FilmWelt: Logan – The Wolverine

17 Jahre und 9 Filme – so lange bzw. oft hat der australische Schauspieler Hugh Jackman den Wolverine bisher verkörpert. Eine verdammt lange Zeit im schnelllebigen Film-Business. In „Logan“ gibt Jackman zum vermutlich letzten Mal den wortkargen Helden mit den Adamantium-Krallen und den beeindruckenden Fähigkeiten zur Selbstheilung. Das ist nur recht und billig – einerseits war Wolverine aufgrund seiner vielen Ecken und Kanten schon immer der interessanteste aller X-Men, andererseits IST Jackman Wolverine. „Logan“ ist der Abgesang auf diese Rolle und als solcher ein durchaus guter Film geworden. Kleine Schwächen gibt es, aber grundsätzlich hätte man sich kaum ein besseres Finale wünschen können.

Gesamteindruck: 6/7


Abgesang auf den widerwilligsten aller Superhelden.

Dass es ausgerechnet den nahezu unverwundbaren Wolverine so böse erwischt wie in „Logan – The Wolverine“ (der Originaltitel lautet schlicht und einfach „Logan“, was für mein Dafürhalten wesentlich besser den Kern des Films trifft), hätte kaum jemand für möglich gehalten. Aber es ist so – der Marvel-Film zeigt uns einen Mann, der kaum mehr an den wohl beliebtesten aller X-Men erinnert. In nicht allzu ferner Zukunft gehören Wolverine und Professor X (wie immer grandios gespielt von Patrick Stewart, der offenbar niemals älter wird und nach wie vor aussieht, wie Captain Picard in den 30 Jahre alten Folgen von „Star Trek – The Next Generation“) zu den letzten freien Mutanten, die X-Men scheinen nicht mehr zu existieren. Wobei frei ein sehr relativer Begriff ist – sie fristen ein trauriges Dasein in einem öden Versteck. Der mittlerweile trotz unnatürlich langer Lebensspanne mächtig in die Jahre gekommene Wolverine hat sogar noch weniger Heldenhaftes an sich hat, als zu seinen besten Zeiten, in denen er bei weitem kein strahlender Ritter war. Tatsächlich ist es dermaßen deprimierend, den an Alzheimer erkrankten Professor und seinen einstigen Schützling, der sich als Limousinen-Fahrer über Wasser hält, dessen Verletzungen nicht mehr richtig heilen und der nur mehr humpelnd durch die Szenen schleicht, zu beobachten, dass man den Film fast als reinrassiges Drama bezeichnen könnte.

Aber nur fast – denn im krassen Gegensatz zur Nachdenklichkeit vieler Szenen lässt Regisseur James Mangold seinen Wolverine dermaßen brutal von der Leine, wie man es noch in 10 Jahren X-Men auf der großen Leinwand noch nie gesehen hat. Der tragische, ständig unglaublich schlecht gelaunte Anti-Held schnetzelt sich durch seine Gegner, dass das Blut nur so spritzt. Arme und Beine werden abgetrennt, die berühmten Adamantium-Krallen bohren sich durch Körper, Schädel werden gespalten – dass dieser Film FSK 16 sein soll, scheint mir der blanke Hohn zu sein. Irgendwie aber auch realistisch – ich mein, der Typ hat 3 lange, rasiermesserscharfe Klingen an jeder Hand – wie soll das sonst aussehen, wenn er die als Waffe einsetzt? Tatsächlich erinnert das komplette Setting in weiten Teilen an einen der klassischen, blutigen Western von früher und hebt sich damit allein schon atmosphärisch stark vom üblichen Marvel-Blockbuster-Programm ab.

