FestivalWelt: Wacken:Open:Air 2014

Datum: 31. Juli bis 2. August 2014
Location: Wacken, Schleswig-Holstein
Festival: Wacken:Open:Air 2014
Bands: ca. 130, national & international
Publikum: 75.000
Ticketpreis: 170 Euro (inkl. VVK-Gebühren, keine Abendkasse bzw. Tagespässe)


Wenn sieben eine Reise tun…

Vorgeschichte

Ich war bisher einmal in Wacken, nämlich 2010. War damals ein Geburtstagsgeschenk, sonst wäre ich wohl nicht auf die Idee gekommen, auf ein so weit entferntes Festival zu fahren, wo es doch wesentlich nähere Alternativen gibt. Wie dem auch sei, es hat mir bzw. unserer Gruppe damals sehr gut gefallen und wir haben schon damit gerechnet, dass wir irgendwann wieder kommen. Trotzdem ist die Entscheidung dann relativ spontan gefallen. 2014 stand aber immerhin das 25-Jährige Jubiläum an, daher war mit schnellem Ausverkauf zu rechnen und wir mussten fix zugreifen. Hat sich gelohnt – eine halbe Stunde nach unserer Bestellung von 7 Karten war sold-out. In der Rekordzeit von 48 Stunden, die allerdings im Vorverkauf für Wacken 2015 nochmal unterboten werden sollte.

Nachdem wir unsere Tickets erhalten hatten, begann dann erstmal die Warterei auf Bands. Einige gute waren schon bekannt, aber der ganz große Kracher, der vom Festival auch als „eine Band die allen gefallen wird und die noch nie in Wacken war“ angepriesen wurde, war noch nicht dabei. Auch der „Adventkalender“ brachte keine Besserung. Klar, einige gute Nummern, aber auch viel Müll und am 24. Dezember, als jeder mit Iron Maiden, Metallica oder AC/DC rechnete, gab es Megadeth. Das war schon irgendwo enttäuschend, wie sich auch an einem regelrechten Shitstorm auf Facebook bemerkbar machte, der spätestens zu diesem Zeitpunkt begann und bis zum Festival nicht mehr endete. Dass später noch Iced Earth und Death Angel absagen mussten ist zwar nicht die Schuld der Veranstalter – adäquater Ersatz wurde aber nicht angeboten. Und der versprochene Mega-Headliner blieb vollkommen aus, stattdessen gab es die üblichen Verdächtigen, die ohnehin jedes zweite Jahr in Wacken und auf allen anderen Festivals sind.

Ich persönlich sehe das jetzt nicht so dramatisch wie viele andere. Grundsätzlich wäre aber für den Preis, den Wacken verlangt, zumindest eine der ganz großen Bands angebracht gewesen, damit das Preis-Leistungs-Verhältnis wenigstens etwas günstiger für das Festival ausfällt. Immerhin waren Iron Maiden, Black Sabbath und Metallica auf Tour und haben diverse Festivals gespielt. Und das „größte Metalfestival der Welt“ bekommt keine dieser Bands? Merkwürdig. Aber nun zum Festival…

Donnerstag, 31. Juli 2014

Anreisetag. Eigentlich merkwürdig, dass bereits am Mittwoch (30. Juli) Bands spielen (wenn auch unbekannte), auf den Karten aber steht, dass das Festival von 31. Juli bis 2. August dauert. Nunja, immerhin startet man, wenn man erst am Donnerstag kommt, nicht gleich mit einem kompletten Kater in den ersten Festivaltag. Wir kamen gegen Mittag mit dem ersten Bus vom Flughafen Hamburg an. Dieser Shuttleservice ist wirklich eine gute Sache, wie ich finde. Ging völlig problemlos vonstatten. Nach Ankunft und passieren der ersten Kartenkontrolle ging es erstmal auf den Campingplatz, wo unsere Zelte bereits aufgebaut auf uns warteten. Ja, richtig gelesen! :dh: Aufgrund der weiten Anreise aus Österreich per Flugzeug haben wir uns diesmal für ein „Zelthotel“ entschieden. Ich kann diesen Anbieter einfach nur jedem empfehlen. Super-freundlich, sympathisch und kompetent: die Zelte (ein 3-Mann-, zwei 2-Mann-Zelte) waren geräumig, gut verzurrt und sauber, das Sonnensegel war zweckmäßig und die Stühle waren ebenfalls in Ordnung – und das alles zu einem durchaus vernünftigen Preis. Noch dazu in sehr zentraler Lage – Spaziergänge ins Dorf waren genauso bequem zu bewerkstelligen wie der Gang aufs Festivalgelände.

