SpielWelt: EVE Online

Ich habe lange überlegt, ob ich diese Rezension schreiben soll. Denn ich habe im Endeffekt wohl nicht annähernd genug Zeit in EVE Online verbracht, um mir ein seriöses Urteil erlauben zu dürfen. Andererseits: Wie viel ist überhaupt „genug“ bei einem Spiel, das im Endeffekt kein Ziel hat und das man entsprechend gar nicht durchspielen kann? Daher wage ich diesen Versuch einer Bewertung, in vollem Bewusstsein, dass ich bei weitem nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe, mich mit diesem ganz speziellen Phänomen der Computerspiel-Geschichte zu beschäftigen.

Gesamteindruck: 5/7


Von galaktischen Ausmaßen.

Anfang November 2020, spät abends: Ich stehe kurz davor, EVE Online in die sprichwörtliche Ecke zu pfeffern und schwöre mir, nie mehr einen Gedanken an dieses vermaledeite Spiel zu verschwenden. Denn soeben musste ich miterleben, wie mein rund 30 Millionen ISK (nicht Isländische Kronen sondern Interstellar Kredits) teures Raumschiff innerhalb weniger Sekunden vernichtet wurde. Nicht, weil ich eine Mission angenommen hätte, die über meinen Fähigkeiten liegt – nein, ein anderer Spieler hat an einem Sprungtor gelauert und mich angegriffen, bevor ich überhaupt reagieren konnte. Ähnliches ist mir in meiner EVE-Karriere öfter passiert, allerdings nie in diesem Ausmaß – Frust pur! Und doch… nachdem ich mich von diesem Schrecken erholt habe, bin ich tatsächlich wieder eingestiegen. Um Millionen ärmer, aber eine Erfahrung reicher – und mit dem festen Vorsatz, diesmal deutlich vorsichtiger zu sein.

Der Inhalt in Kurzfassung
Irgendwann in der Zukunft hat es die Menschheit endlich geschafft: Die Erde ist völlig zugrunde gerichtet. Glücklicherweise ermöglichen es neue Technologien, im Weltall mit der scham- und rücksichtslosen Ausbeutung fortzufahren. Und es wird noch besser: Ein Wurmloch sorgt dafür, dass Siedler in das bisher unbekannte und weit entfernte Gebiet „New Eden“ aufbrechen können, um dort zu tun, was die Menschheit eben so macht. Millionen reisen ab – bis das Wurmloch plötzlich kollabiert. In „New Eden“ entwickelt sich dennoch alles wie gehabt: Zunächst geht die Raumfahrt-Technologie der isolierten Kolonien durch den Kontaktverlust zur Erde verloren, die Herkunft selbst wird immer mehr zum Mythos. Später wird die Technik aber wiederentdeckt und – natürlich – zu kriegerischen Zwecken eingesetzt, bis Jahrhunderte später erneut vier Imperien um Vorherrschaft und Rohstoffe kämpfen. Mittendrin: Die Kapselpiloten (Capsuleers), eine durch Klontechnologie praktisch unsterbliche Kaste…  

Ich persönlich finde die Hintergrundgeschichte, die der isländische (!) Entwickler CCP seinem opus magnum spendiert hat, höchst gelungen. Das ist bester Space Opera-Stoff und sollte jeden, der auch nur ansatzweise etwas mit Science Fiction anfangen kann, sofort gefangen nehmen. Dabei hilft übrigens auch die wunderbare Grafik und der immerhin passable Soundtrack nebst guter Effekte. Freilich ist all das aber nur eine Randnotiz, die im Spielverlauf von EVE Online wenig bis keine Relevanz hat. Erwähnt wollte ich sie trotzdem haben, einfach, weil mir dieses Drumherum extrem gut gefällt.

Grundsätzliches.

Bevor wir zum Spielgeschehen kommen, noch ein oder zwei Fakten zu diesem gigantischen Sandkastenspiel. EVE Online ist ein Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG), erschien 2003 und erfreut sich 17 Jahre später weltweit immer noch großer Beliebtheit. Ich selbst bin seit 2018 mal mehr, mal weniger intensiv dabei – und bei meinen Sessions waren, soweit man dem Counter vertrauen kann, meist um die 30.000 Spieler online, alle auf demselben Server, wohlgemerkt. Das Modell scheint also zu funktionieren.

