SpielWelt: Knock-Knock

Einem kurzen Einleitungstext, den man bei Programmstart sieht, ist zu entnehmen, dass es sich bei „Knock-Knock“ eigentlich um kein Spiel handelt. Dem würde ich zustimmen, nachdem ich mittlerweile mehrere Stunden versucht habe, mich in jener bizarren Welt zurechtzufinden. Selten ist es mir so schwer gefallen, zu entscheiden, ob es sich bei diesem …hmmm… Produkt um Kunst oder Krempel handelt. Nicht mal, ob es mir gefallen hat oder nicht konnte ich auf Anhieb beantworten. Klar ist aber: Wer „Knock-Knock“ spielen möchte, sollte viel Geduld, Experimentierfreudigkeit und eine hohe Frustrationsschwelle mitbringen. 

Gesamteindruck: 3/7


Ist das Kunst oder kann das weg?

„Knock-Knock“ ist, so die oben erwähnte Einleitung, kein Spiel, sondern eher eine Erfahrung. Dabei handelt es sich, so der Text weiter, um das Äquivalent eines Found Footage-Films, um Material, das zufällig an die Programmierer gelangt ist und von ihnen so gut wie möglich aufbereitet wurde. Und: Vieles wird dem „Spieler“ nicht klar sein. Zumindest ist man ehrlich – denn so vieles war mir selten (eigentlich noch nie!) in einem Computerspiel unklar.

Die Handlung in Kurzfassung
Immer wieder wird der namenlose Protagonist von Alpräumen geweckt, die ihn dazu zwingen, durch sein Haus zu tappen. Denn er ist nicht allein – oder vielleicht doch und der Horror, den er dabei erlebt, spielt sich nur in seinem Kopf ab?

Bereits die Einordnung in ein Genre fällt bei „Knock-Knock“ schwer. Am ehesten würde ich es als Adventure beschreiben, es trägt aber auch Züge eines Survival-Spiels mit Horror-Elementen. Die russische Softwareschmiede Ice-Pick Lodge ist offenbar auf derartige Merkwürdigkeiten spezialisiert – aus dem gleichen Hause stammen z. B. „Pathologic“ und „The Void“. Dass die Beschreibung der Handlung so kurz ausfällt, ist im Übrigen kein Wunder: Mehr als durch zufallsgenerierte Räume zu schleichen, Türen zu öffnen und Glühlampen zu reparieren macht man in „Knock-Knock“ meist nicht. Eventuell schaltet man noch das Licht an oder aus, versteckt sich ein wenig und versucht einen verwirrenden und unheimlichen Wald zu durchqueren. Klingt repetitiv? Ist es auch, und das trotz der kurzen Spieldauer (ein Durchgang ist in rund drei Stunden zu schaffen). Kann man „Knock-Knock“ dennoch empfehlen? Ich würde sagen: Bedingt.

Stimmungsvoller Grusel.

Screenshot

Beginnen wir am besten mit den positiven Aspekten. Größter Pluspunkt von „Knock-Knock“ ist die Atmosphäre. Das geht bei der Grafik los, von deren Cartoonhaftigkeit man sich nicht täuschen lassen sollte. Im ersten Moment (und auf Screenshots) mag das alles recht knuffig aussehen, während des Spielens wird es aber schnell unheimlich, wenn der Protagonist ständig (!) durch den Bildschirm direkt in die Augen des Spielers zu starren scheint – ein Effekt, den man so ähnlich von Gemälden und Portrait-Fotos kennt, die einen mit ihren Blicken zu verfolgen scheinen. Irgendwann im Verlauf hat man sogar das Gefühl, dass der namenlose Held den Menschen, der ihm über Maus und Tastatur Befehle gibt, direkt anspricht und um Hilfe bittet. Und das ist dann richtig, richtig unheimlich, vor allem, wenn man wie empfohlen nachts und allein in einem dunklen Raum spielt. Richtige Schockmomente, Blut und Eingeweide braucht es dafür übrigens nicht. „Knock-Knock“ verstört auf subtilerer Ebene, das aber sehr gekonnt. Mit verantwortlich ist auch der Sound, der von höchst beunruhigenden Geräuschen und Geflüster, spartanischer Musikuntermalung bis hin zur merkwürdigen Brabbelsprache des (glücklicherweise untertitelten) Protagonisten reicht. Ein derart stimmiges und vor allem durch und durch eigenständiges Gesamtkonzept sieht man nicht allzu häufig, denke ich.

„Konfus“ ist das neue „informiert“.

