FilmWelt: Blood Simple

Joel und Ethan Coen zeichnen für eine Reihe großartiger Filme verantwortlich und wurden speziell für ihre Regiearbeiten, aber auch für diverse Drehbücher mit unzähligen Preisen ausgezeichnet. Im kollektiven Gedächtnis sind vor allem ihre Werke ab „Fargo“ (1996) verankert, dabei nahm die Erfolgsgeschichte der Brüder aus Minneapolis bereits in den 1980ern ihren Anfang.

Gesamteindruck: 7/7


Rohes Meisterwerk.

Von „Blood Simple“ hatte ich bis vor kurzem noch nie etwas gehört. Dass ich diese Bildungslücke nun schließen konnte, habe ich der „Zauberlaterne“ zu verdanken, einem Podcast, den ich allen Filmfreund:innen ausdrücklich ans Herz legen möchte. Dort sprachen die Hosts (Grüße an Sebastian und Simon gehen raus!) so positiv über das Debütwerk der Coens, dass mir im Endeffekt nichts anderes übrig blieb, als selbst reinzuschauen. Und das hat sich gelohnt – so viel sei vorweg genommen.

Worum geht’s?
Nachdem Barkeeper Ray ein Verhältnis mit Abby, der Frau seines Bosses Marty, begonnen hat, schwört dieser Rache – und heuert den schmierigen Privatdetektiv Visser an, der dem Liebespaar für 10.000 Dollar den Garaus machen soll. Der Schnüffler verfolgt jedoch seine eigenen Pläne, was letztlich in einem heillosen Durcheinander aus Mord, Verdächtigungen und gegenseitigen Schuldzuweisungen endet…

Obige Inhaltsangabe suggeriert, „Blood Simple“ wäre ein geradliniger Krimi mit einer Story, wie sie auch in jeder zweiten Folge „Tatort“ vorkommen mag. Und tatsächlich sind die Grundzutaten bekannt: Es geht um ein Beziehungsdreieck mit den üblichen Emotionen wie Leidenschaft, Eifersucht und Wut. Dass Mord eine akzeptable und logische Möglichkeit darstellt, dieses Drama zu lösen, dürfte auch nicht überraschen – es scheint also alles für ein typisches whodunit angerichtet. Um zu erfahren, warum „Blood Simple“ trotz allseits bekannter Zutaten anders ist, muss man sich den Film letztlich aber tatsächlich ansehen.

Alles anders.

Zu beschreiben, was die Coens genau gemacht haben, ist nicht leicht; den einen oder anderen Eckpunkt möchte ich im Folgenden aber zumindest nennen. Zunächst ist festzuhalten, dass „Blood Simple“ keineswegs ein whodunit ist, weil wir als Zuseher:innen stets einen Informationsvorsprung gegenüber den Charakteren im Film genießen und das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln verfolgen dürfen. Im Gegensatz dazu haben die vier Hauptfiguren zu keiner Zeit – auch zum Ende hin nicht – ein vollständiges Bild der Lage. So gesehen ist „Blood Simple“ also auch kein howcatchem im Sinne von „Columbo“ (zumal es ohnehin keine Ermittlerrolle gibt, was ebenfalls ein gravierender Unterschied zu ähnlich gelagerten Filmen ist), was man anhand des Inhalts ebenfalls vermuten könnte.

Noch dazu zeichnet sich das Werk durch die völlige Abwesenheit einer Heldenfigur aus. Eigentlich ist es sogar mehr als das: Die Coens treiben ein Motiv des Film noir auf die Spitze, indem sich keiner (!) ihrer Charaktere zur Identifikation eignet. Lediglich ein wenig Sympathie und/oder Mitgefühl vermögen sie abwechselnd zu erwecken; von einer traditionellen Held:innengeschichte ist der Film aber weit entfernt. Umgekehrt sind die Figuren jedoch auch keine gerissenen Superschurk:innen: Alles, was sie tun, ist derart dilettantisch, dass man gelegentlich sogar laut auflachen muss, was ich aber nicht als unfreiwilligen, sondern durchaus bewusst platzierten Humor einordnen würde. Generell macht gerade die Hilflosigkeit der Charaktere den Film überaus bedrückend und realistisch, denn wer selbst kein Profikiller ist, mag sich in einer ähnlichen Situation durchaus so oder so ähnlich anstellen, wie es die Figuren in „Blood Simple“ tun.

Ein grandioses Gesamtpaket.

Die genannten Punkte würden „Blood Simple“ noch nicht zu einem Meisterwerk machen, obwohl ich schon der Meinung bin, dass der Film – speziell zu seiner Entstehungszeit in den 1980ern – allein dadurch wesentlich mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Noch beeindruckender ist aber die Inszenierung des Ganzen: Soundtrack, die sehr spezielle Kameraführung, die immer wieder einzelne Objekte in den Fokus rückt, die gesamte audio-visuelle Ästhetik – all das ist vom Feinsten. Und: Die Darsteller:innen sind schlichtweg großartig und schaffen es scheinbar mühelos, die düstere Stimmung nebst völliger Verwirrung und Überforderung mit der Situation, zum Leben zu erwecken.

Fazit: Ich hätte nicht gedacht, dass mich dieser Film dermaßen abholen würde – und dass er so zeitlos ist. Denn das ist ja häufig ein Problem mit älteren Werken, die man später nachholt: Ihre Ästhetik, ihre Erzählweise und tausend andere Details können mitunter völlig überholt wirken. Das ist bei „Blood Simple“ schlicht und einfach nicht der Fall. Sieht man davon ab, dass es z. B. keine Handys gibt und Frisuren/Kleidung nicht in unsere Zeit passen, kann man sich kaum vorstellen, dass dieser Film bereits 40 Jahre auf dem Buckel hat, so gut ist er erzählt und gespielt. Ich denke, wenn man sich „Blood Simple“ als eine rohere, etwas weniger ausgearbeitete Version von „No Country for Old Men“ (2007) vorstellt, liegt man sicher nicht ganz falsch. Und wenn das keine Empfehlung ist, weiß ich es auch nicht.

Gesamteindruck: 7/7


Originaltitel: Blood Simple.
Regie:
Joel Coen, Ethan Coen
Drehbuch: Joel Coen, Ethan Coen
Jahr: 1984
Land: USA
Laufzeit: ca. 100 Minuten
Besetzung (Auswahl): John Getz, Frances McDormand, Dan Hedaya, M. Emmet Walsh



FilmWelt: Terrifier

Dass sich Clowns als Bösewichte eignen, weiß man nicht erst seit Stephen Kings „Es“: Coulrophobie, die Angst vor Clowns, kommt offenbar recht häufig vor – öfter sogar als die weit bekanntere Höhenangst. Über die Gründe kann man nur spekulieren, allerdings dürften Pennywise & Co durchaus ihren Anteil daran haben, dass sich auch erwachsene Menschen vor den eigentlich positiv besetzten Spaßmachern fürchten.

Gesamteindruck: 2/7


Brutalo-Clown.

So gesehen greift „Terrifier“ (2016) wirklich kein neues Thema auf: Hier ist es Art der Clown, der mordend Angst und Schrecken verbreitet – und das ganz stilecht zu Halloween. Der größte Unterschied zu vielen anderen Geschichten rund um bösartige Killer-Clowns ist der hohe Gore-Gehalt, den Regisseur und Drehbuch-Autor Damien Leone dem Publikum serviert.

Worum geht’s?
In einer Talkshow berichtet eine stark entstellte Frau von Ereignissen, die sich ein Jahr zuvor zugetragen haben: Ein als Clown verkleideter Mann ermordete zu Halloween zahlreiche Menschen auf bestialische Weise. Die einzige Überlebende wurde schwer verletzt und vor allem ihr Gesicht bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt – und das, kurz bevor sich der Mörder vermeintlich selbst richtete…

Tatsächlich fällt es gar nicht so leicht, positive Aspekte an „Terrifier“ hervorzuheben. Am ehesten würde ich in diesem Zusammenhang die herrlich abgeranzten Kulissen nennen, die augenscheinlich mit viel Liebe zum Detail hergerichtet wurden. Die Effekte kann man ebenfalls unter gelungen verbuchen, wobei man an dieser Stelle direkt vor dem überaus hohen Splatter-Faktor warnen sollte: Hier spritzt das Blut, dort werden Gliedmaßen abgetrennt, es fehlt weder an harten Schlägen noch an grausamer Folter. Das alles ist einerseits angemessen ekelhaft – andererseits aber auch so übertrieben, dass man es kaum allzu ernst nehmen kann.

Anmerkung an dieser Stelle: Ich habe mir die FSK18-Fassung (angeblich auch „Uncut“) bei Prime Video angesehen. Das 18er-Siegel lasse ich durchgehen, „Uncut“ halte ich für eine maßlose Übertreibung, denn an mindestens zwei Stellen wurde sehr wohl geschnitten – und das noch dazu reichlich ungeschickt weil deutlich sichtbar. Interessanterweise beginnt der Film arg brutal, sehr explizit und ohne offensichtlichen Schnitt, im weiteren Verlauf der knapp 90 Minuten scheinen die Zensor:innen dann immer öfter zur Schere gegriffen zu haben. Wie das kommt? Ich weiß es nicht – vielleicht wollte man vermeiden, dass zu viele Leute, die sich ein echtes Gorefest erhoffen, bereits nach wenigen Minuten ausschalten?

Kaum Inhalt abseits von Splatter.

Freilich macht der Versuch, den Film für unterschiedliche Altersklassen tauglich zu machen (und die Behörden nicht allzu sehr zu erzürnen), das größte Problem von „Terrifier“ umso offensichtlicher: Nimmt man den Film seinen überzeichneten Splatter-Faktor, bleibt so gut wie nichts übrig. Denn dieses Werk ist, so ehrlich muss man sein, weder sonderlich gruselig noch kann die Story – selbst in diesem sehr speziellen Kosmos – auch nur ansatzweise überraschen oder gar überzeugen. Im Endeffekt dreht sich alles darum, wie der Antagonist seine Opfer um die Ecke bringt. Letzteres zwar mit einem Mindestmaß an Kreativität, viel wirklich Neues gibt es allerdings nicht zu sehen. Leider gibt es auch nur zwei Schauplätze, durch die der Clown seine Opfer verfolgt, was trotz der guten Ausstattung nicht gerade zur Abwechslung beiträgt.

Vor allem aber fehlt es „Terrifier“ an einer gekonnten Inszenierung. Trotz der relativ knappen Spielzeit gibt es einige Längen, viele Szenen wiederholen außerdem nur das, was man aus ähnlich gelagerten Filmen kennt. Eine Story im klassischen Sinne ist nicht vorhanden – so bleiben beispielsweise die Motive des Clowns völlig im Dunkeln, während sich seine Opfer meist ohne Not ziemlich dämlich verhalten. Spannung kommt auf diese Weise kaum jemals auf, Jump-scares und Todesfälle sind meist lange im Voraus zu erahnen. Und, auch nicht ganz unwichtig: Die schauspielerischen Leistungen sind bestenfalls durchwachsen und kaum geeignet, den Film auf ein zumindest durchschnittliches Niveau zu heben. Szenenapplaus würde ich maximal für David Howard Thornton, der Art dem Clown fühlbare Morbidität verleiht, spendieren.

Alles in allem würde ich „Terrifier“ niemandem empfehlen, der Wert auf ein Mindestmaß an Story legt. Wer hingegen nur Splatter sucht, wird einigermaßen gut bedient, sich gleichzeitig aber auch über den einen oder anderen Schnitt in der angeblichen „Uncut“-Fassung ärgern. Ob es eine wirklich ungeschnitte Version des Films gibt, weiß ich allerdings nicht. Wenn ja, könnte es für Gorehounds vielleicht doch noch etwas interessanter werden. Für alle anderen gilt: Muss man nicht unbedingt gesehen haben, auch als Fan des Slasher-Genres nicht.

Gesamteindruck: 2/7


Originaltitel: Terrifier.
Regie:
Damien Leone
Drehbuch: Damien Leone
Jahr: 2016
Land: USA
Laufzeit: ca. 80 Minuten
Besetzung (Auswahl): Jenna Kanell, Samantha Scaffidi, David Howard Thornton, Catherine Corcoran



FilmWelt: Life

„Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ (1979) war einer der ersten Filme, der einem breiteren Publikum gezeigt hat, dass das Universum ein dunkler, gefährlicher Ort sein kann. Und, dass es gut möglich ist, dass außerirdische Lebensformen nicht unbedingt – wie z. B. in „Star Trek“ üblich – menschlich aussehen und handeln müssen. In eine ähnliche Kerbe schlägt knapp 40 Jahre später „Life“ (2017).

Gesamteindruck: 4/7


Es lebt.

Wieso ich die „Alien“-Reihe so prominent erwähne? Nun, einerseits ist das Thema, das in „Life“ behandelt wird, sehr ähnlich; wobei es mittlerweile sehr viele Filme gibt, die sich, mal mehr, mal weniger gelungen, mit einer ähnlichen Prämisse auseinandersetzen. Andererseits wurde „Life“ 2017 veröffentlicht, also ausgerechnet in jenem Jahr, in dem Kult-Regisseur Ridley Scott mit „Alien: Covenant“ seinen ersten „Alien“-Film seit 1979 inszenierte. Dass der alles andere als rund war, habe ich in meiner Rezension herauszuarbeiten versucht. „Life“ hat im Vergleich dazu zumindest den Vorteil, für sich alleine zu stehen und kann damit nicht an der (unrealistischen?) Erwartungshaltung scheitern, die man einem alten Franchise gegenüber hat. So richtig vermag aber auch vorliegende Variante des Weltraum-Horrors leider nicht zu begeistern.