Und so läuft es: EVE ist grundsätzlich free to play, kann also gratis installiert und gespielt werden. Im Spiel nennt sich dieser Status „Alpha“ und ermöglicht es jedem Interessierten, reinzuschnuppern, sich die Möglichkeiten anzusehen und zu entscheiden, ob man an der „Omega“-Variante interessiert ist. Die kostet monatlich Geld – und bringt naturgemäß einige Vorteile. So kann man zwar auch als „Alpha“ alles machen und überall hin, allerdings wird man in gewissen Sektoren nicht lange überleben und muss mit einigen eingeschränkten bzw. stark verlangsamten Funktionalitäten klarkommen (blöderweise auch einer Begrenzung der Skillpunkte, die in Fähigkeiten investiert werden können, was z. B. dazu führt, dass man gewisse Schiffe und Waffensysteme nicht nutzen kann). Wen das nicht stört, der kann auch als Alpha unbegrenzt lang seinen Spaß mit EVE haben.

Ich selbst habe mich nach langem Hin & Her entschieden, rund 16 Euro für einen Monat Omega zu investieren, einfach, weil ich wissen wollte, wie sich EVE dann spielt. Als Alpha war mir das Spiel ehrlich gesagt ein bisschen zu zäh und ich war kurz davor aufzugeben. Als Omega läuft es hingegen deutlich flüssiger und unterhält tatsächlich besser. Noch ein kurzer Sidestep: Es ist möglich, im Spiel genug von der In-Game-Währung ISK zu verdienen, um sich den Omega-Status zu sichern, ohne reales Geld dafür auszugeben. Nach ein paar Tagen mühsamen Geldverdienens (an dessen Ende der eingangs beschriebene Verlust meines Kreuzers stand) frage ich mich allerdings, wie das gehen soll – es sei denn, man macht EVE zu einem regelrechten Job und verbringt mehr oder minder jede freie Minute damit. Aber das nur am Rande, ich habe keine Ahnung, ob und wie viele Spieler sich auf diese Weise ihren Zeitvertreib finanzieren.

Ein Wort der Warnung ist bereits an dieser Stelle angebracht: Als Omega macht das Spiel zwar mehr Spaß. Dennoch sollte man sich darüber im Klaren sein, dass EVE auf Dauer nur dann Sinn macht, wenn man sich der Multiplayer-Action anschließt. Für Solo-Spieler gibt es zwar auch Aufgaben, die werden aber relativ bald eintönig – beispielsweise wiederholen sich die verfügbaren Missionen vergleichsweise schnell und laufen ohnehin immer nach exakt demselben Schema ab. So gesehen ist es fast zwingend erforderlich, sich anderen Spielern anzuschließen, dann warten auch die größten Raumschlachten der Computerspielgeschichte. Wer das nicht möchte, kann sich meines Erachtens das Geld für den Omega-Account sparen, ich selbst werde mein Abo mit ziemlicher Sicherheit nicht verlängern. Mulitplayer interessiert mich kaum und für Solo-Spieler bietet EVE, wenn man ganz ehrlich ist, trotz (oder gerade wegen) seiner gigantischen Größe auf Dauer zu wenig Inhalt. Wer allein unterwegs ist, wird wohl meist eher zwischendurch mal reinschauen und die eine oder andere spaßige Mission erfüllen – und dafür ist das Geld, dass der Omega-Account kostet, zu schade. Finde ich zumindest, muss aber natürlich nicht jeder so sehen.

Angekommen in New Eden – und nun?

Was macht man nun aber eigentlich in EVE Online? Die pauschale – und ebenso einfache wie komplizierte – Antwort lautet: Was immer man will. Ist man nach Erstellung eines Charakters in New Eden angekommen, empfiehlt es sich, als erstes die umfangreichen Tutorials zu spielen. Ist das erledigt, hat man hoffentlich einige der grundlegendsten Mechaniken kapiert (was nicht heißt, dass man das Spiel tatsächlich beherrscht) und die freie Auswahl. Man kann sich z. B. auf Entdeckungsreise begeben, Piraten bekämpfen, sich mit anderen Spielern messen, Anomalien erforschen, Rohstoffe abbauen, verkaufen oder daraus Handelsgüter herstellen, als galaktischer Lieferdienst arbeiten, Missionen für NPCs erfüllen – die Möglichkeiten sind (fast) unbegrenzt. Eigentlich ist es geradezu unglaublich: Ich kann beispielsweise Erz abbauen und direkt am Markt verkaufen – oder ich baue es ab, verarbeite es und verkaufe die daraus gewonnen Rohstoffe. Oder ich verwende diese Rohstoffe, um Waffe, Schiffe oder Ausrüstung zu bauen, die ich wiederum verkaufen oder auch selbst verwenden kann (eine weitere Besonderheit von EVE ist, dass fast alles, was im Spiel erhältlich ist und gebraucht wird, von Spielern selbst hergestellt wird, entsprechend komplex ist auch das Markt-System). All das kann man außerdem ganz allein oder als Mitglied von „Corporations“ tun. Letztere bieten nicht nur Kontakt zu anderen Spielern, sondern auch Sicherheit, Handelsvorteile usw. Dass EVE vor allem vom Multiplayer lebt, habe ich schon erwähnt – entsprechend wichtig ist die Rolle der Corporations.

