BuchWelt: The Monkey’s Paw

W. W. Jacobs


Dass mir die klassische Horror-Kurzgeschichte „The Monkey’s Paw“, zu deutsch „Die Affenpfote“, überhaupt ein Begriff war, ist der seit gefühlten Ewigkeiten laufenden Zeichentrick-Serie „Die Simpsons“ zu verdanken. Dort wurde das Motiv in einem der ersten, mittlerweile berühmt-berüchtigten Halloween-Specials aufgegriffen (freilich sehr frei interpretiert). In der Folge hatte ich jahrelang (genau genommen waren es gar Jahrzehnte!) immer im Hinterkopf, dass ich die zugehörige Geschichte einmal lesen wollte. Nun, im Jahr 2020, ist es mir endlich gelungen, das Büchlein aufzutreiben. War gar nicht so einfach, an dieser Stelle ein Danke an Medimops, dort ist wirklich vieles zu bekommen, das es sonst nirgends (mehr) gibt.

Gesamteindruck: 6/7


Pass‘ auf, was du dir wünscht!

„The Monkey’s Paw“ ist eine Kurzgeschichte von William Wymark Jacobs und wurde erstmals 1902 veröffentlicht (Achtung: Verwechlsungsgefahr!). Der Autor versteht es, auf knapp 30 Seiten eine ausgesprochen dunkle und unheimliche Atmosphäre zu schaffen. Man meint, einen vergessenen Text des alt-ehrwürdigen Meisters Edgar Allan Poe zu lesen – wer das jemals getan hat, weiß, worauf ich hinaus will: Jacobs geht nicht direkt auf Details ein, es gibt kein schnelles Erschrecken und kein Blut. Ihm reicht es, geschickt mit bloßen Andeutungen zu spielen, sodass sich im Kopf des Lesers ganz von selbst eine Geschichte entspinnt, die letztlich sogar noch düsterer als das ist, was der Autor auf das Papier gebannt hat.

Inhalt in Kurzfassung
Eine Familie – Vater, Mutter und erwachsener Sohn – leben in ärmlichen Verhältnissen. Man ist zwar nicht direkt unglücklich, aber dass es an Geld fehlt, ist immer wieder ein großes Thema. Zumindest bis eines Abends ein alter Freund des Vaters auftaucht, der einen merkwürdigen Talisman aus dem fernen Indien mitgebracht hat: Eine Affenpfote, die angeblich drei Wünsche erfüllen kann. Damit wären die Geldsorgen natürlich gelöst – wenn die Sache nicht einen schlimmen Haken hätte

Die Inhaltsangabe zeigt im ersten Moment nicht viel Neues: Ein Gegenstand oder eine Person, die Wünsche zu einem hohen Preis erfüllt, ist ein Motiv, das immer wieder in Erzählungen und Legenden zu finden ist. Und auch die Beobachtung, dass die Habgier Menschen dazu bringen kann, alle Warnungen (die in diesem Fall der Besitzer der Affenpfote sehr deutlich ausspricht) in den Wind zu schlagen, ist immer wieder eine gern genommene Prämisse – kein Wunder, liegt doch genau das in der menschlichen Natur.

Dennoch empfinde ich „Die Affenpfote“, trotz ihres Alters, als eine erfrischend andere Herangehensweise. Denn der Autor erhebt nicht direkt den moralischen Zeigefinger, sondern bringt den Leser durch gewisse Andeutungen und ganz generell die unheilvolle Atmosphäre dazu, keinen Wunsch mehr nach einem solchen Talisman zu verspüren. Denn wer sieht, wie diese Geschichte endet, wird sich dreimal überlegen, ob er überhaupt die Gute Fee treffen möchte. Das Ende ist, nebenbei bemerkt, offen, was den Leser mit einem unbehaglichen Gefühl und dunklen Vorahnungen zurück lässt und vom eigenen Verstand ebenfalls als Warnung interpretiert wird – zumindest ging es mir so.

Fazit: „Die Affenpfote“ ist ein ausgezeichnetes Werk der unheimlichen Literatur. Ich bin froh, dass es mir endlich gelungen ist, dieses kurze Buch zu lesen und kann es jedem nur empfehlen. Wer vor hat, dieser Empfehlung zu folgen, sollte sich – wie ich – nach Möglichkeit das englische Original zu Gemüte führen. Ich weiß es zwar nicht aus erster Hand, kann mir aber kaum vorstellen, dass eine Übersetzung dem so richtig gerecht wird.