Inhaltlich gibt es auf den ersten Blick wenig Neues zu berichten. Einmal mehr versuchen Bösewichte, Mutanten zu fangen. Viel mehr gibt es dazu nicht zu sagen. All das passiert in den üblichen Action-Sequenzen inklusive Verfolgungsjagden, in denen die zahlenmäßig weit überlegenen und bestens ausgerüsteten Gegner es nicht schaffen, ihre Opfer zu schnappen. All das unterscheidet sich kaum bis gar nicht von dem, was man praktisch aus jedem X-Men-Film kennt. Was „Logan“ besser macht, sind letztlich die Nuancen. Allein, dass man sich traut, den großen Helden dermaßen verwundbar und angeschlagen darzustellen, sieht man nicht jeden Tag. Das allein ist schon harter Tobak und erzeugt eine sehr düstere Grundstimmung. In Kombination mit den brutalen Kämpfen, in denen weder der Hauptdarsteller, noch seine quasi-Tochter, die er nach einigem Hin & Her vor ihren Häschern retten möchte, geschont werden ist das schon ein sehr eigenes Gefühl, das beim Zuseher entsteht. Um es deutlich zu sagen: Derartig wuchtige und detaillierte Gewalt gegen Kinder, aber auch durch Kinder hat man in einem Hollywood-Blockbuster vermutlich noch nie gesehen.

Letztlich ist der Film – soviel kann man, denke ich verraten – als wohl endgültiger Abgesang auf Wolverine tatsächlich ein würdiges Ende für den Helden wider Willen. Ich denke, dass auch Hugh Jackman ganz froh darüber sein wird, wobei man ja nie ausschließen sollte, dass es noch ein Comeback geben könnte, das zeitlich vor „Logan“ spielt. Ich persönlich würde aber lieber sehen, wenn es das nun endgültig mit dem Jackman-Wolverine war. Seine Darstellung des „Vielfraßes“ (denn nichts Anderes heißt „Wolverine“ auf Deutsch) hat den Charakter geprägt, zumindest für diejenigen, die mit der Comic-Vorlage nicht so firm sind. Besser als Hugh Jackman es in „Logan“ macht, ist es meines Erachtens sowieso nicht möglich.

Ganz reicht es allerdings trotz aller positiven Aspekte nicht für die Höchstwertung und den Status als Meisterwerk. Dafür hat der Film auf 138 Minuten ein paar Längen zu viel. Es hätte für mein Dafürhalten nicht geschadet, die eine oder andere Action-Szene etwas zu straffen und auch manch ruhige Sequenz wirkt etwas gestreckt auf mich. Nicht ganz ausgereift auch die Darstellung der Gegenspieler, die nicht so viel Gefahr ausstrahlen, wie sie eigentlich sollten und letztlich nicht über die simple Schwarz-/Weiß-Schablone hinauskommen. Sehr schade, da hätte es sicher Möglichkeiten für mehr Tiefe gegeben, ohne die Fokusierung auf die Titelfigur (und dessen Schützling) aus den Augen zu verlieren. Noch besser wäre im Hinblick darauf natürlich gewesen, wenn man Liev „Sabretooth“ Schreiber als Erzfeind von Wolverine erneut an den Start gebracht hätte. Schade, dass man sich da nicht einig wurde.

Das ändert aber nichts daran, dass „Logan“ der beste Wolverine-Film ist, neben „X-Men“ (2000) der beste aus dem gesamten Franchise (alle Nachfolger werden ihrerseits von den 3 Filmen um Wolverine übertroffen) und der beste von Marvel seit Ewigkeiten. Solide 6 Punkte macht das alles in allem. An die „The Dark Night“-Reihe aus dem Hause DC kommt er zwar nicht ganz heran, „Logan“ ist von allen Marvel-Filmen aber bei weitem am nächsten dran.

(c) critic.de

Gesamteindruck: 6/7


Originaltitel: Logan
Regie: James Mangold
Jahr: 2017
Land: USA
Laufzeit: 138 Minuten
Besetzung (Auswahl): Hugh Jackman, Patrick Stewart, Dafne Keen, Boyd Holbrook, Richard E. Grant