Nach dem „einchecken“ und „einrichten“ der Zelte ging es dann erstmal zur Bandausgabe. Der Weg dorthin war dann doch etwas beschwerlicher als erwartet. Grund war vor allem, dass der Punkt, zu dem man musste, auf den großen Übersichtskarten viel zu unauffällig markiert war. Das geht definitiv besser – nach einiger Fragerei und Rennerei haben wir es dann aber doch geschafft und unsere Wristbands und den gut gefüllten „Full Metal Bag“ bekommen. Ohne lange Wartezeit, wohlgemerkt.

So ausgestattet ging es dann zum ersten Rundgang über das Festivalgelände (das Infield war noch geschlossen). Was sofort auffiel, war die unglaubliche Staubentwicklung, die uns auch die folgenden Tage noch quälen sollte. Deshalb bestellt Wacken normalerweise wohl immer Regen… Nach kurzem Rundgang und einem Snack (gibt ja unglaublich große Auswahl an Essen) setzten wir uns vor die Beergarden-Stage wo grad YE BANISHED PRIVATEERS einige Songs zum Besten gaben. Gar nicht so schlecht, aber auch ein wenig leise für mein Gefühl. Gleiches galt für die danach spielenden LOS VAGABUNDOS, mit denen ich aber auch musikalisch überhaupt nix anfangen konnte. Egal, wir tankten jedenfalls gleich mal ordentlich Bier und es stellte sich recht schnell heraus, dass die 0,3-Liter-Becher gefährlich schnell zur Neige gingen. Wir waren 7 Leute, d. h. es gab dort erstmal 7 Runden Bier, die extrem schnell durch die ausgedörrten, staubigen Kehlen flossen. Gut angeheitert ging es dann zurück zum Zelt um den „Metal Bag“ zu verstauen und die Adjustierung für den Abend herzustellen. Ein wenig beim Zelt sitzen und dumm labern war noch drin, dann war es auch schon Zeit für HAMMERFALL auf der Black Stage. Die Schweden hatten eine spezielle „Glory To The Brave“-Show angekündigt und genau so war es auch – wobei die Lieder nicht in der Original-Reihenfolge gespielt wurden. Egal, war jedenfalls wirklich gut. Eine besondere Freude war das Wiedersehen mit dem ursprünglichen HAMMERFALL-Drummer und langjährigen IN FLAMES-Gitarristen Jesper Strömblad, der bei „The Dragon Lies Bleeding“ als Gitarrist auf der Bühne war. Weitere Gäste waren ex-Drummer Patrick Räfling und ex-Gitarrist Stefan Elmgren. Schöne Sache. Außerdem kamen nach den Songs von „Glory To The Brave“ auch noch ein paar andere Stücke (darunter die Live-Premiere des mittelprächtigen, neuen „Bushido“) zu Ehren, bis nach „Hearts On Fire“ endgültig Schicht im Schacht war. War insgesamt wirklich eine sehr gute Show, wie ich finde.

Weiter ging es dann auf der True Metal Stage mit STEEL PANTHER. Nunja, deren Humor werde ich wohl nie verstehen und auch musikalisch ist das nix, was bei mir auch nur ansatzweise ankommt. Immerhin gab es viel nackte Brüste im Publikum, was auch immer wieder über die Video-Walls eingeblendet wurde. Wir sahen uns die Hälfte des Gigs von weiter hinten an und gingen dann wieder in den Biergarten. Kam einfach nicht an bei uns – wie es dem Rest des Festivalpublikums damit geht, kann ich nicht beurteilen, mir schien das Infield aber nicht gesteckt voll zu sein.

Danach zeigte sich erstmals die Gefahr der schnell vernichteten kleinen Biere. Denn SAXON hörten wir aufgrund ausufernden Alkoholkonsums und einer damit verbunden Trägheit nur aus dem Biergarten zu uns herüberschallen. Egal, diese Band gehört zu den Klassikern, mit denen ich noch nie viel anfangen konnte. Um halbwegs nüchtern zu werden gingen wir dann kurz ins Wackinger Village, auf der Suche nach gutem Essen. Auch dort wurden wir fündig – allerdings leider auch beim Met-Stand.