Zu Beginn will man sich aber vermutlich meistens in Raumgefechte stürzen. Daher gleich ein weiterer wichtiger Punkt, der spätestens jetzt unbedingt erwähnt werden muss und, je nach Gusto, ebenfalls als Warnung verstanden werden kann: EVE ist – im Gegensatz z. B. zu „Elite Dangerous“ – keine Weltraumsimulation. Heißt: Man lenkt sein Schiff nicht aus der Ego-Perspektive per Joystick durch die Weiten des Alls, sondern legt den Kurs per Mausklick und über diverse Optionen fest. Eine direkte Steuerung ist maximal rudimentär möglich. Entsprechend anders, oft auch schwerfällig, spielen sich die Kämpfe meist. Das ist natürlich nicht per se schlecht – wer aber rasante Weltraum-Action erwartet und schon den Joystick bereit hält, wird mit EVE keinesfalls glücklich werden. Ich würde es, wenn ich es einem Genre zuordnen müsste, am ehesten als Mischung aus Rollenspiel, Wirtschaftssimulation und Echtzeit-Taktik bezeichnen.

Wenn man es ganz genau nimmt (und obwohl es vielleicht ein bisschen bösartig klingt), unterscheidet sich EVE nur hinsichtlich seiner extremen Komplexität von diversen Endlos-Spielen, die man vom Smartphone kennt. Es muss praktisch laufend gefarmed werden, wie man das auf Neudeutsch nennt. Weil das aber relativ schwierig ist und die Spielmechaniken nicht nur zahlreich, sondern auch alles andere als selbst-erklärend sind, klaffen Lern- und Motivationskurve am Anfang extrem auseinander. Die schlichte Anzahl der möglichen Aktivitäten und die Größe des Spielfeldes (derzeit angeblich über 5.000 Sternensysteme) allein schüchtern anfangs schon massiv ein. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das, was man im Spiel in diversen Chats immer wieder hört, stimmt: Erst nach rund zwei Monaten beginnt sich ein gutes Spielgefühl einzustellen. Vorher ist EVE Kampf und Krampf – und selbst, wenn man diese Zeit übersteht, ist längst nicht alles eitel Wonne.

Ohne Moos wenig los.

Eines wird jedem geneigten Capsuleer nach ein paar Tagen in New Eden klar: Um wirklich voranzukommen, muss man Zeit oder Geld investieren. Oder, noch besser: Beides. Das liegt unter anderem daran, dass sehr vieles von dem, was man im Spiel tut, zeitaufwendig ist. Kämpfe bzw. Missionen dauern aufgrund der Mechanik häufig sehr lange, aber auch Wege, die zurückgelegt werden müssen, können sich extrem ziehen. Wenn man beispielsweise ein Handelsgut benötigt, das nur in einem 15 Sprünge entfernten System zu einem vernünftigen Preis zu haben ist, muss man allein für den Flug dorthin schon mal 10 bis 15 Minuten seines wirklichen Lebens aufwenden. In dieser Zeit tut man nichts, als sein Schiff beim Warpen zu beobachten und auf den „Jump“-Button zu drücken, wenn man eines der gigantischen Sprungtore erreicht. Vom Computer entfernen sollte man sich weder bei dieser drögen Tätigkeit, noch bei anderen Aufgaben, die im freien Weltraum stattfinden. Tut man es dennoch, kann man schnell das Opfer von NPC-Piraten oder anderen Spielern werden. Darum verzichten EVE-Veteranen z. B. bei der oben genannten 15-Sprung-Reise auf den Autopiloten, der eigentlich enthalten wäre. Der positioniert das eigene Schiff aber so ungünstig, dass der Flug a) länger dauert und b) leichter von Gegnern gestört werden kann, als es bei der manuellen Variante der Fall ist. Auch Rohstoffabbau und ähnliche Arbeiten müssen in Echtzeit durchgeführt werden, ausloggen, später zurückkommen und die „Ernte“ kassieren is‘ nich‘. Ergo: Wer dynamisches Spielgeschehen braucht (siehe dazu auch meine obige Anmerkung zu den Gefechten) und das Farmen dem Computer überlassen möchte, ist bei EVE ganz schlecht aufgehoben.