Worum geht’s?
An Bord der Internationalen Raumstation (ISS) herrscht euphorische Stimmung: Soeben ist es der Besatzung gelungen, Spuren von Leben in Bodenproben, die auf dem Mars gesammelt wurden, nachzuweisen. Nachdem es dem wissenschaftlichen Leiter der Mission glückt, den mikroskopischen Organismus, der sich zunächst in einer Art Winterschlaf befindet, zu wecken, beginnt das Wesen schnell zu wachsen. Bald stellt sich heraus, dass die „Calvin“ genannte Lebensform überaus gefährlich ist…

Grundsätzlich machen Regisseur Daniél Espinosa und die Drehbuchautoren Rhett Reese und Paul Wernick viele Dinge richtig. So spielt „Life“ beispielsweise nicht in einer fernen Zukunft. Im Gegenteil: Alles wirkt sehr vertraut und manches heute – sechs Jahre nachdem der Film gemacht wurde – fast schon überholt. Ein solches Setting in zeitlicher und räumlicher Nähe zum Publikum hat den Vorteil, dass alles viel unmittelbarer wirkt und man sich fragt, ob das, was in „Life“ passiert, sich vielleicht morgen auf der echten ISS abspielen könnte. Und, auch nicht unwichtig: Die fremde Lebensform kommt vom Mars, also aus unserer unmittelbaren Nachbarschaft und einem Planeten, der sich nach wie vor perfekt eignet, die Fantasie der Menschheit anzuregen.

Schöne Prämisse verpufft schnell.

Die Prämisse ist also glaubwürdig und die Story in ihren Grundzügen durchaus interessant, was auch Ausstattung, Ton und Bühnenbild zu verdanken ist. Leider verpufft all das, sobald man feststellt, dass „Life“ diese Ausgangslage kaum nutzt: So ist die Handlung von Anfang an vorhersehbar und die Charaktere verhalten sich nicht gerade schlau – was beides nicht so schlimm wäre, wenn wenigstens richtige Gruselstimmung aufkommen würde. Denn, seien wir uns ehrlich: Die Story von „Alien“ passt auch auf einen Bierdeckel. Dort ist allerdings das düstere Setting unglaublich intensiv, während die Effekte und speziell auch die Beleuchtung verhindern, dass „Life“ eine ähnlich unheilvolle Atmosphäre aufbauen kann.

Gleichzeitig (und auch dadurch bedingt) mangelt es an Spannung: Man weiß nicht nur, was ungefähr als nächstes passiert, sondern man man bekommt viel zu schnell viel zu viel zu sehen. Das mag zwar die Neugier befriedigen, nimmt dem Film aber auch jeglichen Schrecken. „Alien“ war ja gerade deshalb so spannend und unheimlich, weil man das Wesen praktisch nie richtig zu Gesicht bekommen hat. Klar, das mag der Not, keine vernünftigen Effekte gehabt zu haben, geschuldet gewesen sein; dennoch wurden damit Ur-Ängste geschürt, die „Life“ aufgrund seiner Machart einfach nicht adressieren kann.

Figuren bestenfalls Mittelmaß.

Was die Figuren betrifft, bin ich ambivalent: Bis auf zwei (Jake Gyllenhaal als David Jordan und Rebecca Ferguson als Miranda North) sind alle Kanonenfutter. Dessen waren sich die Verantwortlichen freilich von Anfang an bewusst, was normalerweise kein Problem ist. Nur merkt man leider sehr deutlich – zumindest meinte ich das zu spüren – dass man sich genau deshalb kaum die Mühe gemacht hat, dem Cast ein vernünftiges Profil zu verleihen. Dafür reichen ja häufig kleine Anspielungen, an denen man sich als Zuschauer:in, so man sie überhaupt bewusst wahrnimmt, festhalten kann. Mir ist bei „Life“ aber so gut wie nichts in diese Richtung aufgefallen, sodass die Charaktere großteils fast so flach scheinen, wie man es aus vielen Teenie-Horror-Streifen kennt.

Immerhin sind die beiden Hauptpersonen einigermaßen interessant (oder zumindest interessant dargestellt): Gyllenhaal spielt den an der Mission zweifelnden, immer ein wenig depressiv und nachdenklich wirkenden Wissenschaftler sehr gut; derartige Charaktere sind ohnehin eine Art Paraderolle des US-Schauspielers, wie ich finde. Eine passend unterkühlt wirkende Rebecca Ferguson verkörpert seine Gegenspielerin, die für die Seuchenkontrolle zuständig ist, mitunter also ganz andere Ziele verfolgt. Letztlich dreht sich alles um diese zwei Figuren, was „Life“ zwar nicht wirklich zu einem Kammerspiel macht, aber zumindest ein wenig in Richtung eines solchen deutet. Schade ist hingegen, dass die guten Performances durch Gyllenhaal und Ferguson nicht ganz überdecken können, dass auch diese beiden Rollen durchaus besser ausgearbeitet hätten sein können.

Häufig ist der eigentliche Star bei Filmen wie „Life“ jedoch ohnehin kein Mensch: Der außerirdische Organismus und die Umgebung sorgen oft für den Löwenanteil an Nervenkitzel beim Publikum. Zum Set habe ich weiter oben schon ein paar Worte verloren: Einerseits schön, zeitgenössische Technik und einen Ort zu haben, den man zumindest vage erkennt. Andererseits ist es nicht ganz gelungen, die ISS selbst (oder zumindest den Weltraum, in dem sie sich ja befindet) zu einer bedrohlichen Umgebung zu machen. Auch hier wieder: Schade, wobei es sogar ein wenig verständlich ist, weil man wohl stark auf Realismus geachtet hat.

Von „Calvin“ bin ich leider nicht sonderlich überzeugt. Ein wenig unheimlich ist es zwar, wenn eine scheinbar formlose Masse immer gefährlicher und größer wird sowie Anzeichen von Intelligenz zeigt. So richtig bedrohlich wirkt das Vieh aber nicht, man sieht es ja ständig, ist über seine Fähigkeiten ziemlich gut im Bilde – und hat damit einfach Probleme, weil ein Teil seiner Gefährlichkeit (wie man deutlich merkt) allein dramaturgischen Gründen geschuldet ist. Wer es sich übrigens nicht so richtig vorstellen kann: Mich hat „Calvin“ stark an die Mimics aus dem Spiel „Prey“, das interessanterweise ebenfalls 2017 veröffentlicht wurde, erinnert.

Es fehlt etwas.

Im Endeffekt macht „Life“ zwar einiges richtig und ist weit davon entfernt, ein schlechter Film zu sein: Technisch und formell passt alles gut zusammen, am Cast ist wenig auszusetzen, das Pacing stimmt auch. Dennoch will der Funke nicht richtig überspringen – und genau solche Filme sind ja immer sehr schwierig zu bewerten und beschreiben. Vielleicht ist es am ehesten so: Es fehlt „Life“ irgendwie an… Leben. Alles wirkt zu routiniert, zu sehr wie eine Auftragsarbeit, auf die niemand so richtig Bock gehabt hat, die man aber trotzdem möglichst gut über die Bühne bringen wollte. Es fehlt an Leidenschaft, zumindest war das mein ganz persönlicher Eindruck, den man freilich nicht so richtig fassen kann

Was den Film übrigens rettet bzw. zumindest über eine noch schwächere Wertung hinaus trägt: Das Finale ist grandios inszeniert und mithin das einzige an „Life“, das bei mir nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Dabei beginnt es recht konventionell und alienesk, indem die Rettungskapseln genutzt werden. Innen- und Außenaufnahmen suggerieren dann auch ein erwartbares Ende bis man feststellt, das zum Schluss doch alles ganz anders kommt. Ich weiß: Das ist schwer vorstellbar – aber vertraut mir, dieses Finale hat sich gewaschen und wiegt die Schwächen der 90 Minuten davor (wobei ich die – wie gesagt – keineswegs katastrophal finde) beinahe auf.

Soll man sich „Life“ nun aber ansehen oder nicht? Das wird jetzt niemand lesen wollen, aber: Ich weiß es wirklich nicht. Der Film fühlt sich nicht wie Zeitverschwendung an, er hinterlässt aber auch nicht das befriedigende Gefühl, etwas Großes erlebt zu haben. Er ist irgendwo mittendrin und darum kann und will ich weder eine Empfehlung noch eine Warnung aussprechen.

Gesamteindruck: 4/7


Originaltitel: Life.
Regie:
Daniél Espinosa
Drehbuch: Rhett Reese, Paul Wernick
Jahr: 2017
Land: USA
Laufzeit: ca. 100 Minuten
Besetzung (Auswahl): Jake Gyllenhaal, Rebecca Ferguson, Ryan Reynolds, Hiroyuki Sanada



FilmWelt: Star Trek V: Am Rande des Universums

Aus heutiger Sicht wirkt es wie ein großer Schritt zurück: Leonard Nimoy hatte als Regisseur von „Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart“ (1986) versucht, dem Franchise nach drei düster-dramatischen Kinoabenteuern eine weniger philosophische, deutlich leichtere Anmutung zu geben. Der Erfolg gab ihm Recht, was William Shatner jedoch nicht davon abhielt, drei Jahre später einen ganz anderen Weg einzuschlagen. In seiner Vision spielte Religion und deren missbräuchliche Verwendung eine große Rolle und es sollten jene großen Fragen aufgeworfen werden, die 1979 schon „Star Trek: Der Film“ zu einem so schwer verdaulichen Brocken gemacht hatten.

Gesamteindruck: 2/7


Das größte Abenteuer aller Zeiten?

Die Beziehung zwischen den Herren Shatner und Nimoy dürfte zu den merkwürdigsten in der Geschichte von Film und Fernsehen gehören: Grundsätzlich sollen die beiden zumeist wohl freundschaftlich miteinander umgegangen sein – mit dem Erfolg von „Raumschiff Enterprise“ (1966-1969) dürfte jedoch enormes Konkurrenzdenken Einzug gehalten haben. Das gipfelte darin, dass die Paramount Studios beiden vertraglich zusichern mussten, in allen Belangen mindestens „das Gleiche“ wie der jeweils Andere zu erhalten. Und das beschränkte sich nicht nur auf die Gage, sondern trieb teils sonderbare Blüten (gerüchteweise soll sogar auf die peinlich genaue Aufteilung von Screentime und Dialogzeilen geachtet worden sein, gern auch ohne Rücksicht auf dramaturgische Erfordernisse). So kam es dann auch dazu, dass Shatner nach zwei von Nimoy inszenierten „Star Trek“-Abenteuern 1989 selbst im Regiestuhl Platz nehmen und seine Ideen verwirklichen durfte. Andernfalls, so pfeifen es die Spatzen von den Dächern, hätte er sich nicht dazu überreden lassen, in „Star Trek IV“ überhaupt mitzuspielen…

Worum geht’s?
Die Crew der neu in Dienst gestellten „U.S.S. Enterprise“ (NCC 1701-A) genießt gerade ihren wohlverdienten Urlaub, als ein Notruf bei der Sternenflotte eingeht: Auf Nimbus III, einem Planeten in der neutralen Zone, ist es zu einer Geiselnahme gekommen. Die „Enterprise“ unter dem Kommando von Captain James T. Kirk soll die Situation klären. Dieser Versuch misslingt, die Aufständischen bekommen das Schiff unter ihre Kontrolle und steuern das Zentrum der Galaxis an. Dort, hinter einer vermeintlich undurchdringlichen Energiebarriere, soll das geheimnisvolle Sha-Ka-Ree liegen…

Ich nehme es mal vorweg: Vorliegender Film ist ein Werk mit vielen Schwächen. Als erste davon springt dem geneigten Fan natürlich der unpassende deutsche Titel ins Auge: Einerseits geht damit das Flair des Originals, das mit „The Final Frontier“ den Vorspann der klassischen Serie („Space… the final frontier“) aufgreift, verloren. Sinngemäß hätte es hier also entweder wörtlich „Die letzte Grenze“ oder aber so etwas wie „unendliche Weiten“ heißen müssen (letzteres ergibt freilich auch keinerlei Sinn, wäre aber passend zum deutschen Intro der Serie gewesen). Andererseits ist die „Übersetzung“ auch inhaltlich falsch: Die „Enterprise“ reist im Film ins Zentrum der Milchstraße, was so ziemlich das Gegenteil vom Rand des Universums ist. Eine Kleinigkeit? Mag sein, aber irgendwo auch symptomatisch für die Qualität von „Star Trek V“.

Viele Köche…

Eines sollte man zunächst klarstellen, weil man relativ häufig darüber stolpert: William Shatner ist meiner Ansicht nach keineswegs allein am inhaltlichen und finanziellen Fiasko von „Star Trek V“ schuld. Sein religionskritischer Ansatz wäre meines Erachtens sogar eine starke und zum Geist der Marke passende Idee gewesen (wobei ich nicht weiß, wie weit seine Entwürfe ausgearbeitet waren bzw. was er darin alles vorgesehen hatte). Letzten Endes fand jedoch ein Gutteil seiner Vorschläge wenig Anklang bei Paramount. Und nicht nur dort, Teile des Skripts wurden von „Star Trek“-Schöpfer Gene Roddenbery, der damals schwerpunktmäßig als Produzent der neuen Serie, „Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert“ („Star Trek: The Next Generation“), tätig war, abgelehnt. Aber auch Shatners Co-Stars Leonard Nimoy (Spock) und DeForest Kelley (Dr. McCoy) waren mit jenem Teil der Story nicht einverstanden, von dem sie eine Beschädigung ihrer Charaktere befürchteten. Das Ende vom Lied: Das Drehbuch wurde mehrfach und von verschiedenen Personen umgeschrieben und überarbeitet, was – im Gegensatz zu den Filmen davor – jedoch zu keinem sonderlich befriedigenden Ergebnis führte; das auch, weil Paramount aufs Tempo drückte und sich eine eigentlich dringend notwendige Feinabstimmung schlicht nicht mehr ausging.

Der immense Zeitdruck hatte auch auf einen anderen Aspekt des Films negativen Einfluss: Industrial Light & Magic, jene Firma, die bereits für die drei vorangegangenen „Star Trek“-Kinofilme die Effekte erstellt hatte, stand nicht zur Verfügung. Ein anderes Unternehmen (Associates and Ferren) wurde zwar gefunden, allerdings waren Budget und Zeit mittlerweile sehr knapp geworden. Zu allem Überfluss mischte sich Shatner bei den Effekten angeblich viel zu häufig in Details ein, was die Arbeit noch komplizierter und zeitraubender machte. Die Folge: „Star Trek V“ sieht optisch zum Teil minderwertiger aus als die 10 Jahre zuvor (!) erschienene Kinopremiere, die in dieser Hinsicht ebenfalls eine sehr wechselhafte Geschichte hat. Übrigens: Sollten die Sets der „Enterprise“ jemandem bekannt vorkommen, ist das kein Wunder – ein Gutteil davon wurde, um Kosten zu sparen, von „The Next Generation“ ausgeborgt. Das erklärt, warum die Gänge der zwei Raumschiffe, zwischen deren Einsatz im „Star Trek“-Kosmos über 80 Jahre liegen, sich so ähneln.

