FestivalWelt: Midgardsblot 2016

Datum: 18. bis 20. August 2016
Location: Borre, Vestfold, Norwegen
Festival: Midgardsblot Metalfestival 2016
Bands: 14, national & international
Publikum: 1.000
Ticketpreis: 1.450 Kronen (ca. 145 Euro) (Festivalpass)


Willkommen in Midgard.

Vorgeschichte

Man lernt nie aus: Als man mich im Vorfeld fragte, auf welches Festival ich gehe, sagte ich ganz naiv: „Midgardsblot“. Mit „o“, so wie man es schreibt. In Wirklichkeit sagt man auf norwegisch aber „Midgardsblut“. Mit „u“, so wie beim roten Körpersaft. Und das macht – zumindest was Festival-Tag 1 betrifft – durchaus Sinn. Aber dazu später mehr.

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Oslo: Black Metal!

Der Besuch beim Midgardsblot Metalfestival war jedenfalls von langer Hand geplant. Ist auch notwendig, wenn man so ein Event in einem Land, dessen Sprache man nicht spricht (wobei ich sagen muss, dass man auch so recht viel versteht) und von dem man weiß, dass alles extrem teuer ist, besucht. Schnell war auch klar: Geschlafen wird im Hotel, die Erfahrungen von Wacken:Open:Air (speziell 2016 und 2010) und Kaltenbach Open Air (2015), die beide ebenfalls im August stattfinden, haben eindrucksvoll gezeigt, wie kalt es selbst in südlicheren Gefilden
als Norwegen im Hochsommer werden kann. Nimmt man noch das norwegische Wetter mit seiner hohen Regenwahrscheinlichkeit hinzu, war die Entscheidung nicht schwer zu treffen. Jedenfalls kam man nach längerer Reise (ein paar Tage in Bergen, eine lange Zugfahrt mit der – sehr empfehlenswerten – Bergensbanen, ein Tag in Oslo) schließlich wohlbehalten in Horten an, wo das Hotel war. Bis nach Borre, wo das Midgardsblot über die Bühne ging, war es dann noch eine kurze Busfahrt, die wir natürlich jeden Tag hinter uns bringen mussten.

Donnerstag, 18. August 2016

Vor Ort dann das erste Beschnuppern des Geländes. Das Festival findet direkt am Oslofjord im Borre Nationalpark, in dem sich auch das Besucherzentrum „Midgard“ (freier Eintritt für Festivalbesucher!) befindet, statt. Eine ideale Umgebung – nicht nur wegen der schönen „Gildehallen“, die als Gemeinschaftsraum, Ort für Seminare und Workshops undauch Bühne für Mitternachtskonzerte in kleinem Rahmen fungierte, sondern auch weil der Park eine Vielzahl an Hügelgräbern aus der Wikingerzeit enthält. Perfekt. Zum Festival gehört neben einigen Ständen (wenig Bandmerchandise, mehr Kunsthandwerk u. ä.) auch ein Wikingerdorf, in dem diverse Krieger ihr Lager aufgeschlagen hatten. Ähnlich den bei uns üblichen Mittelalterfesten waren dort (so weit ich das beurteilen kann) authentisch Gewandete und Bewaffnete Gestalten am Werk, die zwischen den Konzerten und auch tagsüber zu Showkämpfen antraten, Spiele veranstalteten und sich mit den Besuchern austauschten. All das allerdings bei weitem nicht so aufgesetzt, wie das bei genannten Mittelalterfesten oft der Fall ist – in Midgard wirkte das tatsächlich authentisch und von Herzen kommend. Die Norweger scheinen einfach eine Ader und ein grundlegendes Verständnis dafür zu haben.

Feierlich: Das Blót.

Bands waren am Donnerstag noch keine am Start. Dafür hatten sich die Veranstalter für alle Besucher mit 3-Tages-Pass etwas ganz Besonderes ausgedacht: Das Festival wurde durch ein „Blót“ eröffnet. Eigentlich war geplant, dass diese Zeremonie in der Gildehallen stattfinden sollte – allerdings hatte man wohl nicht mit so großem Besucherinteresse gerechnet, weswegen das Blót kurzerhand auf die Wiese vor der Halle verlegt werden musste. Zum Glück gab es keinen Regen… Was beim Blót passierte, ist schwer in Worte zu fassen. Das Duo Folket Bortafor Nordavinden, lud ein, den alten Göttern, allen voran Odin, Freyja und Thor, zu huldigen. Das passierte mit Trommeln, mit Gesang, mit leidenschaftlichen Vorträgen aus den Sagas und …mit Blut. Ja, mit echtem Blut, vermutlich von einem der Lämmer, die sich bereits auf dem Spieß drehten. Der Großteil, vor allem aber das Ende des Blót, war, obwohl recht viele Leute dabei waren, eine sehr persönliche Erfahrung. Sehr viel kann man darüber eigentlich gar nicht berichten – es reicht zu sagen, dass dadurch tatsächlich eine Art von spiritueller Zusammengehörigkeit zwischen meist völlig fremden Menschen geschaffen wurde – das mag jetzt lächerlich oder übertrieben klingen, aber es ändert nichts daran, dass man zu diesem Zeitpunkt tatsächlich so fühlte. Übrigens war es nicht so, dass die Verantwortlichen so taten, als wäre dieses Blót genau so, wie es auch die alten Wikinger gemacht haben; von Anfang an wurde klar gestellt, dass niemand weiß, wie es damals wirklich abgelaufen ist und man sich daher auch Inspirationen von anderen Kulturen holen musste. Das tat der insgesamt sehr feierlichen Stimmung jedoch keinen Abbruch, auch wenn ich lieber gesehen hätte, wenn ein paar Personen weniger anwesend gewesen wären. Aber eigentlich logisch, dass jeder dabei sein wollte.

Nach diesem Ereignis hörte man noch ein wenig DJ-Musik (hauptsächlich wurde Folk, auch ein bisschen Pagan- und Black Metal gespielt), trank jede Menge Bier und lernte nette Leute aus der ganzen Welt kennen. Irgendwann war es dann Zeit für den Shuttle-Bus und wir fuhren ins Hotel – um einige denkwürdige Erfahrungen reicher.

Freitag, 19. August 2015

Die Nacht im Hotel war angenehm, auch wenn ich leises Bedauern spürte, den restlichen Abend am Festivalgelände bzw. Campingplatz verpasst zu haben. Andererseits war die Reise bis zum Midgardsblot lang und anstrengend gewesen, von daher war man extrem müde und froh, ein Bett zu haben. Nach dem Frühstück und einen Abstecher nach Åsgårdstrand (!), wo das Ferienhaus von Edvard Munch zu besichtigen ist, ging es wieder zum Festival. Dort angekommen stand gerade die erste Band auf der Bühne: TROLLFEST. Ich weiß nicht, ein Freund dieser Truppe werde ich wohl nie, lediglich das als Rausschmeißer gespielte „Solskinnsmedisin“ finde ich persönlich gut. Dem Publikum, das zu dieser Zeit allerdings noch eher spärlich vertreten war, schien es dennoch zu gefallen, sodass auch die Band ihren Spaß hatte. Wobei, kann man den verrückten norwegischen Trollen den Spaß überhaupt nehmen? Ich glaube nicht.

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Isländisch: Skálmöld

Nach den „Viking Battles“, die ebenfalls vor der Bühne stattfanden, gab es die erste ernstzunehmende Band: SKÁLMÖLD, der neben SÓLSTAFIR aktuell wohl heißeste musikalische Export aus Island, gaben sich die Ehre. Ich hatte die Männer von der Insel erst wenige Wochen zuvor bei den MetalDays (Slowenien) erlebt – und muss sagen, dass mir der Auftritt in Norwegen ein ganzes Stück besser gefallen hat. Vor allem soundtechnisch – der Mann am Mischpult machte, ganz im Gegensatz zum Gig in Slowenien, diesmal alles richtig. Klar, transparent, druckvoll – nur so kann man die Feinheiten der leicht merkwürdigen musikalischen Mischung der isländischen Truppe richtig erkennen. Hat mir tatsächlich sehr gut gefallen und unter diesen Umständen würde ich die Band, die ich bisher eher beiseite gelassen habe, jederzeit weiter empfehlen.

Cyborgs: Inquisition

Nach diesem großteils durchaus partytauglichen Sound, folgte ein unglaublicher Kontrast. Das 2-Mann-Abrisskommando INQUISITION ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass man mit Hörnern, Met und Feierlaune nichts am Hut hat. Das tat der Stimmung dennoch keinen Abbruch – das kolumbianische Duo Dagon (v, g – Stimme erinnert irgendwie an eine Art Cyborg) und Incubus (d) durften sich über enormen Zuspruch freuen. Ob sie es taten, zeigten sie – genretypisch – freilich nicht. Festzuhalten bleibt: „Force of the Floating Tomb“ vom 2013er Meisterwerk „Obscure Verses For The Multiverse“ ist einfach ein grandioser …ähem… Hit.

Auf dieses Inferno folgten mit ENSLAVED etwas ruhigere Zeitgenossen. Dachte ich zumindest – in Wirklichkeit feiern die Norweger aktuell ihr 25-jähriges Bandjubiläum. Und das alles andere als leise, denn die Songauswahl umfasste lediglich Liedgut bis zum 2004er Album „Isa“. Eine schöne Show, auch wenn mir persönlich der Zugang zu dieser Band ein wenig fehlt. Vor allem die Songs „Convoys To Nothingness“ und „The Crossing“ sind mir allerdings in äußerst positiver Erinnerung geblieben. Wird Zeit, dass ich mich mal näher mit der Musik der norwegischen Urgesteine befasse.

ENSLAVED-Gitarrist Ivar Bjørnson konnte man gleich im Anschluss noch einmal auf der Bühne bewundern: Das vornehmlich aus ihm und Einar Selvik (WARDRUNA) bestehende Projekt SKUGGSJÁ war der letzte Act des Abends. Natürlich traten die beiden nicht allein vor das Publikum – von ENSLAVED waren neben ihrem legendären Gitarristen auch mit Sänger/Bassist Grutle Kjellson und Drummer Cato Bekkevold am Start, dazu noch eine Anzahl an Gastmusikern und Sängern an verschiedensten Instrumenten. Eine merkwürdige musikalische Mischung wurde dargeboten – traditionelle Instrumente und Schamanen-artiger, teils aus dem Kehlkopf stammender Gesang, Metal-Riffs, ein paar klassische Instrumente und Black Metal-artiges Gekeife vermengten sich zu einem hypnotischen Gesamtwerk, das das Publikum vollkommen in seinen Bann zog. Und das, obwohl ein großer Teil der Fans (ich selbst eingeschlossen) eher dem Metal als solch experimentellen Klängen zugeneigt schienen. Eingängig oder irgendwie fassbar und strukturier klang das alles in meinen Ohren auch nicht – aber dennoch weit davon entfernt, schlecht zu sein. „Anders“ ist wohl das richtige Wort, anders, aber nicht fehl am Platz, sondern wie eine Symbiose aus Neuem und Altem, etwas, das genau für diese Gelegenheit gemacht worden war.

Samstag, 20. August 2016

Der Abschlusstag des Midgardsblot war der Tag, auf dem ich mich aus rein musikalischer Sicht am meisten gefreut hatte, versprach er doch das metallischste Programm. Leider spielte das Wetter nicht ganz mit, es gab immer wieder kurze Regenschauer und es war ungemütlich frisch. Schade, das Festival hätte sich einen angenehmeren Abschluss verdient gehabt – aber andererseits war das richtig und typisch norwegisch. Passt schon so. Nach einer geführten Tour durch die hiesigen Hügelgräber (ebenfalls gratis für Festivalbesucher!) ging es wieder kurz ins Wikinger-Dorf, danach zur Bühne. Die Führung hatte übrigens länger als geplant gedauert, sodass wir die Damen von L.E.A.F. verpassten. Nicht so schlimm, deren Musik passte zwar recht gut zum Festival, nicht aber zu mir. Als nächstes kamen die so passend benannten BLOT dran. Deren Melange aus Black Metal mit vielen Folk-Elementen gefiel sehr gut. Denn auch wenn es viele Bands in diesem Spektrum gibt, konnte man den Norwegern, deren Debüt „Ilddyrking“ erst 2015 erschienen ist, ihre Professionalität anhören und -sehen. Als grober Referenzpunkt mögen die Holländer ONHEIL dienen, auch wenn die thematisch natürlich völlig anders gelagert sind. „Ilddyrking“ und „Fimbulwinter“ waren 2 Nummern, die mir besonders positiv im Gedächtnis geblieben sind und die ich jedem ans Herz legen kann, der seinen Metal angeschwärzt und melodisch haben möchte.

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Gut bewacht: Kirkebrann

Weiter ging es ziemlich „trve“, nämlich mit KIRKEBRANN. Die norwegischen Black Metaller aus der Gegend (Vestfold) gaben sich alle Mühe, aber mir – und wohl auch einem beträchtlichen Teil des Publikums – war das zu plakativ. Macht normalerweise nichts, aber auuh musikalisch war das, was die Kalkfressen boten, ziemliche Standardkost, die die Möchtegern-Brandstifter (als „Bühnenbild“ säumten Benzinkanister die Monitor-Boxen) da ablieferten. Nichts, was man nicht so oder so ähnlich schon x-Mal gehört hätte. Sehr gut war allerdings der Sound, wie sowieso das ganze Festival über. Und auch optisch ließ die Truppe nichts anbrennen, aber das allein reicht halt nicht mehr. Und es ist auch nicht hilfreich, wenn der Frontmann von den ausbleibenden Publikumsreaktionen angepisst ist, das Mikro hinschmeißt und dann erst von den anderen Bandmitgliedern wieder raus gebeten werden muss, um wenigstens noch einen Song zu spielen. Wenn das ein Marketing-Gag gewesen sein soll: umso schlimmer.

