SpielWelt: Layers of Fear 2


Schiff statt Herrenhaus: Auch im Nachfolger des 2016er-Geheimtipps „Layers of Fear“ tappt man als einsamer Protagonist durch lange Gänge und halb verfallene Räume. Das sorgt erneut für den einen oder anderen Gänsehautmoment, ist insgesamt aber leider deutlich weniger gehaltvoll, als man es sich gewünscht hätte – was auch daran liegen mag, dass ein Gutteil der Symbolik und Story-Fetzen bei einmaligem Durchspielen kaum zu entschlüsseln ist.

Gesamteindruck: 3/7


Eine Seefahrt, die ist düster…

In meiner Rezension zu „Layers of Fear“ (2016) habe ich kritisiert, dass es dem durchaus gruseligen Abenteuer an Abwechslung fehlt und das eine oder andere Rätsel schön gewesen wäre. Nun, nachdem ich „Layers of Fear 2“ (2019) durchgespielt habe, bin ich etwas ratlos: Es gibt hier tatsächlich ein wenig mehr zu tun als in Teil 1, wirklich besser ist das Spiel dadurch jedoch nicht. Dabei kann man den polnischen Horror-Spezialist:innen von Bloober Team das Bemühen, das Konzept des Vorgängers behutsam zu erweitern, nicht absprechen – im Ergebnis zeigt sich allerdings, dass an den falschen Stellschrauben gedreht wurde.

Darum geht’s:
Ein namenloser Schauspieler erwacht an Bord eines Kreuzfahrtschiffs. Während er die verlassenen Korridore und Abteilungen des Ozeanriesen erkundet, findet er immer wieder kryptische Nachrichten und nimmt merkwürdige, unheimliche Phänomene wahr. Eine körperlose Stimme gibt gelegentlich Regie-Anweisungen durch – sodass man sich bald fragt, ob der Schauplatz vielleicht ein Film-Set ist. Oder ob sich alles nur im Kopf des Protagonisten abspielt…

Wie „Layers of Fear“ ist auch der zweite Teil der Reihe – man mag es an der Inhaltsangabe erkennen – eine Reise in den Wahnsinn. Um eine direkte Fortsetzung handelt es sich indes nicht, Hinweise auf den Vorgänger finden sich maximal in Form kleiner Easter Eggs; ob es tatsächlich Zusammenhänge gibt, bleibt vage und/oder der eigenen Fantasie überlassen. Das ist durchaus angenehm, heißt es doch, dass man „Layers of Fear 2“ auch ohne Vorkenntnisse spielen kann.

Bloober Team als Psycho-Horror-Spezialist.

Unabhängig davon halten sich die Unterschiede zwischen beiden Titeln in Grenzen. Das betrifft sowohl Grafik- und Sounddesign als auch Atmosphäre, Handlung und das allgemeine Spielgefühl. Diese frappierende Ähnlichkeit beschränkt sich übrigens nicht nur auf diese beiden Spiele: Sieht man sich den bisherigen Backkatalog von Bloober Team an, fällt die nahezu vollständige Hinwendung zum psychologischen Horror ab 2016 auf – also jenem Jahr, in dem mit dem ersten „Layers of Fear“ der Erfolg kam. Ich selbst habe aus dem Portfolio des polnischen Studios bisher nur „Blair Witch“, das wenige Monate nach „Layers of Fear 2“ veröffentlicht wurde, gespielt. Dazu gibt es auch eine ausführliche Rezension; interessant ist jedenfalls, dass Bloober Team 2019 gleich zwei atmosphärisch, technisch und mechanisch sehr ähnliche Spiele veröffentlicht hat. Wobei „Blair Witch“ insgesamt größer und – wohl dank seiner Lizenz – etwas eigenständiger wirkt, während „Layers of Fear 2“ nicht mehr und nicht weniger als ein weiterer, technisch sauber gemachter Walking Simulator im Sinne seines Vorgängers ist.

(Schon wieder) Gedächtnislücken.

Nach diesem kurzen Exkurs nun aber zurück zum Wesentlichen – und zur Frage, was man eigentlich in „Layers of Fear 2“ macht. Die Antwort lautet: Nicht viel. Das mag enttäuschen, liegt aber in der Natur eines Genres, das letzten Endes voll auf Atmosphäre und das Erzählen einer Geschichte ausgelegt ist. Und so steuern wir einmal mehr einen anfangs namenlosen, mit den üblichen Gedächtnislücken geschlagenen Protagonisten aus der Ego-Perspektive durch eine Art Geisterbahn – wohlwissend, dass sich vieles von dem, was wir zu sehen bekommen, nur im Kopf unseres stummen Helden abspielt. Was ihm zugestoßen sein mag, erfahren wir auf den üblichen Wegen: Herumliegende Notizen, Tonaufzeichnungen, Filmrollen, verschiedene Gegenstände und die eine oder andere Halluzination.

Interessant ist dabei die im Vergleich zum Vorgänger noch einmal verschachteltere Umgebung: Ist das Schiff tatsächlich ein Schiff? Oder ist es ein Filmset? Ist das, was das Spiel erzählt, ein Drehbuch? Oder ist es dem Protagonisten wirklich zugestoßen und er durchleidet ein Trauma, in dem er auch seinen Beruf als Schauspieler verarbeitet? Gibt ein realer Regisseur immer wieder Anweisungen? Oder ist es doch eher die eigene, innere Stimme, die wir hören?

Verständnisprobleme.