Was man in Hinblick auf die schwierige Genese des Films im Übrigen auch nicht unterschätzen sollte und was vermutlich sehr wohl dem Regisseur und Hauptdarsteller in Personalunion anzulasten ist: William Shatner hatte sich bereits zu Zeiten von „Raumschiff Enterprise“ den zweifelhaften Ruf erarbeitet, ein Egozentriker vor dem Herrn zu sein. Was von den Vorwürfen, die sich vor allem um Selbstüberschätzung und divenhaftes Verhalten drehen, wahr ist, kann und will ich nicht beurteilen; was jedenfalls gesichert scheint: Im Gegensatz zum amikalen und freundlichen Leonard Nimoy tat sich Shatner im Umgang mit Kolleg:innen und Filmcrew überaus schwer. Für einen Schauspieler mag das noch angehen, vor allem, wenn es einen Regisseur gibt, der mit diversen Anwandlungen umzugehen weiß. Spielt eine solch schillernde Persönlichkeit jedoch nicht nur die Hauptrolle, sondern hat, wie in vorliegendem Fall, auch hinter der Kamera das Sagen, mag das schon ein Puzzlestein sein, der zur fragwürdigen Qualität des Werkes beigetragen hat.

…viele Enttäuschungen.

Nach dieser langen Vorrede, die ich als notwendig erachte, um die Probleme von „Star Trek V“ zu begreifen, kommen wir nun endlich zum Inhalt. In seiner ursprünglichen Idee wollte William Shatner, die manipulativen Methoden von pseudo-religiösen (Fernseh-)Predigern und die Konsequenzen, die es haben kann, wenn man ihnen aufsitzt, aufzeigen. Grundsätzlich ein lobenswerter Ansatz, an der Umsetzung hapert es aber leider gewaltig. Das beginnt bereits bei der Besetzung: Dem üblichen Cast um Shatner, Nimoy und Kelley kann man kaum etwas vorwerfen, alle spielen ihre Rollen einmal mehr gewohnt solide. Wobei ich an dieser Stelle eines anmerken muss: Das Shatner gleich nach der Exposition dem Publikum weismachen möchte, ein sichtlich gealterter und zumindest leicht in die Breite gewachsener James T. Kirk wäre in der Lage, den berühmt-berüchtigten El Capitan im Yosemite-Nationalpark zu bezwingen, lässt für den Rest des Films nichts Gutes erwarten. Glücklicherweise bleibt es bei diesem Superhelden-Moment, davon abgesehen gibt es an der Darstellung der Helden wenig auszusetzen. Im Gegenteil, das Triumvirat, wie es mein liebster „Star Trek“-Podcast nennt, hat ein paar richtig gute, herzerwärmende Momente.

Was hingegen weniger passend ist: Der Antagonist, gespielt von Laurence Luckinbill. Ich möchte dem guten Mann, von dem ich vorher noch nie etwas gehört habe, nicht zu nahe treten – jenes Charisma, das die Handlung Sybok, so der Name der von ihm gespielten Figur, zuschreiben möchte, hat er jedoch bei weitem nicht. Schon als ich den Film in sehr jungen Jahren erstmals gesehen habe, wirkte Sybok auf mich nicht gefährlich und unberechenbar, sondern ganz nett, manchmal sogar trottelig-naiv. An diesem Eindruck hat sich bis heute nichts geändert, was für einen Antagonisten freilich ein vernichtendes Urteil ist. Erschwerend kommt der Hintergrund des Charakters hinzu: Es handelt sich dabei um den vorher und nachher nie wieder erwähnten Halbbruder eines gewissen vulkanischen Wissenschaftsoffiziers. Wer nun denkt, daraus würde sich eine Art Familien-Drama ergeben, wird bitter enttäuscht: Dass Spock und Sybok verwandt sind, spielt nach der zugegeben schockierenden Enthüllung keinerlei Rolle mehr. Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen: Man führt hier aus dem Nichts ein, dass eine der wichtigsten Figuren des gesamten Star Trek-Universums einen Bruder hat, der – warum auch immer – nie erwähnt wurde. Und macht daraus… absolut nichts! Ich kann das bis heute kaum glauben, ehrlich gesagt. Offen bleibt indes die Frage, ob der Wunschkandidat für diese Rolle, Sean Connery (an dem sich Luckinbill optisch stark orientiert haben dürfte), mehr daraus gemacht hätte.

Ein schwacher Antagonist ist natürlich eine denkbar schlechte Ausgangsbasis für einen Film wie diesen. Leider knarzt und kracht es auch anderweitig im Gebälk – und damit meine ich nicht die kaum funktionierende, neue „Enterprise“, die ihren Captain ärgert. Wobei man auch das, bei allem Unterhaltungswert, den es zweifelsohne hat, kritisieren könnte: Sowohl die Fehlfunktionen des Schiffes als auch das, was dann auf der Reise ins Unbekannte folgt, wirkt wie 1:1 aus „Star Trek: Der Film“ übernommen. Nur halt auf völlig andere Art, denn hier sorgt das kaputte Schiff für Spaß beim Publikum, während es 1979 noch für den Tod mehrere Besatzungsmitglieder verantwortlich war. Und die Reise an den Rand… pardon, ins Zentrum der Galaxis? Auch das ist ein echtes Mirakel: Zunächst schwadroniert man lang und breit über die Unmöglichkeit, durch die ominöse Energiebarriere zu kommen – nur um es dann ohne Probleme und in einer sehr knappen, optisch eher unbeholfenen Sequenz zu schaffen. Nicht falsch verstehen: Ich gehöre zu jenen, die den minutenlangen Flug in die Energiewolke aus „Star Trek: Der Film“ gerne im schnellen Vorlauf sehen. Das ändert aber nichts daran, dass man sich bei der entsprechenden Szene in „Star Trek V“ fragt, wozu Sybok überhaupt die „Enterprise“ kapern musste – so leicht scheint es zu sein, die letzte Grenze zu überwinden. Dass „Star Trek“ 1989 eigentlich längst so weit war, eine Distanz wie diejenige ins galaktische Zentrum realistisch zu sehen (d. h. die Reise dorthin geht grundsätzlich viel zu schnellt vonstatten, ohne dass das erklärt wird), lasse ich mal so stehen.

Probleme bis zum Schluss.

Abschließend noch zwei Punkte, die ich kurz ansprechen möchte: Jene Szene, in der Sybok zunächst McCoy, dann Spock vermeintlich „umdreht“, fand ich gut. Heute hätte man hier wohl die ursprüngliche Idee von Shatner aufgegriffen und Kirk wäre tatsächlich von seinen engsten Freunden verraten worden. Dass man 1989 in dieser Hinsicht noch anders tickte, würde ich Leonard Nimoy und DeForest Kelley, die für eine Änderung plädiert haben, nicht unbedingt vorwerfen wollen. Was mir hier aber dennoch fehlt: Was ist der geheime Schmerz von Kirk? Das erfahren wir leider nicht und ich frage mich, woran das liegt. Schade, hier hätte man dann doch ein paar neue Einblicke geben können; wobei man sagen muss, dass speziell das, was Spock seelisch mit sich herumschleppt, alles andere als überraschend kommt.

Und dann wäre da noch das Finale (nicht das eigentliche Finale im Yosemite-Park, sondern das, was man als Höhepunkt des Films bezeichnen könnte): Man dringt ins Zentrum der Galaxis vor, wo Sybok das Paradies vermutet. Wie er zu dieser Annahme gekommen ist, wird übrigens nie erklärt, aber was soll’s. Dort angekommen findet man… ja, was eigentlich? Gott? Natürlich nicht – es scheint vielmehr eines dieser vielen übermächtigen Wesen zu sein, denen wir in „Star Trek“ an fast jeder Ecke begegnen. Kann man freilich so machen, ausgelutscht war dieses Thema aber auch 1989 schon. Zumal ich es nochmal erwähnen muss: Wir haben es auch hier mit einer Prämisse zu tun, die der von „Star Trek: Der Film“ stark ähnelt: Dort war ein Wesen (V’Ger) auf der Suche nach seinem Schöpfer (den Menschen), hier sind es die Menschen (bzw. menschenähnlichen Außerirdischen), die ihren Schöpfer suchen. Beides geht nicht gut aus, was freilich auch nicht überraschen sollte.

Fazit: Sehr schwach.

Eigentlich hatte ich „Star Trek V“ in guter Erinnerung, denn als Kind hat mich durchaus beeindruckt, was es hier zu sehen gibt. Es könnte sogar sein, dass es sich hierbei um den ersten „Star Trek“ handelt, den ich nach „Der Film“ gesehen habe, was erklären könnte, warum ich er mir gefallen hat: Heller, lustiger, leichter, straffer – all das war für mein kindliches Ich einfacher zu fassen. Später konnte ich über den Humor immer noch ganz gut lachen, fand die Story aber ziemlich schwach. Und heute? Mittlerweile weiß ich, dass es viel, viel besser geht und schaffe es nicht mehr, über die deutlichen Mängel dieses zusammengeschusterten Werks hinwegzusehen.

„Am Rande des Universums“ ist für mein Dafürhalten in jeder Hinsicht einer der Tiefpunkte der „Star Trek“-Historie. Von den Kinofilmen mit der alten Crew ist es mit Abstand der Schwächste, die TNG-Mannschaft hatte zumindest zwei, eher drei stärkere Filmauftritte als diesen – und die jüngsten Abenteuer kann und darf man eigentlich nicht mehr mit dem alten Trek vergleichen. Sorry, Bill Shatner: Das war wirklich nix!

Gesamteindruck: 2/7


Originaltitel: Star Trek V: The Final Frontier.
Regie:
William Shatner
Drehbuch: William Shatner, David Loughery, Harve Bennett
Produktion: Harve Bennett
Jahr: 1989
Land: USA
Laufzeit: ca. 107 Minuten
Besetzung (Auswahl): William Shatner, Leonard Nimoy, DeForest Kelley, Laurence Luckinbill, James Doohan, Nichelle Nichols



FilmWelt: Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart

Der erste Ausflug ins Kino hatte die Crew der „U.S.S. Enterprise“ in ein ungewohnt düsteres Abenteuer geführt: „Star Trek: Der Film“ (1979) hatte so gut wie nichts von der Leichtigkeit, mit der die Serie „Raumschiff Enterprise“ (1966-1969) ähnliche Stories abgehandelt hatte. Mit den nachfolgenden Filmen änderte sich die Stimmung und man näherte sich im Verhältnis zwischen Humor und Drama wieder den Ursprüngen des Franchise an. Und dann kam „Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart“ (1986), das noch einen Schritt weiter ging und das Roddenberry’sche Universum erstmals in Form einer reinrassigen Komödie präsentierte.

Gesamteindruck: 7/7


Beste 80er-Jahre-Unterhaltung.

Die Credits von „Star Trek IV“ bargen für mich – als damals jugendlichen Zuschauer, weit vor dem Internet-Zeitalter – eine echte Überraschung: Leonard Nimoy hatte als Regisseur eine Komödie inszeniert und war auch am Drehbuch beteiligt gewesen. Ausgerechnet er, den ich nur in der Rolle des vollkommen emotionslosen Spock kannte, hatte es geschafft, ein Millionenpublikum zum Lachen zu bringen. Ich konnte das damals einfach nicht mit jenem Nimoy (bzw. Spock), den ich über viele Jahre kennen- und verstehen gelernt hatte, zusammenbringen. Und sogar mit dem heutigen Wissen kann ich zu dieser Konstellation letztlich nur eines sagen: „Faszinierend“.

Worum geht’s?
Auf dem Planeten Vulkan bereiten sich Admiral James T. Kirk und seine Offiziere auf die Rückkehr zur Erde vor. Dort erwartet sie eine Gerichtsverhandlung, in der sie sich u. a. für die Entführung und Zerstörung der „U.S.S. Enterprise“ verantworten sollen. Soweit kommt es jedoch nicht: Die Erde wird – so erfährt man über Funk – von einer unbekannten Sonde angegriffen. Alle Versuche einer Kontaktaufnahme scheitern, eine Verteidigung scheint unmöglich. Die rettende Idee: Ein Zeitsprung, um zwei Buckelwale zu besorgen. Denn, so die Theorie, nur die im 23. Jahrhundert längst ausgestorbenen Meeressäuger sollen in der Lage sein, die Rufe der Sonde zu beantworten. Ein gewagtes Manöver, vor allem angesichts des ungewöhnlichen Fluggerätes, mit dem man seit der Vernichtung der „Enterprise“ unterwegs ist…

„Zurück in die Gegenwart“? Da klingelt es natürlich: Robert Zemeckis‘ Zeitreise-Komödie „Zurück in die Zukunft“ war 1985 erschienen, hatte weltweit über 380 Millionen Dollar eingespielt und gilt bis heute zu Recht als eines der filmischen Highlights der 1980er und weit darüber hinaus. Das soll nun nicht heißen, dass für den 4. Teil der „Star Trek“-Kinoreihe von jenem Blockbuster abgekupfert wurde; im Gegenteil, war man in „Raumschff Enterprise“ doch bereits in den 1960ern mehrfach durch die Zeit gereist. Es mag aber durchaus sein, dass erst der Mega-Blockbuster mit Michael J. Fox die Verantwortlichen bei Paramount Pictures überzeugt hatte, tatsächlich grünes Licht für das ungewohnte Format der Komödie zu geben. Der deutsche Verleih setzte dann freilich noch einen drauf, denn auf Englisch heißt „Zurück in die Gegenwart“ schlicht „The Voyage Home“, was nicht nur der per se stärkere Titel ist, sondern auch jegliche Verwechslung mit „Back to the Future“ ausschließt. Übrigens: Das 4. Abenteuer der „Star Trek“-Crew spielte 133 Millionen Dollar ein. Ein gigantischer Erfolg für Paramount – von Zahlen, wie sie „Zurück in die Zukunft“ erzielt hatte, konnte man indes nur träumen.

Mit Spaß die Welt retten.

