwitz


Man muss sich bei der Lektüre von „Auf zwei Planeten“ immer wieder wundern, dass dieses Buch bereits Ende des 19. (!) Jahrhunderts erschienen ist. Sowohl thematisch (Invasion von Außerirdischen), umfänglich (im Original fast 1.000 Seiten) als auch inhaltlich (visionäre Beschreibung damals fast undenkbarer Technologien) hat man ständig das Gefühl, ein wesentlich moderneres bzw. später erschienenes Werk zu lesen. Lediglich der Stil und einige bereits von der Wirklichkeit überholte Aspekte weisen auf die tatsächliche Erscheinungszeit des Buches hin.

Gesamteindruck: 6/7


Eine frühe Invasion.

Über den Nordpol weiß man heute längst Bescheid. Als Kurt Laßwitz‘ Mammut-Werk „Auf zwei Planeten“ im Jahre 1897 erschien, war das noch anders; die tatsächliche Entdeckung des Pols lag noch rund zehn Jahre in der Zukunft. Für den deutschen Autor war es aus heutiger Sicht daher vermutlich ein logischer Schritt, seinen Roman dort beginnen zu lassen, wohin noch nie ein Mensch seinen Fuß gesetzt hatte. Man kann sich vorstellen, dass die Zeitgenossen von Laßwitz durchaus geglaubt haben mochten, dass es möglich wäre, dass Marsmenschen am Pol landen würden oder sogar schon gelandet wären. Leider fand „Auf zwei Planeten“ damals keine große Verbreitung, sodass nicht in größerem Umfang überliefert ist, wie das Buch in den Jahren nach seiner Veröffentlichung rezipiert wurde.

Aus heutiger Sicht kann man jedenfalls sagen: „Chapeau, Kurd Laßwitz!“. „Auf zwei Planeten“ ist visionär – und das unter mehr als einem Gesichtspunkt. Da wäre zunächst der wissenschaftliche Aspekt, der beispielsweise die großflächige Nutzung von Sonnenenergie vorhersagt, die Möglichkeiten der Luft- und Raumfahrt beleuchtet und die industrielle Gewinnung von Nahrung prophezeit. Natürlich weiß man heute, dass es auf dem Mars keine Bäume gibt oder dass so etwas wie ein „Äther“ als interstellares Medium nicht existiert, zur Zeit von Laßwitz lag das für die Wissenschaft allerdings durchaus im Bereich des Möglichen. Umso erstaunlicher, wie es ihm in diesem Buch gelingt, weit über seine Zeit hinaus zu denken.

Ein zweiter Punkt, den man sogar als noch wichtiger erachten muss, ist der gesellschaftskritische Ansatz, der wiederum in mehrere Teilaspekte zerfällt und – so die Vermutung – auch zur Folge hatte, dass Teile von Laßwitz‘ Werk zur Zeit des Nationalsozialismus verboten waren. So stellt der Roman die Frage, ob es möglich ist, ein Volk mit Gewalt – und sei diese noch so gut gemeint – umzuerziehen. Den Marsmenschen misslingt das: Obwohl ihre Ziele grundsätzlich gut zu sein scheinen und selten mit physischer Gewalt durchgesetzt werden, fühlt sich die Menschheit unterdrückt. Das könnte – so meine Interpretation – durchaus eine Allegorie auf die Kolonialbestrebungen des 19. Jahrhunderts sein, die Laßwitz damit anprangert. Geradezu unerhört muss manchen Zeitgenossen des Autors hingegen die Idee eines „Menschenbundes“ vorgekommen sein. Laßwitz benutzt die Bedrohung durch die Außerirdischen, um die Menschheit zu einen und gemeinsam gegen die Invasoren arbeiten zu lassen. Das allein liest sich für mich im Kontext der Zeit betrachtet geradezu prophetisch (wenn man in Richtung UNO oder Genfer Konventionen schaut, die damals noch nicht einmal als ferne Idee existierten), dass der Autor die Menschheit noch dazu möglichst gewaltlos zu ihrem Ziel gelangen lassen möchte (was freilich nicht immer gelingt), muss komplett gegen den Zeitgeist gelaufen sein, der damals bereits Richtung 1. Weltkrieg steuerte.

Aus diesen Beschreibungen kann man erkennen, wie wegweisend „Auf zwei Planeten“ für die weitere Entwicklung der Science Fiction gewesen sein könnte. Natürlich nicht allein – ungefähr aus der gleichen Zeit stammende Autoren wie Jules Verne oder H. G. Wells sind ja noch bekanntere Beispiele für visionäre Zukunftsliteratur. Für mein Gefühl war und ist Kurd Laßwitz jedoch unterschätzt, vielleicht weil sein Werk nicht so umfangreich ist (was aber nicht für „Auf zwei Planeten“ an sich gilt, liegt die Seitenanzahl hier in der Originalversion doch bei über 1.000). Nimmt man die sozialkritische Komponente hinzu, schrammt das Buch knapp an der Höchstwertung vorbei. Leider gibt es ein paar erzählerische Längen, sodass es nicht ganz reicht. Ein frühes Meisterwerk der Science Fiction ist „Auf zwei Planeten“ aber definitiv.

Gesamteindruck: 6/7planeten


Autor: Kurd Laßwitz
Originaltitel: Auf zwei Planeten.
Erstveröffentlichung: 1897
Umfang: ca. 660 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: eBook


 

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