Was auf dem Papier interessant klingt, hat im Spiel leider einen Haken: Sind einige Referenzen und Zitate noch eindeutig erkennbar, habe ich den Großteil der Symbolik, mit deren Hilfe die Story erklärt werden soll, schlicht nicht verstanden. Will sagen: Als nach knapp sechs Stunden der Abspann über den Bildschirm flimmerte, hätte ich nicht schlüssig wiedergeben können, welche Geschichte mir „Layers of Fear 2“ eigentlich erzählt hat. Mag sein, dass es dafür einen zweiten oder dritten Durchgang bräuchte, zu dem mir aktuell Zeit und Lust fehlen. Vor allem wenn man bedenkt, wie linear das Spiel in Wirklichkeit ist: Es gibt stets nur einen Weg, den man gehen kann und muss, sodass man das Gefühl hat, sich auf Schienen zu bewegen. Wenn das eine absichtliche Hommage an das Film-Setting sein soll, mag das in künstlerischer Hinsicht gelungen sein – für ein Spiel, das augenscheinlich darauf ausgelegt ist, wiederholt gespielt zu werden, ist es eine zumindest fragwürdige Design-Entscheidung.

Sieht man von dieser Problematik ab, kann man dem Titel eine gelungene Atmosphäre nicht absprechen. Und auch das stetige Gefühl der Bedrohung wurde in Grundzügen aus Teil 1 übernommen, wobei es einen entscheidenden Unterschied gibt: In „Layers of Fear“ meinte man, stets eine unheimliche Präsenz im Haus wahrzunehmen, ohne sie jemals zu Gesicht zu bekommen. Das ist im Nachfolger anders – zwar fühlt man sich auch hier ständig beobachtet, allerdings gibt es zwischendurch immer wieder Passagen, in denen man sterben kann, weil man tatsächlich einem Monster in die Arme läuft. Das ist freilich ein sehr massiver Einschnitt gegenüber dem Vorgänger, der in dieser Hinsicht grandios mit den Erwartungen des Publikums spielte.

Der Vollständigkeit halber möchte ich noch den wichtigsten Grund für eine etwaige Rückkehr zu „Layers of Fear 2“ erwähnen: In vier von fünf Akten, in die das Spiel zerfällt, gilt es jeweils eine Entscheidung zu treffen, die dann Einfluss auf den Ablauf des fünften Aktes bzw. das Finale hat. Wer also die Story wirklich verstehen und alles sehen möchte, kann eine deutlich längere Spielzeit veranschlagen. An weiten Teilen des Spiels ändert sich durch das Treffen einer anderen Entscheidung jedoch nichts, sodass der daraus entstandene Wiederspielwert nicht allzu groß sein dürfte.

Mechaniken und Rätsel.

Die Bewegung funktioniert in „Layers of Fear“ klassisch über WASD, mit der linken Maustaste werden Aktionen ausgeführt, an Fortbewegungsarten gibt es Gehen, Laufen und Kriechen. Eine Besonderheit, die schon der erste Teil hatte und die von der „Penumbra“-Reihe (ab 2007, Frictional Games) übernommen wurde: Der Cursor ist quasi-haptisch, d. h. um eine Tür zu öffnen, muss man z. B. eine relativ realistische Bewegung mit der Maus durchführen. Was bei mir für mehrere Tode gesorgt hat, als ich – siehe oben – vor dem Monster flüchten und dabei Türen öffnen oder zuschlagen musste, davon abgesehen aber erstaunlich immersiv ist.

Die Dichte an Rätseln wurde gegenüber dem Vorgänger erhöht. Wer nun aber Kopfnüsse erwartet, wie man sie aus den guten alten Point & Click-Adventures kennt, wird enttäuscht sein: Viel mehr als hier ein paar Hebel zu ziehen und dort anhand offensichtlich platzierter Hinweise den Code für einen Safe zu entschlüsseln ist es letztlich nicht. Der Schwierigkeitsgrad hält sich in dieser Hinsicht also stark in Grenzen, was paradoxerweise dazu führt, dass diese Aufgaben eher nerven, als dass sie – wie vermutlich intendiert – angenehme Abwechslung in ein ansonsten sehr passives Spiel bringen. Ob man sich damit bei Genre-Fans einen Gefallen getan hat, wage ich zu bezweifeln.

Was bleibt abschließend zu sagen? „Layers of Fear 2“ ist ein schönes Spiel mit weitgehend guter, recht düsterer Atmosphäre. Das allein reicht aus meiner Sicht aber nicht, um den Vorgänger zu übertreffen, denn dafür ist es auf der einen Seite zu viel vom Gleichen, auf der anderen Seite fügen sich die wenigen Neuerungen nicht gut ein und wirken zum Teil sogar wie Fremdkörper. Wer Fan von unheimlich-psychologischen Walking Simulatoren ist und damit leben kann, die Geschichte nicht direkt zu verstehen, kann auf jeden Fall einen Blick riskieren, zumal die Spielzeit mit unter sechs Stunden sehr überschaubar ist. Wer ein wendungsreiches Abenteuer mit …ähem… Tiefgang und/oder viel Schrecken und Horror erwartet, braucht auf diesem Schiff nicht anzuheuern.

Gesamteindruck: 3/7


Genre: Adventure / Walking Simulator
Entwickler:
Bloober Team
Publisher: Gun Media
Jahr:
2019
Gespielt auf: PC


Screenshots aus „Layers of Fear 2“ – Copyright beim Entwickler!

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