Die Geschichte, die „Star Trek IV“ erzählt, ist auf den ersten Blick ganz klassisch: Es gilt, die Welt vor einer übermächtigen Bedrohung zu retten; dass nur unsere Helden dazu in der Lage sind, ist klar. Wie üblich wird die Handlung genutzt, um zentrale Probleme des Zeitgeschehens aufzugreifen – dazu gehörten in den 1980ern u. a. die fortschreitende Umweltverschmutzung und der immer noch nicht ausgestandene Kalte Krieg. All das ist nun nicht sonderlich innovativ und auch die Idee, mittels Zeitreise den Schaden zu reparieren, den die Menschheit durch ihr kurzsichtiges Verhalten angerichtet hat, ist kein Kniff, der noch nie dagewesen wäre. Gerade aus letzterem ergibt sich allerdings die Komik, von der der Film letztendlich lebt. Will sagen: „Star Trek IV“ mag sich dem einen oder anderen ernsten Thema widmen, eine Botschaft, die über ein recht allgemeines „seid doch nicht so grausam zu Mutter Natur!“ hinausgeht, verbirgt hier meines Erachtens jedoch nicht dahinter. Was nicht heißen soll, dass das ein unwichtiges Anliegen wäre – als „Star Trek“-Fan ist man diese relativ simple und geradlinige Ansprache jedoch nicht unbedingt gewohnt.

Letzten Endes gibt es gar nicht so viel über die Handlung von „Star Trek IV“ zu sagen. Der Film lebt – wie angemerkt – davon, dass die Protagonist:innen von einer für sie ungewohnten Situation in die andere stolpern. Mal schimpft Kirk wie ein Rohrspatz los, als er fast überfahren wird, dann wieder wundert sich Pille über die primitiven Methoden im hiesigen Krankenhaus, während Scotty versucht, mit einem altmodischen MS-DOS-PC zu hantieren. Und Spock? Der ist höchst verdutzt über Sprache und Gebräuche der Erdenmenschen des 20. Jahrhunderts. Neugierig ist er als Wissenschaftler freilich auch – und er versucht sich anzupassen, indem er sich beispielsweise in der Verwendung „farbiger Metaphern“ übt. Kurzum: Ein riesengroßer Spaß für jede:n, der:die auch nur ansatzweise etwas mit den Action-Komödien der 1980er anfangen kann. Angemerkt sei an dieser Stelle noch, dass der Film durchaus spannend ist, auch wenn man zugeben muss, dass echte Überraschungen fehlen.

Ungewohntes Terrain.

Das alles kommt freilich nicht von ungefähr: Produzent Harve Bennett und Regisseur Leonard Nimoy hatten von Anfang an geplant, ihr Werk leichtfüßiger und ohne die teils ausgesprochen düstere Dramatik der drei vorangegangenen Filme zu gestalten. Die frühen Versionen des Drehbuchs überzeugten die Paramount-Bosse jedoch nicht (aus ihnen wurde wohl nur das grundlegende Element der Zeitreise übernommen), es folgten mehrere Autoren-Wechsel, bis schließlich die Zusammenarbeit von Harve Bennett und Nicholas Meyer (der in „Star Trek II“ Regie geführt und am Drehbuch mitgewirkt hatte), zur Freigabe durch das Studio führte. Die Arbeitsteilung dürfte dabei recht strikt gewesen sein: Bennett zeichnete für jene Teile des Skripts verantwortlich, die vor dem Zeitsprung spielen, Meyer schrieb alles, was im San Francisco der 1980er passiert und brachte damit quasi nebenbei auch die gesamte Komik ins Drehbuch. Von Bennett kam außerdem das Ende, das wiederum leicht von Meyer überarbeitet wurde und damit als Gemeinschaftsprodukt der beiden gelten kann.

Noch ein Wort zur Personalsituation: Während Leonard Nimoy seit dem von ihm inszenierten „Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock“ (1984) nichts mehr von seinem zuvor gefassten Entschluss, die spitzen Ohren endgültig an den Nagel zu hängen, wissen wollte, war es diesmal William Shatner, den man nur mit geradezu fürstlichen Zuwendungen an Bord holen konnte. Angeblich waren seine finanziellen Forderungen sogar ausschlaggebend dafür, dass man sich im Hause Paramount dazu entschied, im TV künftig auf eine komplett neue Crew mit unbekannten, ergo günstigen, Schauspieler:innen zu setzen, was ab 1987 dann ja auch tatsächlich passierte. Woran das alles jedoch nichts ändert: Beide, sowohl Shatner als auch Nimoy, legen in vorliegendem Film eine grandiose Performance hin. Die Chemie stimmt speziell zwischen diesen beiden (wobei auch der Rest des Casts bestens drauf ist), vermutlich auch, weil sie ihre Rollen diesmal völlig anders anlegen dürfen. Wohl vor allem deshalb fällt es nicht ins Gewicht, dass „Zurück in die Gegenwart“ über keinen Bösewicht im eigentlichen Sinne verfügt.

Weiters erwähnenswert: Ein famoser Soundtrack, der unterstreicht, in welch ungewohnter Umgebung sich die sonst so schneidigen Sternenflotten-Offiziere befinden, die gute Qualität der Effekte – und natürlich der Drehort. Nun ist San Francisco per se ja keine sonderlich aufregende Location, in Verbindung mit der Story und den Charakteren wirkt die Stadt jedoch wie der optimale Hintergrund. Und auch aus heutiger Sicht weckt die Kulisse ein gutes und authentisches Gefühl von 1980er-Stimmung. Nostalgie? Mag sein, aber mir hat die Stimmung des Films in dieser Hinsicht wirklich gut gefallen.

Fazit: Ich glaube, „Zurück in die Gegenwart“ reizt das Maximum, das in „Star Trek“ in Sachen Humor möglich ist, aus. Leonard Nimoy schafft hier etwas, das man vermutlich auch bei Paramount nicht für möglich gehalten hätte: Er mischt Science Fiction, Action und – nennen wir das Kind beim Namen – Slapstick zu einem Cocktail, der einfach schmeckt und den maximalen Wohlfühlfaktor bietet. Dabei ist eines aber ganz wichtig festzuhalten: Dieses Werk schießt zu keinem Zeitpunkt über das Ziel hinaus und steht trotz der wohl ungewöhnlichsten Herangehensweise aller bis heute erschienen Filme voll und ganz im Geiste dessen, was „Star Trek“ ausmacht. Diesen Spagat hinzubekommen und damit auch noch großen Erfolg zu feiern ist wirklich aller Ehren wert.

Alles andere als die Höchstwertung wäre hierfür selbstredend zu wenig. Und auch, wenn ein kleines Stück zur herausragenden Qualität eines „Zurück in die Zukunft“ fehlt, würde ich „Zurück in die Gegenwart“ allen ans Herz legen, die etwas mit geradliniger und unterhaltsamer 1980er-Action anfangen können. „Star Trek“-Fans kommen ohnehin nicht daran vorbei.

Gesamteindruck: 7/7


Originaltitel: Star Trek IV: The Voyage Home.
Regie:
Leonard Nimoy
Drehbuch: Nicholas Meyer, Harve Bennett, Steve Meerson, Peter Krikes, Leonard Nimoy
Produktion: Harve Bennett
Jahr: 1986
Land: USA
Laufzeit: ca. 120 Minuten
Besetzung (Auswahl): William Shatner, Leonard Nimoy, DeForest Kelley, Jane Wyatt, James Doohan, Walter Koenig



FilmWelt: Im Westen nichts Neues (2022)

„Im Westen nichts Neues“ (2022) ist die dritte Verfilmung des 1929 veröffentlichten, gleichnamigen Romans von Erich Maria Remarque. Nach zwei US-Produktionen (1930 und 1979) ist vorliegendes Werk die erste deutsche Verfilmung des Stoffes und ist zum Zeitpunkt dieser Rezension im Jänner 2023 für zahlreiche internationale Preise nominiert. Wieso meine eigene Bewertung weit weniger euphorisch ausfällt, versuche ich im Folgenden herauszuarbeiten.

Gesamteindruck: 4/7


Adaption mit Makeln.

Zu „Im Westen nichts Neues“ habe ich grundsätzlich eine besondere Beziehung: Das Buch habe ich zum ersten Mal – ausgerechnet! – während meines Wehrdienstes gelesen, wo eine sehr zerlesene Ausgabe auf der Wachstube lag. Die Lektüre hat mich so beeindruckt, dass ich es in zwei aufeinanderfolgenden Wachdiensten gleich zwei Mal gelesen habe – und bis heute alle ein, zwei Jahre wieder hervorkrame. Langweilig ist es mir bisher noch nie geworden und ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich mich in den nächsten Jahren damit „überlesen“ könnte. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen an vorliegenden Film, zusätzlich angestachelt durch sehr starke Bilder im Trailer.

Worum geht’s?
Nordfrankreich im 1. Weltkrieg: Als der 19-jährige Paul Bäumer an der Front ankommt, sind die Konfliktparteien längst in einen blutigen Stellungskrieg verstrickt. Schnell merkt Paul, der sich gemeinsam mit seinen Schulkameraden freiwillig gemeldet hat, dass es im Schützengraben ganz anders zugeht, als in den patriotischen Reden der Lehrerschaft. Zum Glück steht ihnen mit Stanislaus Katczinsky ein erfahrener Soldat zur Seite, mit dessen Hilfe die jungen Rekruten eine Chance haben, zumindest eine Zeitlang zu überleben. Und doch fällt einer nach dem anderen dem mörderischen Feuer zum Opfer…

Noch früher als der großartige Roman von Remarque hat mich die Verfilmung seines Werkes begeistert. Dabei spreche ich aber nicht vom Klassiker von 1930 (den habe ich erst viel später gesehen und war nicht so überwältigt, wie ich anhand der ihm zugeschriebenen Superlative eigentlich hätte sein müssen), sondern vom Fernsehfilm von 1979, u. a. mit Richard Thomas als Paul Bäumer und Ernest Borgnine als Stanislaus Katczinsky. Diese Arbeit von Regisseur Delbert Mann war prägend für mein erstes, konkretes Bild vom 1. Weltkrieg – und sie hat mein historisches Interesse an diesem Thema überhaupt erst geweckt. Und auch nach Ansicht des 2022er-Films bleibe ich dabei: Die Mann’sche Adaption ist die bis dato beste filmische Bearbeitung des Stoffes.

Technisch fein gemacht.

Was vorliegende Verfilmung betrifft, möchte ich zunächst die positiven Aspekte hervorheben: „Im Westen nichts Neues“ verfügt über fantastische production values, d. h. alles sieht großartig und sehr authentisch aus. Für den Dreh, der Großteils in Tschechien absolviert wurde (wie übrigens auch schon 1979), hat man augenscheinlich keine Kosten und Mühen gescheut, sodass man als Zuseher:in die erbärmlichen Zustände, unter denen hunderttausende Soldaten an der Westfront lebten und starben, fast am eigenen Leibe zu spüren meint: Dreck, Blut, das ständige Geschützfeuer, Hunger, Angst, Verzweiflung, Verwundung und der allgegenwärtige Tod – all das wurde meines Erachtens glaubwürdig und ohne Rücksicht auf das Wohlbefinden des Publikums inszeniert. Inklusive passender und überaus bedrückender Soundkulisse, unheilvoller Musik und starker Spezialeffekte.

Woran es ebenfalls wenig auszusetzen gibt, ist das Casting: Für die Hauptrolle hat man mit Felix Kammerer einen jungen Mann gefunden, dessen Gesicht perfekt in die Zeit passt, in der der Film spielt. In Hinblick auf die Nebenrollen hätte ich mir allerdings zumindest für den wichtigen Charakter Katczinsky einen etwas spezielleren Typen gewünscht – mag aber auch sein, dass ich hier zu sehr von der 1979er-Performance von Ernest Borgnine geprägt bin, der einen deutlich gereifteren und älteren „Kat“ gab. Welche Variante die „richtigere“ ist, kann ich nicht beurteilen, Fakt ist aber, dass sich Borgnine im Gegensatz zu Albrecht Schuch, der die Rolle 2022 spielt, deutlich stärker von seinen jungen Kollegen abhob. Man kann es auch so formulieren: Während Borgnine den „Kat“ eher als Vaterfigur anlegte, ist die Schuch’sche Version so etwas wie ein großer Bruder. Vom Rest der Darsteller bzw. Figuren ist mir eigentlich nur Daniel Brühl als Matthias Erzberger in Erinnerung geblieben (dazu etwas weiter unten mehr); mir ist insgesamt aber zumindest niemand negativ aufgefallen.

Eines möchte ich außerdem noch positiv hervorheben, bevor ich zur Kritik schreite: „Im Westen nichts Neues“ ist durchaus spannend inszeniert, was fast schon verwundert, sieht man sich die doch recht dünne Handlung – des Films, nicht des Romans! – an. Das liegt mitunter auch an der gefühlvollen und geradezu verschwenderisch schönen Bildkomposition, die auch in relativ langen Kamerafahrten kaum Längen aufkommen lässt. Ferner kann bzw. muss man – so seltsam und ungut es sich lesen mag – noch eines zugeben: Die häufig dargestellten, überaus brutalen Kampfhandlungen sind hervorragend choreografiert und von atemloser Spannung und Action geprägt. Mein Kompliment auch dafür an Regisseur Edward Berger und das Kamera-Team rund um den Briten James Friend: Eigentlich sind solche Sequenzen ja immer recht ähnlich, dennoch kommt hier zu keinem Zeitpunkt ein Gefühl von Übersättigung auf.

Meist weit weg von der Vorlage.

Die Frage, ob „Im Westen nichts Neues“ objektiv ein guter, vielleicht gar ein preiswürdiger Film ist, ist so leicht nicht zu beantworten. Ich habe die aus meiner subjektiven Sicht positiven Aspekte aufgezählt und glaube durchaus, dass z. B. Hauptdarsteller, Kamera, Schnitt, Ton oder andere technische Aspekte mit zum Besten gehören, das man aktuell im Genre sehen kann. Aber: Das Werk muss sich an seinem Titel messen lassen – und stellt mich als Verfilmung eines der wichtigsten (Anti-)Kriegsromane überhaupt nicht richtig zufrieden. So, jetzt ist es raus… und ich will natürlich versuchen, diese Einschätzung zu begründen.

