Wir schreiben das Jahr 1979: Die letzte Folge der Serie „Star Trek“ (bei uns besser bekannt als „Raumschiff Enterprise“) war 1969 veröffentlicht worden, neuen Stoff aus dem von Gene Roddenberry erdachten Universum hatte es – abgesehen von einer kurzlebigen Zeichentrick-Serie – also seit zehn Jahren nicht mehr gegeben. Entsprechend hoch müssen die Erwartungen an den ersten Kinofilm der legendären Crew gewesen sein. Und „Star Trek: The Motion Picture“ wurde tatsächlich ein finanzieller Erfolg – so richtig überzeugen konnte er allerdings weder Kritik noch eingefleischte Trekkies.
Gesamteindruck: 3/7
Eine Maschine sucht ihre Schöpfer.
Ich habe vorliegenden Film bis vor kurzem nur ein einziges Mal gesehen: Meine Eltern müssen ihn Ende der 1980er in einer Videothek (!) ausgeliehen haben, weil sie wussten, dass ich ein großer Fan von „Raumschiff Enterprise“ war. Meine Großmutter (!!) hatte mir die Serie ursprünglich näher gebracht und Oma, Mama und ich waren höchst gespannt, auf die filmischen Abenteuer unserer Held:innen. Leider glaube ich auch, dass das tatsächlich unser letzter gemeinsamer Versuch war, denn der Film hatte so gut wie nichts mit dem gemein, was wir aus unserer geliebten Serie kannten. Den beiden Damen war das nachhaltig zu viel, sodass sie bei allem, was „Star Trek“ künftig bringen sollte, nicht mehr an Bord waren. Ich selbst habe mich nicht abschrecken lassen und blieb dem Franchise treu. Dass „Star Trek: Der Film“ alles andere als leichte Kost war und ist, habe ich allerdings unlängst, rund 30 Jahre nach meinem ersten Versuch, erneut feststellen müssen.
Worum geht’s?
Die U.S.S. Enterprise liegt nach einer Runderneuerung im Trockendock, als ein Notfall eintritt: Eine riesige Energiewolke, die alles vernichtet, was ihr in den Weg kommt, bewegt sich auf die Erde zu. Die Enterprise ist das einzige Raumschiff in der Nähe und wird auf einen Abfangkurs geschickt. Das Kommando übernimmt der mittlerweile zum Admiral beförderte James T. Kirk, sehr zum Leidwesen des eigentlichen Captains Will Decker. Nachdem diejenigen aus der alten Crew, die nicht mehr an Bord waren, eingesammelt wurden, macht man sich auf den Weg, um herauszufinden, was es mit der fremden Macht auf sich hat…
Vorweg ein paar Worte zur Entstehungsgeschichte: 1969 war „Raumschiff Enterprise“ nach nur drei Staffeln und ständig schlechter werdenden Quoten eingestellt worden. Das war aber keineswegs das Ende, denn das verantwortliche Studio Paramount Pictures verkaufte die Serie an private und lokale Sender in den ganzen USA. Die nahmen sie mit Handkuss und spielten sie teils zur besten Sendezeit, was letztlich den Erfolg brachte, der der Erstausstrahlung versagt geblieben war. Und mehr als das: „Star Trek“ begann, sich zum gigantischen Kult entwickeln und fand schnell auch ein internationales Publikum. Dieser späte und unerwartete Durchbruch brachte Paramount schließlich dazu, laut über die Zukunft eines Franchise, das man eigentlich schon aufgegeben hatte, nachzudenken.
Zeitdruck allenthalben.