Das endete damit, dass wir für ACCEPT gar nicht mehr ins Infield gingen, sondern uns den Gig mit der speziellen „Restless And Wild“-Show von ganz hinten ansahen. Was geboten wurde war gar nicht übel, aber „Restless And Wild“ klingt mit Udo Dirkschneider halt einfach besser als mit dem – von mir an sich sehr geschätzten – Mark Tornillo. Das merkt man einfach, wenn ein komplettes Album aus der Udo-Ära gespielt wird. Schade, dass man den German Tank nicht zu einem Gastauftritt überreden konnte – damit wäre das Ganze wohl ähnlich gut geworden wie der HAMMERFALL-Gig. Nett war es trotzdem als Abschluss für den ersten Abend.

Freitag, 1. August 2014

Aufgewacht wie das blühende Leben. Naja, nicht ganz, aber in Anbetracht des Alkoholkonsums vom Vorabend ging es recht gut. Nach einem Kaffee, der von einem netten jungen Mann jeden Morgen auf dem Campground ausgeschenkt wurde, ging es erstmal zum Duschen (ja, ich bin so „untrve“) und Notdurft verrichten. Da es erst ca. 7 Uhr früh war alles kein Problem, gegen 8 Uhr war die Warteschlange aber schon gefühlte Kilometer lang. Einen weiteren Kaffee und einen Snack aus dem Frühstückszelt später öffneten wir bei unseren Zelten auch schon das erste Dosenbier. Gar nicht mal so gut – also brachen wir relativ bald ins Dorf auf.

Dort gingen wir erstmal direkt zum uns bereits von 2010 bekannten „Metal Place“. Einfach zu geil dort – und so verpassten wir natürlich die Vormittags-/Mittags-Bands, u. a. CHTONIC und SKID ROW, die um 11 (!) bzw. 12 Uhr (!!) ran mussten. Auch ENDSTILLE (13 Uhr), KNORKATOR, FIVE FINGER DEATH PUNCH und HELLYEAH waren uns zu früh. Selber schuld, könnte man sagen – allerdings fragt man sich teilweise trotzdem, wer die Running-Order zusammenstellt. Black Metal in der Mittagshitze = Desaster!

Der Metal-Place in Wacken

Der Metal-Place in Wacken

Jedenfalls haben wir ca. 6 Stunden im „Metal Place“ gesoffen, um dann rechtzeitig zu HEAVEN SHALL BURN wieder vor der Bühne zu sein. Deren Show war nicht übel, eine Woche zuvor bei den MetalDays in Slowenien haben sie mir aber weit besser gefallen. Liegt wohl an der Größe des Festivals. Darauf folgten CHILDREN OF BODOM, die mich auch schon mehr überzeugt haben. Für mich persönlich keine wirkliche Festival-Band, sondern eher was für die Halle, wo man jeden Ton richtig hört. Hier war Einiges ein wenig vom Wind verblasen. Während APOCALYPTICA ging es dann doch eher wieder ans Trinken, wobei die letzten paar Songs wieder vor der Bühne angeschaut wurden. Vor allem das finale „Hall Of The Mountain King“ war große Klasse. Danach galt es, eine Entscheidung zu treffen. MOTÖRHEAD oder CARCASS? Irgendein Idiot hatte nämlich beide Bands auf 21 Uhr gesetzt. Unglaublich. Wir entschieden uns für Lemmy, man weiß ja nie, wie lange der Kerl noch lebt. Ob die Entscheidung richtig war kann ich nicht sagen – CARCASS waren sicher gut, MOTÖRHEAD aber auch nicht schlecht. Abgesehen von der Setlist, der es gehörig an Schwung fehlte. Oder war es doch Lemmy selbst, der nicht in Fahrt kam, wie es ein Freund in der TV-Übertragung gesehen haben will, wie er mir später erzählte? Keine Ahnung, jedenfalls kam nur bei den ganz großen Klassikern so richtig Stimmung auf. Bei „Killed By Death“ stand dann auch noch DORO auf der Bühne (muss die Tante eigentlich sogar dann dabei sein, wenn sie gar nicht im Line-Up auftaucht?). Auffällig: Lemmy, der ordentlich Gewicht verloren hat, kann offenbar nicht mehr richtig sprechen, jedenfalls nuschelte er noch mehr vor sich hin als früher und war kaum zu verstehen. Als zwischendurch mal Phil Campbell eine Ansage machte, war das eine regelrechte Wohltat. Trotzdem wirkte die Band ganz gut gelaunt und konnte im Großen und Ganzen überzeugen. Vielleicht war das einfach noch ein bisschen „Ringrost“, der hier nach der langen Pause zu bemerken war.

