„Penumbra: Black Plague“ (2008) ist der zweite Teil einer ursprünglich als Trilogie geplanten Reihe von Survival Horror-Adventures. Gleich vorweg möchte ich allerdings zu bedenken geben, dass dieses Spiel noch kürzer ist als sein auch schon sehr kompakter Vorgänger „Penumbra: Overture“ (2007). Nimmt das Expansion-Pack zu „Black Plague“ (2008 als „Penumbra: Requiem“ veröffentlicht) dazu, ergibt das alles in allem keine 20 Stunden Umfang, was in der Regel eher einem einzigen Spiel entspricht.
Gesamteindruck: 4/7
Flüstern in der Tiefe.
Das Spiel, das später zu „Penumbra: Overture“ werden sollte, wurde von der schwedischen Firma Frictional Games ursprünglich als Grafik-Demo entwickelt. In spielfertigem Zustand fand ich Teil 1 der Survival Horror-Reihe zwar nicht übel, zu einem richtig guten Titel fehlte allerdings ein gehöriges Stück. Zum absoluten Pflichtprogramm gehört der Nachfolger „Black Plague“ leider auch nicht unbedingt, immerhin haben es die die Designer aber geschafft, einige Schwächen seines Vorgängers auszumerzen. Wir haben es hier also mit dem klar besseren Spiel zu tun.
Darum geht’s:
Direkt nach den Ereignissen von „Penumbra: Overture“ erwacht Protagonist Philip auf einer versifften Matratze in einem verschlossenen Raum – und hört als erstes, wie in einem angrenzenden Zimmer offenbar ein Mord passiert. Bald stellt sich heraus, dass die unterirdische Forschungsstation, in der man sich befindet, von einem unheimlichen Virus verseucht scheint. Praktisch alle ehemaligen Bewohner sind mittlerweile tot oder zu gefährlichen Mutanten geworden. Nun gilt es, herauszufinden, was diese unerfreulichen Ereignisse ausgelöst hat – und wo der eigene Vater ist, dessen Brief Philip ja überhaupt erst in diese Lage gebracht hat…
Die Handlung von „Black Plague“ führt die Geschichte, die „Overture“ begonnen hat und die so abrupt mit einem Schlag auf den Hinterkopf endete, nahtlos fort. Wer also wissen möchte, was es mit den Ereignissen im entlegenen Norden Grönlands auf sich hat, kommt um die Fortsetzung nicht herum. Deren Ende funktioniert übrigens tatsächlich als Schlusspunkt, wäre aber auch geeignet gewesen, um einen weiteren Titel anzuflanschen. In diesem Zusammenhang haben Frictional Games also alles richtig gemacht und den für viele Spieler:innen fast unverzeihlichen Frust eines komplett offenen Endes vermieden.
Doch was ist eigentlich die Story und wie wird sie erzählt? Ein großer Kritikpunkt an „Overture“ waren ja die ellenlangen Briefe, aus denen man sich eine teils sehr verworrene Geschichte über eine geheimnisvolle Mine/unterirdische Forschungseinrichtung zusammenklauben musste. Das war mühsam, teilweise unglaubwürdig (was die Damen und Herren Wissenschaflter:innen alles in Schriftform festgehalten haben, geht auf keine Kuhaut) und unergiebig (wenn man nicht jedes Dokument gefunden und/oder genau gelesen hat). „Black Plague“ führt die Story deutlich leichtfüßiger und moderner fort: Zwar gibt es immer noch den einen oder anderen Brief, aufgelockert wird das Ganze aber durch (seltenen) Kontakt mit einer überlebenden Forscherin(inklusive Sprachausgabe). Außerdem gibt es nun Computerterminals, in deren Dateien ab und an ebenfalls ein Teil der Geschichte erzählt wird, was zwar auch mit Lesen verbunden, aber dennoch eine nette Abwechslung ist.
Alles in allem wirkt „Black Plague“ dadurch angenehm gestrafft. Dass das keine Einbildung ist, zeigt der eingangs schon angedeutete Blick auf die Spielzeit: War ich mit „Overture“ in rund 7 ½ Stunden durch, brauchte ich für „Black Plague“ ziemlich exakt eine Stunde weniger. Eine Enttäuschung? Naja, vielleicht, wenn man 50 Euro pro Spiel gezahlt hat (ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie hoch der Preis zur Veröffentlichung war). Zum Zeitpunkt dieser Rezension gibt es die „Penumbra Collection“ jedoch um 8,99 Euro bei GOG.com – ein Sümmchen, für das man sich die Spiele schon mal ansehen kann. Unabhängig vom Preis-/Leistungsverhältnis möchte ich im Übrigen anmerken, dass ich weder „Overture“ noch „Black Plague“ als „zu kurz“ empfunden habe. Die Story gibt meines Erachtens nicht mehr her bzw. ist sie nicht so toll erzählt, dass man das Gefühl hat, man könne gar nicht genug davon kriegen. So gesehen passt die kurze Spielzeit wieder ganz gut – aber das ist natürlich eine sehr subjektive Einschätzung.
Verbesserungen allenthalben.