Der erste Versuch einer Fortsetzung war die eingangs erwähnte Zeichentrick-Serie (bei uns bekannt als „Die Enterprise“, zur besseren Unterscheidung von der späteren Prequel-Realserie „Enterprise„ aber meist „The Animated Series“ genannt). Die wurde zwar vom Original-Cast eingesprochen, stieß aber dennoch auf wenig Interesse beim Publikum und wurde 1974 nach nur 22 Folgen abgesetzt. Überlegungen, es danach mit einem Realfilm zu versuchen, wurden zunächst verworfen und man entschied sich, es mit einer weiteren Realserie zu probieren. Die Arbeiten für „Star Trek: Phase II“ sollten 1977 beginnen, was auch passierte (übrigens ohne Spock-Darsteller Leonard Nimoy, der keine Lust mehr auf die Rolle und sich obendrein mit Paramount überworfen hatte). Kurz, bevor es tatsächlich mit dem Dreh losgehen sollte, revidierten die Studio-Bosse ihre Meinung erneut und kündigten im März 1978 – wohl ermutigt durch den Erfolg von „Star Wars“ – den ersten „Star Trek“-Kinofilm an (mit Nimoy, den man mutmaßlich mit einer stattlichen Gage und der Aussicht auf Kino-Ruhm geködert hatte). In ihrer unermesslichen Weisheit buchten sie auch gleich die Kinos, die Premiere musste daher unter allen Umständen am 7. Dezember 1979 stattfinden.
Der Zeitdruck war also von Anfang an enorm und es gab – neben vielen kleinen – zwei ganz große Sorgenkinder: Das Drehbuch und die Spezialeffekte. Für ersteres wurde das Skript des für „Phase II“ geplanten Pilotfilms in höchster Eile adaptiert. Glaubt man den Gerüchten, ging das soweit, dass die Schauspieler:innen teilweise erst am Set erfuhren, was in der für diesen Tag gültigen Version des Drehbuches stand. Was die Special Effects betrifft, musste man selbstverständlich kleckern und nicht klotzen, denn man wollte in dieser Hinsicht keinesfalls das Nachsehen gegenüber „Star Wars“ (oder auch „Alien“, der früher im Jahr 1979 erschienen war) haben. Leider war die Firma, die dafür engagiert worden war, heillos überfordert, was aber fatalerweise erst sehr spät bemerkt wurde. Die Folge: Auch hier mussten massive Verzögerungen hingenommen werden.
So kam es, wie es kommen musste: Der eigentlich sehr erfahrene Regisseur Robert Wise hatte keine Chance mehr, sein Werk so zu schneiden, wie er es ursprünglich geplant hatte; er schaffte es gerade noch, eine einigermaßen vorzeigbares Produkt abzuliefern, sah das Ergebnis aber selbst immer eher als Rohfassung und nie als fertigen Film. Der Legende nach brachte er die noch feuchten Filmrollen persönlich wenige Minuten vor der Premiere im Kino vorbei. Zufrieden war mit diesem Ergebnis keine:r der Beteiligten, dennoch sei an dieser Stelle erwähnt, dass „Star Trek: Der Film“ kein finanzieller Misserfolg war: Der Film spielte weltweit an die 140 Millionen Dollar ein, inflationsbereinigt deutlich mehr, als jeder seiner Nachfolger mit Ausnahme des ersten J. J. Abrams-Reboots (2009). Dass Paramount dennoch nicht zufrieden war, lag an den Kosten von 44 Millionen Dollar, ein auch nach modernen Maßstäben ausgesprochen üppiger Betrag (der sich übrigens auch draus erklärt, dass dem Film ein großer Teil der für die Pre-Production von „Phase II“ angefallenen Kosten zugerechnet wurde, warum auch immer). So kam es, dass das Werk als Flop verbucht wurde, was schließlich darin gipfelte, dass „Star Trek“-Schöpfer und Produzent Gene Roddenberry in Ungnade fiel.
So viel zum überaus chaotischen, aber auch sehr interessanten Hintergrund; dass ich um diesen weiß, habe ich übrigens dem Podcast „Trek am Dienstag“ zu verdanken, der mich überhaupt erst dazu gebracht hat, mir a) den Film wieder anzusehen und b) über die Entstehungsgeschichte nachzudenken. An dieser Stelle daher eine ausdrückliche Hörempfehlung!
Eine laaaange Folge „Raumschiff Enterprise“.