Nach dieser passablen Show trat eine weitere Band an, bei der man immer wieder Sorge wegen Gesundheitsproblemen haben muss: SLAYER. Und was wir zu sehen bekamen war nicht weniger als die beste SLAYER-Show der vergangenen Jahre. Zumindest die beste, auf der ich war. Da hat der Metal Hammer schon recht, der danach schrieb: „Egal wie schlecht du bist, SLAYER sind Schlächter.“ Das ging schon los mit dem Opener: Das seit gefühlten Ewigkeiten als Einstieg gespielte „World Painted Blood“ wurde von „Hell Awaits“ abgelöst. Absolut geil. Auch was folgte, war durchaus erfrischend: „The Antichrist“, „Necrophiliac“, „Mandatory Suicide“, „Captor Of Sin“, „Born Of Fire“ usw. – alles Stücke, die ich lange nicht (bzw. noch nie) live von SLAYER gehört habe. Absolut cool auch das Finale, bestehend aus „Black Magic“ (!), „South Of Heaven“ und „Angel Of Death“. Die Amis haben wirklich alles richtig gemacht, einen so geilen Gig hätte ich von den in letzter Zeit arg gebeutelten Thrashern echt nicht erwartet. Übrigens sieht Tom Araya mittlerweile echt scheiße aus, auch wenn er das hinter einem Charles Manson-Gedächtnisbart zu verstecken versuchte. Aber die finsteren Blicke, die er während des Konzertes ins Publikum wirft, sind Gold wert. Kerry King war wie immer eine Bank, Gary Holt wirkt immer noch wie ein Fremdkörper (vermutlich weil er einfach zu fit/jung aussieht) und Paul Bostaph konnte Dave Lombardo gut ersetzen. Vielleicht war diese Frischzellenkur an den Drums nötig, um SLAYER wieder Schwung zu verleihen. Egal, nach diesem Erlebnis waren wir vollkommen verausgabt und hörten uns Teile der Show von KING DIAMOND nur mehr vom Campingplatz aus an. War ganz gut, hatte ich den Eindruck, aber so wirklich mitbekommen habe ich nichts mehr. Eigentlich hätten wir gerne noch VREID oder W.A.S.P. angesehen, das war aber absolut nicht mehr drin. Also ab ins Zelt und Tilt.

Samstag, 2. August 2014

Kritik zur Running-Order bzw. den teilweise beschissenen Spielzeiten der Bands habe ich ja schon mal zart angedeutet. Am letzten Festival-Tag wurde es noch etwas …hmm… „merkwürdiger“. Nur geile Bands den ganzen Tag – aber zu welchen Zeiten: ARCH ENEMY waren um 12 Uhr (!) der Anheizer (gleichzeitig mit PRONG), danach folgten SODOM (13:15), BEHEMOTH (14:30) und DEVIN TOWNSEND PROJECT (16:00). Dazwischen natürlich die eine oder andere kleinere Band. Und das alles bei Gluthitze und Staub des Todes. Wir haben davon jedenfalls bis auf einzelne Songs nicht viel mitbekommen weil wir beschlossen, wieder den „Metal Place“ zu beehren. Auch diesmal gingen die Biere nur so dahin und kaum, dass wir es uns versahen, war es schon Zeit für EMPEROR. Ja, auch die Black Metal-Legende musste bei Tageslicht auf die Bühne, nämlich um 17:30 Uhr. So etwas gehört verboten. Das Konzert war von außerhalb des Infields betrachtet allerdings gut, wobei ich mich hauptsächlich an „I Am The Black Wizards“ und „Wrath Of The Tyrant“ erinnern kann. Zum Abschluss gab es übrigens die BATHORY-Verneigung „A Fine Day To Die“. Eine feine Show, die sich stimmungsvolle Dunkelheit verdient hätte.