Das bringt mich zurück zur Motivationskurve und eingangs genanntem Szenario, das mich einen mehrere Millionen ISK teuren Kreuzer gekostet hat. Ein solches Erlebnis ist geeignet, Spieler für immer aus EVE zu vertreiben. Der Grund liegt in zwei Besonderheiten: Wenn ein Schiff auf diese Weise verloren geht, ist es tatsächlich weg und man braucht einen neuen fahr… äh fliegbaren Untersatz. Eventuell hat man eine Versicherung abgeschlossen, die deckt aber auch nur einen Teil der Kosten ab. Gerade relativ neue Spieler tun sich extrem schwer, solche Summen zu stemmen – meist wurden stundenlang (in realer Lebenszeit – und das ist keine Übertreibung!) Erze abgebaut und verkauft, bis man irgendwann die Millionen zusammen hatte. Wenn die dann auf einen Schlag vernichtet werden, ist das eine harte Sache – weswegen man immer, wirklich IMMER, den Grundsatz beherzigen sollte, in kein Schiff zu steigen, dessen Verlust man nicht ersetzen kann. Ich konnte das auch nicht glauben, bis mir eben der genannte Totalverlust passiert ist. Es dauerte gefühlte Ewigkeiten, das Geld für ein gleichwertiges Schiff aufzutreiben und ist mir nur deshalb schneller gelungen, weil ich, wie erwähnt, auf Omega umgestiegen bin. Sonst wäre ich tatsächlich bereits raus.

Dass der Totalverlust überhaupt so passieren konnte, liegt an der zweiten Besonderheit: EVE ist ein Paradies für Gesetzlose, Trolle und andere miese Typen. Mein teures Schiff wurde von einem Spieler zerstört, der wesentlich mehr Erfahrung und überlegenes Material aufzuweisen hatte. Seine Taktik, im Spiel „Ganking“ genannt, war perfide: Er wartete, bis ich durchs Sprungtor kam, schaltete direkt meinen Warpantrieb aus, was mich an der schnellen Flucht hinderte und zerstörte meinen Raumer mit wenigen Treffern, nur um sich dann auch noch an der wertvollen Ausrüstung im Wrack gütlich zu tun, die ich evtl. selbst hätte bergen können, wenn ich mich mit einem neuen Schiff zurück gewagt hätte. Übrigens hat der selbe Ganker gleich auch meinen Klon zerstört, was für mich geringe Konsequenzen hatte, in manchen Fällen aber den Verlust weiterer Millionen bedeutet (in aller Kürze: Normalerweise übersteht die Rettungskapsel mit dem geklonten Piloten die Zerstörung des Schiffs, sie kann direkt danach aber ebenfalls vernichtet werden. Man erwacht dann zwar in einem neuen Klon-Körper, aber eventuelle Implantate des alten Klons sind unwiederbringlich verloren).

Konsequenzen für ein solches Verhalten? Fehlanzeige, das ist, genau wie Betrügereien, Fallen u. ä. Teil der Spielmechanik. Es gibt zwar eine Art NPC-Polizei, genannt „CONCORD“, die ist aber nur innerhalb der Hochsicherheits-Sektoren (dem Startgebiet sozusagen) wirklich effektiv und bestraft unprovozierte Attacken – nicht, dass das etwas am Verlust ändern würde. Je unsicherer der Sektor, desto länger braucht die Eingreiftruppe, um überhaupt zu reagieren – im „Nullsec“, den Bereichen ganz ohne Sicherheitsstufe, ist ohnehin jeder Spieler vogelfrei. Ich selbst befand mich zum Zeitpunkt der Zerstörung im „Lowsec“, was ich nicht hätte tun sollen – aber ich war öfter dort gewesen und hatte nie ein Problem gehabt. Leider gehört auch das zur EVE-Erfahrung: Jedes Schiff muss, sobald es einen sicheren Hafen verlässt, als verloren betrachtet werden. Nur, wenn man das bedenkt, wird man über die unvermeidlichen Verluste hinwegkommen.

Selbst schuld, was fliegt er auch in ein so unsicheres Gebiet, werden sich nun vielleicht manche denken. Einerseits richtig – andererseits hat das mit dem Aufbau von EVE zu tun. Die wahre Action und der große Reichtum winken nämlich nur dort, wo es auch richtig gefährlich werden kann. Heißt: Ich kann perfekt meine Missionen in einem sicheren Gebiet abarbeiten, ich kann dort Rohstoffe abbauen und nach Herzenslust durch den Weltraum schippern. Die Summen, die ich dabei verdiene erscheinen aber nur im ersten Moment einigermaßen passabel – sobald man mal Low– oder Nullsec-Luft geschnuppert hat, wird schnell klar, dass nur dort wirklich was weitergeht. Dessen muss sich jeder bewusst sein, der sich wundert, wieso sich andere Spieler Riesenpötte leisten können, während man selbst auch nach Wochen noch mit einem schrottreifen Mini-Zerstörer durchs Weltall gurkt.

