FilmWelt: A Quiet Place

Sieht man sich „A Quiet Place“ zum ersten Mal an, ist man überrascht: Ein Film, der scheinbar ohne Worte auskommt – kann das überhaupt gut gehen? Es kann, wie Regisseur John Krasinski zeigt. Allerdings, und das ist schade, wird das Konzept nicht bis ganz zum Schluss durchgezogen. Dennoch: „A Quiet Place“ unterhält und ist über weite Strecken erfrischend anders.

Gesamteindruck: 5/7


Pssst!

„A Quiet Place“ ist einer dieser seltenen Fälle, in denen es tatsächlich gelingt, einem alt-ehrwürdigen Genre einen neuen Aspekt hinzuzufügen. Dass man auf der Flucht vor Monstern leise sein muss, ist bekannt – in diesem Film ist die absolute Lautlosigkeit aber ein vollwertiges Stilelement. Die Figuren agieren in völliger Stille, flüstern nicht einmal miteinander, sondern verständigen sich über Handzeichen. Sie tappen barfuß durch die Szenerie und sind so ruhig, dass es den Zuschauer regelrecht in den Ohren schmerzt. Man muss den Schauspielern gratulieren, die es schaffen, ihren Charakteren ganz ohne Sprache Leben einzuhauchen.

Inhalt in Kurzfassung
Irgendwo in Amerika lebt eine Familie einen post-apokalyptischen Alptraum. Die Menschheit wurde mehr oder weniger ausgerottet und auch die wenigen Überlebenden befinden sich ständig in großer Gefahr. Die einzige Chance, den monströsen Jägern zu entkommen, ist völlige Lautlosigkeit, denn jedes noch so kleine Geräusch kann ein Todesurteil sein.

Die Grundannahme des Films führt nicht nur schauspielerisch zu einer unorthodoxen Herangehensweise. Auch optisch und akustisch ist „A Quiet Place“ grundlegend anders. So ist die Unterstützung durch einen Score eher marginal, wenngleich der Soundtrack nicht ganz wegfällt. Dafür kommt den Soundeffekten umso größere Bedeutung zu. Das ist so ungewohnt, dass allein dadurch ein mulmiges Gefühl beim Zuseher entsteht. Verstärkt wird diese Grundstimmung durch die Kameraarbeit, die in Zusammenhang mit der fehlenden Akustik ein fast schon klaustrophobisches Gefühl erzeugt – interessanterweise ohne, dass der Film in geschlossenen Räumen spielt. Daran kann man zumindest ansatzweise erkennen, wie angewiesen wir Menschen auf unseren vollständigen Sinnesapparat sind.

Gelungen ist auch das Drehbuch, das sich mehr auf die handelnden Personen als auf das Umfeld konzentriert. In diesem Fall bedeutet das, dass man als Zuseher nicht weiß, wie die Menschheit überhaupt in diese ausweglose Lage geraten ist. Eine außerirdische Invasion? Mutationen? Der Film hält sich sehr bedeckt, was die großen Zusammenhänge betrifft und liefert nur ein paar Schnipsel, aus denen man sich mehr oder weniger zusammenreimen kann, was passiert sein könnte. Das ist eine Herangehensweise, die ein wenig an „Cloverfield“ erinnert. In Verbindung mit dem nicht vorhandenen Humor trägt auch dieses Nicht-Wissen viel zum Nervenkitzel von „A Quiet Place“ bei.

Intensitätskurve flacht zum Schluss hin ab.

Leider ist aber nicht alles Gold, was glänzt. Die intensive Stimmung, die ich oben beschrieben habe, trifft vorwiegend auf die erste Hälfte von „A Quiet Place“ zu. Den Mut, dieses Konzept bis zum Ende durchzuziehen, hatte Regisseur John Krasinski (der neben seiner Real-Life-Ehefrau Emily Blunt auch in einer der Hauptrollen zu sehen ist) dann doch nicht. Im weiteren Verlauf wird der Film dann immer „lauter“. Das beginnt damit, dass man eine Möglichkeit findet, Personen doch miteinander sprechen zu lassen. Das wurde zwar einigermaßen logisch gelöst, wirkt in meinen Augen aber wie ein Mittel zum Zweck, weil man es dem Publikum nicht zumuten wollte, bis zum Schluss quasi nur mit Gebärdensprache auszukommen. Allein das nimmt den Film bereits einiges vom Zauber, den er am Anfang entwickelt. Noch mehr wird das ursprüngliche Konzept durch die musikalische Untermalung verwässert, die sich von anfangs kaum wahrnehmbar im Verlauf des Films zu dramatisch-bombastisch steigert. Das passt zwar zum Inhalt, bei dem sich die Schlagzahl und die Action ebenfalls erhöhen – nimmt „A Quiet Place“ gleichzeitig aber auch viel von seiner Besonderheit.

Denn eines darf man auch nicht übersehen: „A Quiet Place“ unterscheidet sich in der Handlung nicht maßgeblich von einem handelsüblichen Endzeit- oder Zombiefilm. Es ist letztlich nur die Inszenierung, die den Streifen von seiner Konkurrenz abhebt. Wird diese verdünnt, wie es in der zweiten Hälfte des Films passiert, wird „A Quiet Place“ zu einer handwerklich gut gemachten aber sehr konventionellen Darstellung der Postapokalypse. Schade, mit etwas mehr Konsequenz hätte es eine höhere Wertung geben können.

Gesamteindruck: 5/7


Originaltitel: A Quiet Place
Regie:
John Krasinski
Jahr: 2018
Land: USA
Laufzeit: 90 Minuten
Besetzung (Auswahl): Emily Blunt, John Krasinski, Noah Jupe, Millicent Simmonds, Cade Woodward, Leon Russom