Amon Amarth am W:O:A 2014

Amon Amarth am W:O:A 2014

Danach folgte ein erwartetes Highlight: AMON AMARTH standen auf der True Metal Stage. Und das Publikum ließ sich trotz Höllentemperatur gerne zum Wikinger-Mosh pitten. Die ganze Show über war die Stimmung großartig, und der Band sah man das Vergnügen, die Meute mit ihrem Death Metal zu begeistern, jederzeit an. Vor allem Ober-Wikinger Johan Hegg bekam das Grinsen gar nicht mehr aus seinem – vermutlich von einer Sonne-Alkohol-Kombi – stark gerötetem Gesicht. Auch die beiden auf der Bühne aufgestellten, betretbaren Drachenköpfe wurden von allen Bandmitgliedern immer wieder genutzt. Tolle Sache. Die Crowdsurfer flogen tief, der Moshpit staubte – was will man mehr. Wenn so Ragnarök aussieht: Sei’s drum, Hauptsache AMON AMARTH spielen dazu auf. Nach dem finalen Doppelschlag „Twilight Of The Thunder God“ und „The Pursuit Of Vikings“ brauchten wir jedenfalls gleich mehrere kalte Erfrischungsgetränke zur Erholung.

Da wir schon an der True Metal Stage waren, gingen wir dann ein paar Schritte zur benachbarten Party Stage, um uns kurz an J.B.O. zu ergötzen. Naja, ich glaub, dafür bin ich mittlerweile zu alt. Irgendwann fand ich die Rosa Armee Fraktion ja mal ganz lustig, aber das war dann doch eher zum Fremdschämen, finde ich.

Zum Glück gab es zeitgleich auf der Black Stage ja noch eine Alternative: MEGADETH, die die Party-Stage ohnehin ordentlich übertönten. Ja, ich war enttäuscht, als am 24. Dezember Dave Mustaine & Co aus dem Adventkalender gezogen wurden. Aber bereits die Show, die ich eine Woche vor Wacken auf dem MetalDays-Festival von MEGADETH gesehen hatte, hat mich eines Besseren belehrt. Und so war es auch in Wacken, wenn auch aufgrund der Festival-Größe nicht so intensiv. Ein wirklich guter Gig mit einem für seine Verhältnisse gut gelaunten Mustaine (der wohl einiges im Tee hatte, zumindest kamen mir seine Ansagen so vor). Etwas viel Solo-Gegniedel vielleicht, aber was soll’s. Der Sound war einfach hervorragend und ließ Kracher wie „Tornado Of Souls“, „Sweating Bullets“ und natürlich „Symphony Of Destruction“ erst so richtig zur Geltung kommen. Nur das Fehlen von „A Tout Le Monde“, das bei den MetalDays noch auf der Setlist war, habe ich nicht verstanden. Trotzdem: In dieser Form sind MEGADETH tatsächlich eine wesentlich bessere Live-Band als ich gedacht hätte.

An dem, was folgt, werden sich wohl die Geister scheiden. Taten sie auch schon während des Festivals, wenn ich die Reaktionen von Band und Publikum richtig deute. Den meiner Ansicht nach besten Festival-Slot (Samstag, 22 Uhr) hatten nämlich AVANTASIA ergattert. Nun, ich mag Tobias Sammet grundsätzlich. Sowohl AVANTASIA als auch EDGUY hatten tolle Alben. „Hatten“? Ja, hatten – bei EDGUY gab es meiner Ansicht nach seit „Mandrake“ nichts mehr Vernünftiges zu hören, bei AVANTASIA haben mich maximal die ersten drei Scheiben begeistert, vor allem aber die ersten zwei. Danach… äh… ja. Dementsprechend konnte ich mit einigen Teilen dieser Show recht wenig anfangen, was die Songs selbst betrifft. Highlights waren meiner Ansicht nach „Avantasia“ (mit Sammet/Michael Kiske am Mikro), „Farewell“ (Sammet/Kiske/Amanda Somerville) und das finale Medley „Sign Of The Cross/The Seven Angels“. „Reach Out For The Light“ (Sammet/Kiske) war auch noch in Ordnung, aber der Rest war eher mittelprächtig für meinen Geschmack. Lag wohl hauptsächlich an den Songs selbst – denn die Sänger fand ich allesamt großartig, vor allem Michael Kiske war unglaublich, fast wie in besten HELLOWEEN-Zeiten. Am Start waren neben Sammet die bereits erwähnten Michael Kiske und Amanda Somerville, dazu noch Bob Catley (Magnum), Eric Martin (Mr. Big) und Ronnie Atkins (Pretty Maids). Ich denke, Wacken war für Sammet sicher der passende Rahmen für die Abschiedsshow der „The Mystery World Tour“… Aber ich bin wohl das falsche Publikum, mir war das zwischendurch ehrlich gesagt etwas zu schlagerhaft, obwohl ich sonst sehr vorsichtig mit solchen Ausdrücken bin. Und wenn ich die Ansagen von Tobias Sammet richtig deute, haben sich noch dazu die Fans, die vor der Black Stage bereits auf den Gig von KREATOR warteten, ein wenig mit ihm angelegt (oder umgekehrt?). Ich weiß nicht, welche Schmähungen von dort auf den Sänger einprasselten, jedenfalls schoss er von der Bühne aus ein wenig zurück, versuchte dann aber auch wieder die Situation zu beruhigen, vermutlich weil er es mit Aussagen wie „depressive people over there“ wohl etwas übertrieben hatte. Ich verstehe ja, dass Sammet die Kritik, die ihm von den Thrashern mutmaßlich zuteil wurde, nicht gefällt – aber deshalb zu sagen, AVANTASIA wäre „Gay Metal“, also quasi „gay“ als Schimpfwort zu gebrauchen, fand ich nicht so angebracht. „Pussy Metal“ hat er auch gelegentlich gesagt (auch schon zu EDGUY-Zeiten), das passt besser. Lustig war hingegen, als er fragte, ob „child-eating, vegan Thrash Metal-Fans“ anwesend wären und im „Tralala-Mitsingpart“ plötzlich ein herzhaftes „Phoooobiaaaa!“ einstreute.