Eines ist klar: Vorliegender Stoff wurde vorher zweimal sehr werkstreu verfilmt, was den Regisseur dazu bewogen haben mag, einige Dinge anders zu machen. Diesen Zugang verstehe ich einerseits, andererseits gibt es dennoch eine Vorlage, die aus bestimmten Gründen zu einem Klassiker geworden ist. Ich sage es ohne Umschweife: „Im Westen nichts Neues“ hat meines Erachtens über weite Strecken sehr wenig mit dem Roman zu tun und hat mich in dieser Hinsicht tatsächlich schwer enttäuscht. Dem Film fehlen – bis auf wenige Ausnahmen – praktisch ALLE Schlüsselszenen, die man mit der Geschichte von Remarque verbindet. Im Gegenzug stellt der Film einiges völlig anders dar, vor allem aber fügt er Sequenzen ein, die im Buch nicht vorkommen und die für mein Dafürhalten sogar dem Geist der Vorlage widersprechen.

Beginnen wir mit letzterem, also dem „Zusatzmaterial“: Ein wichtiger Aspekt bei Remarque ist die Konzentration auf die Perspektive des einfachen, unbekannten Soldaten. Die macht auch bei der Adaption von Edward Berger weite Teile der Handlung aus – als umso störender habe ich in der Folge jedoch jenen Ausflug in die hohe Politik empfunden, von dem Paul Bäumer abseits von Latrinengerüchten überhaupt nichts wissen konnte. So begleiten wir Matthias Erzberger in den Wald von Compiègne zu den Waffenstillstandsverhandlungen mit der französisch-englischen Delegation. Das mag grundsätzlich nicht unspannend sein, verwässert meiner Meinung nach aber einen essenziellen Aspekt des Romans: Die Soldaten als anonymer, bedenkenlos eingesetzter Spielball der Mächte, Menschenmaterial, das mal hier, mal dort eingesetzt wird, ohne über irgendwelche Hintergründe und Zusammenhänge informiert zu werden. Gerade diese Unwissenheit und der Verzicht darauf, sie im aufzuklären und einen Blick auf die politische Großwetterlage zu werfen, ist zu einem Gutteil dafür verantwortlich, dass der Roman dermaßen erschütternd wirkt. Darum finde ich diesen Exkurs des Films auch so entbehrlich; abgesehen davon, dass hier ein historisch verbrieftes Ereignis und reale Personen gezeigt werden, was nicht zum Rest der Handlung passt. Und auch, wenn der Versuch, zu zeigen, wie die Saat für den 2. Weltkrieg bereits 1918 gesät wurde, durchaus erwähnenswert ist, hat das alles schlicht und einfach nichts mit der Vorlage zu tun.

Der Film nimmt sich aber noch weitere Freiheiten heraus, die mitunter stark vom Roman abweichen. In den meisten Fällen passt das zwar besser, weil wir dabei – anders als beim Blick auf die Friedensverhandlungen – nicht die unmittelbare Umgebung der Hauptfigur verlassen. Was aber sehr merkwürdig anmutet: Die Handlung des Films scheint innerhalb weniger Monate (zwischen 1917 und dem Waffenstillstand im November 1918) stattzufinden. Nun wäre das an sich schon in Ordnung, im Buch finden sich ja ohnehin kaum Zeitangaben. Allerdings wirkt der Film dadurch – ganz im Gegensatz zu früheren Adaptionen, die auch in dieser Hinsicht stärker das Gefühl des Romans wiedergeben – übermäßig gerafft: Er konzentriert alles, was den Figuren widerfährt, ohne Not auf einen gefühlt viel zu engen Zeitrahmen, was reichlich unrealistisch anmutet; fast, als wäre das nur gemacht worden, um das Drama noch mehr zu steigern. Wer Remarques Vorlage kennt, hat dadurch eventuell sogar ein ernsthaftes Problem: Man weiß, wie viel eigentlich noch passieren „muss“, während man schon die Verhandlungen zum Waffenstillstand sieht – das hat zumindest mich auf gewisse Art nervös gemacht und mich bereits beim Ansehen befürchten lassen, dass im Endeffekt sehr viele wichtige Szenen fehlen werden. Das mag anderen Remarque-Kenner:innen ähnlich gegangen sein – oder ich bin zu streng, ich weiß es ehrlich gesagt nicht.

Der Regisseur scheint jedenfalls speziell die finale Tragödie, die sich rund um Paul Bäumer abspielt, in wenige Tage, ja Stunden Filmhandlung gepresst zu haben. Meines Erachtens keine gute Idee, weil eine solche Zuspitzung nicht so richtig zu Remarques Beschreibung des Krieges passen will. Was den Film bei mir mindestens einen Punkt kostet ist übrigens das Finale: Abgesehen davon, dass es im Roman ganz anders abläuft, hatte ich an dieser Stelle wohl das stärkste Gefühl von Effekthascherei. Ein letzter Großangriff, der kurz vor Inkrafttreten des Waffenstillstandes (11. November 1918) beginnt und die deutschen Truppen tief in die französischen Gräben eindringen lässt? Was hat das noch mit dem Schluss des Romans zu tun, auf den sich ja auch dessen Titel und damit auch der Name des Films beziehen, zu tun? Ich zitiere: „Er fiel im Oktober 1918, an einem Tage, der so ruhig und still war an der ganzen Front, daß der Heeresbericht sich nur auf den Satz beschränkte, im Westen sei nichts Neues zu melden.“ (Quelle: Remarque, Erich Maria: „Im Westen Nichts Neues“, Kiepenheuer & Witsch, 18. Auflage 2002, S. 197). Das, was im Film zum Schluss passiert, ist meines Erachtens das genaue Gegenteil eines Tages, an dem es im Westen nichts Neues zu vermelden gibt…

Es fehlt zu viel.

Neben dem, was „Im Westen nichts Neues“ der Romanhandlung hinzufügt, habe ich auch ein Problem mit dem, was weggelassen wurde. Von den zwölf Kapiteln, die das Buch umfasst, wird kaum eines vollständig (oder wenigstens über weite Teile) im Film thematisiert. Sogar eine der längeren Filmszenen, die Episode, in der Paul Bäumer gemeinsam mit einem französischen Soldaten im Granattrichter liegt, wird deutlich schneller abgehandelt, als man es sich erwarten würde, ist es doch gerade die Ausweglosigkeit und sich für den Protagonisten ewig hinziehende Länge der Situation, die man im Buch und auch in der 1979er-Verfilmung ständig zu spüren meint. Hier hat man hingegen den Eindruck, dass die Szene zwar für wichtig gehalten und deswegen aufgenommen wurde, man sie dann aber möglichst schnell abhandeln wollte. Ich mag mich freilich täuschen, mein Eindruck war jedenfalls so.

Davon abgesehen gibt es natürlich auch andere Szenen, Dialoge und Anspielungen, die man einordnen kann, wenn man das Buch kennt. Das ist zwar schön und gut, hilft aber nicht viel, wenn fast alle Schlüsselszenen fehlen, darunter die Ausbildung unter dem sadistischen Unteroffizier, die zeigen soll, was passiert, wenn man einfachen Menschen plötzlich Macht über andere gibt (und was der Unterschied zwischen Fronteinsatz und Exerzierdienst in der Kaserne ist), die Episoden, die das Elend der Feld- und Heimat-Lazarette zeigen, der Heimaturlaub bei den Eltern, in dem die immer breiter werdende Kluft zwischen Soldaten und Hinterland thematisiert wird usw. usf.

Ich verstehe schon, dass nicht jedes Kapitel des Buches erschöpfend behandelt werden konnte, das haben die alten Filme ja auch nicht gemacht – aber wie wenig „Im Westen nichts Neues“ in diesem Film letzten Endes steckt, hat mich schon ein wenig erschreckt, wenn ich ehrlich bin. Spannend wäre übrigens gewesen, im Film das Kapitel zu verarbeiten, in dem Paul Bäumer russische Kriegsgefangene bewachen muss. Denn das kam auch im 1979er-Film nicht vor (ob es in der 1930er-Adaption enthalten war, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr), wäre also eine Möglichkeit gewesen, etwas Neues zu machen und dabei werkstreu zu bleiben. Interessante Randnotiz: Die Eröffnungssequenz des Romans, der Streit mit dem Koch, der für 150 Mann gekocht hat, von denen nur noch 80 leben, kommt im Film erst als eine der letzten Szenen, was ich aber nicht negativ beurteilen würde.

Fazit: „Im Westen nichts Neues“ ist ein guter Antikriegsfilm. Ja, wirklich! Er verfügt über einen starken Cast und Bilder, die den Horror des Stellungskrieges in selten gekannter Intensität zeigen. Leider wird er jedoch seiner Vorlage nicht ansatzweise gerecht, was für mich Grund genug für eine deutliche Abwertung ist. Unter einem anderen Titel – und mit leicht adaptierter Handlung – hätte ich hier mindestens einen Punkt mehr springen lassen. So muss es für magere 4 reichen – sehr, sehr schade und enttäuschend, aber es hilft nichts: Wer sich einen großen Namen aussucht, muss sich auch daran messen lassen.

Gesamteindruck: 4/7


Originaltitel: Im Westen nichts Neues.
Regie:
Edward Berger
Produktion: Malte Grunert, Daniel Marc Dreifuss
Drehbuch: Lesley Paterson, Edward Berger, Ian Stokell
Jahr: 2022
Land: Deutschland, USA, Großbritannien
Laufzeit: ca. 150 Minuten
Besetzung (Auswahl): Felix Kammerer, Albrecht Schuch, Aaron Hilmer, Daniel Brühl, Moritz Klaus, Edin Hasanović



FilmWelt: Possessor

Den Körper eines anderen Menschen zu übernehmen und in dessen Gestalt allerhand Schindluder zu treiben ist ein verbreitetes Motiv in Literatur, Film und Fernsehen. Brandon Cronenberg versucht sich mit „Possessor“ (2020) an einer weiteren Variante. Dabei schreckt er, familientypisch möchte man sagen, auch nicht vor expliziten Gewalt- und Nacktdarstellungen zurück. Und doch wäre es zu einfach, sein folgerichtig mit einem FSK 18-Sticker versehenes Werk als reine Effekthascherei abzutun.

Gesamteindruck: 6/7


Der (fast) perfekte Mord.

Beim Namen des Regisseurs klingelt es beim geneigten Connaisseur spezieller Filmkunst natürlich: Brandon ist der Sohn von David Cronenberg. Der kanadische Altmeister (* 1943 und zum Zeitpunkt dieser Rezension nach wie vor aktiv) gilt spätestens seit den 1980ern als einer der Besten in den experimentellen Randbereichen von Horror- und Science Fiction. Mit „Possessor“ tritt der Sohn in die Fußstapfen des Vaters; und das nicht nur in Hinblick auf teils arg verstörende Bilder, sondern auch, was dessen spätere Hinwendung zu Psychologie und Drama betrifft.

Worum geht es?
Tasya Vos ist eine Auftragskillerin ganz besonderer Art: Statt ihren Opfern persönlich gegenüberzutreten, übernimmt sie mit Hilfe der Technik den Körper ihnen nahestehender Personen. Gefahr, dass sie – oder ihre Auftraggeber – dabei enttarnt werden, besteht nicht. Und doch gibt es ein Problem: Vos fällt es zunehmend schwerer, ihren Geist von dem des jeweiligen „Wirtes“ abzugrenzen…

Ich habe es in der Einleitung angedeutet: Die Prämisse von „Possessor“ ist nicht neu: Serien wie „Raumschiff Enterprise“ kennen beispielsweise eine Vielzahl von Variationen dieses Stoffes, darunter die (feindliche) Übernahme durch Telepathie, außerirdische Organismen, unbekannte Krankheiten oder wie in vorliegendem Fall technische Hilfsmittel. Wie genau die Maschine funktioniert, die es der Protagonistin ermöglicht, ihre Morde zu begehen, bleibt übrigens weitgehend unklar. Das spielt auch keine große Rolle; ohnehin sind die Erklärungen, die andere Produktionen dazu haben, oft unglaubwürdig bis lächerlich. Folgerichtig geht es in „Possessor“ also weder um das „Wie“, noch um die knifflige Suche nach der Mörderin – und auch ihre Opfer werden eher am Rand beleuchtet. „Possessor“ dreht sich vielmehr darum, was ein solcher „Job“ mit dem Geist beider betroffenen Personen anstellen mag.

Audiovisueller Horrortrip.

Optisch und akustisch ist das Werk über jeden Zweifel erhaben: Brandon Cronenberg ist ein wunderbar intensiver Film gelungen, dessen verstörende Ästhetik von fast schon psychotischen Schnitten und einem harten Soundtrack bestimmt wird. Was hier auf das Publikum einprasselt, ist stellenweise regelrecht unangenehm. Was ich aber ausdrücklich als Lob verstanden wissen möchte, löst es doch genau das Gefühl aus, dass auch die Figuren haben müssen, denen unbegreiflich bleibt, was überhaupt vorgeht.

Anzumerken ist an dieser Stelle auch, dass „Possessor“ seine extrem brutalen Momente hat. Das zwar gar nicht so oft, wie man meinen möchte; wenn es aber in die Vollen geht, dann zoomt die Kamera sofort ganz nahe heran, wodurch z. B. das Aufschlitzen einer Kehle fast schon körperliche Schmerzen auslöst. Dabei unterstützen auch die Effekte, die meines Erachtens eher praktisch sind und seltener aus dem Computer stammen heutzutage ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Geradezu verschwenderisch wurde im Übrigen mit Kunstblut umgegangen, das in diesem Film besonders rot ist, was ebenfalls zur eigentümlichen Atmosphäre beiträgt.

Grandios gespielt.

