Michael Ende
„Die unendliche Geschichte“ ist natürlich Kult, vor allem im deutschsprachigen Raum, wo es kaum einen Jugendlichen geben dürfte, der noch nie etwas davon gehört hat. Zumindest war das früher so – ob der Einfluss des Opus Magnum von Michael Ende immer noch so groß ist, kann ich nicht beurteilen. Aus Sicht des erwachsenen (Wieder-)Lesers ist das Buch nicht ganz perfekt – zu flach die Charaktere, zu oberflächlich Teile der Handlung. Das ist allerdings Kritik auf sehr hohem Niveau und sollte niemanden davon abhalten, „Die unendliche Geschichte“ zu lesen. Es ist und bleibt ein zeitloser Klassiker auf nahezu perfektem Niveau.
Gesamteindruck: 6/7
Fantasy-Klassiker (nicht nur) für Kinder.
Über dieses Buch gibt es eigentlich nichts Negatives zu sagen – vor allem, wenn man ein Kind ist oder sich zumindest daran erinnert, wie es war, „Die unendliche Geschichte“ in jungen Jahren zu lesen. Vor allem der erste Teil, den viele auch durch den gleichnamigen Film kennen dürften, kann auf ganzer Linie überzeugen. Hier hat Michael Ende perfekte Arbeit geleistet und eine Welt geschaffen, in der man sich alles so plastisch vorstellen kann, wie es selbst in den besten Fantasy-Werken nicht allzu oft vorkommt. Für Kinder handelt es sich hierbei um ein schönes Märchen, das in einen nachvollziehbaren Rahmen verpackt wurde. Die Charaktere und ihre Handlungen sind zumindest im ersten Abschnitt leicht verständlich, die grenzenlose Welt Phantásiens wirkt sehr einladend. Einziger kleiner Nachteil am Buch ist – paradoxerweise – seine Länge. Die 475 Seiten dürften etwas einschüchternd wirken und tatsächlich ist es so, dass dem Autor vor allem im zweiten Teil stellenweise etwas die Luft ausgeht, was eine gewisse Anstrengung beim Fertiglesen zur Folge hat. Dennoch ist das Buch allen jungen Lesern bzw. Eltern, die eine schöne Geschichte für ihren Nachwuchs suchen, uneingeschränkt zu empfehlen, nicht zuletzt weil es zum Lesen anderer Bücher animiert und die Fantasie auf angenehme Art und Weise stark anregt.
An dieser Stelle ist auch eine kurze Kritik für erwachsene Leser angebracht. Nachdem ich dieses Werk jetzt nach langer Zeit (dürfte zehn bis 15 Jahre her sein) wieder einmal zur Hand genommen habe, finde ich nach wie vor kaum etwas daran auszusetzen. So ist dieses Buch die wohl beste „Meta-Geschichte“, die ich kenne. Die beiden Ebenen der Handlung („wirkliche“ Welt und Phantásien) nähern sich darin immer weiter an bis schließlich ein Wechsel von der einen in die andere möglich wird. Diesen Ansatz der zwei Welten und dem daraus resultierenden Verlust der Fähigkeit, in die „Wirklichkeit“ zurückzukehren (Stichwort: Eskapismus) finde ich sehr gelungen. Auch dass es vielleicht irgendwo ein verstecktes Reich gibt, das nur durch unsere Fantasie bestehen kann, und das zerstört wird, wenn die Menschen keine Vorstellungskraft mehr besitzen, halte ich für einen faszinierenden Gedanken.
Wo viel Licht ist, ist aber auch Schatten. So bleiben meiner Meinung nach nahezu alle Charaktere der Geschichte (bis auf den Hauptprotagonisten) sehr flach, was ziemlich merkwürdig anmutet, aber wahrscheinlich an ihrer großen Zahl liegt. Dennoch hätte ich mir etwas tiefere Figuren gewünscht. Zum zweiten ist die Geschichte selbst doch oberflächlicher, als man es vom Lesen in der Kindheit her in Erinnerung hat. Der Umfang des Buches ergibt sich hauptsächlich aus der Vielzahl der darin vorkommenden Lebewesen und Schauplätze – deren äußere Beschreibungen allerdings sehr gut gelungen sind. Interessanter zu lesen ist eigentlich die zweite Hälfte des Buches, die auch ein wenig philosophischer und dunkler daher kommt. Hier findet man interessante Ansätze zur Problematik der Allmacht. Einige Episoden darin kann man mit Recht als Füller bezeichnen, ich persönlich fühle mich dadurch aber weniger gestört. Lediglich die Entwicklung der Hauptfigur in eine gänzlich unsympathische Richtung scheint mir viel zu dick aufgetragen.
Nachdem das Buch aber eindeutig für jüngere Leser geschrieben ist, sehe ich in diesen Schwierigkeiten, die ich als Erwachsener mit Teilen davon habe, keinen Grund zu einer schlechteren Bewertung. 6 Punkte für ein Buch, dass man eigentlich gelesen haben muss, und das man auch immer wieder lesen kann.
Gesamteindruck: 6/7
Autor: Michael Ende
Originaltitel: Die unendliche Geschichte
Erstveröffentlichung: 1979
Umfang: 480 Seiten
Gelesene Sprache: Deutsch
Gelesene Version: Hardcover
Thematisch verwandte Beiträge auf Weltending:
–