Nach gut anderthalb Stunden hatte das AVANTASIA-Spektakel dann ein Ende und die Thrash-Heroen von KREATOR schickten sich an, die Black Stage zu betreten. Dazu fällt mir jetzt auch gar nicht so viel ein – einfach die übliche, tolle KREATOR-Show mit den sympathisch-kauzigen Ansagen von Mille (der übrigens nicht auf die Anspielungen von Sammet einging, der während der AVANTASIA-Show immer wieder Dinge wie „I love Mille, he’s my brother“ sagte). Jedenfalls legten die Ruhrpott-Thrasher mit „Phantom Antichrist“, „From Flood Into Fire“ und „Warcurse“ furios los und Wacken ging ebenso furios mit. Eigentlich gab es bis zum finalen „Flag Of Hate/Tormentor“ keine Verschnaufpause – war wirklich großartig, aber mir ging schon nach vier Songs komplett der Saft aus. Darum hätte ich persönlich die Slots von KREATOR und AVANTASIA lieber vertauscht gesehen (weil man bei KREATOR einfach mehr Power braucht) – aber da gibt’s wohl auch 10.000 Gegenmeinungen.

Nach diesem brachialen Gig hätte es noch Einiges zu sehen gegeben (darunter für mich CREMATORY und KOLDBRANN), aber wir konnten einfach nicht mehr, außerdem war um 6 Uhr Tagwache, um den bereits gebuchten Bus zu erwischen. Am Zeltplatz wurden wir dann noch von VAN CANTO (wenn ich dieses Gebrumme noch einmal hören muss… *grfjtx*) zwangsbeschallt, die wohl mit Gästen beim Publikum punkten konnten. TARJA TURUNEN und DORO (schon wieder, diesmal mit einer Vergewaltigung von „Fear Of The Dark“, zumindest glaube ich, dass sie es war) konnte ich raushören, glaube ich. Auch SCHANDMAUL waren am Campground wohl lauter als vor der Bühne – und zu deren Gedudel schlief ich dann irgendwann ein.

Am nächsten Tag früh auf, Zelte ausgeräumt, bei der „Rezeption“ ausgecheckt und ab zum Flughafen. Alles problemlos, außer dass der Flug um 4 Stunden nach hinten verschoben wurde. Aber was soll’s, das war dann auch schon egal, man hatte ja noch Festiva-Endorphine in sich.


Fazit: Das war das zweite Mal Wacken für mich – und wieder muss ich sagen, dass es eine Reise wert war. Bands gesehen habe ich nicht so viele (dafür, dass so viele gespielt haben), aber es war trotzdem ein tolles Festival. Und wer so viel Alkohol trinkt, dass er diverse Bands einfach nicht schafft, ist ohnehin selbst schuld. Aber der „Metal Place“ ist einfach zu geil und wenn diverse gute Bands in der Mittagshitze spielen, ist die Versuchung, dort im Schatten zu sitzen, eindeutig zu groß. Aber ansonsten gibt es (fast) nur Positives, ich geb‘ das mal in Listenform wieder.