Screenshot

Zur Atmosphäre gehört auch die Geschichte, die das Spiel erzählt. Die ist gelungen, soweit ich das sagen kann – ganz konnte ich ehrlich gesagt nicht folgen, was mich dann auch schon zu den Kritikpunkten führt. „Knock-Knock“ gibt dem Spieler derart wenige Informationen an die Hand, dass es mich nicht wundern würde, wenn die meisten gar nicht in die Nähe des Finales kommen. Frust ist aus verschiedenen Gründen leider an der Tagesordnung – und das liegt nicht (oder kaum) an der technischen Umsetzung. Das Hauptproblem ist, dass man letztlich nicht weiß, was man in „Knock-Knock“ eigentlich tun soll. Ja, es gibt wie oben beschrieben nur wenige Aktionen, die überhaupt durchgeführt werden können (eine Interaktion wie z. B. eine Truhe zu öffnen ist gar nicht möglich!), doch so etwas wie logisches Feedback gibt es nicht. Soll ich z. B. reparierte Glühbirnen ausschalten, wenn ich einen Raum verlasse – oder doch lieber brennen lassen? Ich weiß es nicht und beide Ansätze scheinen zu völlig zufälligen Ergebnissen zu führen, wenn das, was ich dafür halte, überhaupt Konsequenzen meiner Handlungen oder Unterlassungen sind. Im Endeffekt bedeutet das, dass ich durch das Haus tappe, immer die gleichen Dinge mache und oft nicht mal weiß, wieso ich wieder an den Anfang eines Levels versetzt wurde. Zum Schluss hin wird das richtig übel, zwei- oder dreimal habe ich den „Game Over“-Screen gesehen, ohne, dass ich jemals erfahren hätte, warum.

Die Hinweise, die man von der Spielfigur erhält bzw. ab und an in dessen Tagebuch findet, sind in der Regel auch vollkommen unverständlich und helfen kaum bis gar nicht weiter. Man soll wohl „auf Muster achten“, was immer das auch bedeutet – mir kam ganz viel in „Knock-Knock“ wie reine Willkür vor. Dass es außerdem keinerlei Anzeigen o. ä. gibt, macht die Sache noch schwerer und unfairer; und dass man nicht speichern kann (das Spiel wird automatisch zu Beginn eines neuen Levels gesichert) wird auch nicht jedermann’s Sache sein. Dadurch ist es schwer bis kaum möglich, aus seinen Fehlern (die man eventuell erst ganz zum Schluss bemerkt, wenn das Spiel plötzlich ein „Game Over“ zeigt), zu lernen, es sei denn, man startet direkt einen neuen Versuch und schafft es, sich gewisse Problemstellen zu merken. Was wiederum durch den Zufallsgenerator vereitelt werden könnte.

Nichts für Normalverbraucher.

Screenshot

Die Krux ist letztlich, dass „Knock-Knock“ nichts, aber auch gar nichts zurückmeldet, wenn ich etwas tue oder unterlasse. Dabei habe ich gar kein grundsätzliches Problem mit schwierigen Spielen und Geschichten, deren Interpretation großteils dem Leser/Spieler überlassen ist. In diesem Fall ist es aber höchst schwierig (oder zufallsabhängig), ein befriedigendes Ergebnis zu bekommen. Ich gestehe, dass ich für den dritten Versuch die eine oder andere Spielhilfe im Internet konsultiert habe. Ich konnte und wollte einfach nicht noch einmal zusehen, wie „Game Over“ am Bildschirm erscheint und ich nicht und nicht erkennen konnte, warum das so war. Viel geben die Guides ohnehin nicht preis, es ist aber durchaus hilfreich, wenn man sich zumindest ein wenig Anleitung holt – denn die gibt es im Spiel wie gesagt überhaupt nicht.

Wer mit einer solchen Herausforderung umgehen kann bzw. vielleicht sogar Spaß daran findet, wird „Knock-Knock“ sicher grandios finden. Für Otto-Normal-Spieler, die Feedback und Erfolgserlebnisse brauchen, wird dieses Spiel in den meisten Fällen nichts sein. Ja, man kann schon „reinkippen“, wie man so schön sagt (bin ich anfangs auch!), die Atmosphäre genießen und ein paar unheimliche Viertelstunden verleben – wenn aber der Erfolg ausbleibt und man einfach nicht weiß, warum, ist es aus meiner Sicht durchaus verständlich, wenn man „Knock-Knock“ mittendrin abbricht. Der Lohn für’s Durchhalten ist übrigens … naja… nicht so befriedigend, wie man sich vielleicht erhofft hätte.

Fazit: Für ganz spezielle Spielertypen könnte „Knock-Knock“ eine Art ungeschliffener Diamant sein. Für die meisten anderen (und damit meine ich gar nicht mal die breite, auf Casual Play eingestellte Masse) ist es eher nichts, sobald sich der Reiz des Neuen verzogen hat. Vielleicht verstehe ich das alles aber auch nicht. Ich weiß es ganz einfach nicht. Von mir gibt’s jedenfalls 3 Punkte für die herausragende Atmosphäre und den Anreiz, die Geschichte selbst zu interpretieren. Mehr ist dafür aber nicht drin, zu seltsam ist „Knock-Knock“ – und das nicht (nur) auf eine positive-verrückte, verschrobene Art.

Screenshot

Gesamteindruck: 3/7


Genre: Adventure / Survival-Horror
Entwickler: Ice-Pick Lodge
Publisher: Ice-Pick Lodge
Jahr:
2013
Gespielt auf: PC


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Ein Gedanke zu “SpielWelt: Knock-Knock

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