Gesamteindruck: 6/7


Autor: William Wymark Jacobs
Originaltitel: The Monkey’s Paw.
Erstveröffentlichung: 1902
Umfang: ca. 40 Seiten
Gelesene Sprache: Englisch
Gelesene Version: Taschenbuch

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SpielWelt: Hard West

„Hard West“ sei, so die vielfach zu lesende Meinung, „X-COM“ mit Cowboys. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich jenen Klassiker bis dato nicht gespielt habe. Werde ich nachholen und dann wird in diesem Blog davon zu lesen sein. Einstweilen bringe aber auch ich einen Vergleich (der so sicher auch schon zu lesen war): „Hard West“ ist „Jagged Alliance“ im Wilden Westen.

Gesamteindruck: 4/7


Das Lied vom Tod.

„Jagged Alliance 2“ (1999) ist für mich nach wie vor eines der besten Spiele aller Zeiten. Unzählige Stunden habe ich mit diesem Meisterwerk verbracht und auch heute wage ich mich noch gelegentlich auf das Eiland Arulco um der bösen Deidranna zu zeigen, wo der Hammer hängt. Zugegeben: Mit diesem zu Recht allseits hoch gelobten Veteranen aus dem Genre der rundenbasierten Taktik kann „Hard West“ nicht mithalten. Ein unterhaltsames Spiel ist dem polnischen Studio CreativeForge dennoch gelungen.

Der Inhalt in Kurzfassung
Willkommen im „Weird West“, wo Dorfbewohner nach Meteoriteneinschlägen verrückt werden, ein Inquisitor versucht, dem gottlosen Treiben Einhalt zu gebieten, nach Gold gegraben wird, Kannibalen ihr Unwesen treiben und ermordete Cowboys von den Toten auferstehen um als mit Gewehr und Pistole bewaffneter Zombie Rache an ihren Peinigern zu nehmen.  

„Weird West“ ist eine grandiose Bezeichnung, für die es leider keine adäquate Übersetzung gibt. „Unheimlicher Westen“ wäre wohl naheliegend, klingt aber bei weitem nicht so geschmeidig wie die Original-Variante. Jedenfalls ist „weird“ ein Wort, das – zumindest für mich – für eine ganz eigene Art von Geschichten steht, wie sie z. B. von H. P. Lovecraft geschrieben wurden (nicht von ungefähr, hat der Meister doch hauptsächlich im Magazin „Weird Tales“ veröffentlicht). Wieso ich auf Lovecraft komme, ist auch schnell erklärt: „Hard West“ ist zwar grundsätzlich ein klassisches Wild-West-Setting, baut gleichzeitig aber auf surreale und übernatürliche Elemente, die zum Teil so oder so ähnlich aus der Feder des amerikanischen Kult-Autors stammen könnten. Die Folge: Wir haben es hier mit einem extrem düsteren Spiel zu tun, wozu auch und vor allem die Grafiken und Texte in den Zwischensequenzen das ihrige beitragen. Rein atmosphärisch ist das Spiel also tatsächlich top und noch dazu einzigartig, was das Setting betrifft.

Die Spielmechanik entspricht wie angedeutet „Jagged Alliance 2“, ich würde außerdem noch das wesentlich aktuellere „The Banner Saga“ (2014,  und damit nur ein Jahr vor „Hard West“, erschienen) in den Raum werfen. Denn „Hard West“ ist zweigeteilt und besteht einerseits aus rundenbasierten Kämpfen, in denen abwechselnd die eigenen Charaktere und die computergesteuerten Gegner ziehen und die sich in etwa anfühlen wie im Sir-Tech-Klassiker von 1999. An die „Banner Saga“ erinnert wiederum der Rollenspiel-artige Part zwischen den Kämpfen. Dort bewegt man sich auf einer Landkarte von Ort zu Ort und bekommt in Textform verschiedene Aufgaben und Herausforderungen gestellt. Je nachdem, für welche Lösung man sich entscheidet, kann man z. B. Boni oder Geld erhalten. Umgekehrt können dadurch beispielsweise aber auch Charaktere verloren gehen oder ganz allgemein Auswirkungen entstehen, die erst später im Spielverlauf schlagend werden. So oder so: Zurückgenommen werden können einmal getroffene Entscheidungen nicht, es sei denn, man startet die gesamte Kampagne neu – manuelles Speichern ist zu keinem Zeitpunkt möglich (auch nicht während der Gefechte, was manchmal frustrierend sein kann, weil man nie weiß, wie viel Zeit man dafür einplanen muss).