KIRKEBRANN waren übrigens die einzige Band des Festivals, die mich ein wenig enttäuscht hat. Nach deren Auftritt folgte vor der Bühne noch einmal Wikinger-Schlachtengetümmel, bevor es musikalisch sehr düster wurde. HAMFERƉ von den Färöer Inseln spielen alles andere als Schunkelmusik. Die wie immer in schwarze Anzüge gekleidete Band zelebriert extrem schwerfälligen, stoischen Doom Metal und berichtet alte Geschichten von verschwundenen Seemännern. Sehr intensiv, diese Band – auch, wenn sie in Clubs (und ohne Tageslicht) noch wesentlich ergreifender sind. Gefallen hat mir die Show dennoch, auch wenn ich glaube, dass das eher Musik für die Kopfhörer ist und sich nicht so sehr für die Darbietung auf einem Open Air Festival eignet. Gleich im Anschluss wurde es jedoch wieder wesentlich fröhlicher und tanzbarer: MÅNEGARM aus dem Nachbarland Schweden zweigten sich in bester Spiellaune, was vom Publikum auch ordentlich honoriert und gefeiert wurde. Tatsächlich waren die Schweden für mich persönlich das bisherige Highlight des Festivals. Jede (!) Nummer, die sie spielten, war einfach nur grandios. Am besten gefielen mir das galoppierende „Nattsjäl, drömsjäl“ (wie geil ist der Song?!), die Hymne „Odin Owns Ye All“ und das getragene „Hemfärd“ (sehr passend zu der Band, die vor MÅNEGARM auf der Bühne war). Einfach nur gut, was hier geboten wurde und Grund genug, mich endlich mal näher mit dieser Gruppe zu beschäftigen.

Auf das erste Highlight folgte gleich das nächste. MELECHESH, ursprünglich aus Jerusalem, brachten eine für den hohen Norden etwas exotisch anmutende Variante aufs Tapet. Deren Black/Death Metal ist nämlich mit einigen Melodien des Mittleren Ostens versehen – was im Wikingerland ein wenig befremdlich wirkte. Nach kurzer Schockphase war das Publikum allerdings bereit für die brachiale Soundwand, die das Quartett um Sänger/Gitarrist Melechesh Ashmedi abfeuerte. So zugänglich hatte ich die Veteranen (Bandgründung: 1995) gar nicht in Erinnerung – auch hier führte die gute Show dazu, dass ich fest vorhabe, mich mal eingehend bei der Band zu einzuhören.

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Trve: Tsjuder

Das dritte Highlight im Bunde genoss ebenfalls Veteranen-Status: Die Osloer Formation TSJUDER (gegründet 1993) zeigte Jungspunden wie KIRKEBRANN, was „trve“ wirklich bedeutet. Immer wieder unglaublich, welch ein Inferno ein solches Trio entfachen kann. Besonders beeindruckend: Abwechselnder und gedoppelter Gesang von Bassist/Frontmann Nag und Gitarrist Draugluin. Da war einfach eine wahnsinnige Power dahinter, die ich so nicht erwartet hatte. Die Songauswahl war ebenfalls sehr gut (Highlights: „Ghoul“, „Demonic Supremacy“ und das als Rausschmeißer gespielte BATHORY-Cover „Sacrifice“), sodass man mit Fug und recht sagen kann, dass der Black Metal-Thron beim Midgardsblot nur an TSJUDER gehen kann – noch vor den ebenfalls großartigen INQUISITION.

Aus war das Festival nach dieser energiegeladenen Show allerdings noch nicht. Nach einer längeren Umbaupause (während der es wie aus Eimern zu schütten begann, was sich an diesem Abend leider nicht mehr ändern sollte) hatte Einar Selvik seinen zweiten Auftritt. Bot man mit SKUGGSJÁ am Vorabend noch eine Mischung aus Wikinger-Zeit und Moderne, regierte bei der nun folgenden Show von WARDRUNA vollkommen das Alte. Das offenbarte schon der erste Blick auf die Bühne: E-Gitarre, Bass und Keyboard suchte man vergeblich. Das „Schlagzeug“ sah vorsintflutlich aus, dazu gab es eine Auswahl an merkwürdigen Instrumenten, die ich abgesehen von der unserer Violine recht ähnlichen Hardangerfiedel nicht einmal hätte benennen können. Immerhin gab es elektronische Mikrofone.

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Intensiv: Wardruna

Sogar mehr noch als am Vorabend bei SKUGGSJÁ ist es mir praktisch unmöglich, zu beschreiben, was bei WARDRUNA zu hören war. Der Gesang, hauptsächlich von Selvik und Sängerin Linda Fay Hella vorgetragen, oft aber auch im Chor mit der ganzen Truppe (ich glaube es waren mindestens 7 Leute auf der Bühne, zwischendurch sangen sogar einmal die beiden Kinder von Selvik mit), war mal schamanisch-betörend, mal eher wie Sprechgesang mit plötzlichen, lauteren Ausbrüchen. Dazwischen immer wieder so etwas wie der schon vom Vorabend bekannte Kehlkopfgesang. All das war untermalt vom Klang der alten Percussion-, Streich-, Zupf- und Blasinstrumente.Schade übrigens, dass Co-Bandgründer Gaahl (GOD SEED, ex-GORGOROTH) nicht am Start war. Ich könnte jetzt – abgesehen vom finalen, verhältnismäßig eingängigen „Helvegen“) nicht einmal sagen, wie die Stücke hießen. Unabhängig davon hatte man ständig das Gefühl, dass hier etwas Großes passierte, wie auch der Blick in die Runde zeigte. Trotz strömendem Regen war es vor der Bühne gesteckt voll, die Leute beobachteten wie gebannt das Geschehen, manche wirkten regelrecht hypnotisiert, wenn sie sich im Takt zu wiegen begannen. Ich weiß nicht, wie es bei den Wikingern wirklich war – aber man kann sich zumindest vorstellen, dass es so oder so ähnlich gewesen sein könnte. Klar ist auch, dass man eine Ader für so etwas haben muss – eine Band wie TSJUDER, die primitiven, norwegischen Black Metal spielt, ist meines Erachtens einfacher konsumierbar als WARDRUNA. Merkwürdigerweise waren an diesem Abend trotzdem alle zufrieden und schienen – so sie keinen hatten – tatsächlich Zugang zur Welt von Einar Selvik gefunden zu haben. Der Sänger bedankte sich dann auch gebührend und schien sichtlich gerührt.

Als die Show zu Ende war und die Musiker sich verbeugt hatten, blieben viele Zuschauer noch wie betäubt stehen. Wir vorerst auch, bis sich, merkwürdig langsam, die Kälte durch die tropfnassen Klamotten schlich. Das war das Zeichen zum Aufbruch – wenn es nicht geregnet und wir nicht dermaßen durchnässt gewesen wären, wäre ich gern noch geblieben und hätte dieses Erlebnis mit den anderen in der Gildehallen geteilt. So war man aber froh über den Shuttlebus und den dadurch recht kurzen Weg ins Hotel. Am nächsten Tag ging es schließlich an die lange Heimreise.

Ein paar Verbesserungsvorschläge…

Frei von Kritik ist natürlich auch das Midgardsblot nicht – ganz normal, vor allem, wenn man bedenkt, dass 2016 erst die zweite Ausgabe stattfand. Kinderkrankheiten sind da üblich, obwohl ich mir gar nicht sicher bin, dass es solche waren. Zwei Punkte möchte ich jedenfalls hervorheben:

  • 1.000 Festivalgäste und nur zwei Getränketheken – das kann nicht gut gehen. Ging es meist zwar trotzdem irgendwie, aber mehr als einmal wurden die Schlangen sehr lang. Auf Facebook war von Veranstalter-Seite zu lesen, dass ein Problem war, dass die Kreditkarten-Kassen offenbar nicht auf diesen Ansturm ausgerichtet waren und es daher immer wieder Probleme bei der Zahlung gab. Eventuell wurde also die Gästeanzahl und deren Durst doch ein wenig unterschätzt, was auch daran zu erkennen war, dass zumindest am Samstag Abend, wohl aber auch Donnerstag und Freitag (jeweils noch vor Mitternacht) gewisse Biersorten und andere Getränke nicht mehr verfügbar waren. Gleiches galt speziell am Samstag auch für das Nahrungsangebot, das stark ausgedünnt war. Und auch an Festivalmerchandise dürfte etwas zu wenig bestellt worden sein, weshalb ich selbst z. B. mit einem XXL-Hoodie statt dem gewünschten T-Shirt in L heimgehen musste.
  • Der zweite Punkt betrifft die Infrastruktur des Festivals und ist eigentlich vernachlässigbar. Dennoch sollte man sich von Veranstalter-Seite vor allem zwei Dinge überlegen: Mehr Toiletten (ein typisches Open Air-Problem) und eventuell ein zweites Zelt zum Unterstellen. Im Vergleich zu anderen Festivals war das Midgardsblot zwar großteils mit gutem Wetter gesegnet, wenn es aber regnete, wurde es gleichzeitig auch empfindlich kalt. Und dann keine Möglichkeit zum Unterstellen zu haben um zu verhindern, dass die Sachen komplett nass werden, ist nicht sonderlich gemütlich. Ein Zelt (immerhin mit Sicht auf die Bühne) gab es – wo auch die Theken untergebracht waren. Entsprechend voll war es  dort. Ansonsten war noch die Gildehallen warm und trocken, aber einerseits nicht groß, andererseits fanden dort tagsüber immer wieder (geschlossene) Veranstaltungen wie z. B. Bierverkostungen statt, sodass man sie nicht als Unterstand nutzen konnte. Vor der Halle gab es einiges an Bierbänken und -tischen, wenn dort ein Zelt aufgestellt worden wäre, wäre es perfekt gewesen.

Fazit: Mein erster Besuch beim Midgardsblot ist hoffentlich nicht mein letzter gewesen. Man kann den Veranstaltern nur ein Kompliment für dieses tolle Festival aussprechen – ein derartig familiäres und gleichzeitig intensives Open Air auf die Beine zu stellen, ist wahrlich nicht alltäglich. Die Location, die Bands, das Drumherum und – vor allem – die Besucher, waren einmalig. Als Gast muss man natürlich damit leben, dass die norwegischen Preise alles andere als günstig sind – das betrifft vor allem die alkoholischen Getränke. Wer es schafft, das auszublenden, kann dieses schöne Land und dieses einmalige Festival uneingeschränkt genießen.


Einen Bericht vom Midgardsblot 2015 kann man sich unten ansehen. Das fängt die Stimmung schon sehr gut ein, finde ich.


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FestivalWelt: Wacken:Open:Air 2016

Datum: 4. bis 6. August 2016
Location: Wacken, Schleswig-Holstein
Festival: Wacken:Open:Air 2016
Bands: ca. 180, national & international
Publikum: 75.000
Ticketpreis: 190 Euro (inkl. VVK-Gebühren, keine Abendkasse bzw. Tagespässe)


(Holy Wacken) Land unter.

Vorgeschichte

Man wollte eigentlich nicht mehr hin. Nach Wacken – dorthin, wo sie alle einmal gewesen sein müssen und auch die Jungen unbedingt einmal hin wollen, einfach, um dabei gewesen zu sein, einfach um mitreden zu können. Für mich waren zwei Mal eigentlich genug. Hatte ich gedacht. Aber eigentlich… hmmm… war es dann ja doch ganz lustig, bei den ersten zwei Besuchen. Und so kam im August 2015 eines zum anderen: Ein Kumpel, der bisher noch nie da war, wollte unbedingt hin (siehe oben!), die Erinnerung an den Spaßfaktor von 2010 und 2014 war immer noch da – also setzten wir uns wieder um Mitternacht vor den Rechner, um schnell noch eines der begehrten Tickets für das Wacken:Open:Air 2016 zu ergattern. Ich wiederhole: Anfang August 2015 war das. Vor über einem Jahr! Man kennt es ja mittlerweile. Ganz so schnell ging der Ausverkauf aber nicht von Statten, sodass wir relativ problemlos an unsere 7 Tickets kamen und die Nacht-und-Nebel-Aktion eigentlich für den berühmten „Hugo“ war.

Und dann begann wieder das lange Warten auf vernünftige Bands.

Tag 1 (Donnerstag, 4. August 2016)

Die Anreise war wie immer sehr ermüdend – Abflug in Wien um 07:15 Uhr, heißt, man ist gegen Mittag am Festival. Es geht also mit ordentlich Schlafdefizit los, aber da muss man halt durch. Abgesehen davon ist diese Art der Anreise (Flugzeug – Bus – Mietzelt) offenbar weniger mühsam, als mit dem eigenen Auto zu kommen, wenn man so liest, was bezüglich Wartezeiten, bis man auf den Platz darf, so auf Facebook stand. Der Zugang zum Campground vom Busterminal aus (bei A) war bei unserer Ankunft sogar noch Sneaker-tauglich, der Weg zur Zelt-Rezeption dann eher nicht mehr so, aber immer noch im Rahmen. An dieser Stelle war dann aber auch schon zu merken (bzw. zu riechen), dass das Festival wohl nicht ohne schweres Schuhwerk zu überstehen sein würde – es sei denn, es würde wirklich trocken und heiß werden.

