MusikWelt: Hate Crew Deathroll

Children of Bodom


Mit ihren ersten drei Alben haben sich Children of Bodom eine ganz eigene Nische geschaffen. Die Mischung aus irrwitzigen Melodien und wilder Raserei, die Verbindung aus melodischem Death Metal schwedischer Prägung und typisch finnischer Fingerfertigkeit an den Instrumenten hatte es bis dahin nicht gegeben. Bis inklusive„Follow the Reaper“ (2000) perfektionierte der Fünfer aus Espoo diesen Stil – und dann erschien „Hate Crew Deathroll“ (2003). Ein Album, das, je nach Lesart, entweder als Versuch, der drohenden Stagnation zu entkommen oder als Anbiederung an damals angesagte, modernere Töne, gesehen werden kann. So oder so: Mit dieser Platte spalteten Children of Bodom erstmals nicht nur die Metal-Szene an sich (denn die war schon immer uneins, ob das finnische Gegniedel Kult oder Schrott war), sondern auch und vor allem ihre eigene Fanbasis. 

Gesamteindruck: 5/7


Beginn einer Neuausrichtung.

Ich gestehe es: Als ich „Hate Crew Deathroll“ vor bald 20 Jahren zum ersten Mal gehört habe, war ich enttäuscht. Nahezu alles, was ich als Fan der ersten Stunde an Children of Bodom so großartig fand, ist auf diesem Album entweder verschwunden oder wurde irgendwie verfälscht und/oder reduziert. Das zeigt schon der Opener „Needled 24/7“, der für diejenigen, die von Anfang an dabei waren, besonders hinterlistig daher kommt. Der Song beginnt nämlich durchaus so, wie man sich das als Liebhaber der ersten drei Alben vorstellt – mit einer dieser unwiderstehlichen Keyboard-Gitarren-Kombinationen, die von Children of Bodom geprägt wurden. Für die ersten gut 30 Sekunden fühlt man sich sofort heimisch. Doch dann setzt der Gesang ein und die ersten Fragezeichen tun sich auf. Das gewohnte, heisere Gebelle von Alexi Laiho klingt hier a) teilweise nach Pseudo-Klargesang und wurde b) elektronisch verzerrt. Ich finde nun ohnehin nicht, dass Laiho der beste Growler im Metal ist – aber das hier ist schon sehr gewöhnungsbedürftig. Hat man diese Überraschung verdaut, gibt es nach rund einer Minute den nächsten Schlag: Ein Break mit elektronischen Einsprengseln, die man so auch überhaupt noch nicht von dieser Truppe kannte. Der Refrain ist hingegen wieder voll im Soll. Glücklicherweise, denn insgesamt funktioniert der Song damit dann doch recht gut und ist schön eingängig.

Wer nun denkt, dass die Eröffnungsnummer eine Ausnahme ist, merkt schnell, dass sich der neue Stil durch das gesamte Album zieht. „Needled 24/7“ ist vielleicht sogar noch am ehesten das, was das typische Bodom-Publikum hören möchte – und damit dann doch wieder eine Ausnahme auf diesem Album. Eventuell könnte man noch den Rausschmeißer (der gleichzeitig der Titeltrack ist) in diese Kategorie aufnehmen. Dazwischen regieren mal der tonnenschwere Groove („Sixpounder“, „Angels Don’t Kill“), mal modern-rockige Töne („You’re Better Off Dead“, „Bodom Beach Terror“). Aber auch für CoB-Verhältnisse geradezu reduzierten Heavy Metal schnellerer Natur gibt es zu hören, z.B. in „Lil‘ Bloodred Ridin‘ Hood“. Vieles davon klingt, als hätten die Finnen versucht, sich vom vermeintlich überflüssigen Ballast allzu dominanter Keyboard- und Gitarrenleads zu befreien. Einerseits ist das gelungen und macht „Hate Crew Deathroll“ zu einem recht bodenständigen Album. Umgekehrt geht dadurch viel von der ursprünglichen Idee verloren, über die die Band sehr viele Fans gewonnen hat.

Mein Lieblingssong auf „Hate Crew Deathroll“ ist „Angels Don’t Kill“, eine schwere Nummer, die dank des Keyboard-Einsatzes genau den Children of Bodom-Spirit atmet, den ich so schätze. Also düster, ein wenig unheimlich und doch eingängig. Und das alles, ohne wie eine Selbstkopie zu klingen, weil dieses Riffmonster wohl einer der langsamsten Tracks ist, den man von den Finnen kennt. Wer genau hinhört, wird ähnliche Verweise auf die eigene Vergangenheit in diversen Stücken auf „Hate Crew Deathroll“ finden – nur halt wesentlich leiser, sodass man sie leicht überhört, wenn man dem Album nicht ausreichend Zeit gibt.