Auch abseits der vergnüglicheren Erzählform wartet „Black Plague“ mit Verbesserungen auf. Als erstes sticht naturgemäß die Generalüberholung in Sachen Grafik und Sound hervor: „Black Plague“ ist schöner und abwechslungsreicher als „Overture“, ohne dessen unheimliche Düsterkeit verloren zu haben. Auch in dieser Hinsicht scheint eine Straffung die Maxime gewesen zu sein, denn das Spiel wirkt nicht mehr so leer und die Gänge sind nicht mehr verschwenderisch breit, ohne dass ein spielmechanischer Sinn dahinter zu entdecken wäre. Akustisch wartet „Black Plague“ mit mehr und besser eingesetzter Musik sowie häufigerer Sprachausgabe auf.
Was die Bedienung betrifft, scheinen Frictional Games gemerkt zu haben, dass die spezielle „Penumbra“-Steuerung (mehr dazu in der Rezension zu „Overture“) nicht für Kämpfe geeignet ist. Zwar schleichen auch in „Black Plague“ einzelne Gegner durch die Gänge, sämtliche Waffen wurden jedoch aus dem Spiel entfernt, sodass man gezwungen ist, sich entweder zu verstecken oder – wenn man dennoch entdeckt wurde – die Beine in die Hand zu nehmen. Gut gelöst, würde ich sagen, war doch das Kämpfen neben einigen Geschicklichkeitspassagen der größte Pferdefuß an „Overture“.
Ansonsten hat sich spielmechanisch nicht viel geändert: Wir haben es hier immer noch mit einem Adventure aus der Egoperspektive zu tun, lösen also verschiedene Verschiebe- und Physikrätsel, legen mal diesen Schalter um oder reparieren jene Leitung. Das Repertoire an Problemstellungen wurde leicht erhöht, überbordende Neuerungen sind aber nicht zu vermelden. Insgesamt scheint mir der Frustrationsgrad deutlich niedriger zu sein, was vielleicht auch erklärt, warum ich für „Black Plague“ weniger Zeit gebraucht habe als für seinen Vorgänger: Ich habe an keiner Stelle gefühlte 20 Versuche benötigt wie beispielsweise im berühmt-berüchtigten „Dampfrätsel“ von „Overture“.
Was fehlt.
Alles, was ich bisher geschrieben habe, steht „Penumbra: Black Plague“ gut zu Gesicht. Noch nicht erwähnt habe ich außerdem, dass die allgemeine Atmosphäre stimmt: Wie schon „Overture“ ist auch sein Nachfolger angemessen düster und gruselig. Wer den Hauch von Verfall schätzt, der die weitgehend menschenleere Einrichtung umgibt, wird seine Freude an vielen Räumen und ihren Details haben. Etwas höher als in „Overture“ ist weiters der Anteil an Szenen, die das Nervenkostüm flattern lassen, weil man meint, etwas gehört zu haben. Angenehmer Grusel, der sich durch das Entfernen der Kämpfe sogar deutlich anders anfühlt als im Vorgänger – wobei ich nicht verhehlen möchte, dass auch „Black Plague“ weit davon entfernt ist, das unheimlichste Spiel aller Zeiten zu sein.
Das ist allerdings nicht der einzige Grund, wieso es nicht zu einer besseren Wertung reicht. Meiner Ansicht nach können die gelungene Atmosphäre und Präsentation nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Story weder originell noch packend erzählt ist. Das, was im fernen Grönland vor sich geht, ist Stoff, der für eine durchschnittliche „Akte X“-Folge reichen würde (und ich meine sogar, dass dort tatsächlich bereits sehr ähnliche Geschichten erzählt wurden), für rund 20 Stunden Computerspiel jedoch nicht wirklich. Vor allem ist die Handlung relativ zerfahren, weil zwischendurch Adventure-Einlagen zu lösen sind. Und genau das ist das meiner Ansicht nach größte Problem der „Penumbra“-Reihe: Adventure und Erzählung gehen hier nicht Hand in Hand sondern unterbrechen sich immer wieder gegenseitig. Ich weiß nun nicht genau, warum mich das hier mehr stört, als in anderen Spielen – Fakt ist aber, dass mir das Vergnügen an beiden Bestandteilen dadurch verleidet wurde.
Fazit: „Penumbra: Black Plague“ sieht gut aus, fühlt sich atmosphärisch gut an, leidet aber an Schwierigkeiten beim Game Design. So, als hätten die Entwickler nicht gewusst, ob sie den Schwerpunkt auf das Abenteuer oder die Erzählung legen sollten. Mit dem Ergebnis, das beides eher halbherzig gelungen ist. Und auch wenn das nicht heißen soll, dass „Black Plague“ ein wirklich schlechtes Spiel ist, ist das bedauerlich – denn ich glaube, es hätte mit etwas Tuning deutlich besser sein können.
Gesamteindruck: 4/7
Genre: Survival Horror / Adventure
Entwickler: Frictional Games
Publisher: Paradox Interactive
Jahr: 2008
Gespielt auf: PC
Screenshots aus „Penumbra: Black Plague“ – Copyright beim Entwickler!