Hilfe annehmen? Keine Schande!

Ich merke schon, dass dieser Text extrem lang wird – daher möchte ich nur noch einen Punkt erwähnen, der mir wichtig scheint, dann komme ich auch schon zum Schluss. Wer EVE spielen möchte, kann sich natürlich einfach ins kalte Wasser stürzen. Es ist aber sinnvoller, relativ bald zu YouTube-Tutorials zu greifen und die im Spiel integrierten Rookie-Chats ausgiebigst zu nutzen. Denn auch das gehört zu EVE: Es gibt in der Community innerhalb und außerhalb des Spiels viele erfahrene Capsuleers, die es sich auf die Fahnen geschrieben haben, Neulingen zu helfen.

Das ist ein sehr schöner Aspekt an EVE. Und bitter notwendig, findet man doch ohne Unterstützung anfangs nicht einmal den Menüpunkt, der anzeigt, wo die eigenen Besitztümer gelagert sind. Von komplexeren Operationen oder gar einem Verständnis des Game-eigenen Marktes ganz zu schweigen. EVE ist dermaßen dicht gepackt und voll mit Infos, Optionen und Möglichkeiten, dass es wahrlich keine Schande ist, Hilfe zu suchen – im Gegenteil, nur das hilft vielen Spielern (einschließlich des Rezensenten) über die anfänglich sehr schwere Zeit hinweg und hält sie somit bei der Stange. Und das ist letztlich auch im Interesse alteingesessener Kapselpiloten, damit sich das geflügelte Wort „EVE is dying“ nicht doch eines Tages bewahrheitet.

Gut, aber längst nicht für jeden geeignet.

Mein Fazit: EVE Online hat viele unterhaltsame Seiten, es ist aber meilenweit davon entfernt, für jeden geeignet zu sein. Richtig sind hier all jene, die sich gerne akribisch mit der Ausrüstung ihres Schiffes beschäftigen wollen, die ein gigantischer Markt und ein hochkomplexes Wirtschaftssystem nicht abschrecken und die auch kein Problem mit einem in weiten Teilen sehr statischen Spielverlauf haben. Frustresistenz, hohe Lernbereitschaft und ein nicht zu unterschätzender Zeitaufwand sind ebenfalls Teil des EVE-Erlebnisses, nicht zu vergessen die fast schon als „Pflicht“ zu bezeichnende Lust am Mehrspieler-Erlebnis.

Die Finger davon lassen sollte man hingegen z. B. dringend, wenn man sich eine Raumjäger-Simulation erwartet. Ferner sollte jeder, der kein Interesse an Multiplayer-Aktivitäten hat, maximal als Alpha und damit kostenlos einsteigen. Wer Angst vor bösen Mitspielern hat und es nicht aushält, immer wieder zu sterben und häufig vor dem Nichts zu stehen, wen eine lange Einarbeitungszeit abschreckt und wer keinen Bock auf zeitraubende, teils sehr eintönige Missionen hat, ist hier ebenfalls falsch.

Was mich selbst betrifft: EVE hatte mich eine Weile fest im Griff. Der Suchtfaktor war durchaus da – aber der letzte Funke, der mich auf Dauer zu einem willenlosen Werkzeug von CCP gemacht hätte, ist nicht übergesprungen. Ich glaube, das liegt an meiner fehlenden Multiplayer-Affinität. Wäre die vorhanden, würde ich wohl nicht lange nachdenken, ob ich mir weitere Omega-Zeit kaufen sollte. So wird es bei einem gelegentlichen Spielchen als Alpha bleiben, zu mehr reicht es dann leider doch nicht. „Leider“? Naja, eher: „Zum Glück“, denn EVE war sogar in der kurzen Zeit, in der ich gespielt habe, ein ganz extremer Zeitfresser. Dafür auch noch echtes Geld auszugeben, ist es mir letztlich einfach nicht wert.

Gesamteindruck: 5/7


Genre: MMORPG
Entwickler:
CCP
Publisher: CCP / Atari
Jahr:
2003
Gespielt auf: PC


Screenshots aus „EVE Online“ – Copyright beim Entwickler!