Viel besser als der erste Eindruck.

Auch wenn sich alles, was ich geschrieben habe, nicht sonderlich positiv anhört, funktioniert das Album interessanterweise gut. Klar ist aber: „Hate Crew Deathroll“ braucht – wie schon erwähnt – deutlich mehr Zeit als seine Vorgänger, um zu zünden. Bei mir war das gefühlt erst nach Jahren der Fall und mittlerweile weiß ich die Platte durchaus zu schätzen. Denn sie ist gut geschrieben, einigermaßen abwechslungsreich und zeigt ein Gesicht von Children of Bodom, das man vorher nicht kannte. Es scheint, sie wollten hiermit zeigen, dass sie abseits aller Wichserei an den Instrumenten auch grundsolide Songs schreiben können. Diese Übung ist gelungen, einige Riffs sind sogar großartig, was man vielleicht nur erkennt, weil die darübergelegten Melodien so sehr zurückgefahren wurden. Lirum, larum: Mir gefällt „Hate Crew Deathroll“ nach intensiver Beschäftigung, ob das für eine Kaufempfehlung reicht, kann ich allerdings nicht sagen. Probehören ist hier Pflicht, vor allem für jene, die vorher nur die ersten Alben der Mannen aus Espoo kannten.

Interessant übrigens: Viele der genannten Punkte erinnern an In Flames, die nur ein Jahr vor „Hate Crew Deathroll“ mit „Reroute to Remain“ einen ähnlichen Stilwechsel durchgezogen haben. Erfolgreich, was die Verkäufe angeht, nehme ich an – aber auch bei den Schweden war das aus heutiger Sicht eine Zäsur, die viele alte Fans vergrault hat. Dass das bei Children of Bodom nicht ganz so schlimm werden sollte, konnte man natürlich nicht ahnen – zumindest aber läutete „Hate Crew Deathroll“ unabhängig von der tatsächlichen Qualität des Albums eine Phase des qualitativen Auf und Ab ein, die bis heute anhält.

metal-archives.com


Track – Titel – Länge – Wertung

  1. Needled 24/7 – 4:08 – 6/7
  2. Sixpounder – 3:24 – 5/7
  3. Chokehold (Cocked ’n‘ Loaded) – 4:13 – 4/7
  4. Bodom Beach Terror – 4:35 – 5/7
  5. Angels Don’t Kill – 5:13 – 6/7
  6. Triple Corpse Hammerblow – 4:07 – 5/7
  7. You’re Better Off Dead – 4:12 – 4/7
  8. Lil‘ Bloodred Ridin‘ Hood – 3:24 – 5/7
  9. Hate Crew Deathroll – 3:37 – 5/7

Gesamteindruck: 5/7 


Children Of Bodom auf “Hate Crew Deathroll” (2003):

  • Alexi „Wildchild“ Laiho – Vocals, Lead Guitars
  • Alexander Kuoppala – Rhythm Guitars, Backing Vocals
  • Henkka T. Blacksmith – Bass, Backing Vocals
  • Janne Warman – Keyboards
  • Jaska W. Raatikainen – Drums

Anspieltipp: Angels Don’t Kill

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MusikWelt: Follow the Reaper

Children of Bodom


„Follow the Reaper“ (2000) wird gemeinhin als Höhepunkt in der Diskographie von Children of Bodom gesehen. Zumindest von Fans der ersten Stunde, die mit den späteren Experimenten und der moderneren Ausrichtung der Finnen nicht so viel anfangen können. Dem stimme ich zu, würde aber den Vorgänger „Hatebreeder“ (1999) als ungefähr gleich stark bezeichnen. Dabei ist „Follow the Reaper“ abwechslungsreicher, kompositorisch ausgefeilter und auch produktionstechnisch höher einzuschätzen, während „Hatebreeder“ neben einigen unwiderstehlichen Hits die ungezügeltere Wildheit bietet, ohne aber so chaotisch wie das Debüt „Something Wild“ (1997) zu sein.

Gesamteindruck: 6/7


Dunkle Melodien.

Beginnen wir mit dem Sound: So klar, transparent und doch druckvoll war das Quintett aus Espoo bis zu diesem Zeitpunkt nie unterwegs. Manchem mag das Album überproduziert erscheinen, ich finde jedoch, dass dadurch die musikalische Finesse und die ausgezeichnete Technik von Children of Bodom sehr gut zur Geltung kommen. Wobei ich auch nicht verhehlen möchte, dass diese Art von Produktion aus heutiger Sicht relativ klinisch wirkt – mittlerweile ist man im Metal ja längst zu erdigeren Tönen und analogen Techniken zurückgekehrt. „Follow the Reaper“ ist soundtechnisch hingegen eindeutig ein Kind seiner Zeit, allerdings kein Schlechtes.