Gar nicht genug loben kann man die Darsteller:innen, wobei aus meiner Sicht offen bleibt, wer hier überhaupt die Hauptrolle spielt. Denkt man darüber nach, zeigt sich besonders deutlich, wie stark der Film im eigenen Kopf wirkt: Die Erwartung ist ja, dass die von Andrea Riseborough sehr unterkühlt verkörperte Tasya Vos die wichtigste Figur im Ensemble ist. Sie wird uns auch als Hauptprotagonistin vorgestellt, hat bei genauerer Betrachtung aber gar nicht so viel Screentime. Vielmehr sind es die von ihr „Besessennen“, allen voran der von Christopher Abbott gespielte Colin Tate, die man deutlich häufiger zu Gesicht bekommt und die innerhalb der Handlung auch mehr zu tun haben

Diese Verwirrung legt meiner Ansicht nach eindrucksvoll Zeugnis über das handwerklichen Könnens aller Beteiligten ab: Man weiß als Zuseher:in ja, zu welchem Zeitpunkt Vos den Körper einer anderen Person übernimmt. Speziell m Falle von Tate hat man ab diesem Moment das Gefühl, als hätten auch Abbott und Riseborough den Platz getauscht. Die offensichtlichen Unterschiede zwischen den beiden blendet man im eigenen Geist quasi aus, so anders und merkwürdig spielt Christopher Abbott ab der „Übernahme“ seiner Figur. Ich weiß nicht, wie ich das besser und verständlicher beschreiben soll jedenfalls hat mir dieser Körpertausch wahnsinnig gut gefallen und das Spiel, vor allem von Abbott, ist wirklich bemerkenswert.

Nicht ganz perfekt.

Als futuristischer Psychothriller funktioniert „Possessor“ definitiv. Zwei Schwächen verhindern in meinen Augen aber eine noch bessere Wertung: Einerseits weist der Film die eine oder andere Länge auf, beispielsweise, wäre es nicht notwendig gewesen, den Mord an Tates Schwiegervater (Sean Bean in einer für ihn recht typischen Rolle, wie ich finde) so ausufernd zu erzählen.

Andererseits war es mir nicht möglich, das Gefühl, es würde etwas fehlen, komplett zu ignorieren: Cronenberg konzentriert sich stark auf die Psyche der Beteiligten und auch die Physis, also die Gewalt, kommt nicht zu kurz. Was allerdings maximal am Rande thematisiert wird, sind die Hintergründe: Warum wird überhaupt ein solcher Aufwand betrieben, um die Morde zu begehen? Was passiert danach, wie verändert sich dadurch die Welt? All das wird vergleichsweise rudimentär behandelt und wirft relativ viele Fragen auf. Mir ist schon klar, dass diese Dinge, für die Geschichte nicht allzu relevant sind; im Sinne eines glaubhaften worldbuildings wäre etwas mehr Information dennoch wünschenswert gewesen.

Trotz dieser kleinen Schwächen war und bin ich beeindruckt, was Brandon Cronenberg mit „Possessor“ auf die Beine gestellt hat. Ob das der Film ist, mit dem er aus dem übermächtigen Schatten seines Vaters treten kann, ist zum Zeitpunkt dieser Rezension, also immerhin zwei Jahre nach Veröffentlichung des Films, allerdings nach wie vor nicht klar. Ob das überhaupt ein Ziel von Cronenberg ist, auch nicht für mich als Zuseher spielt es aber ohnehin keine Rolle: So lange dabei Filme wie „Possessor“ herauskommen, die es schaffen, einem alten Thema neues Leben einzuhauchen, ist mir die Motivation der Person hinter den Kameras egal. Und darum kann ich abschließend nur eine Empfehlung aussprechen: Wer auch nur ansatzweise etwas mit dieser Materie anfangen kann, wird diese 105 Minuten definitiv nicht bereuen!

Gesamteindruck: 6/7


Originaltitel: Possessor.
Regie:
Brandon Cronenberg
Drehbuch: Brandon Cronenberg
Produktion: Fraser Ash, Niv Fichman, Kevin Krikst, Andrew Starke
Jahr: 2020
Land: USA, Großbritannien, Kanada
Laufzeit: ca. 105 Minuten
Besetzung (Auswahl): Andrea Riseborough, Christopher Abbott, Rossif Sutherland, Tuppence Middleton



FilmWelt: Die Wannseekonferenz

Die Schrecken der nationalsozialistischen Diktatur adäquat darzustellen, erfordert viel Fingerspitzengefühl, speziell, wenn man sich außerhalb des (Anti-)Kriegsfilms bewegt. Häufig konzentriert man sich dabei auf die Opfer oder Gegner des Regimes, was dem Publikum zumindest eine eindeutige Identifikationsfläche bietet – und damit ein vergleichsweise sicherer Weg ist. Und doch gibt es auch Filme, die die Täter in den Fokus stellen und wenig bis gar nichts vom Leid, das sie anrichten, zeigen. „Der Untergang“ (2004) ist ein Beispiel dafür, „Die Wannseekonferenz“ (2001) ein anderes.

Gesamteindruck: 6/7


Unvorstellbar.

Diese Rezension soll freilich kein Vergleich zwischen „Der Untergang“ und „Die Wannseekonferenz“ werden – auf einen wichtigen Unterschied möchte ich aber dennoch hinweisen: Weil „Der Untergang“ die letzten Tage des Dritten Reichs zeigt und Wahnsinn und Verzweiflung der Protagonisten sichtbar macht, ermöglicht er es dem Publikum, so etwas wie Genugtuung über das Ende dieser menschengemachten Hölle zu empfinden. Anders „Die Wannseekonferenz“: Hier sehen wir, wie die Proponenten des Regimes völlig unbefangen und fast schon beiläufig über das wohl größte Verbrechen sprechen, das die Welt bisher gesehen hat. Und nein, nicht einmal Reinhard Heydrich, unbestritten eine der schlimmsten Figuren, die das Regime hervorgebracht hat, wirkt hier wie ein Monster. Und das ist es, was „Die Wannseekonferenz“ so unbehaglich und bedrückend macht: Diese Leute waren überzeugt davon, das – aus ihrer Sicht – Richtige zu tun und hielten sich nicht für Böse.

Worum geht’s?
Berlin, 20. Januar 1942: 15 hochrangige Vertreter des nationalsozialistischen Regimes und der SS treffen sich in einer Villa am Wannsee zu einer streng geheimen Konferenz. Unter Vorsitz und auf Einladung von Reinhard Heydrich wird in knapp 90 Minuten erörtert, wie der bereits begonnene Holocaust an den Juden möglichst effizient fortzusetzen und zu koordinieren ist, um die angestrebte „Endlösung“ zu erreichen…

Zunächst ein paar Worte zur Einordnung: „Die Wannseekonferenz“ ist der zweite Fernsehfilm, der sich mit dieser Thematik befasst. Der Erste trug den gleichen Namen, war eine deutsche Produktion und stammt aus dem Jahr 1984. Eine weitere Variante, ebenfalls aus Deutschland, erschien Anfang 2022. Vorliegendes Werk ist demnach die bis dato einzige nicht-deutschsprachige Bearbeitung des Stoffes. Macht das einen Unterschied? Nun, ich würde sagen, dass es zumindest ein bisschen merkwürdig wirkt, wenn Schauspieler, die Deutsche spielen, synchronisiert werden – denn das hört sich nie völlig natürlich an. Dazu kommt, dass man die Hauptdarsteller aus ganz anderen Rollen kennt, was das Gefühl, dass etwas nicht zu 100% zu stimmen scheint, noch verstärkt. Großen Einfluss auf meine Bewertung Films hat das alles zwar nicht, erwähnt wollte ich es aber dennoch haben. Anmerkung am Rande: Oft bevorzugt man ja, sich Filme im Originalton anzusehen. Davon würde ich hier strikt abraten, denn Nazis, die schönstes british english sprechen, machen einfach überhaupt keinen Sinn.

Keine Dokoumentation.

Dass „Die Wannseekonferenz“ auf einer realen Begebenheit beruht, sollte bekannt sein. Was ich persönlich nicht wusste: Die historische Konferenz dauerte knapp 90 Minuten, was künstlerische Bearbeitungen, so auch vorliegendes Werk, häufig nutzen, um die Ereignisse in Echtzeit wiederzugeben. Daraus sollte man aber nicht schließen, dass solche Umsetzungen dokumentarischen Charakter hätten, obwohl das immer wieder zu lesen ist. Das Problem: Alles, was man heute über die Wannseekonferenz weiß, ist einem offiziellen Besprechungsprotokoll zu verdanken, das zufällig der Vernichtung entgangen war. Darin sind zwar die Inhalte der Konferenz notiert, nicht jedoch die direkte Rede der Teilnehmer. Von daher muss sich jede künstlerische Auseinandersetzung eine Vielzahl an Freiheiten nehmen, die zum Teil freilich auch der Dramaturgie des Mediums Film geschuldet sind.

Solange nun nicht der Anschein erweckt wird, die Aussagen wären historisch verbrieft oder es handele sich um eine Dokumentation, ist das durchaus in Ordnung. Dennoch möchte ich an dieser Stelle einen Kritikpunkt anbringen, der vor allem für das an historischen Tatsachen interessierte Publikum interessant sein mag: Regisseur Frank Pierson ist meiner Ansicht nach der Versuchung erlegen, eine Identifikationsfigur für das Publikum anzudeuten. Das soll nicht heißen, dass er einen echten Helden oder einen fiktiven Teilnehmer an der Konferenz erfunden hat; vielmehr schrieb er (oder war es der Drehbuchautor?) dem Staatssekretär der Reichskanzlei, Friedrich Kritzinger, die Rolle eines Zweiflers zu. Das lässt ihn – zumindest im Vergleich zu seinen Komplizen – fast sympathisch erscheinen, entspricht Historiker:innen zufolge jedoch nicht den Tatsachen und wirft ein viel zu günstiges Licht auf den Mann. Dass ausgerechnet er dafür gewählt wurde, mag im Übrigen damit zu tun haben, dass Kritzinger später als einziger Teilnehmer der Konferenz deren verbrecherischen Charakter zugegeben hatte.

Klar ist: Durch diese Charakterzeichnung wird „Die Wannseekonferenz“ etwas erträglicher (nicht im Sinne der allgemeinen Qualität des Films, sondern was das Wohlbefinden des Publikums betrifft). Nur kann das meines Erachtens schwerlich Sinn der Sache sein. Übrigens erliegt Oliver Hirschbiegel in „Der Untergang“ für mein Dafürhalten mit seiner Darstellung des SS-Arztes Ernst Günther Schenck einer ähnlichen Versuchung.

Bedrückendes Kammerspiel.

Unabhängig von der Kritik an historischen Ungenauigkeiten und dramaturgischen Anpassungen ist Frank Pierson ein sehr starkes Werk gelungen. Der Regisseur lässt die Charaktere auf eine Weise agieren, die sehr natürlich wirkt: Wir haben es hier vordergründig nicht mit Monstern, sondern schlicht und einfach mit Bürokraten zu tun, mit allen Implikationen, die das nach sich zieht. Zuständigkeiten werden diskutiert, Maßnahmen vorgeschlagen und verworfen, Kosten und Nutzen abgewogen – und all das in weitgehend ruhigen, gemessenen Worten. Dadurch ist der Film auch so glaubwürdig: Niemand der Anwesenden muss seine Gesinnung vor sich hertragen (auch wenn sie immer mal wieder angedeutet wird), man kennt sich und weiß, was man voneinander zu halten hat. Dadurch wirkt „Die Wannseekonferenz“ als würde man tatsächlich eine reale Besprechung beobachten, wie sie (freilich mit anderen Inhalten) auch heute noch in zig Firmen und Organisationen vorkommen mag.

Die Stärke des Films liegt im Gegensatz: Einerseits sehen wir das zahlengetriebene, fast schon überkorrekte Bürokratentum, das sich um Zuteilung von Mitteln und juristische Spitzfindigkeiten streitet. Andererseits ist stets sichtbar, worüber hier eigentlich diskutiert wird: Die möglichst effiziente Organisation der Ermordung von elf Millionen (!) Menschen. Letzteres wird aber über weite Strecken so beiläufig in die Besprechung eingebaut, dass die Konferenz den Eindruck einer Diskussion über ein völlig anderes, vielleicht sogar harmloses Thema erweckt.

Meiner Ansicht nach ist das die wahre Leistung des Films: Er streicht sehr plausibel heraus, dass allen Teilnehmern an der Konferenz völlig klar war, was in Deutschland bereits seit einiger Zeit passierte (der Holocaust hatte ja zu jenem Zeitpunkt längst begonnen). Mehr als das: Sie nahmen den Auftrag, dieses Verbrechen so effizient wie möglich zu machen, als völlig selbstverständlich wahr und äußerten maximal organisatorische Bedenken. Was an dieser Stelle noch festzuhalten ist: „Die Wannseekonferenz“ verurteilt und kommentiert nicht, sondern überlässt dem Publikum die Interpretation. Und jede:r, die:der diesen Film sieht, kann nur zu einem Schluss kommen: Was 1942 am Wannsee passiert ist, auf welche Art und Weise Menschen (!) dort millionenfachen Mord an anderen Menschen geplant haben, ist unvorstellbar. Wäre die Rolle von Friedrich Kritzinger etwas weniger versöhnlich (merkwürdiges Wort in diesem Zusammenhang) angelegt gewesen, hätte es die volle Punktzahl geben können. Aber auch so ist „Die Wannseekonferenz“ ein Film, der bis ins Mark erschüttert. Nicht trotz, sondern gerade wegen seiner ruhigen und unaufgeregten Erzählweise.

Gesamteindruck: 6/7


Originaltitel: Conspiracy.
Regie:
Frank Pierson
Produktion: Nick Gillott
Drehbuch: Loring Mandel
Jahr: 2001
Land: USA, UK
Laufzeit: ca. 95 Minuten
Besetzung (Auswahl): Stanley Tucci, Kenneth Branagh, Ben Daniels, David Threlfall, Owen Teale


FilmWelt: Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock

„Star Trek II: Der Zorn des Khan“ (1982) hatte mit einem echten Paukenschlag geendet: Spock, einer der beliebtesten Charaktere, hatte sein Leben gegeben, um Schiff und Besatzung zu retten. Der Schock war bei genauerer Betrachtung freilich nicht ganz so groß, gab es doch unverhohlene Hinweise auf eine mögliche Rückkehr des Mannes mit den spitzen Ohren und der unschlagbaren Logik. Und so kam 1984 der trefflich betitelte Film „Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock“ in die Kinos.

Gesamteindruck: 5/7


Logische Rückkehr.

