„Happy Burnout“ ist kein totaler Reinfall, könnte aber wesentlich besser sein. Leider hat der Film im Wesentlichen zwei Probleme: Einerseits ist die Handlung relativ seicht und sehr berechenbar, andererseits wussten die Verantwortlichen wohl selber nicht, ob sie eine Komödie oder eine Tragödie machen wollten. Diesen Zwiespalt merkt man „Happy Burnout“ deutlich an, sodass der Film letztlich weit hinter seinen Möglichkeiten zurück bleibt.
Gesamteindruck: 4/7
Ambivalentes Filmerlebnis.
„Happy Burnout“ ist ein merkwürdig ambivalenter Film. Der Titel suggeriert eine Komödie, was im ersten Drittel auch vorbehaltlos erfüllt wird. Die Gags zünden (zumindest großteils), Wotan Wilke Möhring verkörpert den Alt-Punker Fussel glaubwürdig und mit viel Herzblut. Das sorgt für einige Lacher und ist herrlich belangloser Humor, der niemandem weh tut und kaum tieferen Sinn hat. Das macht auch nichts, gelegentlich will man ja einfach so lachen. Dieses Bild dreht sich später im Film allerdings und „Happy Burnout“ versucht, ernst zu werden. Ja, es gibt immer noch Gags, aber der Grundtenor wird zunehmend nachdenklich (übrigens ohne an Tiefe zu gewinnen). Das kann man vielleicht so machen, in diesem Falle funktioniert es allerdings nicht gut und die beiden unterschiedlichen Tonalitäten wollen kaum zueinander passen.
Inhalt in Kurzfassung
Ein alternder Punker bekommt eine schlechte Nachricht: Ein Exempel soll an ihm statuiert werden, die Hartz IV-Bezüge sind in Gefahr, Obdachlosigkeit droht. Die einzig gangbare Lösung ist eine Einweisung in ein Sanatorium mithilfe der schnell gestellten Burnout-Diagnose. In der Psychiatrie entdeckt der gutmütige Anti-Held, dass er eine Ader dafür hat, anderen Menschen, speziell seinen Mit-Patienten, zu helfen.
Genau betrachtet ist die gesamte Story, die „Happy Burnout“ erzählt, ein Klischee. Das reicht vom gealterten Wohlstands-Verweigerer mit harter Schale und weichem Kern bis zu den typischen Zivilisationspsychosen, denen er im Sanatorium begegnet. Und auch der Aufbau ist so typisch und berechenbar, dass man meint, den Film schon zigmal gesehen zu haben: Fussel hat in der Anstalt zunächst Schwierigkeiten, findet sich zunehmend besser ein, freundet sich mit den Insassen, später auch dem Personal an, erleidet den einen oder anderen Rückschlag und hilft dann doch den Patienten, die ihm am Ende – um das Maß voll zu machen – auch noch tatkräftig beim Kampf um seine Tochter unterstützen. All das passiert in „Happy Burnout“ genau dann, wenn man es erwartet. In Verbindung mit dem ohnehin nicht sonderlich schweren Stoff ergibt das einen sehr seichten Gesamteindruck.
Kritisieren könnte man zusätzlich den doch recht lockeren Umgang mit diversen psychischen Erkrankungen. Das wäre im Prinzip kein großes Problem, wenn „Happy Burnout“ eine reinrassige Komödie wäre, die von der Überzeichnung lebt. Weil der Film aber im Verlauf zunehmend nachdenklicher wird, bleibt die Frage, ob dieses leichtfüßige Hinweggehen über Dinge wie Depressionen, Burnout o.ä. nicht ein Hohn für tatsächlich betroffene Menschen ist. Das muss letztlich jeder für sich entscheiden – ich persönlich kann durchaus verstehen, wenn man sich daran stört.
Schauspieler machen ihre Sache gut.
Der Großteil meiner Kritik an „Happy Burnout“ richtet sich aber – wie beschrieben – an den doch recht seichten Inhalt. Schade, weil die Schauspieler eigentlich gut in Form sind. Anke Engelke wirkt als Therapeutin zwar ein wenig hölzern, der Rest des Ensembles spielt die jeweilige Rolle jedoch sehr glaubwürdig. Unbestrittener Star des Films ist natürlich Wotan Wilke Möhring, dem man seine Darstellung jederzeit voll und ganz abkauft. Das reicht vom Outfit über das ganze Gehabe bis hin zum lässigen Gang, mit dem sich der mehrfache Gewinner des deutschen Fernsehpreises durch die Szenen bewegt. Wenn man diese Leistung sieht, ist es umso enttäuschender, dass der Film insgesamt einfach nicht gut genug ist, um wirklich vom Hocker zu reißen. Mehr als eine durchschnittliche Wertung ist damit nicht drin, auch wenn ich mich zumindest von einem Drittel des Films sehr gut unterhalten gefühlt habe.
Gesamteindruck: 4/7
Originaltitel: Happy Burnout
Regie: André Erkau
Jahr: 2017
Land: Deutschland
Laufzeit: 102 Minuten
Besetzung (Auswahl): Wotan Wilke Möhring, Anke Engelke, Kostja Ullmann, Torben Liebrecht, Michael Wittenborn, Julia Koschitz