Das waren jetzt recht umfangreiche Ausführungen, die ich aber als notwendig erachte, um das Gesehene besser einordnen zu können. Freilich schützt das den Film vor einer inhaltlichen Kritik – und zu der komme ich nun endlich, beginnend mit der Handlung. Wie erwähnt, haben wir es mit einer Geschichte zu tun, die ursprünglich als Pilot zu einer TV-Serie geschrieben worden war. Und das merkt man allen Ecken und Enden… Nicht falsch verstehen: Grundsätzlich ist schon interessant, was hier passiert, es ist allerdings nichts, was für einen abendfüllenden Spielfilm, von dem man eine gewisse Tiefe erwartet, ausreicht. Dafür ist mir die Handlung schlicht und einfach zu dünn bzw. zu wenig ausgearbeitet. Übrigens wird hier ein Thema behandelt, das so ähnlich schon in der „Raumschiff Enterprise“-Folge „Ich heiße Nomad“ (Staffel 2, 1967) aufgegriffen worden war. Gerade dadurch wird umso deutlicher, wie kompakt die Serie ihre Geschichten dargestellt hat – eine Eigenschaft, die dem Film aus genannten Gründen fast völlig abgeht.
Und hier kommen wir zur anderen Seite der Medaille: Die Spezialeffekte, die einerseits überaus gelungen und nach wie über jeden Zweifel erhaben sind (sieht man von einer gewissen psychedelischen Ästhetik ab, die man heute wohl nicht mehr so bringen würde). Für die Spannung und den Unterhaltungswert des Films sind sie andererseits jedoch Gift: Fast wirkt es, als hätte man entweder so viel wie möglich davon in die Endfassung aufnehmen müssen, um Publikum und das geldgebende Studio nachhaltig zu beeindrucken. Mag auch sein, dass nur so die gewünschte Laufzeit von gut zwei Stunden erreichbar war – oder es war eine Kombination aus beidem, gepaart mit dem Zeitmangel, der es z. B. nicht zuließ, zusätzliche Charakter-Szenen zu drehen. So oder so: Gerade durch den ausufernden Einsatz der Effekte – ich spreche vor allem von den berühmt-berüchtigten Flügen in die Wolke, die man nur als „langatmig“ bezeichnen kann – fällt auf, wie wenig sonst im Film passiert.
Zu den Charakteren ist zu sagen, dass interessante Geschichten, beispielsweise um Spock, der seine menschliche Seite immer mehr zu akzeptieren scheint oder Kirk, der eine Art Midlife-Crisis durchlebt (und dessen Rolle kaum noch mit seiner ursprünglichen Ausrichtung in Einklang zu bringen ist), nicht so richtig auserzählt werden. Das hat mithin vielleicht auch mit der optischen Pracht zu tun, die fast alles andere in den Hintergrund drückt. Dabei wäre es bitter nötig gewesen, die Figuren (neu) zu erklären: Es gab vor diesem Film 10 Jahre lang kein nennenswertes „Star Trek“. Für das Publikum waren die Charaktere also nach wie vor so, wie sie 1969 abgetreten waren. Der Kinofilm zeigt uns aber ganz andere Figuren, die älter geworden sind und sich auseinander gelebt haben. In diesem Zusammenhang muss man auch bedenken, dass die Serie kaum Charakter-Entwicklung kannte, es wurde ja praktisch nach jeder Folge ein Reset durchgeführt. Und hier gibt es dann eine sichtlich gealterte Crew zu sehen, die nicht nur untereinander, sondern auch vom Publikum entfremdet daher kommt. Heute würde man das das Schicksal unserer Held:innen in den Jahren zwischen Serie und Film vermutlich mit einer Romanreihe erklären, die das Publikum vor Genuss des Films „abholen“; daran war 1979 freilich noch nicht zu denken.
Positives und Fazit.
Trotz dieser doch recht herben Kritik gibt es auch Positives zu berichten. So ist „Star Trek: Der Film“ beispielsweise technisch gut gemacht: Die Spezialeffekte habe ich erwähnt, hinzu kommen der hervorragende Soundtrack, die starke Dialogregie und die tolle Kameraarbeit inklusive Bildkomposition. Führt man sich oben beschriebene Entstehungsgeschichte vor Augen, ist es umso beeindruckender, wie wenig man filmtechnisch an diesem Werk auszusetzen findet. Doch auch das macht es noch einmal auffälliger, wie sehr die Hintergrundgeschichte unter Wert verkauft wird. Und man kommt nicht umhin, sich zu fragen, was wohl gewesen wäre, hätte man über ein einem solchen Mammutprojekt angemessenen Zeitrahmen verfügt. Dem war leider nicht so und daher müssen wir – ich wiederhole mich – mit einer stellenweise unerträglich aufgeblasenen Handlung, die halt nur für eine Folge einer TV-Serie reicht, vorlieb nehmen.