Egal – in der Zeltrezeption eingechecked, Zelt eingerichtet und ab zur Wristband-Ausgabe. Alles reibungslos, schnell und bestens organisiert. Nur zu dumm, dass man die Metal-Bags nicht mit aufs Gelände nehmen durfte (ja, war vorher bekannt – gut war es trotzdem nicht gelöst). Der Weg zurück zum Zelt war nämlich ziemlich weit. Auf dem Weg vom und zum Wristband-Office wurde auch schnell klar, welche Bodenbeschaffenheit tatsächlich zu erwarten war. In den Senken und vor allem in der Nähe der Duschen war es wirklich katastrophal. Dass man das nach wie vor nicht in den Griff bekommt, ist mir einfach unverständlich.

Nachdem die Pflicht erledigt war, kam die Kür. Im Wackinger-Village schnell was zu essen abgegriffen (da gibt’s mE wirklich gute Sachen), dann ein nettes Plätzchen in der „Euterbar“ gefunden und erstmal diverese Biere geleert, während auf einer der großen Bühnen bereits SKYLINE und SAXON auftraten. Erstere waren ok, letztere hatten, zumindest kam es dort hinten so an, mit erheblichen Soundproblemen zu kämpfen. Dann nochmal kurz zum Zelt, nicht ohne diverse Zwischenstopps für Bier, dort ein wenig gerastet und – man glaubt es kaum – Bier getrunken, bis es dann Zeit für den Gang ins Infield war. Dort wartete bereits am späten Nachmittag ziemlich viel Matsch. Die Shows von FOREIGNER und vor allem WHITESNAKE waren trotzdem sehr gut. Kurz vor dem Headliner IRON MAIDEN gab es dann einen kleineren Regenschauer und der Boden wurde langsam aber sicher immer tiefer. Bei MAIDEN fing es dann so richtig zu schütten an und es bildeten sich diverse Seen, dadurch wurde das Gedränge auf den wenigen halbwegs trockenen/festen Stellen extrem ungangenehm. Zur Hälfte des Sets war es dann nicht mehr auszuhalten und wir gingen zurück, wo der Boden besser und weniger Leute waren. Bei diesen paar Schritten war schon zu merken, was für ein Spießrutenlauf die nächsten Abende warten würde, wenn der Boden so blieb. Schlammseen, dazwischen ein wenig härterer Boden, wo kaum ein Durchkommen war und immer wieder gefährlich tiefe Löcher, in die man einsank. Die Show von MAIDEN war gut, glaube ich, denn so langsam tat das viele Bier dann seinen Wirkung und macht die Erinnerung ein wenig dumpf. Beim Zelt war – im Gegensatz zu mir selbst – alles in Ordnung und trocken, immerhin etwas.

Tag 2 (Freitag, 5. August 2016)

Als ich mich gegen 07:30 Uhr fast komplett unverkatert aus dem Zelt gekämpft habe, hätte mir mein gefühlt recht guter Zustand gleich verdächtig vorkommen müssen. Aber erstmal freute ich mich, dass es mir vermeintlich gut ging und machte mich gemeinsam mit einem Kumpel auf den Weg zum Duschcamp und zum Frühstückszelt. Das Duschen verging mir fast, als ich den Zustand des Platzes vor der Dusche und dann auch den Zustand des Duschzeltes selbst sah. Pfui Teufel – vor allem der Gestank, den man kaum beschreiben kann. Waren die Duschen nicht mal größer mit mehr Ablagemöglichkeiten? Egal, ging trotzdem alles gut, Wasser war warm, lang warten musste man auch nicht, früher Uhrzeit sei Dank. Was dann jedoch passierte war weniger schön.

Im Kaffeezelt war schon eine lange Schlange, trotzdem stellte man sich an. Das nächste, was ich weiß, ist, dass ich plötzlich auf einer Bierbank saß, neben einigen Typen, die aussahen, als wären sie vom Vortag übrig geblieben. Kumpel hatte mich dort hingesetzt und sagte mir, dass ich plötzlich wie ein nasser Sack zusammengefallen wäre. Klassischer Schwächeanfall. Wenigstens war im Frühstückszelt der Boden nicht so schlammig… Ein kurzer Besuch im SaniZelt war die Folge, wo ich sehr gut und kompetent behandelt wurde. Zum Camp zurück ging es schon wieder zu Fuß (irgendwie merkwürdig, dass sie einen da nicht wieder hin bringen, sind ja doch die meisten nicht so gut beisammen, wenn sie mal zu den Sanis müssen und die Wege waren weit und matschig). Dort angekommen war der Tag erstmal gelaufen – im dem Sinne, dass ich erstmal nur Wasser/Cola trank, während die anderen gerade die erste Dose Becks öffneten (war ja doch schon halb 10 durch). Irgendwann ging es dann ins Dorf zum Metal Place, wo ordentlich gesoffen wurde (ich habe mich allerdings komplett rausgehalten). War recht amüsant, den Niedergang der Bande zu beobachten, jedoch fiel mir in meinem nüchternen Zustand umso mehr auf, dass die Playlist im Metal Place wohl maximal 30 Songs umfasst. Verstehe ich überhaupt nicht.

Ans erste Bier wagte ich mich dann am frühen Nachmittag bei einem Spaziergang durchs Dorf. War gar nicht mal so gut, insgesamt sollte ich mir an diesem Abend nur 4 oder 5 Biere gönnen, mehr war in meinem Zustand einfach nicht drin. Nach dem Metal Place ging es irgendwann zurück zum Zelt, wo weitergetrunken wurde und ich mir das Rumgesabbere und -getorkel meiner Mitcamper ansehen durfte. So sehen wir also für Außenstehende aus… Irgendwann bequemten wir uns dann doch noch ins Infield, weil einer aus der Truppe unbedingt BULLET FOR MY VALENTINE sehen wollte. Wie er die anderen Besoffskis dazu gebracht hat, weiß ich nicht. War aber eine gute Idee, ich hatte die Band irgendwann mal als „nicht tauglich“ abgetan und seither nie mehr gehört. War dann aber doch sehr geil, alles in allem. Danach versuchten wir die Party Stage zu erreichen – gar nicht so leicht, auf diesem Gelände. Besagte Stage war im Übrigen fast komplett abgesoffen, zumindest auf der linken Seite (Blickrichtung Bühne) war der Boden ein einziger See aus Matsch, teilweise knietief. HANSEN & FRIENDS haben wir uns trotzdem angesehen, war recht cool, vor allem die alten HELLOWEEN-Gassenhauer „Ride The Sky“, „Murderer“ und „Victim Of Fate“. Ganz verstand ich den Sinn der Sache zwar nicht, hat mir aber trotzdem sehr gut gefallen. Nur, dass der Sound von der Black Stage, wo gerade TARJA auftrat, empfindlich überlagert wurde, hat mich sehr gestört. Von besagter ex-NIGHTWISH-Sängerin haben wir uns dann auch noch die eine oder andere Nummer angeschaut, immerhin wollte man sich rechtzeitig für BLIND GUARDIAN eine halbwegs trockene Position suchen. Sehen muss ich die Opernsängern jedoch nicht mehr unbedingt.

Anders die Haudegen aus Krefeld. Hansi Kürsch war ausgezeichnet bei Stimme, die Setlist war gut – allerdings kannte ich das Ganze ohnehin schon vom MetalDays-Festival eine Woche vorher. War trotzdem nett, fertig angesehen haben wir uns den Gig aber nicht, das Gedränge war einfach zu groß und dass der Weg zurück gleichzeitig mit der Masse zu anstrengend werden würde, war auch absehbar. „The Bard’s Song“ verfolgten wir noch von außerhalb des Infields, dann ging es in die Heia. Der Weg zurück war wiederum katastrophal, vor allem im Bereich der Merchandise/Fressstände sowie am Ausgang war die Situation nicht viel besser als im verschlammten Infield.

Tag 3 (Samstag, 6. August 2016)

Neuer Tag, neues Glück? Ja, diesmal ging bei mir alles gut, keinerlei Verschleißerscheinungen feststellbar. Kaffee und Frühstück holen: Check! Gerade als wir gegen 10 (oder war es 11?) das erste Bier öffneten, öffnete gleichzeitig auch der Himmel seine Schleusen. Morgens war es noch schön gewesen, nun wurde es plötzlich zappenduster, so etwas habe ich noch nie gesehen. Es half nichts, man musste ins Zelt – die Durchsage über die Lautsprecher war in dem Prasselregen kaum zu verstehen, aber ich meinte zu vernehmen, dass die Leute in ihre Fahrzeuge geschickt wurden. Pech für uns – wir hatten natürlich keine. War aber dann doch nicht so schlimm und bald vorbei. Allerdings war das auch ein Vorbote, was uns an Bodenbeschaffenheit erwarten würde – sogar zwischen unseren Zelten und unter dem TARP stand einiges an Wasser, der Weg vom Busterminal zum Platz war ebenfalls sehr, sehr nass und der Graben neben unserem Zelt bedenklich voll.

Auf diesen Schock ging es nach den ersten zwei Dosen Becks erneut zum Metal Place, um sich halbwegs zu erholen. Wieder floss das Bier in Strömen (zwischendurch auch der Regen) – für mich, bis im Zelt MYRKUR aufspielten, eine Truppe, die meine Freundin unbedingt sehen wollte. War gut, sowohl Bier als auch Konzert (letzteres war sogar sehr gut besucht). Außerdem konnte ich feststellen, dass es in Wacken doch noch trockene Plätze gab. Das Zelt war ein Genuss – vor allem nach dem Weg dorthin – sowas wie zuerst beim Merch, dann im Wackinger Village (dort war es wirklich grausam!) habe ich noch nie gesehen. Nach MYRKUR sahen wir uns noch BORKNAGAR auf der Black Stage an, dann ging es zurück zum Metal Place, wo die anderen in einem teils erbärmlichen Zustand waren. Einer schlief am Boden, einer verabschiedete sich mit fahlem Gesicht Richtung Camp und zwei tanzten und gröhlten auf der Bühne (der, der zum Zelt ging, hat an diesem Tag übrigens keine Band mehr gesehen, dafür in unmöglicher Stellung am Campingstuhl geschlafen und dazwischen mal „ein bisschen“ gekotzt).

Auch ich stieg wieder gut ein, so gut, dass ich TRIPTYKON, die ich eigentlich sehen wollte, „vergaß“. STEAK NUMBER EIGHT waren dann im Zelt auf der Headbanger’s Stage die überraschende erste Band des Abends. Allerdings kamen wir eher spät, 2 Nummern wurden noch gespielt, die waren ganz ok, wenn ich mich recht erinnere. Anschließend gab es DAGOBA auf der benachbarten W.E.T. Stage – eine positive Überraschung, haben mir wirklich gut gefallen, die Franzmänner.

Wieder aus dem Zelt draußen hatte sich die Situation mit dem Matsch ein wenig verbessert, was aber relativ zu betrachten ist. Wir gingen dennoch zurück zu den großen Bühnen, weil dort TWISTED SISTER auftraten. Ein kurzer Blick von den Fressbuden in Richtung Infield sagte uns dann aber, dass wir dort auf keinen Fall mehr rein wollten – das sah gefährlich voll aus und zwischen den Leuten konnte man diverse Seen glitzern sehen. Nein, danke! Ein paar Songs sahen wir uns von hinten an, dann war aber bald Schicht im Schacht, der harte Wacken-Alltag hatte uns geschafft.


Fazit

Auch wenn sich das jetzt vielleicht anders gelesen hat: Wacken 2016 war lustig, Wacken 2016 war in Ordnung. Ich habe einmal mehr nicht sooo viele Bands gesehen, was meine eigene Schuld ist. Macht nix. Wobei ich allerdings schon bereue, dass ich mich nicht näher mit der Running Order der Zeltbühnen beschäftigt habe – da war einiges dabei, was mir gefallen hätte – auf trockenem Grund wohlgemerkt. Das ärgert mich tatsächlich, ist aber natürlich auch meine eigene Schuld. Vor allem hätte ich unbedingt BLIND GUARDIAN gegen 1349 tauschen sollen.

Wieder kommen werde ich auf absehbare Zeit nicht mehr – vielleicht war es sogar mein allerletztes Mal. Dafür gibt es zwei Hauptgründe: Erstens ist mir der ganze Spaß einfach zu teuer. Ich habe schon vor 2 Jahren (als ich letztmals in Wacken war) angemerkt, dass mir das Preis-Leistuns-Verhältnis nicht passt – dieser Eindruck hat sich für mich noch verstärkt. Das betrifft natürlich nicht nur das Festival, sondern auch die teure Anreise. A pro pos Anreise: Das ist der zweite Grund. Mir ist das einfach zu mühsam und anstrengend geworden. Simple as that. Früh aufstehen, hin fliegen, Bus fahren, Zelt halbwegs in Ordnung halten, weil man sonst nix mehr findet, wieder früh aufstehen, Bus erwischen, Flieger erwischen, heimkommen – alles sehr, sehr kraftraubend und nicht notwendig, wenn man eh Festivals in der Nähe hat. Ich gönne es allen, die noch Freude daran haben – bei mir ist die Euphorie vor Ort dann auch groß, aber nicht anders, als auf anderen Festivals. Auch wenn ich geneigt bin, das im Alkohol- und Freudenrausch zu vergessen.