Gutes Konzept mit Schwächen.

Das beschriebene Konzept ist grundsätzlich dennoch gelungen: Die zwei Modi von „Hard West“ greifen gut ineinander und lassen das Spiel insgesamt wie aus einem Guss wirken. Dass das Potenzial insgesamt dennoch nicht ganz ausgeschöpft wird, liegt an Schwächen beider Bereiche.

In diesem Zusammenhang hat der Story-Teil, also alles, was sich zwischen den Kämpfen abspielt, zunächst das bessere Ende für sich. Es macht anfangs durchaus Spaß, die Karte zu erkunden und herauszufinden, was an diesem oder jenen Ort lauert. Es gibt überraschende Wendungen und viele der erzählten Geschichten sind herrlich skurril. Allerdings trifft das nicht auf alle zu – immer wieder gibt es Textwüsten, die nicht sonderlich interessant sind und bei denen man dann auch schnell das Interesse verliert, heißt: Einfach weiterklickt, um zum nächsten Kampf zu gelangen. Dadurch wird die Story mit zunehmender Dauer des Spiels leider immer undurchschaubarer – was wiederum zu nachlassendem Interesse führt. Ein Teufelskreis. Außerdem schade: Von einem kommentierenden Erzähler (bei dem es sich übrigens um keinen geringeren als Gevatter Tod handelt) abgesehen, gibt es keinerlei Sprachausgabe, die zur Auflockerung beitragen könnte.

Der kämpferische Part von „Hard West“ ist leidlich gelungen. Ja, es macht schon Laune, seine Figuren über die nicht allzu großen Karten zu bewegen und aus der Deckung heraus auf den Feind schießen zu lassen. Das Waffenarsenal ist nicht übel, es gibt allerlei Pistolen und Gewehre mit unterschiedlichen Effekten, volle und halbe Deckung, die üblichen Bewegungspunkte sowie eine „Glücksleiste“, die die Wahrscheinlichkeit, getroffen zu werden steuert. Ein bisschen zwiespältig sind die Spezialfähigkeiten, die man einzelnen Charakteren mit verschiedenen Pokerkarten (!) zuordnen kann – manche sind geradezu lächerlich mächtig, andere scheinen ziemlich nutzlos zu sein. Grundsätzlich sind sie aber lässig – es macht z. B. diebische Freude, allen Gegnern in Sichtweite mit einem „Schrei“ drei Lebenspunkte zu rauben. Anmerkung am Rande: Steuerung und Interface bieten keinen Grund zu Meckern, was ja keine Selbstverständlichkeit ist.

Nicht viel Tiefgang.

Woran hapert es dann? Nun, es ist die fehlende taktische Tiefe, hier ist „Jagged Alliance 2“ deutlich überlegen. Wenn man es genau nimmt, spielen sich die Kämpfe in „Hard West“ eher wie ein grafisch aufgepepptes „Jagged Alliance 1“ (1995). Ein paar Beispiele: Einzelne Körperregionen der Gegner können nicht anvisiert werden, Charakteren kann nicht befohlen werden, sich hinzuknien oder gar zu legen, es muss zwar nachgeladen werden, die Munition ist aber unendlich und last but not least agieren die Gegner oft ausgesprochen dämlich. Insgesamt führt das dazu, dass die Kämpfe auch auf höheren Schwierigkeitsgraden keine große Herausforderung sind, vor allem dann nicht, wenn man nach einem oder zwei Versuchen bereits weiß, wo sich die Gegner befinden.