Tim Mälzer-Pizza am W:O:A 2014

Tim Mälzer-Pizza am W:O:A 2014

+ Organisation: Anreise, Abreise, Wege, Security-Check – alles top. Nur die Bändchenausgabe war kaum zu finden, die müsste auf den großen Karten besser markiert sein.
+ Atmosphäre: Ich fand es trotz der riesigen Menschenmassen relativ entspannt. Weder auf dem Campground noch am Festivalgelände sind mir irgendwelche Idioten aufgefallen. Es gab geile Mosh- und Circlepits, massenhaft Crowdsurfer und sogar die eine oder andere Wall of Death, wenn ich mich nicht irre. Und weil immer alle von den „Touristen“ reden: Ich hätte eigentlich keine gesehen. Auch Musik und Lautstärke am Campground waren ok für meinen Geschmack.
+ Freundlichkeit: Personal, Securities und nicht zuletzt Dorfbewohner waren supernett und freundlich. Unglaublich eigentlich – so kennt man das in Österreich kaum.
+ Securities: nicht nur nett sondern meines Erachtens auch kompetent. Alle, die wir gefragt haben, wussten, wohin man sich wenden kann, wenn man dieses oder jenes braucht, die Crowdsurfer wurden gut aufgefangen, die Security-Checks gingen schnell vonstatten – ich finde keinen Anlass zur Beschwerde.
+ Verpflegung: Das Essen war meines Erachtens sehr gut. Lediglich von diesem „Mega-Burger“-Laden könnte man sich trennen, den Fraß kriege ich wirklich nicht runter (bringt aber vermutlich sehr viel Umsatz). Auch die Auswahl war top – Pizza, Gegrilltes, Flammkuchen, Kebab, Süßes, Pommes, Fisch, Pulled Pork, Knoblaubrot, Frühstück im Frühstückszelt usw. usf. Alles da – ich hab sogar so ne „Tim Mälzer-Pizza“ um stolze 10 Euro gegessen. War köstlich.
+ Bier-Tender im Infield: Bier geht immer schnell zur Neige, wenn man vor der Bühne steht. Aber dafür gibt’s ja nette Jungs, die den ganzen Tag mit einem Bierfass am Rücken durch das Infield rennen und die Leute versorgen. Super Sache – weiß nicht, ob es das schon immer gab, aber mir hat’s gefallen.
+ Thekenpersonal: Die Jungs und Mädels waren meiner Ansicht nach sehr schnell – vor allem für den Andrang, den sie zeitweise zu bewältigen hatten.
+ Wasserstationen im Infield: Ja, das konnte Einiges, vor allem, weil im Metal-Bag ein Plastikschlauch war, den man so oft man wollte, auffüllen konnte. Das war echt sinnvoll – lediglich zwei kleine Punkte haben gestört: Die Wasserstationen waren nicht so gut ausgeschildert bzw. es gab zu wenige davon (oder es waren zu wenig Wasserhähne pro Station). Achja, vielleicht ist es ja möglich, einen Produzent zu finden, bei dem das Wasser aus den Schläuchen nicht so grauenvoll nach Plastik schmeckt.
+ Wacken: Ja, auch das Dorf kann Einiges, vor allem der „Metal Place“. Auch wenn das Festival wohl alles dafür tut, die Leute im Gelände zu halten, war auch der Ort immer einen Besuch wert und gesteckt voll. Finde ich einfach super, dort gibt’s einige nette Plätze um zu essen und zu trinken.
+ Infield-Toiletten: Mich betrifft es zwar kaum, aber die Spülklos am Infield sind schon toll, vor allem für Frauen. Waren wohl auch immer halbwegs sauber. Aber auch die Pissoirs für Männer können was. Gut gemacht.
+ Personalisierte Tickets: Einfach super. Ging auch alles problemlos vonstatten – schade, dass das für nächstes Jahr aufgrund des Rechtsstreits nicht mehr möglich ist.