Ein Sidestep noch zu Technik und Ausstattung: Meine Erinnerung an den Film vor diesem Rewatch war das Gefühl eines ausgesprochen finsteren Werks. Nicht in inhaltlicher Hinsicht (wobei die Story auch eher düster daher kommt), sondern im wahrsten Sinne des Wortes: Innen- und Außenaufnahmen schienen mir damals dermaßen mangelhaft ausgeleuchtet, dass mir allein dadurch viel an Unterhaltung vergällt wurde. Ob das daran liegt, dass es im heimischen Wohnzimmer zu hell war? Ich weiß es nicht, bei meiner jüngsten Visite auf der Enterprise ist mir dieses Problem allerdings nicht untergekommen. Was mir die neuerliche Sichtung aber bestätigt hat: Die Uniformen, die die Crew hier trägt, sind mit die schlimmsten Klamotten im gesamten SciFi-Genre. Unglaublich.
Nun bleibt noch die Frage zu beantworten, ob ich diesen Film letztlich mag. Schwierig, sagen wir es vielleicht so: Ich habe es nicht bereut, ihn endlich mal wieder gesehen zu haben, fand ihn sogar deutlich besser, als ich ihn in Erinnerung hatte. Wiederholen werde ich dieses Erlebnis in nächste Zeit jedoch nicht, denn ich muss offen und ehrlich zugeben, dass mir „Star Trek: Der Film“ einfach zu anstrengend ist. Er ist nicht nur lang, sondern wirkt künstlich in die Länge gezogen; da hilft auch die durchaus brauchbare Inszenierung diverser Szenen und Dialoge wenig. Gleichzeitig fehlt es weitgehend an Action, alles wirkt sehr langsam und behäbig. Das wäre kein Problem, wenn man hier ein ordentliches Drama erleben würde – doch auch das ist aus meiner Sicht nur bedingt der Fall. Klar, es geht um das Älterwerden, um menschliche Gefühle und um die Erneuerung alter Freundschaften, die nicht gepflegt wurden. Leider wird das alles nicht sonderlich tiefgehend behandelt, man hat ständig das Gefühl, das etwas fehlt. Apropos „fehlt“: Dem Film geht meines Erachtens außerdem zumindest ein kleines Quäntchen Humor ab. Nicht, dass ich gerne Slapstick gesehen hätte, aber das hier ist schon unglaublich ernsthaft, was dem Ganzen angesichts seiner inhaltlichen und optischen Schwere gar nicht guttut und eigentlich auch völlig untypisch für „Star Trek“ ist.
Sollte man sich den Film also ansehen? Ja, ich denke, das kann und sollte man durchaus tun, jedenfalls wenn man generell etwas mit dem „Star Trek“-Franchise anfangen kann. Ich fand und finde es schön, dass man hier Charaktere sieht, die im Vergleich zur TV-Serie gereift sind und die sich entwickelt haben. Sie passen so viel besser auf die große Leinwand – es ist nur ewig schade, dass man uns so wenig von dieser Entwicklung zeigt. Im Gegensatz zu den folgenden Filmen, die in praktisch jeder Hinsicht besser sind – und vielleicht ist das auch ein Verdienst dieses Films: Es wurde Erfahrung gesammelt, die bei der Inszenierung einiger echter „Star Trek“-Klassiker helfen sollte. Das hilft vorliegendem Werk freilich nur bedingt, weswegen es punktemäßig bei mir nur für eine Durchschnittswertung reicht.
Gesamteindruck: 3/7
Originaltitel: Star Trek: The Motion Picture.
Regie: Robert Wise
Drehbuch: Harold Livingston
Jahr: 1979
Land: USA
Laufzeit: ca. 130 Minuten
Besetzung (Auswahl): William Shatner, Leonard Nimoy, DeForest Kelley, James Doohan, George Takei