Bezeichnenderweise hat man die größten Schwierigkeiten in „Hard West“ nicht durch die Intelligenz der Gegner im Kampf, sondern weil man schlicht nicht weiß, was einen erwartet und welche Ausrüstung man mitbringen soll. Das wäre soweit ja nicht ungewöhnlich, aber „Hard West“ hat eine ausgesprochen frustrierende Art, den Lerneffekt beim Spieler auszubremsen: Wie erwähnt ist freies Speichern zu keinem Zeitpunkt möglich. Das bedeutet, dass man ein Kampfszenario zwar neu beginnen kann, wenn man merkt, dass man keine Chance mehr hat oder wenn ein essenzieller Charakter getötet wurde. Allerdings erfolgt der Neustart direkt zu Beginn der Kampfphase, heißt, es gibt keinerlei Möglichkeit, Ausrüstung und Zuordnung von Fähigkeiten zu ändern, wenn man bemerkt, dass man auf dem Holzweg war. Bei mir führte das einmal sogar soweit, dass ich eine komplette Kampagne inklusive aller Rollenspiel- und Kampfszenarios von vorne beginnen musste, weil ich bei der letzten (!) Mission Waffen und Pokerkarten falsch verteilt und damit nicht den Hauch einer Chance hatte.

Solche Dinge machen dem Spielspaß natürlich einen gehörigen Strich durch die Rechnung und hätten verhindert werden können, indem man den Neustart eines Szenarios vor die entsprechende Vorbereitungsphase verlegt. Dann würde das Ausprobieren verschiedener Taktiken wesentlich mehr Spaß machen. Alternativ hätte man auch die Möglichkeit einbauen können, dass Charaktere ihre Ausrüstung auch im Kampf tauschen können, wenn sie nahe genug beieinander stehen – so wie es eben in „Jagged Alliance“ möglich ist. Geht aber leider nicht… (Sidestep: Man kann in „Hard West“ übrigens keine Gegenstände gefallener Feinde aufnehmen, was ebenfalls schade ist und eigentlich keinen Sinn macht).

Als größter Schwachpunkt erweist sich in punkto Taktik die „Setup Stage“, die es in manchen Kampfszenarios gibt. In dieser Phase sind die Gegner noch nicht „alarmiert“ und man kann seine Streiter schon bevor die Schlacht beginnt, günstige Positionen einnehmen lassen. „Geht in ‚Jagged Alliance‘ doch auch, was ist das Problem?“ wird man mich nun fragen. Nun, Deidrannas Schergen sind nicht so blöd, die feindlichen Söldner direkt vor ihrer Nase herumlaufen zu lassen. In „Hard West“ kann man sich bis auf wenige Schritte sogar direkt von vorne nähern, Hauptsache man betritt das angezeigte Gesichtsfeld des Feindes nicht. Taub scheinen die Gesellen auch zu sein, sodass man sich unbemerkt über fast die komplette Karte bewegen kann, bevor es überhaupt los geht – ein unglaublicher Vorteil, der das Spiel nochmal leichter macht. Schade, für eine ordentliche KI scheint es leider nicht gereicht zu haben…

All das zusammen macht „Hard West“ im Endeffekt eintöniger, als man ob des sehr speziellen Szenarios und der überaus gelungenen Atmosphäre erwarten würde. Schade, weil auch der Wiederspielwert massiv darunter leidet.

Charakterbindung? Naja…

Ein Punkt, den ich noch gar nicht erwähnt habe und an dem sich „Hard West“ ganz extrem von „Jagged Alliance“ unterscheidet: Das Spiel besteht aus mehreren Kampagnen, die mehr oder weniger stark miteinander verknüpft sind und jeweils über eine gewisse Zahl von Kampf- und Rollenspiel-Szenarios verfügen. Soweit nicht ungewöhnlich. Irritierend ist aber, dass einzelne Kampagnen eben nicht mit denselben Charakteren gespielt werden. Eine Möglichkeit, seine Söldner auszuwählen gibt es grundsätzlich nicht, „Hard West“ geht sogar soweit, dass man in aufeinander folgenden Kampagnen zunächst einem Helden zum Sieg verhilft, danach aber plötzlich auf der Gegenseite steht und den liebgewonnen Charakter beseitigen soll. Ich bin mir nicht sicher, ob das jedem gefällt, es kommt wohl stark darauf an, wie schnell es im Rahmen der Kampagnen gelingt, sich mit seinen Figuren zu identifizieren. Bei mir funktionierte das überraschend gut – ein etwas fader Beigeschmack bleibt aber durch diese Zerstückelung des Spiels.