+/- Diebstahl: Wenn gleich nach der Ankunft der Mitarbeiter vom Zelthotel sagt, dass schon diverse Zelte ausgeräumt wurden, muss man erstmal schlucken. Da gab es wohl ein massives Problem – aber da uns nichts gestohlen wurde, kann ich nicht sagen, dass das für mich ein negativer Punkt wäre.
+/- Staub from Hell: Nungut, wenn es regnet, passt es auch niemandem. Aber die Staubentwicklung war unglaublich – ich huste jetzt noch Dreck vom Holy Wacken Land aus der Lunge. Ob man dagegen wohl etwas machen könnte? Vermutlich nicht.
+/- Wackinger Village/Wasteland: Naja, wer’s braucht. Gibt schon ein paar coole Sachen da und ist wohl auch hilfreich, damit das Infield nicht immer ganz so voll ist. Aber so wirklich notwendig finde ich das Ganze eigentlich nicht.
+/- Line-Up: Ja, in Wacken ist immer für jeden etwas dabei. So auch diesmal. Aber die ganz große Nummer hat gefehlt, was schade ist. Andererseits hat man zu später Stunde für einen Mega-Headliner meist eh keine Energie mehr.
+/- Festivalgröße: Meines Erachtens ist die Obergrenze erreicht, auch wenn man sicher 100.000 Karten verkaufen könnte. Da will wohl niemand – mir war bereits heuer fast zu viel los.

– Preise:
Allein der Eintrittspreis ist eine Wucht. Und da braucht auch niemand sagen, dass in Wacken so viel geboten wird – allein von den Bands her bekommt man hier nichts, was nicht auch auf anderen Festivals spielt. Vor allem heuer – da hatten andere (günstigere) Festivals ganz andere Kaliber. Das ganze Drumherum ist hingegen teilweise echt überflüssig. Und auch die Preise für Verpflegung sind nicht ohne – kaum ein Essen, das unter 5 Euro zu haben ist. Und Bier? 3,50 Euro für 0,3 Liter ist halt schon ein Wahnsinn, vor allem, wenn man bedenkt, dass man für den gleichen Preis im Vorjahr noch 0,4 Liter bekommen hat. Eigentlich eine Frechheit.
– Campground-Toiletten: Davon kann es einfach nie genug geben. Und die können auch nicht oft genug sauber gemacht werden. Jedenfalls war die Dixie-Anzahl erschreckend gering, zu gering. Und die Spülklos/Dusch-Zelte sollten vielleicht auch mal vergrößert werden. Da geht sicher noch was.
– Running-Order: Ich weiß nicht, ob das irgendwie lösbar wäre – aber Bands wie Arch Enemy oder Sodom zu Mittag spielen zu lassen, ist keine gute Idee. Auch Black Metal sollte nicht unbedingt bei Tageslicht stattfinden. Dann lieber ein paar Bands weniger und dafür die wirklich beliebten zu vernünftigen Zeiten. Und bitte, liebes Festival-Team, trennt euch endlich von Müll wie Russkaja, Bülent Ceylan, Santiano und Konsorten. Auch wenn es immer Leute gibt, die das anschauen – fehlen wird es sicher niemandem.
– VVK-Start: Ich wollte nächstes Jahr ohnehin nicht unbedingt fahren. Aber für alle, die gern wiederkommen möchten, ist der VVK-Start in der Nacht denkbar ungünstig. Manche sind da noch nicht mal daheim. Ist schon klar, dass es eigentlich egal ist, wann man startet, weil immer welche durch die Finger schauen werden, wenn „Sold-out“ ist. Aber denen, die gerade erst so viel Geld in Wacken gelassen haben, sollte man zumindest eine faire Chance geben.
– Kommunikationspolitik der Veranstalter: Wer einen solchen Shitstorm am Laufen hat wie Wacken seit Dezember, kann zwar im Prinzip alles noch schlimmer machen, wenn er die (teilweise) berechtigten Fragen der Fans beantwortet – aber gar nichts zu sagen, nicht mal, dass etwas schief gegangen ist oder Ähnliches, halte ich für einen schweren Fehler. Da kamen immerhin Vorwürfe wie „nach dem frühen ’sold-out‘ hat sich Wacken nicht mehr bemüht, einen würdigen Headliner zu finden“ und ähnliches. Wenn das 100-mal kommt, muss man eigentlich mit einem offiziellen Statement reagieren. Ich gebe zu, dass ich ob dieser Nicht-Kommunikation weit mehr angepisst war als wegen des fehlenden Headliners.


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