Leonard Nimoy (1931-2015) hatte als Schauspieler eine ambivalente Beziehung zu einer der prägendsten Figuren der Science Fiction: Einerseits war er durch seine grandiose Verkörperung des stoischen Spock in der Serie „Raumschff Enterprise“ weltberühmt und zum Publikumsliebling geworden. Andererseits hatte er diese Rolle so sehr gelebt, dass es nicht nur den Fans, sondern auch ihm selbst zunehmend schwergefallen war, sich selbst von Spock abzugrenzen. So gesehen verwundert es nicht, dass es viel gutes Zureden (und eine üppige Gage) brauchte, um ihn für „Star Trek: Der Film“ (1979) erneut an Bord der „Enterprise“ zu holen. Für „Star Trek II“ konnte man Nimoy dem Vernehmen nach gar nur gewinnen, nachdem man ihm klargemacht hatte, dass Spock sterben würde – und auch er, Nimoy, damit endlich seine Ruhe hätte. Heute wissen wir, dass es ganz anders kam. Und der Rest ist Geschichte.

Worum geht’s?
Nach dem Kampf gegen Khan Noonien Singh humpelt die notdürftig zusammengeflickte „U.S.S. Enterprise“ zur Erde zurück. Doch nicht nur das Schiff ist beschädigt: Die Crew hat schwer am Verlust von Wissenschaftsoffizier Spock zu knabbern, der sich geopfert und damit alle anderen an Bord gerettet hatte. In dieser Zeit der Trauer erhält Admiral James T. Kirk überraschenden Besuch: Spocks Vater Sarek erklärt ihm, dass die unsterbliche Seele seines Sohnes zurück nach Vulkan gebracht werden müsse. Um das zu bewerkstelligen, gibt es nur einen Weg: Man muss den mittlerweile zum Sperrgebiet erklärten Genesis-Planeten, der im Nachgang der Schlacht gegen Khan entstanden war, aufsuchen und den Leichnam des gefallenen Kameraden bergen

Schon während der Produktion von „Der Zorn des Khan“ war Leonard Nimoys Interesse an Spock wieder aufgeflammt. Als er den fertigen Film zu Gesicht bekam, gab es kein Halten mehr: Der Schauspieler sagte direkt zu, seine Paraderolle auch in künftigen „Star Trek“-Produktionen verkörpern zu wollen. Doch damit nicht genug: Nimoy durfte „seine“ Rückkehr selbst inszenieren, indem er erstmals für eine Kinoproduktion am Regiestuhl Platz nahm (TV-Erfahrung hatte er in dieser Position bereits). Dass dieser Posten frei war, hatte mit dem Abgang von Nicholas Meyer zu tun, der mit seiner famosen Inszenierung von „Star Trek II“ die Kinozukunft des Franchise gerettet hatte. Dabei hatte er sich allerdings mit Studio und Produzent überworfen, die gegen seinen Willen – aber offenbar in weiser Voraussicht – die Hinweise auf Spocks Rückkehr überdeutlich in den Film eingebaut hatten.

Die Doppelbelastung für Nimoy dürfte sich allerdings in Grenzen gehalten haben: Der Name Spock steht zwar im Titel des Films, letztlich ist der Charakter aber nur wenige Minuten zu sehen, sodass man Nimoy in Wirklichkeit nicht einmal zum erweiterten Kreis der Hauptdarsteller zählen kann. Produziert wurde „Auf der Suche nach Mr. Spock“ erneut von Harve Bennett, der, tatkräftig von Nimoy unterstützt, auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnete. Wobei Bennett selbst zugegeben haben soll, dass es nach den Indizien, die in „Star Trek II“ ausgelegt worden waren, nicht sonderlich schwer war, eine Story rund um die Rückkehr von Spock zu verfassen. Vor der Kamera gab es auch eine Änderung: Kirstie Alley kehrte nicht als Vulkanierin Saavik zurück, angeblich, weil sie Angst vor dem Nimoy’schen Schicksal hatte, was die Identifikation mit ihrer Rolle betraf (ihre finanziellen Forderungen sollen der andere Grund gewesen sein). Sie wurde, leider mehr schlecht als recht, durch Robin Curtis ersetzt. Den Bösewicht mimt hingegen ein Mann, der ein Jahr später mit „Zurück in die Zukunft“ zu echtem Weltruhm gelangen sollte: Christopher Lloyd (!) spielt den klingonischen Captain Kruge. Dass er im Vergleich zu Ricardo Montalbán, der im Vorgänger als Khan brilliert hatte, den Kürzeren zieht: Geschenkt, immerhin war und ist letzterer der bis heute der unbestritten beste Antagonist aller „Star Trek“-Filme.

Kurz(weilig).

Der Abschied von Spock war eine inszenatorische Meisterleistung von Nicholas Meyer: Noch heute muss ich jedes Mal, wenn ich die finalen Szenen von „Der Zorn des Khan“ sehe, mit den Tränen kämpfen. Und genau dort setzt „Auf der Suche nach Mr. Spock“ an – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, beginnt doch zum ersten und bis dato letzten Mal ein „Star Trek“-Film mit einer Rückblende. Der Kniff ist gut: Einerseits holt er neue Zuseher:innen gleich an Bord, andererseits lagen zwischen dem Kinostart der beiden Filme zwei Jahre, sodass es durchaus sinnvoll war, auch bei den Fans die Emotionen aufzufrischen. Das ist aus meiner Sicht durchaus gelungen und stimmt nahezu perfekt auf die düstere Grundstimmung ein, die auf der „Enterprise“ herrscht. Übrigens: Wer die deutsche Fassung sieht, wird feststellen, dass der Rückblick neu und teilweise mit anderem Text synchronisiert wurde.

Inhaltlich ist letzten Endes gar nicht so viel zu „Star Trek III“ zu sagen: Die Handlung selbst passt erneut auf einen Bierdeckel: Wir sehen die Rückkehr der Enterprise in ihren Heimathafen, erfahren, wo Spocks Seele „zwischengeparkt“ wurde und was (ungefähr) zu tun ist, um sie zu bergen. Danach erleben wir, wie die Crew allerlei Abenteuer bestehen muss, bis sie ihren Kameraden schließlich in die Arme schließen kann. All das wird uns sehr geradlinig und schnörkellos erzählt, was aber nicht heißt, dass der Film langweilig wäre. Im Gegenteil, wir haben es hier mit einem durchgehend kurzweiligen Werk zu tun, was fast schon überrascht, weil das Thema per se ungewöhnlich esoterisch, fast schon religiös anmutet. So gesehen war es sicher keine schlechte Entscheidung, die Erzählung an sich sehr einfach zu halten.

Dass man sich den Film so gut ansehen kann, hat viel mit der Balance zu tun, die Leonard Nimoy als Regisseur gelungen ist. Einerseits merkt man vielen Szenen seinen Hang zur Komödie an; freilich nicht in dem Ausmaß, wie man es aus dem ebenfalls von ihm inszenierten „Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart“ (1986) kennt – es ist dennoch nicht zu leugnen, dass es in beiden Vorgängern deutlich weniger zu lachen gab als hier. Andererseits enthält „Star Trek III“ auch ein gerüttelt Maß an Ernsthaftigkeit und Drama. Das ergibt sich natürlich aus der Prämisse: Spock ist für seine Kameraden nach wie vor tot, sodass wirklich ausgelassene Stimmung unpassend gewesen wäre. Und dann sind da ja noch die Klingonen, die auch ein Wörtchen mitreden und sich „Genesis“, aus ihrer Sicht eine mächtige Waffe, unter den Nagel reißen wollen. Sie zeigen sich hier so bösartig wie noch nie – mit durchaus dramatischen Folgen, die vor allem den Charakter von Kirk formen. Oder formen würden, denn so richtig vermag man aus den zwei Traumata, die er durchleben muss, weder in diesem noch in den folgenden Filmen Kapital für die Entwicklung der Figur zu schlagen.

Fazit: Sehenswert.

Knapp über 100 Minuten dauert „Auf der Suche nach Mr. Spock“ und ist damit der bis dahin kürzeste „Star Trek“-Film. Er fühlt sich auch so an, was ich durchaus als Kompliment meine: Es scheint hier nichts Überflüssiges zu geben, umgekehrt hat man aber auch nie das Gefühl, das etwas fehlen würde. Eine rundum gelungene Sache also? Fast, alles in allem fällt Nimoys Kinodebüt gegenüber seinem Vorgänger dann aber doch ab. Dass es das eine oder andere Problem mit der …ähem… Logik gibt, ist nicht weiter schlimm, das war bei „Star Trek“ ja schon immer so. Es ist jedoch, so glaube ich, vor allem die Intensität, die fehlt. Alles wirkt ein wenig distanziert, an vielen Stellen meint man zu merken, dass sie anders umgesetzt wurden, als angedacht, was ihnen den Impact nimmt. Ein Beispiel: Die unmittelbare Reaktion von Kirk auf den Tod seines Sohnes ist ganz ausgezeichnet von William Shatner gespielt und gibt der Szene ordentlich Dramatik und Emotion. Man spürt förmlich, dass hier ein Mann bis ins Mark erschüttert wurde – bis man realisiert, dass a) vorher gar keine Beziehung zwischen Vater und Sohn aufgebaut wurde und b) es nicht lange dauert, bis Kirk wieder ganz er selbst ist.

Davon abgesehen empfinde ich „Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock“ aber als gelungenen Film. Bei weitem nicht der Beste der Reihe, aber dennoch ein Werk, das man sich immer und durchaus auch öfter ansehen kann. Faszinierend, Mr. Nimoy!

Gesamteindruck: 5/7


Originaltitel: Star Trek III: The Search for Spock.
Regie:
Leonard Nimoy
Drehbuch: Harve Bennett
Produktion: Harve Bennett
Jahr: 1984
Land: USA
Laufzeit: ca. 105 Minuten
Besetzung (Auswahl): William Shatner, DeForest Kelley, Christopher Lloyd, James Doohan, George Takei, Nichelle Nichols



FilmWelt: Star Trek II: Der Zorn des Khan

„Star Trek: Der Film“ (1979) hatte mit so vielen Problemen zu kämpfen gehabt, dass zunächst zweifelhaft war, ob es überhaupt eine Fortsetzung geben würde. Schließlich rang sich das Studio Paramount Pictures doch dazu durch und gab „Star Trek II“ in Auftrag. Viel Zutrauen dürfte man zunächst nicht gehabt haben: Die Entscheidung, den Film ins Kino statt nur ins Fernsehen zu bringen, fiel relativ spät, das Budget wurde im Vergleich zum Vorgänger drastisch reduziert und auch personell blieb kein Stein auf dem anderen. Zumindest hinter der Kamera – davor hatte sich das übliche Ensemble eingefunden, um sich einem alten Bekannten zu stellen.

Gesamteindruck: 7/7


Unerwartet intensive Action.

Fakt ist: „Star Trek: Der Film“ war kein finanzieller Flop, spülte er doch 140 Millionen Dollar in die Kassen von Paramount – inflationsbereinigt mehr, als jeder seiner Nachfolger bis zum Reboot von J. J. Abrams (2009). Dennoch herrschte Unzufriedenheit bei allen Beteiligten: Dem guten Einspielergebnis standen enorme Kosten von 44 Millionen Dollar gegenüber, die gesamte Produktion war überaus chaotisch gewesen und in der Folge hatten weder die Kritik noch das Publikum das Werk enthusiastisch aufgenommen. Es musste sich daher sowohl im Umfeld als auch inhaltlich Einiges ändern, sollte sich die Marke „Star Trek“ auch im Kino als echte Größe etablieren.

Worum geht’s?
Unter dem Decknamen „Genesis“ haben Wissenschaftler:innen der Föderation eine Möglichkeit entwickelt, lebensfeindliche Welten innerhalb kürzester Zeit bewohnbar zu machen. Ein Praxistest steht noch aus – daher sucht das Raumschiff U.S.S. Reliant nach geeigneten, d. h. völlig unbelebten, Planeten. Auf einem vielversprechenden Kandidaten trifft die Crew, zu der u. a. Pavel Checkov gehört, auf den genetisch modifizierten Khan Noonien Singh. Der war dort vor Jahren von der U.S.S. Enterprise unter James T. Kirk ausgesetzt worden und sieht nun den Moment für seine Rache gekommen. Es gelingt ihm, die „Reliant“ zu übernehmen und Genesis zu stehlen, was wiederum Kirk und die „Enterprise“ auf den Plan ruft. Und so beginnt ein nervenaufreibendes Katz-und-Maus-Spiel im Weltraum…

Beginnen wir mit dem, was hinter den Kulissen passiert ist: Die wohl wichtigste Änderung war, dass der geistige Vater des Franchise, Gene Roddenberry, seinen Posten als Produzent verlor und praktisch keinerlei kreativen Einfluss nehmen konnte (er und Regisseur Robert Wise mussten als Sündenböcke für den vermeintlichen Misserfolg des ersten Kinofilms herhalten). Ihm folgte Harve Bennett, ein Mann, der eigentlich vom Fernsehen kam und bisher nichts mit „Star Trek“ am Hut gehabt hatte. Nachdem er zur Vorbereitung diverse Folgen „Raumschff Enterprise“ gesehen hatte, schrieb er die erste Story, die später mehrfach überarbeitet und schließlich von Nicholas Meyer, der auch die Regie übernahm, gemeinsam mit Jack Sowards fertig gestellt sowie in ein vernünftiges Drehbuch überführt wurde. Noch eine Randnotiz zum Personal: Bennett hatte für sich – ob mit Absicht oder aus Unerfahrenheit – die für das TV wichtige Rolle des Executive Producers festgelegt. Der fürs Kino deutlich prestigeträchtigere Credit des Producers fiel Robert Sallin zu, der eigentlich nur zur tatkräftigen Unterstützung Bennets verpflichtet worden war.

Ein Wort zum Budget: „Star Trek: Der Film“ hatte 44 Millionen Dollar verschlungen. Solche Summen wollte (und konnte?) Paramount nicht mehr aufbringen und stutzte das Budget auf ein Viertel (ca. 12 Millionen Dollar) zusammen. Wohl auch darum sehen wir hier einen völlig anderen Film mit vielen praktischen Effekten, echten Modellen usw. Das heißt übrigens nicht, dass „Star Trek II“ billig wirkt, im Gegenteil: Er ist optisch für mein Dafürhalten deutlich besser gealtert als sein Vorgänger und sieht immer noch ausgesprochen gut aus. Bei den Effekten ging man diesmal übrigens kein Risiko ein: Industrial Light & Magic wurden engagiert und lieferten auf erwartungsgemäß hohem Niveau (und pünktlich!) ab.