Im Endeffekt ist es meiner Meinung nach so: Die Designer von „Hard West“ haben es ganz wunderbar verstanden, ein tolles Szenario zu entwickeln und auch darzustellen. Damit scheinen sie sich aber ziemlich verausgabt zu haben – denn weder Story noch Spieltiefe können letztlich das halten, was man sich erhofft hätte. Vier von sieben Punkten gibt es dafür, denn einmal unterhält „Hard West“ definitiv. Ein Dauerbrenner auf meiner Festplatte wird es – im Gegensatz zum „Jagged Alliance“ jedoch nie werden. Leider.

Gesamteindruck: 4/7


Genre: Runden-Taktik
Entwickler: CreativeForge Games
Publisher: Gambitious Digital Entertainment
Jahr:
2015
Gespielt auf: PC


Screenshots aus „Hard West“ – Copyright beim Entwickler!

FilmWelt: Stromberg

Ich sage es rundheraus: „Stromberg“ gehört meines Erachtens zum Besten, was die deutschsprachige Fernsehwelt in den vergangenen Jahren (oder Jahrzehnten) hervorgebracht hat. Zumindest gilt das für die Serie, die sich in 46 Episoden, verteilt auf fünf Staffeln kaum Schwächen leistet. Allenfalls sind in den späten Staffeln Probleme erkennbar, das Pseudo-Doku-Format sowie den Verbleib des Charakters Stromberg in seiner Firma einigermaßen plausibel zu erklären. Von daher war es wohl gut, dass eine Fortführung der Serie trotz großen Erfolges stets abgelehnt wurde. Freilich gab es kein so richtig befriedigendes Finale, weshalb man sich tatsächlich zu einem per Crowdfunding finanzierten Kinofilm breitschlagen ließ. Der hat zwar seine Momente, ich hätte ihn aber nicht zwangsweise gebraucht.

Gesamteindruck: 3/7


Der Papa macht das… nicht so gut.

Für alle, die es vielleicht noch nicht wissen: „Stromberg“ ist eine Adaption der britischen Serie „The Office“, was in den Anfangstagen zu Urheberrechtsstreitigkeiten führte, die aber außergerichtlich beigelegt wurden. Das Konzept ist im Wesentlichen an eine Dokumentation angelehnt – so folgt ein immer unsichtbar bleibendes TV-Team dem Hauptprotagonisten Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst) durch seinen Alltag im Büro einer Versicherungsgesellschaft. Zwischen Sequenzen, die Stromberg und seine Kollegen bei der Arbeit, in den Pausen und in allen möglichen und unmöglichen weiteren Situationen zeigen, sind immer wieder Interviews eingeschoben, die auf verschiedene Ereignisse Bezug nehmen. Die Serie wurde zwischen 2004 und 2012 produziert, 2014 folgte sozusagen als Abschluss „Stromberg – Der Film“, der im gleichen Stil wie die Serie gehalten ist.

Die Handlung in Kurzfassung

Für die Versicherungsgesellschaft Capitol steht ein großes Jubiläum an: 50 Jahre besteht die Firma, bei der Stromberg und seine Kollegen seit Jahren vor sich hin werkeln. Eine entsprechende Feier ist geplant – doch gleichzeitig gibt es Gerüchte über Rationalisierung und Schließung von Unternehmensteilen, darunter auch die Stromberg’sche Filiale. Dennoch macht sich auch die Abteilung Schadensregulierung frohen Mutes auf den Weg zur Firmenfeier, die bald völlig außer Kontrolle gerät.

Fangen wir vielleicht mit den guten Nachrichten an: „Stromberg – Der Film“ bringt dem geneigten Fan einiges, das er sich erwartet. Der aus der Serie bekannte Cast ist in seinen Rollen natürlich routiniert und man freut sich über das Wiedersehen sowohl mit den Haupt- als auch zahlreichen Nebendarstellern. Ein Kompliment muss man außerdem dem bewährten Duo Ralf Husmann (Drehbuch) und Arne Feldhusen (Regie) aussprechen, denen es einmal mehr gelingt, den Bürowahnsinn zwar überspitzt, aber doch auch wieder unglaublich treffsicher abzubilden. Das schließt die an Peinlichkeiten nicht zu überbietende Betriebsfeier inklusive klischeegeladenem Rahmenprogramm mit ein, wie jeder bestätigen wird, der in einer größeren Firma mal eine Weihnachtsfeier mitgemacht hat. Es gelingt sogar einigermaßen, die pseudo-dokumentarische Perspektive aufrecht zu erhalten – ob das sinnvoll bzw. glaubhaft ist, steht zwar auf einem anderen Blatt, andererseits hätte man diese Frage spätestens nach zwei Staffeln der Serie schon stellen müssen. Von daher kann ich gut damit leben, dass die Capitol trotz aller Erfahrungen mit Stromberg kein Problem damit hat, dass auch bei diesem Jubiläum ein Fernsehteam dabei ist.