Wacken 2016: Kritikpunkte und Lobeshymnen

– Matsch: Wacken ist doch 2015 komplett im Morast versunken – ich war zwar nicht da, könnte aber, nachdem was man an Fotos gesehen und von Augenzeugen gehört hat, nicht sagen, dass da irgendwas besser geworden wäre. Es war meiner Ansicht nach einfach ganz, ganz viel Glück, dass es diesmal nicht sooo viel geregnet hat. Dass es nicht/nur schwer möglich ist, das Infield in Ordnung zu halten, ist irgendwo sogar verständlich, auch wenn es doch mal geheißen hat, dort wären irgendwelche Drainagen verbaut. Wie auch immer: Hackschnitzel/Stroh o. ä. wurde nicht gestreut, oder? Das Infield war nämlich ein unglaublicher Sumpf, vor allem vor der Party Stage. Oder ist es nur dort aufgefallen, weil weniger Leute dort sanden? Wirklich unverständlich auch, dass es nach wie vor so gut wie keine (!) befestigten Wege gibt. Weder am Campingplatz, noch vor den Einlässen, noch beim Merchandise, noch vor dem Infield – überall nur Matsch, Matsch, Matsch. Am schlimmsten (nach dem Infield) bei den Duschzelten, wo sich teilweise richtige Bäche bildeten – wieso bekommt man das nicht unter Kontrolle? Verstehe ich einfach nicht. Das Wackinger Village war ebenfalls eine einzige Zumutung, diverse Stände waren trockenen Fußes überhaupt nicht zu erreichen.
– Hygiene: Es gibt doch jedes Jahr Diskussionen über die Toilettensituation. Da sehe ich in den 3x, die ich in Wacken war, nicht die geringste Verbesserung. Wieder gab es in unserer Ecke für 3 Campingplätze nur 8 Dixies. Wie kann das sein? Der einzige „Pisswürfel“ (oder wie man die Dinger nennt) lief ständig über und stand entsprechend in einem See – kein Wunder, dass die Männer von Tag zu Tag mehr dazu übergingen, den „Graben“ zu benutzen. Auch die Zahl der (Bezahl-)Spülklos auf dem Campingplatz war wieder viel zu gering bemessen. Lange Schlangen waren die Folge. Aber noch schlimmer war es im Infield – da waren die Schlangen so lang, dass man gut und gerne ein halbes Konzert verpasste, wenn man mal hin musste. Fürs kleine Geschäft als Mann war es ja noch ok, auch wenn der Aufgang zu den Pissrinnen eine gefährliche Rutschpartie war. Aber für Frauen? Absolut unzumutbar!
– Preise: Ich fand und finde den Ticketpreis sowieso schon grenzwertig hoch. Natürlich muss man nicht hin – aber trotzdem kann man mal anmerken, dass man das nicht mehr „fanfreundlich“ findet. Bands gibt es keine, die man nicht sowieso dauernd irgendwo bekommt. Verbesserungen am Gelände/der Hygiene-Situation sind eigentlich nicht zu sehen. Der Sound wird nicht besser. Essen und Getränke sind teuer. Dafür wird das Drumherum gefühlt immer größer. Sorry, dafür bin ich nicht bereit, nochmal so viel zu zahlen. Die aktuelle Preispolitik (Ticket 2017: 220 Euro!) macht es mir auch leichter, „Adieu, Wacken!“ zu sagen. Das empfinde ich als Frechheit – klar ist es für die günstiger, die Duschen und Spülklos wollen und schon montags anreisen. Aber was haben ich und viele tausend andere damit zu tun? Hier hätten die Organisatoren locker einen Kompromiss finden können – indem man denjenigen, die früher anreisen und/oder schwere Fahrzeuge/Hausrat mitbringen wollen, extra etwas verrechnet – wie es bisher eigentlich auch war. Und die Spülklos sind nun im Preis integriert? Fein, dann bilden sich dort noch längere Schlangen und der Putztrupp kommt nicht mehr hinterher. Noch besser für Frauen, oder wie? Oder glaubt jemand daran, dass sie dann mehr davon aufstellen? So wie mit den Dixies, wo jeder sieht, dass es zu wenige sind? Wie man sich das schönreden kann, verstehe ich einfach nicht!

+/- Spielzeiten/Billing: TESTAMENT wollten also tatsächlich um 2 Uhr früh spielen? So behauptet man es zumindest von Orga-Seite… Und das sind nicht die einzigen mit einer merkwürdigen Spielzeit – was sollte das? Und generell fand ich das Billing wieder mal nicht so prickelnd – warum gibt es bei einem so teuren Festival eigentlich nur eine Band in der Größenordnung von Iron Maiden? Wäre natürlich nicht so schlimm, wenn man nicht 1 Jahr im Vorhinein Tickets kaufen und darauf vertrauen müsste, dass schon irgendwas Gutes dabei ist… Andererseits kann man sich über zu wenig Metal aus meiner Sicht auch nicht beschweren. Man muss halt auch hingehen, wenn die Bands spielen.
+/- Wacken-Feeling: Es ist ja merkwürdig. Einerseits merkt man an allen Ecken und Enden, wie einem das Geld aus der Tasche gezogen wird. Und auch eine gewisse Kirmes-Stimmung, z. T. sogar mit Ballermann-Einschlag macht sich immer wieder breiter, als man zugeben mag. Andererseits ist es trotzdem da: Das Gefühl, dass es hier schön ist und man dazu gehört. Ich weiß allerdings nicht so recht, was ich davon halten soll – kann nur sagen, dass es trotz allem irgendwie gut ist, wie es ist. Keine Ahnung.

+ Personal: Ich wiederhole gerne, was ich schon nach meinem letzten Wackenbesuch gesagt habe. Security, Ordner, Thekenpersonal – alles total im Grünen Bereich. Zumindest für mich – ich habe da auch schon anderes gehört, vor allem in Bezug auf die Einlasskontrollen, die wohl nicht so einheitlich gehandhabt wurden. Aber ich selbst kann mich da nicht beschweren. Freundlich, hilfsbereit, geduldig – das sind so die Attribute, die mir zur Crew einfallen.
+ Leute: Ja, ich weiß, es regen sich alle über die „Touris“ auf. Auch hier kann ich mich nur wiederholen – auf „A“ war alles bestens. Nur nette Leute, man hatte immer seine Ruhe, wenn man wollte, keine Idioten, keine Diebe, kein gar nichts. Nur die letzte Nacht war recht laut, aber das ist ja durchaus üblich. Übrigens: Der Typ, der die Busse ansagt, ist irgendwie schon recht cool – allerdings auch nur bis zu einem gewissen Grad (um 2 Uhr früh geht es los, da will man dann doch lieber schlafen)
+ Wacken-Dorf: Siehe Leute. Einfach nur cool! Abgesehen von der viel zu geringen Songauswahl beim Metal Place.
+ Medizinische Versorgung: Wenn man es nie braucht, weiß man es nicht – aber das war perfekt organisiert! Ich hatte am Freitag vormittags im Frühstückszelt einen Schwäche-Anfall mit kurzer Bewusstlosigkeit. Die gesamte Versorgung vom Holen eines Sanis durch den Verkäufer über den Transport bis hin zur Entlassung aus dem SaniZelt war meiner Meinung nach vorbildlich. Schnell, beruhigend, kompetent – so wirkte das medizinische Personal auf mich. Im SaniZelt konnte ich auch die Versorgung weiterer Patienten beobachten – das sah alles sehr, sehr gut aus. Daumen hoch dafür!

 


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FestivalWelt: Kaltenbach Open Air 2015

Datum: 20. bis 22, August 2015
Location: Spital am Semmering, Steiermark, Österreich
Festival: Kaltenbach Open Air 2015
Bands: 35, national & international
Publikum: 1.500 (geschätzt)
Ticketpreis: 47 Euro (3-Tage-Festivalpass)


Am kalten Berg.

Vorgeschichte

Das Kaltenbach Open Air (KOA) ist ein kleines Festival. Meiner Schätzung nach waren rund 1.500 Leute vor Ort, können aber auch weniger gewesen sein, ich kann das schwer abschätzen. Ausverkauft war wohl nicht, ist aber bei einem Festival dieser Ausrichtung kaum zu erwarten. Denn: Das KOA ist extrem. Die Veranstalter versuchen mit dem Booking alle möglichen Extreme Metal-Genres abzudecken, dementsprechend schränkt sich der Publikumskreis ein, auch wenn in Österreich die ganz harten Spielarten schon immer einen Stein im Brett haben. Eine Band mit „normalem“ Gesang? Schöne Stimme und alles? War – zumindest heuer – keine einzige dabei. Death, Black, Grind, ein bisschen Doom und Thrash dominieren in Kaltenbach das Geschehen. Der Mix macht es hier zwar auch aus – aber eben eher in anderen Nuancen.

Heuer stand jedenfalls das 10jährige KOA-Jubiläum an. Ich selbst war noch nie dort – habe aber nur Gutes gehört, daher war ich diesmal dabei. Und ich habe es nicht bereut.

Donnerstag, 20. August 2015

Kaltenbach Open Air 2015

Natur: Das Festivalgelände

Grundsätzlich ist das Festival gut erreichbar, zumindest wenn man ein Auto hat. Vom kleinen Örtchen Spital am Semmering geht es in Richtung Berg – und dann sieht man auch schon, was die Stunde geschlagen hat: Von der Mittelstation einer Sesselliftbahn sieht man mitten auf einem Hang, der im Winter als Skipiste dient, die ersten Zelte stehen. In gefährlicher Schräglage *schluck*. Zu besoffen sollte man also nicht sein. Die zweite Möglichkeit zu Campen, die von uns auch genutzt wurde, ist direkt neben der Straße, die in Serpentinen den Berg hoch führt. Auch nicht ohne, aber zumindest nicht ganz so steil – und, was mir sehr wichtig ist: Mit der Möglichkeit neben dem Auto zu campen.

Weite Teile der Anreise erfolgten im Regen, das Zelt konnte dann aber doch bei trockenem Wetter aufgebaut werden. Trocken blieb es dann auch an den restlichen Tagen, nur die Temperaturen waren recht frostig – nicht nur der namensgebende Bach, sondern auch der Berg zeigten sich von der kalten Seite. Aber sei’s drum, dafür gibt’s ja Alkohol, den ich mir in Form von diversen Bieren gleich nach dem Zeltaufbau gönnte. Immerhin waren wir ja schon kurz nach 12 (nach einem Mittagessen im Dorfgasthaus) vor Ort, die erste Band sollte um 17 Uhr spielen. Gut getankt ist halb gewonnen – und so ging es erstmals nach unten zum Konzertgelände. Dabei war schon zu merken, dass der Rückweg wohl anstrengend würde – recht steil, so eine Bergstraße. Zum Glück war unser Zeltplatz recht mittig, sodass wir nicht ganz rauf mussten.

Darkfall (AUT)

Hart: Darkfall

Das Konzertgelände erwies sich als eine Fläche, die im Winter wohl als Parkplatz für die Skifahrer dienen dürfte. Links und rechts von Bäumen gesäumt, gerade richtig in der Größe, mit ausreichend Sitz-, Steh- und Merchandise-Gelegenheiten ist das schon eine coole Location. Wir vertrieben uns die Wartezeit mit weiteren Getränken und einigen Snacks (Schnitzelsemmel: Legendär!) und holten uns schnell unser Festivalshirt um sagenhafte 10 Euro! Bis es dann endlich mit der ersten Band, PROGERIA BUFFET, losging, war ich schon recht beduselt. Kann mich jetzt nicht mehr erinnern, wie die Truppe war… Erste Band, die ich noch im Kopf habe, waren EREBOS, die, ähnlich wie die darauf folgenden MORTAL STRIKE, gut Gas gaben. Man merkt schon, die Bands sind eher als Regionalgrößen zu bezeichnen, was aber niemanden störte. Bei DARKFALL ging es dann kurz nach 22 Uhr erstmals direkt vor die Bühne – war eine gute Show, mit allerhand Feuer und Brimborium. Musikalisch auch nicht schlecht – beinharter, ziemlich deathiger Thrash. Oder thrashiger Death? Egal. Danach folgte der Headliner des ersten Abends: AGALLOCH aus den USA zelebrierten ihre schweren Klänge. Das war mir um diese Zeit und in meinem Zustand ehrlich gesagt etwas zu viel Kunst. Ja, ich mag die Band auf Platte ganz gern – aber wie eine typische Live-Band auf einem Festival wirkte das nicht auf mich. Interessant war es, aber eben auch schwer verdaulich. Irgendwann gingen wir dann – die restliche Show der Amis hörten wir uns vom Zelt aus an, was beim KOA problemlos möglich ist. Man fühlt sich dort, als ob man neben der Bühne zelten würde. Zumindest was die Lautstärke betrifft, denn leider sieht man nicht hin. Zu viele Bäume im Wald.