Neben der erwartungsgemäß perfekten Instrumentalarbeit gibt es an zwei Fronten kleine, aber feine Weiterentwicklungen zu beobachten: Einerseits kann sich Frontmann Alexi Laiho gesangstechnisch auf die Schulter klopfen – sein heiseres Gebell zeigt kaum Schwächen und klingt nicht mehr so „luftig“ wie noch zu früheren Zeiten. Der beste Growler ist er freilich nach wie vor nicht (ich erinnere mich an ein Interview mit ihm, in dem er sinngemäß den Satz „Ich bin ein verdammter Gitarrist und kein Sänger“ zum Besten gab), aber für mein Gefühl hat er auf „Follow the Reaper“ seine Nische gefunden. Was auf diesem Album andererseits deutlich hörbar ist, ist – nur ein Jahr nach „Hatebreeder“ – ein weiterer Sprung nach vorne in Sachen Songwriting. Die ersten fünf Tracks auf „Follow the Reaper“ gehören zu den ausgefeiltesten und reifsten Kompositionen der Truppe. Ein in der ersten Sekunde zündender Hit wie „Towards Dead End“ von „Hatebreeder“ ist zwar nicht dabei, allerdings verlassen auch Kompositionen wie der Titeltrack oder das Highlight der Platte, „Children of Decadence“, den Gehörgang kaum noch, wenn sie sich einmal dort festgekrallt haben.

Schwächelt nach der Halbzeit etwas.

Leider kann die zweite Hälfte des Albums nicht ganz mit dem grandiosen Auftakt mithalten. Es gibt zwar keinen Ausfall zu verzeichnen, aber so richtig schaffen es „Taste of My Scythe“, „Northern Comfort“ und „Kissing the Shadows“ nicht, es den ausgezeichneten Tracks 1-5 gleichzutun. „Hate Me!“, zu dem es auch eine alternative Version gibt, packt das zwar einigermaßen, aber ganz gelingt es auch mit dieser Nummer nicht. Ich würde diese Songs keineswegs als schlecht bezeichnen – sie sind aber im Vergleich zum Rest eher Füllmaterial. Das zieht sich im Übrigen durch die Karriere von Children of Bodom: Es gibt neben sehr starken Songs immer wieder Ausreißer, die letztlich die Höchstwertung für das eine oder andere Album der Finnen verhindern. So könnte man beispielsweise aus den besten Tracks von „Follow the Reaper“ und „Hatebreeder“ problemlos einen nahezu perfekten Longplayer kreieren.

Musikalisch dominieren auf „Follow the Reaper“ die damals gewohnten CoB-Tugenden. Flotte Läufe auf der Lead-Gitarre, neo-klassizistische Keyboards und stampfende Rhythmen prägen das Bild. Die Refrains gehen nicht ganz so schnell ins Ohr, die Songs werden für mein Gefühl tatsächlich eher von den Instrumenten getragen. Das funktioniert allerdings sehr gut. Die Riffs sind etwas akzentuierter und deutlich abwechslungsreicher als auf den Vorgängern. Besonders überzeugend ist aber die Atmosphäre, bei Children of Bodom immer mal wieder etwas ambivalent ist. Auf „Follow the Reaper“ stimmt sie aus meiner Sicht hingegen und schafft einen durchgehend düsteren Gesamteindruck. Das macht den dritten Longplayer meines Erachtens zum Dunkelsten, den die Herren aus Espoo bis dato zustande gebracht haben.


Track – Titel – Länge – Wertung

metal-archives.com

  1. Follow the Reaper – 3:47 – 7/7
  2. Bodom After Midnight – 3:44 – 6/7
  3. Children of Decadence – 5:34 – 7/7
  4. Everytime I Die – 4:03 – 6/7
  5. Mask of Sanity – 3:59 – 5/7
  6. Taste of My Scythe – 3:58 – 4/7
  7. Hate Me! – 4:45 – 5/7
  8. Northern Comfort – 3:49 – 4/7
  9. Kissing the Shadows – 4:32 – 5/7

Gesamteindruck: 6/7 


Children Of Bodom auf “Follow the Reaper” (2000):

  • Alexi „Wildchild“ Laiho – Vocals, Lead Guitars
  • Alexander Kuoppala – Rhythm Guitars
  • Henkka T. Blacksmith – Bass
  • Janne Warman – Keyboards
  • Jaska Raatikainen – Drums

Anspieltipp: Children of Decadence

MusikWelt: The Three Tremors

The Three Tremors


 Drei namhafte Sänger, eine eingespielte Rhythmus-Fraktion, zeitloser Heavy Metal, coole Spitznamen… Was soll mit dieser Kombination schon schief gehen? Leider so ziemlich alles, wie die Auseinandersetzung mit „The Three Tremors“, dem 2019er Debüt der gleichnamigen Supergroup, zeigt.