Viel mehr uneingeschränkt Gutes kann ich leider nicht berichten. Klar, der eine oder andere große Lacher ist dabei – aber insgesamt ist der Film qualitativ bei weitem kein Vergleich zur Serie. Ein ähnliches Phänomen erlebt man leider immer wieder, beispielsweise bei „Akte X – Der Film“ (1998) oder, um im deutschsprachigen Bereich zu bleiben, den Bullyparade-Filmen „Der Schuh des Manitu“ (2001) und „(T)Raumschiff Surprise – Periode 1“ (2004), die trotz ihres riesigen Erfolgs an den Kinokassen Gag-technisch ebenfalls nicht so richtig zünden konnten. Kurz gesagt: Ich nehme an, der Erfolg von „Stromberg“ liegt auch oder sogar vor allem in der Kürze seiner 45-minütigen Episoden. Der Film dauert 1 ½ Stunden, was man leider nur zu deutlich spürt.

Woran liegt’s nur?

Ich glaube, dass es mehrere Faktoren gibt, die den Film im Vergleich zu seinem Vorbild abstinken lassen. Ich habe weiter oben beispielsweise erwähnt, dass der Cast routiniert ist. Stimmt, man könnte aber auch sagen, dass das Gros der Schauspieler teilweise fast schon lustlos rüberkommt – auch Christoph Maria Herbst selbst, was ich so nicht erwartet hätte. Am aktivsten scheinen mir Oliver Wnuk (Ulf Steinke) und Diana Staehly (Tanja Steinke) zu sein, deren Leistung mir mit Abstand am besten gefällt – wohl auch, weil das die einzigen Figuren sind, bei denen eine Weiterentwicklung stattgefunden hat. Das war schon in der Serie so (wobei dort auch andere Figuren zumindest behutsame Anpassungen erfahren haben) und ist auch hier so, weil die kleine Familie mittlerweile um einen Pflegesohn erweitert wurde. Das passt und sorgt mit für einige wirklich gute Szenen. Es wäre aber unfair, den Darstellern allein die Schuld zu geben – die halten sich ja auch nur ans Drehbuch, auch wenn „Stromberg“ immer sehr improvisiert wirkt (was es übrigens viel weniger ist, als man meinen könnte). Und leider sind die Dialoge einfach nicht gut, will sagen: witzig genug.

Das größte Problem und gleichzeitig wohl DER Grund, wieso der in dieser Rolle eigentlich so famose Christoph Maria Herbst nicht so richtig zu glänzen vermag: Ihm fehlt ein richtiger Gegenspieler aus der Chefetage. Das war in der Serie immer der Fall, die Probleme mit Strombergs Vorgesetzen sind mittlerweile ja fast schon legendär. Im Film macht sich hingegen die Abwesenheit von Lars Gärtner (in der Serie als Timo Becker direkter Vorgesetzter von Stromberg) leider sehr deutlich bemerkbar. Da helfen auch die Rückkehrer Tatjana Alexander (Tatjana Berkel) und Sinan Akkus (Sinan Turculu) nicht viel, auch wenn man sich über das Wiedersehen freut. Schade, denn Strombergs Streitigkeiten mit seinen Chefs waren immer ein immens wichtiger Teil der Serie, das Fehlen eines etablierten Kontrahenten lässt den ganzen Film irgendwie… hmm… halbherzig wirken.

Merkwürdiges Ende.

Viel mehr Erklärung braucht es glaube ich nicht. Gesagt werden kann noch, dass zumindest mir auch das Ende nicht gefallen hat. Im Sinne der Serie und der Entwicklung der Figur Stromberg hätte ich es wesentlich lieber gesehen, wenn er nochmal so richtig auf die Mütze bekommen hat. Klar, es kommt schon dick für ihn, aber so richtig will das Ende mit einem Stromberg, der plötzlich auch außerhalb der Capitol wieder Oberwasser hat, nicht passen. Das allerdings eher am Rande, wenn der Rest ein solches Gag-Feuerwerk wie die Serie gewesen wäre, hätte man über das Finale eventuell hinwegsehen können.