Freitag, 21. August 2015

Aufgewacht gegen 8 Uhr, was für ein Festival durchaus akzeptabel ist. Länger pennen war ohnehin nicht drin – zum Einen, weil es in der Nacht wirklich unangenehm abgekühlt hatte und man entsprechend durchgefroren war, andererseits wegen einem Phänomen, das uns das ganze Festival begleiten sollte: Einer der Merchandise-Stände an der Straße hatte richtig tolle Boxen. Riesendinger, die gelegentlich sogar Teile der Bühnen-PA überlagern konnten (was zum Glück kaum vorkam). Und was spielt dieser Wahnsinnige mindestens einmal pro Stunde? Metalkutte“. Ja, genau. *Unglaublich.auf.Dauer.Rotation* Das muss man erstmal aushalten, daher griff ich recht bald wieder zum Bier, nachdem wir uns am Festivalgelände kurz mit Kaffee und Muffins gelabt hatten. Bis Mittag (um 12 Uhr begann die erste Band) saß man herum, laberte Unsinn und begaffte die Leute, die den Berg hoch keuchten, um zu ihren Zelten zu kommen. Oder die, die bergab stolperten. Ganz lustig – auch wenn ich ehrlich sagen muss, dass mir da ein paar Glatzen zu viel vor Ort waren. Also keine „normalen“, sondern die, deren Gesinnung man auch an der Kleidung (bzw. Patches) und teilweise sogar eindeutigen Gesten erkennen konnte. Nicht gut, da sollte die Security dann schon ein bisschen einschreiten – mir war das sehr suspekt, ich hoffe mal, dass das KOA nicht immer solches Publikum anzieht.

Valkyrija (SWE)

Infernalisch: Valkyrija

Um die Mittagszeit bequemten wir uns dann auch zur Bühne, genossen Kartoffelpuffer und Käsekrainer zu den Klängen von ENCLAVE und UZZIEL. Letztere fand ich nicht übel, auch wenn das nichts ist, wovon ich mir eine Platte kaufen würde. Gestärkt gingen wir wieder zurück zum Zelt, um dort ein wenig auszuruhen und zu trinken. So verging die Zeit wie im Flug, von den Bands, die ich vom Zelt aus gehört habe, sind mir nur DOOMAS ausgesprochen positiv im Gedächtnis geblieben. Da habe ich zum einzigen Mal bereut, nicht vor der Bühne gewesen zu sein. Um 19:30 folgte mit BENIGHTED die erste große Band des Tages. War sehr gut, was die Franzosen da in die Menge feuerten. Beinharter Deathgrind, auf den ich dankenswerter Weise erst hier im Forum aufmerksam gemacht wurde. Hat mir sehr gut gefallen – und ich hätte es nicht gedacht, das war sogar eine ausgesprochen sympathische Truppe, die da auf der Bühne gewütet hat. Gleich darauf folgten VALKYRIJA, eine Band, die ich im Dezember 2014 beim Eindhoven Metal Meeting erstmals gesehen hatte. Was für ein Kontrast zu BENIGHTED – nach den musikalisch grindigen Franzosen standen nun optisch grindige Schweden auf der Bühne. Die (vor allem der Sänger) waren in Lumpen gehüllt und mit Corpsepaint versehen und spielten entsprechend räudigen Black Metal. Ja, trotz des Bandnamens gab es hier überhaupt keine heidnische Fröhlichkeit sondern die volle Ladung Misanthropie und Nihilismus. Mir hat’s sehr gut gefallen – und Sänger A.L. war auf eine verrückt-manische Art ziemlich charismatisch – auch wenn ich das verottete Kapuzenteil, das er sich dauernd über Kopf und Mund zog, lieber nicht riechen möchte. Jedenfalls: Gute Show, ich hab mir gleich auf dem Rückweg zum Auto die Vinyl-Version vom 2010er-Album „Contamination“ gekauft.

Marduk (SWE)

Routiniert: Marduk

Auf dem Rückweg? Ja, es war inzwischen so kalt, das wir beschlossen, uns kurz im Auto aufzuwärmen. Auf der Bühne standen zu der Zeit KRISIUN. Hätte ich ganz gerne gesehen, aber mein erbärmlicher, alkohol- und kältebedingter Zustand ließ es nicht zu. Gut angehört hat sich das Brett aber. Immerhin ein kleiner Trost: Nächstes Jahr spielen sie in Tolmin bei den MetalDays, da werde ich wieder eine Möglichkeit haben. Nach KRISIUN kam die zweite, abgefuckte Schwedenband (nach VALKYRIJA) auf die Bühne: MARDUK, also die Truppe, wegen der wir hauptsächlich da waren. Gut, ganz so abgefuckt wie ihre Landsleute sehen MARDUK natürlich nicht aus, aber immerhin: Das Corpsepaint saß, die Nieten ebenfalls. Furios legte man mit „Frontschwein“ vom aktuellen Album gleichen Namens los – ein perfekter Einstieg. Soweit man das bei einer solchen Band sagen kann, wirkten die finsteren Typen ganz zufrieden mit den Reaktionen des Publikums – viele Ansagen, Dankesworte u. ä. kann man eh nicht erwarten. Den Rest der Setlist fand ich persönlich jetzt nicht so berauschend. Gut, mit „The Blond Beast“ war noch ein aktueller Kracher am Start, der sehr gut ankam. Aber sonst fehlten mir ein paar markige Nummern der Kategorie „Wolves“, „Nightwing“ oder „World Funeral“. Stattdessen gab es das uralte „The Black…“ (sehr cool!), „Into Utter Madness“, das großartige „Burn My Coffin“, „Warschau“ und das ebenfalls sehr stark dargebotene „Slay The Nazarene“. Daneben noch ein bisschen was vom „Frontschwein“-Album, namentlich „Wartheland“. Und natürlich das unvermeidliche „Panzer Divison Marduk“ ganz am Schluss. Es war insgesamt eine gute, aber auch ein wenig routiniert wirkende Darbietung. Die Diskussionen, die ich unter den Fans später mit einem Ohr so hören konnte, drehten sich vor allem um die ihres Erachtens enttäuschende Setlist. So falsch lag ich mit meiner Einschätzung also nicht, auch wenn ich nicht sagen kann, dass ich wirklich enttäuscht war. Nach MARDUK standen zwar noch SCARECROW N.W.A. als Rausschmeißer auf der Bühne, die habe ich mir aber nicht mehr gegeben. Obwohl sie vom Zelt aus nicht übel klangen.

Samstag, 22. August 2015

Selbstentleibung (AUT)

Stilvoll: Selbstentleibung

Auch diesmal ging es nach einigen kleineren Getränken darum, was man zu Mittag machen sollte. Die erste Band (SILIUS) war wiederum für 12 Uhr angekündigt, eindeutig zu früh. Da wir vom Festival-Fressen langsam genug hatten, beschlossen wir, den Fußmarsch in den Ort (ca 20 Minuten) auf uns zu nehmen. Keine schlechte Entscheidung, im Gasthaus speiste es sich im Kreise anderer Metalheads sehr angenehm. Nur, dass man dort keine Musik einschaltete, war eine herbe Enttäuschung. Andererseits wären wir in dem Fall sicher länger geblieben und dort wohl auch erst ordentlich berauscht wieder weg gegangen, was böse hätte enden könne. Als wir auf dem Rückweg zum Zelt wieder an der Bühne vorbeikamen, spielten gerade THE MORPHEAN, keine Ahnung, wie das klang, kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass es ein Highlight gewesen wäre. Eine Verschnaufpause beim Zelt verbrachte ich im Dämmerschlaf, um dann zu den Klängen von „Metalkutte“ bzw. dann MATER MONSTIFERA langsam wieder zu mir zu kommen. Die klangen jedenfalls mehr als passabel, wir gingen dann auch langsam wieder los – um nämlich rechtzeitig für SELBSTENTLEIBUNG wieder vor der Bühne zu stehen. Bei so einem Bandnamen kann man denken, was einen erwartet – und so war es auch. Ekelhaft abgerissene Gestalten in Schwarz bzw. mit versifften weißen Bandshirts mit dem eigenen Bandlogo, dazu verhältnismäßig sauberes Corpsepaint standen auf der Bühne. Das Konzerterlebnis war sehr intensiv, die Band ist rockiger, als man annehmen könnte. Sänger „Tötung“ war der helle Wahnsinn – ein Typ mit der Optik eines (dünnen) Captain Spaulding (aus „The Devil’s Rejects“), dem Gehabe von Alan Averill (PRIMORDIAL) und dem Organ von Gaahl (ex-GORGOROTH). Der brüllte sich wahrlich die Seele aus dem Leib. Eine sehr gute Show, wie ich finde – und als ich dann den Sänger im Publikum sah und kurz zum Gig kontrollierte, konnte ich den Mann mit dem breiten Wiener Akzent kaum noch dem Irrwisch auf der Bühne zuordnen. Ich glaube das war auch der gleiche Kerl, den ich ein paar Stunden vorher im Wirtshaus die Katze habe streicheln sehen… Corpsepaint ist der Wahnsinn.

Gutalax (CZE)

Geschmackvoll: Gutalax

Nach diesem „Gefecht“ lauerte gleich der nächste Irrsinn. Eine Band mit dem wohlklingenden Namen GUTALAX. Davon habe ich meinen Lebtag noch nichts gehört – aber ein Standler vom Merchandise sagte mir im Vertrauen, dass das wohl die beste Band auf dem ganzen Festival wäre. Hatte nicht ganz Unrecht, auch wenn ich wegen GUTALAX wohl keine Reise machen werde. Ich weiß nicht, ob jemand diese Truppe kennt, aber mir fehlen die Worte, um zu beschreiben, was da abging. Gekleidet waren die Tschechen in Ganzkörperoveralls (diese weißen, die aus einer Art Papier oder so bestehen), manche hatten auch Gasmasken auf. Der „Anzug“ des Sängers war braun beschmiert, wohl um ihrem Beinahmen „The Lords of the Brown Ring“ alle Ehre zu machen. Zu Beginn der Show folgen Klopapier-Rollen ins Publikum, dann ging es auch schon los. Mit einer Art Grindcore würde ich sagen. Textlich drehte sich wohl alles um das Thema Verdauung und deren Endprodukte, wobei ich das nur aus den Songtiteln entnehmen konnte. Zu verstehen war nämlich nix – der Sänger hörte sich wahlweise wie ein normal grunzendes, dann wieder wie ein Schwein an, das gerade abgestochen wird. Meist hörte man aber nur etwas, das sich wie „Rah rah rah-rah-rah“ oder so anhörte. Lyrics sind auch im Netz keine zu finden – also wird das wohl alles sein. Im Publikum wurden auch immer wieder Schilder mit der Aufschrift „Ralph“ hochgehalten – vielleicht war auch das der Text. Insgesamt war die Musik aber überraschend eingängig und kompakt gespielt. Was im Publikum abging, spottet auch jeder Beschreibung – Mosh und Circle-Pits, wie sie keine andere Truppe auf diesem Festival zu sehen bekam. Die Leute (die die Band offenbar besser als ich kannten) flippten komplett aus – viele waren auch ähnlich wie die Truppe auf der Bühne gekleidet, manche hatten Hüte/Masken auf, die wie Hunde- (oder Menschen-)Kot aussahen. Einfach nicht zu fassen – hier ein Video von einem andern Auftritt für alle, die sich darunter nichts vorstellen können. Empfehlenswert auch der Backpatch für die nächste Metalkutte: Zwei gekreuzte Klobürsten unter dem Bandlogo. ‚Nuff said.

Nach dieser Performance mussten die beiden folgenden Bands fast …ähem… abstinken. Was sie trotz grundsätzlich guter Musik auch taten. Zunächst GOD DETHRONED, von denen ich gar nicht wusste, dass sie noch aktiv sind. Naja, das letzte, was ich von denen gut fand war „Into The Lungs Of Hell“, was leider nicht gespielt wurde. In Erinnerung geblieben sind mir nur „Nihilism“ und „Soul Sweeper“, die ich passabel fand, außerdem der Rausschmeißer „Villa Vampiria“. Ich glaube, diese Band hat fertig, noch dazu fand ich sie nicht sonderlich sympathisch. ROTTING CHRIST finde ich hingegen eine sehr sympathische Truppe – eine von denen, die schon ewig dabei ist und wohl nie was Großes reißen wird und trotzdem weitermacht. Einfach cool, wie sie sich bemühen und fast die Köpfe beim Bangen abschrauben – und die Songs sind großteils ja auch gut. Aber gerade in diesem Bereich gibt es mit BEHEMOTH einen uneinholbaren Spitzenreiter. Naja, die Show war jedenfalls ganz gut, auch wenn mir ein paar Hits á lá „King Of A Stellar War“ gefehlt haben. Leider dürfte das Publikum immer noch von GUTALAX ermüdet gewesen sein.

Das bekamen auch die Briten von ANAAL NATHRAKH zu spüren – wobei es hier durchaus auch an der chaotischen Musik gelegen haben könnte. Auch hier: Sympathische Band, aber so richtig groß werden die wohl nie. Das scheinen sie auch zu wissen, denn Sänger Dave „V.I.T.R.I.O.L.“ Hunt sprach z.B davon, dass ihr Backdrop aussehen würde, als hätten sie ein T-Shirt hinter dem Drumkit aufgehängt und sie nichts hätten, was mit anderen Bands hier vergleichbar wäre (was angesichts der Festival-Größe und der Bandauswahl eine gewagte Aussage war). Naja, jedenfalls freute sich die Truppe über die teilweise doch sehr guten Publikumsreaktionen enorm. Lediglich der schüchternen Bitte des Gitarristen („May we have some crowd-surfers please?“) wurde nicht nachgekommen. Ich persönlich kann diese Band jetzt unter „endlich einmal gesehen“ abheften, meine Lieblingstruppe wird sie aber nicht werden.