Gesamteindruck: 1/7


Drei Schreihälse.

Irgendwann Anfang der 2000er gingen die Herren Bruce Dickinson (Iron Maiden), Rob Halford (Judas Priest) und Geoff Tate (Queensrÿche) mit der Idee schwanger, unter dem Namen The Three Tremors gemeinsame Sache zu machen – was damals komplett an mir vorüber gegangen ist, vermutlich, weil sich die Umsetzung zerschlagen hat und seither keine Rede mehr davon war, diese auf dem Papier sehr reizvolle Idee wiederzubeleben. Machen wir nun einen Zeitsprung von rund 20 Jahren – und plötzlich ist es da, das Debüt von The Three Tremors. Wer sich jedoch anno 2019 auf die epochale Zusammenarbeit drei der Größten ihres Faches freut, erlebt eine Überraschung: Statt Dickinson, Halford und Tate  haben sich Tim Owens (u.a. ex-Judas Priest, ex-Iced Earth), Harry Conklin (u.a. Jag Panzer) und Sean Peck (u.a. Cage) zum lustigen Wettsingen zusammengefunden; drei Mittfünfziger, die zwar unbestritten als gute Metal-Shouter gelten, entgegen der ursprünglichen Idee aber klar die zweite Garde darstellen.

Das musikalische Fundament für unsere drei Sängerknaben kommt übrigens von Sean Pecks Hauptband Cage, die mir persönlich – genau wie ihr Frontmann – bis dato völlig unbekannt war. Auf „The Three Tremors“ haben wir es jedenfalls mit klassischem Heavy Metal, wie man ihn z.B. von Bands wie Primal Fear kennt, zu tun. Zumindest in den wenigen guten Momenten, meist ist die Chose eher fad und unspektakulär. Man merkt meiner Meinung nach sehr deutlich, dass auf kompositorische Qualität kein großer Wert gelegt wurde; die Hintergrundmusik ist da, damit der Gesang eine Basis hat. Einen anderen Zweck, beispielsweise Emotionen zu wecken oder Atmosphäre zu vermitteln, erfüllt sie selten. Soll sie wohl auch nicht, weil das eventuell von den Hauptprotagonisten ablenken könnte. Damit genau das nicht passiert, wurde der Gesang im Mix so weit in den Vordergrund gestellt, dass die Instrumente zwangsläufig untergehen.

Chaotisches Gesamtbild.

Und da liegt auch schon der Hase im Pfeffer: Bei der Produktion dieses Albums hat man sich offenbar vollkommen verschätzt. Irgendwer scheint gedacht zu haben, dass es reicht, drei Typen, die in der Metal-Szene einen gewissen Bekanntheitsgrad besitzen, gegen-, mit- und übereinander singen zu lassen. Ja, richtig gelesen – „The Three Tremors“ ist in meinen Ohren vor allem ein extrem lautes und über weite Strecken ungemein chaotisches Machwerk. Die drei Vokalisten schmettern ihre klischeebeladenen Botschaften dermaßen laut und wild aus den Boxen, dass einem Hören und Sehen vergehen kann. Der chaotische Gesamteindruck entsteht auch dadurch, dass sich anscheinend niemand gefunden hat, der einen vernünftigen Refrain schreiben kann. In Ansätzen gelingt das zwar (z. B. im meiner Meinung nach besten Track „Lust of the Blade“), vom Rest bleibt kaum was hängen. Es gibt keine Hooks, die Gitarrensolos sind nicht der Rede wert, kurz: Nach dem Genuss von „The Three Tremors“ kann man sich zwar an ungeheure Gesangseskapaden erinnern, aber kaum daran, wie einzelne Songs klingen. Von begeistertem Mitsingen ganz zu schweigen.