Natürlich ist „Stromberg – Der Film“ kein totaler Ausfall. Aber ich gebe zu, dass ich nach der großartigen Serie wesentlich mehr erwartet hätte. Das hier ist einfach nur durchschnittlich. So leid es mir tut.

Gesamteindruck: 3/7


Originaltitel: Stromberg – Der Film.
Regie: Arne Feldhusen
Drehbuch: Ralf Husmann
Jahr: 2014
Land: Deutschland
Laufzeit: ca. 120 Minuten
Besetzung (Auswahl): Christoph Maria Herbst, Bjarne Mädel, Oliver Wnuk, Diana Staehly, Milena Dreißig, Laurens Walter, Maja Beckmann, Max Kluge



BuchWelt: Der Schwarm

Frank Schätzing


„Der Schwarm“, ein mit Auszeichnungen überhäufter Bestseller des deutschen Autors Frank Schätzing, lag jahrelang auf (bzw. mitten in) meinem Stapel ungelesener Bücher (SuB). Das Buch ist 2004 erschienen – und nun, ausgerechnet im „Seuchenjahr 2020“, bin ich erstmals dazu gekommen, es zu lesen. Und, soviel sei vorweggenommen, die knapp 1.000 Seiten haben sich durchaus gelohnt

Gesamteindruck: 6/7


Die Natur schlägt zurück.

Dass ich eingangs das für die ganze Welt sehr schwierige Jahr 2020 erwähne, hat einen Grund, der nicht nur mit der Corona-Pandemie zu tun hat. Wobei ich zunächst dran dachte, diese Verbindung zumindest ansatzweise herzustellen, denn auch im Buch kommt es zu einer Seuche, die unzählige Menschen dahinrafft; viel naheliegender ist allerdings ein anderes Ereignis, das kurz, nachdem ich „Der Schwarm“ zu Ende gelesen hatte, in den Nachrichten war: Offenbar häuften sich rätselhafte Attacken von Orcas auf Segelboote, wie u. a. hier berichtet wurde. Normalerweise hätte ich dieser Meldung nicht viel Bedeutung beigemessen – allerdings ist das tatsächlich etwas, das in Schätzings Roman praktisch 1:1 so vorkommt!

Inhalt in Kurzfassung
Auf den Weltmeeren und an den Küstenlinien häufen sich merkwürdige und tödliche Ereignisse: Quallen- und Algeninvasionen, Angriffe durch sonst so friedliche Wale, Tsunamis, die durch die Destabilisierung des Meeresbodens ausgelöst werden und Krabben, die gefährliche Bakterien an Land tragen. Zunächst als Zufall abgetan, wird nach und nach klar, dass es einen Zusammenhang zwischen den Geschehnissen gibt – oder steckt gar ein Plan zur Vernichtung der Menschheit dahinter? Eine Gruppe von Wissenschaftlern unterschiedlichster Disziplinen versucht unter Hochdruck, das Geheimnis zu lüften…

Frank Schätzing ist mit „Der Schwarm“ ein echter Pageturner gelungen. Primär hat das natürlich mit dem Stil zu tun: Der Autor schafft es mit scheinbarer Leichtigkeit, Cliffhanger an Cliffhanger zu reihen – und zwar ohne dermaßen plakativ und simpel zu wirken wie beispielsweise Dan Brown. Dabei sind die Kapitel bei Schätzing in weiten Teilen ähnlich kurz, was die Spannung praktisch über die gesamte Distanz sehr hoch hält. Anders als beim genannten Brown führt das im Falle von „Der Schwarm“ aber nicht zu einem „gehetzten“ Gefühl beim Lesen im Gegenteil, man hat nie den Eindruck, Frank Schätzing würde nur an der Oberfläche kratzen, um möglichst schnell durch die Kapitel toben zu können. Angenehm ist auch, dass der deutsche Autor es hinkriegt, trotz weitgehenden Verzichts auf Nebenhandlungen einiges an Tiefgang zu erzeugen. Ja, es gibt ein bisschen Gefühl und den einen oder anderen Schauplatz, den es nicht unbedingt gebraucht hätt, insgesamt liegt der Fokus aber klar darauf, die Handlung voranzutreiben.