Richtige Entscheidungen am laufenden Band.

Ein großer Kritikpunkt an „Star Trek: Der Film“ war, dass man versucht hatte, eine für eine Fernsehserie geschriebene Story auf die epische Länge von 130 Minuten auszudehnen. Das Ergebnis war zwar nicht direkt langweilig, aber – mit Verlaub – sehr langatmig. Und das nicht nur aufgrund ausufernder Sequenzen, die augenscheinlich nur dazu dienten, das Publikum mit teuren Effekten zu beeindrucken: Die gesamte Erzählweise des Films war meiner Ansicht nach viel zu behäbig. Das ändert sich in „Star Trek II“ maßgeblich, obwohl dessen Handlung ebenfalls kaum über das hinausgeht, was man nicht auch in einer Folge der Serie hätte erzählen können. Den Unterschied macht die Inszenierung aus – konsequenter, actionreicher, spannender und dramatischer sind Schlagworte, die mir dazu einfallen. Dabei hilft freilich auch, dass der Film um rund 20 Minuten kürzer ist als sein Vorgänger, was ihn deutlich dichter und kompakter macht.

„Star Trek“-Fans werden auch schnell merken, welche Episoden Harve Bennett besonders beeindruckt haben müssen: „Der schlafende Tiger“ (im Original „Space Seed“, 1967), in dem die „Enterprise“ auf ein altes Raumschiff trifft, auf dem sich seit den 1990ern genetisch verbesserte Menschen im Kälteschlaf befinden – unter ihnen der große Antagonist des Films, Khan Noonien Singh. Die zweite offensichtliche Referenz ist die Episode „Spock unter Verdacht“ („Balance of Terror“, 1966): Hier liefern sich die „Enterprise“ und ein unsichtbares Schiff der Romulaner ein Gefecht, dass seinerseits wiederum vom Kriegsfilm „Duell im Atlantik“ (1957) inspiriert ist. Letzteres zeigt sich an der ungewohnt militaristischen Ausrichtung und Ausstattung von „Star Trek II“ (die dem humanistisch eingestellten Gene Roddenberry freilich gar nicht schmecken wollte). Ein kleines Beispiel dafür sind die neuen Uniformen (eine Idee von Robert Sallin), die erstmals in „Star Trek“ tatsächlich militärisch aussehen (und mir persönlich ausgesprochen gut gefallen).

Viele gute Entscheidungen wurden also von den Verantwortlichen für „Star Trek II“ getroffen. Das offensichtlichste Beispiel dafür ist der Antagonist: War V’Ger im Vorgänger noch eine Bedrohung, die bis zum Ende abstrakt und gesichtslos bliebt, stellte man Kirk & Co. diesmal einen Gegner aus Fleisch und Blut gegenüber. Allein das macht einen gewaltigen Unterschied – und dass man im Gegensatz zu V’Ger, der praktisch aus dem Nichts kam, einen direkten Anknüpfungspunkt in einer früheren Episode gefunden hat, vertiefte das Star-Trek-Universum, in dem bis dahin alles sehr isoliert passiert war, auf einen Schlag. Dabei enthält der Film gar nicht so viele Rückbezüge auf „Der schlafende Tiger“, man muss jene Folge nicht einmal gesehen haben, um sich auszukennen. Aber allein die Andeutung sorgt für ein entscheidendes Etwas, das im Vorgänger noch fehlte.

Nebenbei war damit gleich ein glaubwürdiges Motiv sowohl für den Antagonisten als auch für unsere Crew gefunden: Khan wurde Jahre zuvor seinem Schicksal überlassen, die „Enterprise“ ist nie, wie damals von Kirk versprochen, zurückgekehrt, um nach dem Rechten zu sehen, was wiederum den „Zorn des Khan“ legitimiert. Insofern ist auch sofort klar, dass Kirk die Verantwortung trägt und sich persönlich in der Pflicht sieht, seinen alten Feind zu stoppen. Schön ist in diesem Zusammenhang auch, dass man mit dem 2009 verstorbenen Ricardo Montalbán jenen Schauspieler verpflichten konnte, der schon 1967 den Khan verkörpert hatte. Abgesehen von dessen beeindruckender Präsenz – meines Erachtens ist er der mit Abstand beste Bösewicht aller Kino-Auftritte von „Star Trek“ und spielt hier auch Shatner & Co. an die Wand – sorgte das für weiteren Tiefgang: Beide Seiten sind bei ihrem Aufeinandertreffen in gleichem Maße gealtert und gereift, der eine (Khan) gehärtet im Exil, der andere (Kirk) verunsichert, seit er als Admiral mehr Zeit hinter dem Schreibtisch als an Bord eines Raumschiffs verbringt.

Bestens aufgelegter Cast.

Die schauspielerischen Leistungen in „Der Zorn des Khan“ sind meiner Ansich tnach über jeden Zweifel erhaben (das waren sie aber auch schon im ersten Film, was man nicht unter den Tisch fallen lassen sollte). Ricardo Montalbán habe ich bereits lobend erwähnt, der Mexikaner ist aus meiner Sicht tatsächlich bester Mann am Platz. Aber auch William Shatner (Kirk), Leonard Nimoy (Spock) und DeForest Kelley (McCoy) sind bestens aufgelegt und spielen hier deutlich befreiter auf, als es im ersten Film der Fall war. Klar: Das liegt auch am Drehbuch, das in „Star Trek: Der Film“ eine einander mittlerweile fremd gewordene Crew darstellen wollte. Hier haben sie es leichter, weil ihre Rollen durch die vorangegangenen Ereignisse wieder zusammengefunden haben; die Chemie entspricht damit fast wieder jener, die man aus der Serie kennt. Dennoch schwingt auch hier ständig das Thema des Älterwerdens mit, das auch im Vorgänger ein Motiv war, diesmal aber besser ausgearbeitet wurde. Gerade William Shatner mimt den mitten in einer Midlife-Crisis steckenden Kirk sehr stark. Was in dieser Hinsicht übrigens auch hilft: „Star Trek II“ ist bei all seiner Brutalität ein deutlich weniger verbissener Film, der sich zwischendurch auch mal einen Witz erlaubt, was ebenfalls dem Spirit der Original-Serie entspricht, wie ich finde.

Außerdem erwähnenswert: Wie schon bei „Star Trek: Der Film“ hat sich Leonard Nimoy sehr bitten lassen, noch einmal die spitzen Ohren anzulegen. Überreden ließ er sich mutmaßlich erst, nachdem ihm das durch Jack Sowards adaptierte Drehbuch vorgelegt wurde – mit dem bekannten Finale, zu dem ich weiter unten noch ein paar Anmerkungen habe. Zu den Nebenrollen ist vergleichsweise wenig zu sagen: Die erweiterte Hauptbesetzung (James Doohan als Scott, Nichelle Nichols als Uhura, Walter Koenig als Chekov und George Takei als Sulu) macht ihre Arbeit gewohnt gut und hat sogar vergleichsweise viel zu tun. Aber auch der restliche Cast ist gut besetzt, stellvertretend seien hier Kirstie Alley (als Saavik in ihrer ersten Kinorolle zu sehen), Bibi Besch (Carol Marcus) und Judson Scott (der Khan-Untergebene Joaquim) genannt. Nur mit Merritt Butrick (David Marcus) hatte ich Schwierigkeiten – er bringt das merkwürdige Verhältnis zu Kirk, das sich im Laufe des Films entspinnt, nicht so richtig glaubwürdig rüber. Mag aber auch sein, dass das Drehbuch zu wenig wert auf die Ausarbeitung dieser Beziehung legt; so oder so stimmt die Chemie zwischen den beiden Rollen (oder zwischen den zwei Schauspielern?) nicht richtig.

Angesichts des ikonischen Duells zwischen Kirk und Khan – Shatner und Montalbán sind sich am Set übrigens kein einziges Mal begegnet – gerät die Story um das „Genesis-Projekt“ nahezu völlig in den Hintergrund. Und doch ist es wichtig – allerdings eher für den nachfolgenden Film (1984), dessen Handlung fast nahtlos anschließt. Hier ist „Genesis“ hingegen nur Mittel zum Zweck und untermauert die Wichtigkeit der Auseinandersetzung, die den Kern von „Star Trek II“ ausmacht. Und die ist überaus gelungen: Einerseits gibt es diverse Psychospielchen, in denen die Hauptdarsteller fühlbar alles geben. Höhepunkt ist die Situation, in der Khan dem auf einem leblosen Planeten festsitzenden Kirk in Aussicht stellt, dort zurückgelassen zu werden, was im berühmt-berüchtigten „Khaaaan!“ endet. Shatner’sches overacting? Ja, irgendwie schon, hier aber ausnahmsweise vollkommen passend. Andererseits kann man sich keineswegs über fehlende Weltraumaction beklagen: Das Gefecht zwischen „Enterprise“ und „Reliant“ ist zwar bei weitem nicht die größte, aber dafür die am stärksten inszenierte Schlacht aller bis heute erschienen „Star Trek“-Filme.

Spoiler: Schock-Moment im Finale.

All das ist ungewohnt brutal, stellenweise sogar blutig, vor allem aber durchgehend (!) spannend und unterhaltsam. Nun noch ein paar Worte zum Finale – sollte es tatsächlich jemanden geben, der den Film noch nicht gesehen hat, sollte er:sie jetzt besser nicht weiterlesen, es folgen Spoiler!

Man sollte ja meinen, die Zerstörung der „Reliant“ wäre das perfekte Ende für „Star Trek II“: Das Gute hat gesiegt, Khan wurde gestoppt, das auch als Waffe einsetzbare Genesis-Projekt sichergestellt. Doch dann zündet Khan mit seinem letzten Atemzug das „Genesis-Projektil“, die schwer beschädigte „Enterprise“ droht in einer Druckwelle zu verglühen. Es folgt der absolute Schocker: Spock eilt in den Maschinenraum, um den Antrieb zu reparieren, schafft es – und kommt dabei ums Leben. Ein unerhörter Vorgang, noch nie war in „Star Trek“ ein Hauptcharakter gestorben. Und ja, ich gebe es zu: Bei der abschließenden Verabschiedungsszene („Von meinem Freund kann ich nur dieses sagen: Von allen Seelen, die mir begegnet sind auf meinen Reisen, war seine die… menschlichste.“) muss ich bis heute jedes Mal eine Träne zerdrücken. Und so weiß man am Ende nicht, ob man sich mit der Crew der „Enterprise“ freuen soll: Khan ist besiegt, aber zu welchem Preis? Sieht man Kirk, Spock und McCoy als drei Teile des selben Charakters (was durchaus legitim ist), muss man konstatieren, dass es Khan tatsächlich gelungen ist, seinen Feind nahezu tödlich zu verwunden – und in dieser nachdenklichen und traurigen Stimmung endet „Star Trek II“.

Dazu noch etwas Hintergrundinfo: Dieses Finale war es, das Leonard Nimoy, der nach wie vor stark darunter litt, dass er, Nimoy, in der Öffentlichkeit mit seiner Rolle, Spock, gleichgesetzt wurde, dazu bewegt hatte, wieder an Bord der „Enterprise“ zu gehen. Ursprünglich war der Tod des Publikumslieblings auch endgültig gewesen, Hinweise auf eine mögliche Rückkehr fehlten weitgehend. Es kam jedoch anders, wobei ich nicht sicher bin, ob Nimoy selbst es so wollte, weil ihm die Dreharbeiten doch ordentlich Spaß gemacht hatten – oder ob es einzig und allein von Studio und Produzent so entschieden wurde. Jedenfalls wurde das Finale nach den ersten Probevorführungen entschärft und gegen den Willen von Nicholas Meyer durch Produzent Harve Bennett die bekannten Indizien zur Rückkehr von Spock ergänzt.

So wurde diesem epochalen Ereignis leider viel vom beabsichtigten Impact genommen, weil man die Kinobesucher:innen (die in den 1980ern ohnehin noch anders tickten) nicht mit einem negativen Gefühl entlassen wollte und eine Fortsetzung (mit Nimoy) bereits absehbar war. Ich persönlich hätte ich es lieber gesehen, wenn man den Zuschauer:innen nicht ganz so offensiv mitgegeben hätte, dass das Ende von Spock nur temporär war – und so sah es auch Regisseur Meyer. Der war übrigens auch höchst verärgert, weil man, angeblich ohne mit ihm zu sprechen, den Titel des Films von „Das unentdeckte Land“ (ja, richtig gelesen!) in „Der Zorn des Khan“ geändert und damit jegliche Überraschung in Hinblick auf den Antagonisten im Keim erstickt hatte. Nach diesen Affronts wollte Meyer verständlicherweise nicht an „Star Trek III“ mitwirken, aber das ist eine andere Geschichte.

Fazit: Unbedingt ansehen!

Alles in allem bietet „Star Trek II“ viel gelungene Action, eine durchdachte, spannende Geschichte und gute, glaubwürdige Charaktere, die nahezu perfekt gecastet wurden. Bemerkenswert ist aber noch ein Punkt: Wie schon die Regisseure und Autoren früherer „Raumschiff Enterprise“-Folgen brachte auch Nicholas Meyer ein gerüttelt Maß an literarischen Referenzen in seinem Film unter. Viele Motive von William Shakespeare und Herman Melville lassen sich hier finden: Freundschaft und Alter, Tod und Wiedergeburt, das Streben nach Rache – all das ist, mal mehr, mal weniger verklausuliert, in „Der Zorn des Khan“ enthalten. Und, wie soll es anders sein: Auch hier gelingt es dem Regisseur, genau das rechte Maß zu finden, sodass man unterm Strich nur sagen kann: Ein rundum gelungener Film, der zu Recht als einer der besten – wenn nicht der beste überhaupt – seines Franchise gilt. Und damit kann es nur die Höchstwertung und die absolute Empfehlung geben, sich dem Zorn des Khan auszusetzen.

Gesamteindruck: 7/7


Originaltitel: Star Trek II: The Wrath of Khan.
Regie:
Nicholas Meyer
Drehbuch: Nicholas Meyer, Jack B. Sowards
Jahr: 1982
Land: USA
Laufzeit: ca. 113 Minuten
Besetzung (Auswahl): William Shatner, Leonard Nimoy, DeForest Kelley, Ricardo Montalbán, James Doohan, George Takei