Marduk
Der vielzitierte musikalische Quantensprung, den Marduk zwischen „Dark Endless“ (1992) und „Those Of The Unlight“ (1993) hingelegt haben, war tatsächlich gigantisch. Jenen zwischen letzerem und seinem Nachfolger „Opus Nocturne“ (1994) finde ich hingegen nicht ganz so groß, vor allem was die technische Seite betrifft. Die Musiker haben schnell gelernt, ihre Instrumente perfekt zu beherrschen und gute Songs zu schreiben, das wurde aber bereits auf „Those Of The Unlight“ mehr als deutlich. Und dennoch macht dieses Album praktisch alles besser als sein Vorgänger.
Gesamteindruck: 6/7
Wahrlich ein Opus.
„Sulphur Souls“, der erste Song nach dem kurzen Intro, zeigt mit aller Macht: Mit „Opus Nocturne“ sind Marduk genau dort angekommen, wo sie hingehören und bis heute sind: Im puren Black Metal der zweiten Generation. Death Metal wie auf „Dark Endless“ ist überhaupt kein Thema mehr und der zarte Anflug von Rock n‘ Roll-iger Zugänglichkeit von „Those Of The Unlight“ wurde auf ein Minimum zurückgefahren. Im Klartext heißt das: Die Atmosphäre auf „Opus Nocturne“ ist dunkler und kälter als alles, was Marduk bis zu diesem Zeitpunkt veröffentlicht haben – und das mit einem Sound, der genau den Erwartungen an das Genre entspricht. Also irgendwo zwischen komplett roh und doch wieder transparent und druckvoll. Kein LoFi á lá Darkthrone aber dennoch keine Anbiederung an normale Hörgewohnheiten. Übrigens verzichten Marduk nicht komplett auf Melodie, was irgendwo auch die Aussagen von Bandchef Morgan Håkansson konterkariert, man hätte sich vom zweiten Gitarristen Devon Andersson getrennt, weil der quasi zuviel Melodie eingebracht hätte. Naja.
(Fast) durchgängig gut.
In Hinblick auf die Songs ist fast jeder Track ein Treffer. Nach dem Intro „The Appearance of Spirits of Darkness“ (für diesen Titel ist es mit 33 Sekunden ganz schön kurz geraten, passt aber musikalisch recht gut zum „Opus“) geht es mit „Sulphur Souls“ gleich richtig in die Vollen – und man merkt, welchem Irrtum man aufgesessen ist, als man (ich) „Those Of The Unlight“ zunächst für eine komplette Hinwendung zum Black Metal hielt. Das ist eine ganz andere Hausnummer – und hat tatsächlich alle Trademarks, die am klassischen Black Metal gefallen: Vocals jenseits von gut und böse, die typische, hypnotische Wirkung, eine kalte und bedrohliche Atmosphäre, wildes Geknüppel, das aber nicht unstrukturiert daherkommt und auch nicht durchgängig ist, sondern von coolen Groove-Passagen unterbrochen wird. Dann noch diese feine, drüber gelegte Melodie (man höre ab 4:40 Minuten rein).
Und dabei ist „Sulphur Souls“ gar nicht der beste Song auf „Opus Nocturne“. Diese Ehre gebührt „Materialized In Stone“, eine Nummer, die zeigt, dass ein etwas geringeres Tempo manchmal nicht schadet, im Gegenteil, noch wesentlich effektiver und bösartiger ist, als ständiges Vollgas. Dieser Song hat zu recht den Status eines Klassikers und sprüht nur so vor Bösartigkeit. Ebenfalls sehr gelungen: Die Dracula-Verbeugung „Deme Quaden Thyrane“ und der Rausschmeißer „The Sun Has Failed“ (ein Songtitel, der auch Immortal gut zu Gesicht stehen würde). Und auch der Rest gefällt mir (ja, auch das quasi-Instrumental „Opus Nocturne“), schön abwechslungsreich sind die Tracks.
Eigentlich gibt es nur zwei Nummern, die ein wenig abfallen. Einerseits ist das „Untrodden Paths“, das sich als zweiter Teil des grandiosen „Wolves“ von „Those Of The Unlight“ versteht. Doch während letzterer Song unbestrittenes Highlight seiner Platte und bis heute gern gespielter Klassiker ist, geht der Fortsetzung in meinen Ohren jeglicher Wiedererkennungswert ab. Nein, das ist kein wirklich schlechter Track, aber einen Zusammenhang mit Teil 1 höre ich da nicht heraus. Und für sich genommen ist die Nummer dann doch ein wenig unspektakulär. Und das ist auch schon das Stichwort für „Autumnal Reaper“. Die nach den beiden Instrumentals kürzeste Nummer auf „Opus Nocturne“ bleibt überhaupt nicht hängen und ist meiner Ansicht nach ein reiner Filler. Gut gespielt, ja, aber nichts, wo der Funke zwangsläufig überspringt.
Das ist allerdings Kritik auf hohem Niveau und schmälert den Gesamteindruck kaum. Ein bisschen Luft nach oben bleibt dadurch aber, sodass es für sehr starke 6 von 7 Punkten reicht.
Track – Titel – Länge – Wertung
- The Appearence Of Spirits Of Darkness – 0:33 – 5/7
- Sulphur Souls – 5:41 – 6/7
- From Subterranean Throne Profound – 7:47 – 5/7
- Autumnal Reaper – 3:31 – 3/7
- Materialized In Stone – 5:10 – 7/7
- Wolves (Part 2: Untrodden Paths) – 5:27 – 4/7
- Opus Nocturne – 2:32 – 5/7
- Deme Quaden Thyrane – 5:06 – 6/7
- The Sun Has Failed – 7:22 – 6/7
Gesamteindruck: 6/7
Marduk auf “Opus Nocturne” (1994):
- Joakim Af Gravf – Vocals
- Morgan Håkansson – Guitar
- B. War – Bass
- Fredrik Andersson – Drums
Anspieltipp: Materialized In Stone
5 Gedanken zu “MusikWelt: Opus Nocturne”