Dark Funeral (SWE)

(Zu) laut: Dark Funeral

Das Finale des heurigen KOA bestritt eine weitere Truppe aus Schweden. DARK FUNERAL gaben sich die Ehre, was an sich schon Seltenheitswert hat. An dieser Stelle kann man sich natürlich fragen, warum mit MARDUK, VALKYRIJA und DARK FUNERAL drei sehr ähnliche schwedische Black Metal-Kommandos gebucht wurden und nicht zum Ausgleich z. B. eine norwegische Truppe am Start war. Mich hat es jetzt nicht gestört – aber ein bisschen gewundert habe ich mich. Unabhängig davon hat der Auftritt von DARK FUNERAL gezeigt, dass sie es zwar durchaus drauf haben, andererseits aber nicht umsonst nicht ganz oben in ihrem Genre stehen. Klanglich sind sie z. B. durchaus auf einer Ebene mit MARDUK – die haben aber ein paar Variationen mehr in ihrem Tempo, während DARK FUNERAL fast nur Vollgas geben. Auch optisch ist bei DARK FUNERAL alles ein wenig hausbacken. So richtig charismatisch wirkt keiner aus der Truppe, hier tut der Abgang von Sänger Emperor Magnus Caligula wohl am meisten weh. Dessen Nachfolger, der auf den Namen Heljarmadr hört, war zwar stimmlich in Ordnung, wirkte in seiner Lederrüstung mit schwarzem Longsleeve (!!) darunter jedoch nicht so souverän. Aber zumindest Bassist Natt und einer der Gitarristen (keine Ahnung welcher das war, jedenfalls der, der vom Publikum aus gesehen links stand), waren einigermaßen beeindruckend anzusehen. Ansonsten dominierten „schönes“ Corpsepaint (also eher IMMORTAL-Style), Lederrüstungen und saubere Lederklamotten mit Nieten usw. Old-School also, aber irgendwie schon ein bisschen zum Schmunzeln. Musikalisch war aber alles gut, da waren mit „The Arrival Of Satan’s Empire“, „Nail Them To The Cross“, „Hail Murder“ und – vor allem – den großartigen Songs „666 Voices Inside“ und „My Funeral“ einige starke Nummern dabei. Lediglich die Lautstärke war nicht mehr schön – ja, Metal muss laut sein, aber was der Tonmann da bei DARK FUNERAL angestellt hat, weiß ich nicht. Da war teilweise außer einem undifferenzierten, extrem lauten Soundbrei wirklich nichts mehr zu hören. Davon abgesehen: An der Black Metal-Front des KOA steht es damit für mich unentschieden zwischen MARDUK und DARK FUNERAL, die jeweils um eine Nuance vor VALKYRIJA liegen. Den fauligen Atem der mehr als 10 Jahre jüngeren Truppe werden die beiden Veteranen jedenfalls schon stark im Nacken spüren. Schön, dass sich da was tut!

Dark Funeral (SWE)

Aufwärmen vor und auf der Bühne

Nach DARK FUNERAL, bei denen man sich wie schon am Vorabend bei MARDUK sehr gut an den Feuersäulen, die laufend vor der Bühne gezündet wurden, aufwärmen konnte, ging es zurück zum Zelt, um am nächsten Tag ausgeruht die Heimreise antreten zu können. Viel geschlafen habe ich nicht – irgendein Idiot hat es sich nicht nehmen lassen, auf unser Zelt zu springen. Während wir drin waren. Viel ist nicht passiert (ein oder zwei verbogene Stangen), danach hörte man aber natürlich das Gras wachsen. So ein dummer Pisser kann einem schon das Festival versauen, wenn das in einer der Nächte vorher passiert. Erwischt habe ich ihn auch nicht, nur einen Ellbogenstoß durch die Zeltwand konnte ich anbringen. Bis ich aus dem Schlafsack und dem Zelt war, war der Mistkerl leider über alle Berge.


Fazit: Musikalisch und Location-technisch war das Kaltenbach Open Air 2015 Top. Der Sound war super, das Essen war gut, die Preise waren mehr als fair, die Organisation hat reibungslos geklappt – was will man sonst noch? Vielleicht ein ausgesuchteres Publikum (Leute, die Zelte zerstören, Dixies umschmeißen, Autos zerkratzen und anfahren, um den Fahrerflucht zu begehen sowie Nazi-Idioten gehen gar nicht – und fallen auf so einem kleinen Festival natürlich extrem auf). Aber das war zum Glück nicht die Regel – die meisten Besucher waren sehr nett. Gleiches gilt auch für die Security; wobei die Crew, die vor der Bühne steht und damit direkt für die Sicherheit von Bands und Publikum verantwortlich ist, nicht unbedingt vor den Leuten Bier und Härteres trinken sollte). Ansonsten: Ein paar Toiletten mehr, vor allem im Bühnenbereich, hätten nicht geschadet – aber das ist ja eh immer so.

Ob ich die Reise nach Kaltenbach noch einmal antreten werde, weiß ich noch nicht. Kommt wohl stark auf die Bands an – und wie man mit „problematisch gesinnten Fans“ umgeht. Beispielsweise hat auf der Facebook-Seite des Festivals gerade unlängst jemand verlangt, dass man doch einmal Satanic Warmaster verpflichten könnte. Da kam zum Glück die deutliche und sofortige Absage durch den Veranstalter. Respekt und Hörner hoch dafür!


PS: Wer möchte, kann sich die „Metalkutte“ hier geben. Auf eigene Gefahr.


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FestivalWelt: Wacken:Open:Air 2014

Datum: 31. Juli bis 2. August 2014
Location: Wacken, Schleswig-Holstein
Festival: Wacken:Open:Air 2014
Bands: ca. 130, national & international
Publikum: 75.000
Ticketpreis: 170 Euro (inkl. VVK-Gebühren, keine Abendkasse bzw. Tagespässe)


Wenn sieben eine Reise tun…

Vorgeschichte

Ich war bisher einmal in Wacken, nämlich 2010. War damals ein Geburtstagsgeschenk, sonst wäre ich wohl nicht auf die Idee gekommen, auf ein so weit entferntes Festival zu fahren, wo es doch wesentlich nähere Alternativen gibt. Wie dem auch sei, es hat mir bzw. unserer Gruppe damals sehr gut gefallen und wir haben schon damit gerechnet, dass wir irgendwann wieder kommen. Trotzdem ist die Entscheidung dann relativ spontan gefallen. 2014 stand aber immerhin das 25-Jährige Jubiläum an, daher war mit schnellem Ausverkauf zu rechnen und wir mussten fix zugreifen. Hat sich gelohnt – eine halbe Stunde nach unserer Bestellung von 7 Karten war sold-out. In der Rekordzeit von 48 Stunden, die allerdings im Vorverkauf für Wacken 2015 nochmal unterboten werden sollte.

Nachdem wir unsere Tickets erhalten hatten, begann dann erstmal die Warterei auf Bands. Einige gute waren schon bekannt, aber der ganz große Kracher, der vom Festival auch als „eine Band die allen gefallen wird und die noch nie in Wacken war“ angepriesen wurde, war noch nicht dabei. Auch der „Adventkalender“ brachte keine Besserung. Klar, einige gute Nummern, aber auch viel Müll und am 24. Dezember, als jeder mit Iron Maiden, Metallica oder AC/DC rechnete, gab es Megadeth. Das war schon irgendwo enttäuschend, wie sich auch an einem regelrechten Shitstorm auf Facebook bemerkbar machte, der spätestens zu diesem Zeitpunkt begann und bis zum Festival nicht mehr endete. Dass später noch Iced Earth und Death Angel absagen mussten ist zwar nicht die Schuld der Veranstalter – adäquater Ersatz wurde aber nicht angeboten. Und der versprochene Mega-Headliner blieb vollkommen aus, stattdessen gab es die üblichen Verdächtigen, die ohnehin jedes zweite Jahr in Wacken und auf allen anderen Festivals sind.

Ich persönlich sehe das jetzt nicht so dramatisch wie viele andere. Grundsätzlich wäre aber für den Preis, den Wacken verlangt, zumindest eine der ganz großen Bands angebracht gewesen, damit das Preis-Leistungs-Verhältnis wenigstens etwas günstiger für das Festival ausfällt. Immerhin waren Iron Maiden, Black Sabbath und Metallica auf Tour und haben diverse Festivals gespielt. Und das „größte Metalfestival der Welt“ bekommt keine dieser Bands? Merkwürdig. Aber nun zum Festival…

Donnerstag, 31. Juli 2014

Anreisetag. Eigentlich merkwürdig, dass bereits am Mittwoch (30. Juli) Bands spielen (wenn auch unbekannte), auf den Karten aber steht, dass das Festival von 31. Juli bis 2. August dauert. Nunja, immerhin startet man, wenn man erst am Donnerstag kommt, nicht gleich mit einem kompletten Kater in den ersten Festivaltag. Wir kamen gegen Mittag mit dem ersten Bus vom Flughafen Hamburg an. Dieser Shuttleservice ist wirklich eine gute Sache, wie ich finde. Ging völlig problemlos vonstatten. Nach Ankunft und passieren der ersten Kartenkontrolle ging es erstmal auf den Campingplatz, wo unsere Zelte bereits aufgebaut auf uns warteten. Ja, richtig gelesen! :dh: Aufgrund der weiten Anreise aus Österreich per Flugzeug haben wir uns diesmal für ein „Zelthotel“ entschieden. Ich kann diesen Anbieter einfach nur jedem empfehlen. Super-freundlich, sympathisch und kompetent: die Zelte (ein 3-Mann-, zwei 2-Mann-Zelte) waren geräumig, gut verzurrt und sauber, das Sonnensegel war zweckmäßig und die Stühle waren ebenfalls in Ordnung – und das alles zu einem durchaus vernünftigen Preis. Noch dazu in sehr zentraler Lage – Spaziergänge ins Dorf waren genauso bequem zu bewerkstelligen wie der Gang aufs Festivalgelände.

Nach dem „einchecken“ und „einrichten“ der Zelte ging es dann erstmal zur Bandausgabe. Der Weg dorthin war dann doch etwas beschwerlicher als erwartet. Grund war vor allem, dass der Punkt, zu dem man musste, auf den großen Übersichtskarten viel zu unauffällig markiert war. Das geht definitiv besser – nach einiger Fragerei und Rennerei haben wir es dann aber doch geschafft und unsere Wristbands und den gut gefüllten „Full Metal Bag“ bekommen. Ohne lange Wartezeit, wohlgemerkt.

So ausgestattet ging es dann zum ersten Rundgang über das Festivalgelände (das Infield war noch geschlossen). Was sofort auffiel, war die unglaubliche Staubentwicklung, die uns auch die folgenden Tage noch quälen sollte. Deshalb bestellt Wacken normalerweise wohl immer Regen… Nach kurzem Rundgang und einem Snack (gibt ja unglaublich große Auswahl an Essen) setzten wir uns vor die Beergarden-Stage wo grad YE BANISHED PRIVATEERS einige Songs zum Besten gaben. Gar nicht so schlecht, aber auch ein wenig leise für mein Gefühl. Gleiches galt für die danach spielenden LOS VAGABUNDOS, mit denen ich aber auch musikalisch überhaupt nix anfangen konnte. Egal, wir tankten jedenfalls gleich mal ordentlich Bier und es stellte sich recht schnell heraus, dass die 0,3-Liter-Becher gefährlich schnell zur Neige gingen. Wir waren 7 Leute, d. h. es gab dort erstmal 7 Runden Bier, die extrem schnell durch die ausgedörrten, staubigen Kehlen flossen. Gut angeheitert ging es dann zurück zum Zelt um den „Metal Bag“ zu verstauen und die Adjustierung für den Abend herzustellen. Ein wenig beim Zelt sitzen und dumm labern war noch drin, dann war es auch schon Zeit für HAMMERFALL auf der Black Stage. Die Schweden hatten eine spezielle „Glory To The Brave“-Show angekündigt und genau so war es auch – wobei die Lieder nicht in der Original-Reihenfolge gespielt wurden. Egal, war jedenfalls wirklich gut. Eine besondere Freude war das Wiedersehen mit dem ursprünglichen HAMMERFALL-Drummer und langjährigen IN FLAMES-Gitarristen Jesper Strömblad, der bei „The Dragon Lies Bleeding“ als Gitarrist auf der Bühne war. Weitere Gäste waren ex-Drummer Patrick Räfling und ex-Gitarrist Stefan Elmgren. Schöne Sache. Außerdem kamen nach den Songs von „Glory To The Brave“ auch noch ein paar andere Stücke (darunter die Live-Premiere des mittelprächtigen, neuen „Bushido“) zu Ehren, bis nach „Hearts On Fire“ endgültig Schicht im Schacht war. War insgesamt wirklich eine sehr gute Show, wie ich finde.