Das allein würde schon für eine gute Wertung reichen – vorausgesetzt man kann mit einer Mischung aus Technik, Science Fiction, Naturkatastrophen und einer kleinen Prise Philosophie etwas anfangen. Für mich ist aber noch erstaunlicher, wie Frank Schätzing diese Zutaten zu einem beeindruckenden Gesamtwerk verquickt. Alles greift hier sehr gut ineinander, speziell aber die Verbindung aus realer Naturwissenschaft bzw. Technologie (hier seien als Beispiele Genetik und Meeresbiologie genannt) mit den fantastischen Elementen einer bisher unbekannten Intelligenz ist ausgezeichnet gelungen. Wenn ich einen Vergleich ziehen müsste, würde ich „Der Schwarm“ in einer ähnlichen Kategorie wie „DinoPark“ (Michael Crichton, 1990) einordnen – ebenfalls ein Techno-Thriller par excellence.

Science, Fiction und Philosophie.

Wenn man einen Kritikpunkt finden möchte, muss man wohl am ehesten bei den Charakteren suchen. Es gibt mehrere Hauptpersonen (übrigens schreckt Schätzing nicht davor zurück, die eine oder andere liebgewonne Figur sterben zu lassen), von denen mich aber nur wenige voll und ganz überzeugen können (speziell der norwegische Biologieprofessor Sigur Johanson ist ein Sympathieträger). Gepatzt hat der Autor zwar nicht direkt – man merkt aber recht deutlich, dass in „Der Schwarm“ die Wissenschaft die Hauptrolle spielt, garniert mit einer Prise Philosophie. Wirklich störend empfinde ich aber vor allem das Fehlen eines vernünftigen Bösewichts. Zwar stellt sich im Laufe der Handlung heraus, dass nicht alle am gleichen Strang ziehen, allerdings sind diejenigen Charaktere, die zweifelhafte Motive an den Tag legen, nichts als ein großes Klischee. An dieser Stelle kann man sich durchaus fragen, ob es überhaupt einen Antagonisten gebraucht hätte – aus meiner Sicht hätte „Der Schwarm“ auch ohne diesen Twist sehr gut funktioniert; und dann hätten wir uns die ausgelutschte Mär von den bösen Militärs und Geheimdienstlern sparen können.

Abgesehen von dieser Schwäche, die mir vorkommt, als hätte Frank Schätzing einfach etwas zu viel in seinem Buch unterbringen wollen, kann ich wenig an „Der Schwarm“ aussetzen. Freilich darf man nicht vergessen, dass die Ideen, die der Autor in diesem Roman diskutiert, nicht unbedingt neu sind. Er lässt seine Figuren selbst Filme wie „Independence Day“ (1996) und „The Abyss“ (1989) erwähnen (vor allem mit zweiterem gibt es schon einige Gemeinsamkeiten), mein erster Gedanke war hingegen das Buch „Solaris“ von Stanisław Lem aus dem Jahr 1972.

Dennoch: „Der Schwarm“ ist meines Erachtens eigenständig genug – und wirkt allein deshalb ordentlich nach, weil die Geschichte (vermutlich) in unserer Gegenwart spielt, durch die umfangreiche Recherche wissenschaftlich plausibel wirkt und – nicht zuletzt – das sehr aktuelle Problem der globalen Umweltverschmutzung auf dramatische Weise aufgreift. Dass Schätzing zusätzlich darüber philosophiert, wie man mit Lebewesen, mit denen wir absolut nichts gemeinsam haben, Kontakt aufnehmen könnte (darum auch meine Assoziation mit „Solaris“), ist hingegen ein Lieblingsthema der ernsthaften Science Fiction und sollte bei deren Fans sehr gut ankommen.

Ich finde beide Aspekte ausgesprochen gelungen, sodass ich 6 von 7 Punkten vergebe. Für die Höchstwertung reicht es nicht ganz, weil ich während der Lektüre ab und an das Gefühl hatte, Schätzing hätte etwas zu viel gewollt und manchmal nicht ganz genau gewusst, wie er alles unterbringen soll. Spannend, schnell lesbar und gleichzeitig zum Nachdenken animierend bleibt „Der Schwarm“ dennoch.

Gesamteindruck: 6/7


Autor: Frank Schätzing
Originaltitel: Der Schwarm.
Erstveröffentlichung: 2004
Umfang: ca. 1.000 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: E-Book