Verschärft wird das Ganze durch die ähnliche Stimmfarbe der drei „Tremors“. Selbst als Kenner der Materie kann man die Sänger zeitweise nicht voneinander unterscheiden, weil sie kaum ihre normalen Singstimmen und persönlichen Stärken einsetzen. Tun sie es doch mal, hebt sich der Song gleich viel angenehmer vom Rest ab, nachzuhören z.B. auf „Sonic Suicide“, was nur zeigt, was eigentlich möglich gewesen wäre. Leider wird auf dem Album aber fast nur gescreamed und in höchsten Tönen jubiliert. Und das pausenlos – „The Three Tremors“ ist über 50 Minuten lang, nur ein Song dauert unter 4 Minuten. Alles viel zu ausufernd und anstrengend, um es öfter als zwei oder drei Mal zu hören. Stellenweise (z.B. beim Opener „Invaders from the Sky“) ist man sogar versucht, sich zu fragen, ob überhaupt die richtigen Gesangsspuren für den jeweiligen Track verwendet wurden oder ob da irgendwas durcheinander geraten ist, so unorganisiert und schlecht getimed klingt das alles. Und warum zum Teufel hat man keine Ballade für die Herren geschrieben? Normalerweise braucht man als Metaller solche Nummern ja nicht zwingend, beim Hören dieses Albums sehnt man ruhigere Töne regelrecht herbei.

Der finale Sargnagel für diese musikalische Katastrophe ist die Bedienung sämtlicher Metal-Klischees. Nicht, dass man als Hörer des Genres ohnehin bestens verwöhnt ist, was gewisse Themen betrifft. Aber hier sind Texte und Cover dann doch ein bisschen zu viel des Guten. Obwohl, stimmt eigentlich nicht, es ist vor allem die Kombination dieser Faktoren mit der anstrengenden Akustik, die einem vermutlich die Schamesröte ins Gesicht treiben würde, würde man dieses Machwerk jemandem vorspielen, der noch nie etwas mit dieser Musik zu tun gehabt hat. Nicht, dass ich das jemals probieren werde…

Folter für die Ohren.

Ein „Tremor“ ist laut Wikipedia sinngemäß das unwillkürliche, rhythmische Zusammenziehen einander entgegenwirkender Muskelgruppen. Irgendwie passt das wie die Faust aufs Auge. Unsere drei Helden scheinen gegen den Hörer, gegen die Band und letztlich auch gegeneinander anzusingen. Sie versuchen sich gegenseitig in immer höheren Stimmlagen zu übertrumpfen – und vergessen dabei auf das, was im Heavy Metal mehr zählt als alles andere: Den Song. Alles, was dem Hörer bleibt, ist ein Klingeln in den Ohren, wenn er sich „The Three Tremors“ zu oft und auf zu hoher Lautstärke anhört. Und das ist kein Kompliment! So sehr ich die Protagonisten per se schätze – ohne die auf sie allein zugeschnittene Musik ihrer Hauptbetätigungsfelder sind sie offenbar nicht in der Lage, ihre normale Leistung abzurufen. Oder – ganz ketzerisch: Vielleicht wäre „The Three Tremors“ sogar ein halbwegs gutes Album geworden – wenn nur einer der drei am Mikro gestanden hätte. Welcher, scheint keine Rolle zu spielen, Hauptsache nicht alle.

Das mag jetzt übertrieben klingen, aber ich muss es einfach schreiben: Angeblich wurde im Irak-Krieg ja mit der Musik von Metallica und Britney Spears „gefoltert“. Dafür würden sich The Three Tremors in dieser Form wesentlich besser eignen.


metal-archives.com

Track – Titel – Länge – Wertung

  1. Invaders from the Sky – 4:54 – 1/7
  2. Bullets for the Damned – 4:10 – 1/7
  3. When the Last Scream Fades – 6:03 – 3/7
  4. Wrath of Asgard – 4:58 – 4/7
  5. The Cause – 3:53 – 1/7
  6. King of the Monsters – 4:23 – 2/7
  7. The Pit Shows No Mercy – 4:34 – 3/7
  8. Sonic Suicide – 4:40 – 4/7
  9. Fly or Die – 4:28 – 3/7
  10. Lust of the Blade – 4:54 – 4/7
  11. Speed to Burn – 5:18 – 1/7
  12. The Three Tremors – 6:18 – 1/7

Gesamteindruck: 1/7 


The Three Tremors auf “The Three Tremors” (2019):

  • Sean „The Hell Destroyer“ Peck – Vocals
  • Harry „The Tyrant“ Conklin – Vocals
  • Tim „Ripper“ Owens – Vocals
  • Casey „The Sentinel“ Trask  – Guitars
  • David „Conan“ Garcia – Guitars
  • Alex „The Captain“ Pickard – Bass
  • Sean „The Thrash Machine“ Elg – Drums

Anspieltipp: Lust of the Blade