Weiter ging es dann auf der True Metal Stage mit STEEL PANTHER. Nunja, deren Humor werde ich wohl nie verstehen und auch musikalisch ist das nix, was bei mir auch nur ansatzweise ankommt. Immerhin gab es viel nackte Brüste im Publikum, was auch immer wieder über die Video-Walls eingeblendet wurde. Wir sahen uns die Hälfte des Gigs von weiter hinten an und gingen dann wieder in den Biergarten. Kam einfach nicht an bei uns – wie es dem Rest des Festivalpublikums damit geht, kann ich nicht beurteilen, mir schien das Infield aber nicht gesteckt voll zu sein.

Danach zeigte sich erstmals die Gefahr der schnell vernichteten kleinen Biere. Denn SAXON hörten wir aufgrund ausufernden Alkoholkonsums und einer damit verbunden Trägheit nur aus dem Biergarten zu uns herüberschallen. Egal, diese Band gehört zu den Klassikern, mit denen ich noch nie viel anfangen konnte. Um halbwegs nüchtern zu werden gingen wir dann kurz ins Wackinger Village, auf der Suche nach gutem Essen. Auch dort wurden wir fündig – allerdings leider auch beim Met-Stand.

Das endete damit, dass wir für ACCEPT gar nicht mehr ins Infield gingen, sondern uns den Gig mit der speziellen „Restless And Wild“-Show von ganz hinten ansahen. Was geboten wurde war gar nicht übel, aber „Restless And Wild“ klingt mit Udo Dirkschneider halt einfach besser als mit dem – von mir an sich sehr geschätzten – Mark Tornillo. Das merkt man einfach, wenn ein komplettes Album aus der Udo-Ära gespielt wird. Schade, dass man den German Tank nicht zu einem Gastauftritt überreden konnte – damit wäre das Ganze wohl ähnlich gut geworden wie der HAMMERFALL-Gig. Nett war es trotzdem als Abschluss für den ersten Abend.

Freitag, 1. August 2014

Aufgewacht wie das blühende Leben. Naja, nicht ganz, aber in Anbetracht des Alkoholkonsums vom Vorabend ging es recht gut. Nach einem Kaffee, der von einem netten jungen Mann jeden Morgen auf dem Campground ausgeschenkt wurde, ging es erstmal zum Duschen (ja, ich bin so „untrve“) und Notdurft verrichten. Da es erst ca. 7 Uhr früh war alles kein Problem, gegen 8 Uhr war die Warteschlange aber schon gefühlte Kilometer lang. Einen weiteren Kaffee und einen Snack aus dem Frühstückszelt später öffneten wir bei unseren Zelten auch schon das erste Dosenbier. Gar nicht mal so gut – also brachen wir relativ bald ins Dorf auf.

Dort gingen wir erstmal direkt zum uns bereits von 2010 bekannten „Metal Place“. Einfach zu geil dort – und so verpassten wir natürlich die Vormittags-/Mittags-Bands, u. a. CHTONIC und SKID ROW, die um 11 (!) bzw. 12 Uhr (!!) ran mussten. Auch ENDSTILLE (13 Uhr), KNORKATOR, FIVE FINGER DEATH PUNCH und HELLYEAH waren uns zu früh. Selber schuld, könnte man sagen – allerdings fragt man sich teilweise trotzdem, wer die Running-Order zusammenstellt. Black Metal in der Mittagshitze = Desaster!

Der Metal-Place in Wacken

Der Metal-Place in Wacken

Jedenfalls haben wir ca. 6 Stunden im „Metal Place“ gesoffen, um dann rechtzeitig zu HEAVEN SHALL BURN wieder vor der Bühne zu sein. Deren Show war nicht übel, eine Woche zuvor bei den MetalDays in Slowenien haben sie mir aber weit besser gefallen. Liegt wohl an der Größe des Festivals. Darauf folgten CHILDREN OF BODOM, die mich auch schon mehr überzeugt haben. Für mich persönlich keine wirkliche Festival-Band, sondern eher was für die Halle, wo man jeden Ton richtig hört. Hier war Einiges ein wenig vom Wind verblasen. Während APOCALYPTICA ging es dann doch eher wieder ans Trinken, wobei die letzten paar Songs wieder vor der Bühne angeschaut wurden. Vor allem das finale „Hall Of The Mountain King“ war große Klasse. Danach galt es, eine Entscheidung zu treffen. MOTÖRHEAD oder CARCASS? Irgendein Idiot hatte nämlich beide Bands auf 21 Uhr gesetzt. Unglaublich. Wir entschieden uns für Lemmy, man weiß ja nie, wie lange der Kerl noch lebt. Ob die Entscheidung richtig war kann ich nicht sagen – CARCASS waren sicher gut, MOTÖRHEAD aber auch nicht schlecht. Abgesehen von der Setlist, der es gehörig an Schwung fehlte. Oder war es doch Lemmy selbst, der nicht in Fahrt kam, wie es ein Freund in der TV-Übertragung gesehen haben will, wie er mir später erzählte? Keine Ahnung, jedenfalls kam nur bei den ganz großen Klassikern so richtig Stimmung auf. Bei „Killed By Death“ stand dann auch noch DORO auf der Bühne (muss die Tante eigentlich sogar dann dabei sein, wenn sie gar nicht im Line-Up auftaucht?). Auffällig: Lemmy, der ordentlich Gewicht verloren hat, kann offenbar nicht mehr richtig sprechen, jedenfalls nuschelte er noch mehr vor sich hin als früher und war kaum zu verstehen. Als zwischendurch mal Phil Campbell eine Ansage machte, war das eine regelrechte Wohltat. Trotzdem wirkte die Band ganz gut gelaunt und konnte im Großen und Ganzen überzeugen. Vielleicht war das einfach noch ein bisschen „Ringrost“, der hier nach der langen Pause zu bemerken war.

Nach dieser passablen Show trat eine weitere Band an, bei der man immer wieder Sorge wegen Gesundheitsproblemen haben muss: SLAYER. Und was wir zu sehen bekamen war nicht weniger als die beste SLAYER-Show der vergangenen Jahre. Zumindest die beste, auf der ich war. Da hat der Metal Hammer schon recht, der danach schrieb: „Egal wie schlecht du bist, SLAYER sind Schlächter.“ Das ging schon los mit dem Opener: Das seit gefühlten Ewigkeiten als Einstieg gespielte „World Painted Blood“ wurde von „Hell Awaits“ abgelöst. Absolut geil. Auch was folgte, war durchaus erfrischend: „The Antichrist“, „Necrophiliac“, „Mandatory Suicide“, „Captor Of Sin“, „Born Of Fire“ usw. – alles Stücke, die ich lange nicht (bzw. noch nie) live von SLAYER gehört habe. Absolut cool auch das Finale, bestehend aus „Black Magic“ (!), „South Of Heaven“ und „Angel Of Death“. Die Amis haben wirklich alles richtig gemacht, einen so geilen Gig hätte ich von den in letzter Zeit arg gebeutelten Thrashern echt nicht erwartet. Übrigens sieht Tom Araya mittlerweile echt scheiße aus, auch wenn er das hinter einem Charles Manson-Gedächtnisbart zu verstecken versuchte. Aber die finsteren Blicke, die er während des Konzertes ins Publikum wirft, sind Gold wert. Kerry King war wie immer eine Bank, Gary Holt wirkt immer noch wie ein Fremdkörper (vermutlich weil er einfach zu fit/jung aussieht) und Paul Bostaph konnte Dave Lombardo gut ersetzen. Vielleicht war diese Frischzellenkur an den Drums nötig, um SLAYER wieder Schwung zu verleihen. Egal, nach diesem Erlebnis waren wir vollkommen verausgabt und hörten uns Teile der Show von KING DIAMOND nur mehr vom Campingplatz aus an. War ganz gut, hatte ich den Eindruck, aber so wirklich mitbekommen habe ich nichts mehr. Eigentlich hätten wir gerne noch VREID oder W.A.S.P. angesehen, das war aber absolut nicht mehr drin. Also ab ins Zelt und Tilt.

Samstag, 2. August 2014

Kritik zur Running-Order bzw. den teilweise beschissenen Spielzeiten der Bands habe ich ja schon mal zart angedeutet. Am letzten Festival-Tag wurde es noch etwas …hmm… „merkwürdiger“. Nur geile Bands den ganzen Tag – aber zu welchen Zeiten: ARCH ENEMY waren um 12 Uhr (!) der Anheizer (gleichzeitig mit PRONG), danach folgten SODOM (13:15), BEHEMOTH (14:30) und DEVIN TOWNSEND PROJECT (16:00). Dazwischen natürlich die eine oder andere kleinere Band. Und das alles bei Gluthitze und Staub des Todes. Wir haben davon jedenfalls bis auf einzelne Songs nicht viel mitbekommen weil wir beschlossen, wieder den „Metal Place“ zu beehren. Auch diesmal gingen die Biere nur so dahin und kaum, dass wir es uns versahen, war es schon Zeit für EMPEROR. Ja, auch die Black Metal-Legende musste bei Tageslicht auf die Bühne, nämlich um 17:30 Uhr. So etwas gehört verboten. Das Konzert war von außerhalb des Infields betrachtet allerdings gut, wobei ich mich hauptsächlich an „I Am The Black Wizards“ und „Wrath Of The Tyrant“ erinnern kann. Zum Abschluss gab es übrigens die BATHORY-Verneigung „A Fine Day To Die“. Eine feine Show, die sich stimmungsvolle Dunkelheit verdient hätte.

Amon Amarth am W:O:A 2014

Amon Amarth am W:O:A 2014

Danach folgte ein erwartetes Highlight: AMON AMARTH standen auf der True Metal Stage. Und das Publikum ließ sich trotz Höllentemperatur gerne zum Wikinger-Mosh pitten. Die ganze Show über war die Stimmung großartig, und der Band sah man das Vergnügen, die Meute mit ihrem Death Metal zu begeistern, jederzeit an. Vor allem Ober-Wikinger Johan Hegg bekam das Grinsen gar nicht mehr aus seinem – vermutlich von einer Sonne-Alkohol-Kombi – stark gerötetem Gesicht. Auch die beiden auf der Bühne aufgestellten, betretbaren Drachenköpfe wurden von allen Bandmitgliedern immer wieder genutzt. Tolle Sache. Die Crowdsurfer flogen tief, der Moshpit staubte – was will man mehr. Wenn so Ragnarök aussieht: Sei’s drum, Hauptsache AMON AMARTH spielen dazu auf. Nach dem finalen Doppelschlag „Twilight Of The Thunder God“ und „The Pursuit Of Vikings“ brauchten wir jedenfalls gleich mehrere kalte Erfrischungsgetränke zur Erholung.

Da wir schon an der True Metal Stage waren, gingen wir dann ein paar Schritte zur benachbarten Party Stage, um uns kurz an J.B.O. zu ergötzen. Naja, ich glaub, dafür bin ich mittlerweile zu alt. Irgendwann fand ich die Rosa Armee Fraktion ja mal ganz lustig, aber das war dann doch eher zum Fremdschämen, finde ich.

Zum Glück gab es zeitgleich auf der Black Stage ja noch eine Alternative: MEGADETH, die die Party-Stage ohnehin ordentlich übertönten. Ja, ich war enttäuscht, als am 24. Dezember Dave Mustaine & Co aus dem Adventkalender gezogen wurden. Aber bereits die Show, die ich eine Woche vor Wacken auf dem MetalDays-Festival von MEGADETH gesehen hatte, hat mich eines Besseren belehrt. Und so war es auch in Wacken, wenn auch aufgrund der Festival-Größe nicht so intensiv. Ein wirklich guter Gig mit einem für seine Verhältnisse gut gelaunten Mustaine (der wohl einiges im Tee hatte, zumindest kamen mir seine Ansagen so vor). Etwas viel Solo-Gegniedel vielleicht, aber was soll’s. Der Sound war einfach hervorragend und ließ Kracher wie „Tornado Of Souls“, „Sweating Bullets“ und natürlich „Symphony Of Destruction“ erst so richtig zur Geltung kommen. Nur das Fehlen von „A Tout Le Monde“, das bei den MetalDays noch auf der Setlist war, habe ich nicht verstanden. Trotzdem: In dieser Form sind MEGADETH tatsächlich eine wesentlich bessere Live-Band als ich gedacht hätte.

An dem, was folgt, werden sich wohl die Geister scheiden. Taten sie auch schon während des Festivals, wenn ich die Reaktionen von Band und Publikum richtig deute. Den meiner Ansicht nach besten Festival-Slot (Samstag, 22 Uhr) hatten nämlich AVANTASIA ergattert. Nun, ich mag Tobias Sammet grundsätzlich. Sowohl AVANTASIA als auch EDGUY hatten tolle Alben. „Hatten“? Ja, hatten – bei EDGUY gab es meiner Ansicht nach seit „Mandrake“ nichts mehr Vernünftiges zu hören, bei AVANTASIA haben mich maximal die ersten drei Scheiben begeistert, vor allem aber die ersten zwei. Danach… äh… ja. Dementsprechend konnte ich mit einigen Teilen dieser Show recht wenig anfangen, was die Songs selbst betrifft. Highlights waren meiner Ansicht nach „Avantasia“ (mit Sammet/Michael Kiske am Mikro), „Farewell“ (Sammet/Kiske/Amanda Somerville) und das finale Medley „Sign Of The Cross/The Seven Angels“. „Reach Out For The Light“ (Sammet/Kiske) war auch noch in Ordnung, aber der Rest war eher mittelprächtig für meinen Geschmack. Lag wohl hauptsächlich an den Songs selbst – denn die Sänger fand ich allesamt großartig, vor allem Michael Kiske war unglaublich, fast wie in besten HELLOWEEN-Zeiten. Am Start waren neben Sammet die bereits erwähnten Michael Kiske und Amanda Somerville, dazu noch Bob Catley (Magnum), Eric Martin (Mr. Big) und Ronnie Atkins (Pretty Maids). Ich denke, Wacken war für Sammet sicher der passende Rahmen für die Abschiedsshow der „The Mystery World Tour“… Aber ich bin wohl das falsche Publikum, mir war das zwischendurch ehrlich gesagt etwas zu schlagerhaft, obwohl ich sonst sehr vorsichtig mit solchen Ausdrücken bin. Und wenn ich die Ansagen von Tobias Sammet richtig deute, haben sich noch dazu die Fans, die vor der Black Stage bereits auf den Gig von KREATOR warteten, ein wenig mit ihm angelegt (oder umgekehrt?). Ich weiß nicht, welche Schmähungen von dort auf den Sänger einprasselten, jedenfalls schoss er von der Bühne aus ein wenig zurück, versuchte dann aber auch wieder die Situation zu beruhigen, vermutlich weil er es mit Aussagen wie „depressive people over there“ wohl etwas übertrieben hatte. Ich verstehe ja, dass Sammet die Kritik, die ihm von den Thrashern mutmaßlich zuteil wurde, nicht gefällt – aber deshalb zu sagen, AVANTASIA wäre „Gay Metal“, also quasi „gay“ als Schimpfwort zu gebrauchen, fand ich nicht so angebracht. „Pussy Metal“ hat er auch gelegentlich gesagt (auch schon zu EDGUY-Zeiten), das passt besser. Lustig war hingegen, als er fragte, ob „child-eating, vegan Thrash Metal-Fans“ anwesend wären und im „Tralala-Mitsingpart“ plötzlich ein herzhaftes „Phoooobiaaaa!“ einstreute.

Nach gut anderthalb Stunden hatte das AVANTASIA-Spektakel dann ein Ende und die Thrash-Heroen von KREATOR schickten sich an, die Black Stage zu betreten. Dazu fällt mir jetzt auch gar nicht so viel ein – einfach die übliche, tolle KREATOR-Show mit den sympathisch-kauzigen Ansagen von Mille (der übrigens nicht auf die Anspielungen von Sammet einging, der während der AVANTASIA-Show immer wieder Dinge wie „I love Mille, he’s my brother“ sagte). Jedenfalls legten die Ruhrpott-Thrasher mit „Phantom Antichrist“, „From Flood Into Fire“ und „Warcurse“ furios los und Wacken ging ebenso furios mit. Eigentlich gab es bis zum finalen „Flag Of Hate/Tormentor“ keine Verschnaufpause – war wirklich großartig, aber mir ging schon nach vier Songs komplett der Saft aus. Darum hätte ich persönlich die Slots von KREATOR und AVANTASIA lieber vertauscht gesehen (weil man bei KREATOR einfach mehr Power braucht) – aber da gibt’s wohl auch 10.000 Gegenmeinungen.

Nach diesem brachialen Gig hätte es noch Einiges zu sehen gegeben (darunter für mich CREMATORY und KOLDBRANN), aber wir konnten einfach nicht mehr, außerdem war um 6 Uhr Tagwache, um den bereits gebuchten Bus zu erwischen. Am Zeltplatz wurden wir dann noch von VAN CANTO (wenn ich dieses Gebrumme noch einmal hören muss… *grfjtx*) zwangsbeschallt, die wohl mit Gästen beim Publikum punkten konnten. TARJA TURUNEN und DORO (schon wieder, diesmal mit einer Vergewaltigung von „Fear Of The Dark“, zumindest glaube ich, dass sie es war) konnte ich raushören, glaube ich. Auch SCHANDMAUL waren am Campground wohl lauter als vor der Bühne – und zu deren Gedudel schlief ich dann irgendwann ein.

Am nächsten Tag früh auf, Zelte ausgeräumt, bei der „Rezeption“ ausgecheckt und ab zum Flughafen. Alles problemlos, außer dass der Flug um 4 Stunden nach hinten verschoben wurde. Aber was soll’s, das war dann auch schon egal, man hatte ja noch Festiva-Endorphine in sich.


Fazit: Das war das zweite Mal Wacken für mich – und wieder muss ich sagen, dass es eine Reise wert war. Bands gesehen habe ich nicht so viele (dafür, dass so viele gespielt haben), aber es war trotzdem ein tolles Festival. Und wer so viel Alkohol trinkt, dass er diverse Bands einfach nicht schafft, ist ohnehin selbst schuld. Aber der „Metal Place“ ist einfach zu geil und wenn diverse gute Bands in der Mittagshitze spielen, ist die Versuchung, dort im Schatten zu sitzen, eindeutig zu groß. Aber ansonsten gibt es (fast) nur Positives, ich geb‘ das mal in Listenform wieder.

Tim Mälzer-Pizza am W:O:A 2014

Tim Mälzer-Pizza am W:O:A 2014

+ Organisation: Anreise, Abreise, Wege, Security-Check – alles top. Nur die Bändchenausgabe war kaum zu finden, die müsste auf den großen Karten besser markiert sein.
+ Atmosphäre: Ich fand es trotz der riesigen Menschenmassen relativ entspannt. Weder auf dem Campground noch am Festivalgelände sind mir irgendwelche Idioten aufgefallen. Es gab geile Mosh- und Circlepits, massenhaft Crowdsurfer und sogar die eine oder andere Wall of Death, wenn ich mich nicht irre. Und weil immer alle von den „Touristen“ reden: Ich hätte eigentlich keine gesehen. Auch Musik und Lautstärke am Campground waren ok für meinen Geschmack.
+ Freundlichkeit: Personal, Securities und nicht zuletzt Dorfbewohner waren supernett und freundlich. Unglaublich eigentlich – so kennt man das in Österreich kaum.
+ Securities: nicht nur nett sondern meines Erachtens auch kompetent. Alle, die wir gefragt haben, wussten, wohin man sich wenden kann, wenn man dieses oder jenes braucht, die Crowdsurfer wurden gut aufgefangen, die Security-Checks gingen schnell vonstatten – ich finde keinen Anlass zur Beschwerde.
+ Verpflegung: Das Essen war meines Erachtens sehr gut. Lediglich von diesem „Mega-Burger“-Laden könnte man sich trennen, den Fraß kriege ich wirklich nicht runter (bringt aber vermutlich sehr viel Umsatz). Auch die Auswahl war top – Pizza, Gegrilltes, Flammkuchen, Kebab, Süßes, Pommes, Fisch, Pulled Pork, Knoblaubrot, Frühstück im Frühstückszelt usw. usf. Alles da – ich hab sogar so ne „Tim Mälzer-Pizza“ um stolze 10 Euro gegessen. War köstlich.
+ Bier-Tender im Infield: Bier geht immer schnell zur Neige, wenn man vor der Bühne steht. Aber dafür gibt’s ja nette Jungs, die den ganzen Tag mit einem Bierfass am Rücken durch das Infield rennen und die Leute versorgen. Super Sache – weiß nicht, ob es das schon immer gab, aber mir hat’s gefallen.
+ Thekenpersonal: Die Jungs und Mädels waren meiner Ansicht nach sehr schnell – vor allem für den Andrang, den sie zeitweise zu bewältigen hatten.
+ Wasserstationen im Infield: Ja, das konnte Einiges, vor allem, weil im Metal-Bag ein Plastikschlauch war, den man so oft man wollte, auffüllen konnte. Das war echt sinnvoll – lediglich zwei kleine Punkte haben gestört: Die Wasserstationen waren nicht so gut ausgeschildert bzw. es gab zu wenige davon (oder es waren zu wenig Wasserhähne pro Station). Achja, vielleicht ist es ja möglich, einen Produzent zu finden, bei dem das Wasser aus den Schläuchen nicht so grauenvoll nach Plastik schmeckt.
+ Wacken: Ja, auch das Dorf kann Einiges, vor allem der „Metal Place“. Auch wenn das Festival wohl alles dafür tut, die Leute im Gelände zu halten, war auch der Ort immer einen Besuch wert und gesteckt voll. Finde ich einfach super, dort gibt’s einige nette Plätze um zu essen und zu trinken.
+ Infield-Toiletten: Mich betrifft es zwar kaum, aber die Spülklos am Infield sind schon toll, vor allem für Frauen. Waren wohl auch immer halbwegs sauber. Aber auch die Pissoirs für Männer können was. Gut gemacht.
+ Personalisierte Tickets: Einfach super. Ging auch alles problemlos vonstatten – schade, dass das für nächstes Jahr aufgrund des Rechtsstreits nicht mehr möglich ist.

+/- Diebstahl: Wenn gleich nach der Ankunft der Mitarbeiter vom Zelthotel sagt, dass schon diverse Zelte ausgeräumt wurden, muss man erstmal schlucken. Da gab es wohl ein massives Problem – aber da uns nichts gestohlen wurde, kann ich nicht sagen, dass das für mich ein negativer Punkt wäre.
+/- Staub from Hell: Nungut, wenn es regnet, passt es auch niemandem. Aber die Staubentwicklung war unglaublich – ich huste jetzt noch Dreck vom Holy Wacken Land aus der Lunge. Ob man dagegen wohl etwas machen könnte? Vermutlich nicht.
+/- Wackinger Village/Wasteland: Naja, wer’s braucht. Gibt schon ein paar coole Sachen da und ist wohl auch hilfreich, damit das Infield nicht immer ganz so voll ist. Aber so wirklich notwendig finde ich das Ganze eigentlich nicht.
+/- Line-Up: Ja, in Wacken ist immer für jeden etwas dabei. So auch diesmal. Aber die ganz große Nummer hat gefehlt, was schade ist. Andererseits hat man zu später Stunde für einen Mega-Headliner meist eh keine Energie mehr.
+/- Festivalgröße: Meines Erachtens ist die Obergrenze erreicht, auch wenn man sicher 100.000 Karten verkaufen könnte. Da will wohl niemand – mir war bereits heuer fast zu viel los.

– Preise:
Allein der Eintrittspreis ist eine Wucht. Und da braucht auch niemand sagen, dass in Wacken so viel geboten wird – allein von den Bands her bekommt man hier nichts, was nicht auch auf anderen Festivals spielt. Vor allem heuer – da hatten andere (günstigere) Festivals ganz andere Kaliber. Das ganze Drumherum ist hingegen teilweise echt überflüssig. Und auch die Preise für Verpflegung sind nicht ohne – kaum ein Essen, das unter 5 Euro zu haben ist. Und Bier? 3,50 Euro für 0,3 Liter ist halt schon ein Wahnsinn, vor allem, wenn man bedenkt, dass man für den gleichen Preis im Vorjahr noch 0,4 Liter bekommen hat. Eigentlich eine Frechheit.
– Campground-Toiletten: Davon kann es einfach nie genug geben. Und die können auch nicht oft genug sauber gemacht werden. Jedenfalls war die Dixie-Anzahl erschreckend gering, zu gering. Und die Spülklos/Dusch-Zelte sollten vielleicht auch mal vergrößert werden. Da geht sicher noch was.
– Running-Order: Ich weiß nicht, ob das irgendwie lösbar wäre – aber Bands wie Arch Enemy oder Sodom zu Mittag spielen zu lassen, ist keine gute Idee. Auch Black Metal sollte nicht unbedingt bei Tageslicht stattfinden. Dann lieber ein paar Bands weniger und dafür die wirklich beliebten zu vernünftigen Zeiten. Und bitte, liebes Festival-Team, trennt euch endlich von Müll wie Russkaja, Bülent Ceylan, Santiano und Konsorten. Auch wenn es immer Leute gibt, die das anschauen – fehlen wird es sicher niemandem.
– VVK-Start: Ich wollte nächstes Jahr ohnehin nicht unbedingt fahren. Aber für alle, die gern wiederkommen möchten, ist der VVK-Start in der Nacht denkbar ungünstig. Manche sind da noch nicht mal daheim. Ist schon klar, dass es eigentlich egal ist, wann man startet, weil immer welche durch die Finger schauen werden, wenn „Sold-out“ ist. Aber denen, die gerade erst so viel Geld in Wacken gelassen haben, sollte man zumindest eine faire Chance geben.
– Kommunikationspolitik der Veranstalter: Wer einen solchen Shitstorm am Laufen hat wie Wacken seit Dezember, kann zwar im Prinzip alles noch schlimmer machen, wenn er die (teilweise) berechtigten Fragen der Fans beantwortet – aber gar nichts zu sagen, nicht mal, dass etwas schief gegangen ist oder Ähnliches, halte ich für einen schweren Fehler. Da kamen immerhin Vorwürfe wie „nach dem frühen ’sold-out‘ hat sich Wacken nicht mehr bemüht, einen würdigen Headliner zu finden“ und ähnliches. Wenn das 100-mal kommt, muss man eigentlich mit einem offiziellen Statement reagieren. Ich gebe zu, dass ich ob dieser Nicht-Kommunikation weit mehr angepisst war als wegen des fehlenden Headliners.


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